OLG Frankfurt: Einsatz von Cookies für Werbezwecke erfordert kein Opt-in

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 17.12.2015 (Az.: 6 U 30/15) über die Wirksamkeit der im Rahmen eines Gewinnspiels im Internet eingeholten Einwilligung in die Datenverarbeitung für Werbezwecke mittels Cookies entschieden. (Hinweis: JBB Rechtsanwälte waren an dem Rechtsstreit als Verfahrensbevollmächtigte beteiligt).

Das Urteil ist insbesondere deshalb interessant, weil es sich unter anderem mit der Frage auseinandersetzt, ob die sogenannte ePrivacy- oder Cookie-Richtlinie (RL 2002/58/EG in der Fassung der RL 2009/136/EG, PDF) und deren Vorgaben zur Einwilligung beim Einsatz von Cookies in Deutschland unmittelbar anwendbar sind. Diese Frage ist seit Jahren umstritten.

Ausgangslage

Im ursprünglichen Verfahren hat ein Verbraucherschutzverband gegen den Veranstalter eines Gewinnspiels im Internet geklagt. Angegriffen wurde hierbei unter anderem eine Einwilligungserklärung, in der sich Teilnehmer des Gewinnspiels damit einverstanden erklärten, dass nach ihrer Registrierung ein Cookie gesetzt wird, über das eine Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens auf Webseiten von Werbepartnern und eine Verwendung für interessengerechte Werbung ermöglicht werden.

In der Einwilligungserklärung, die mittels eines bereits angekreuzten Kästchens (opt-out) eingeholt wurde, fand sich zudem ein Link auf weitere Informationen zum Einsatz des  Cookies und der damit zusammenhängenden Datenverarbeitung.

Urteil

Der vom Verbraucherschutzverband geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§ 1 UKlaG) gegen die Einwilligungserklärung wurde vom OLG zurückgewiesen.

Die Einwilligungserklärungen qualifizierte das Gericht als eine Allgemeine Geschäftsbedingung und war damit nach Auffassung des Senats auch einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) zugänglich. Jedoch verstößt die Einwilligungserklärung gegen keine der insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben der §§ 4a, 28 Abs. 3a BDSG sowie §§ 13 Abs. 2, 15 Abs. 3 TMG).

Dies gilt, so das OLG, auch dann, wenn man diese Vorschriften nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Neuregelung des Artikel 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie richtlinienkonform auslegen möchte.

Opt-out ausreichend

Das Gericht stellt fest, dass den genannten datenschutzrechtlichen Vorschriften das Erfordernis einer ausdrücklich erteilten Einwilligung (opt-in) nicht zu entnehmen ist. Vielmehr kann die Einwilligung auch dadurch erklärt werden, dass der Nutzer einen bereits gesetzten Haken in einem Kästchen nicht entfernt (opt-out). Das Gericht verweist hierzu auf das sogenannte Payback-Urteil des Bundesgerichtshofs.

Ohne Erfolg berief sich der Verbraucherschutzverband darauf, dass nach Ablauf der Umsetzungsfrist der ePrivacy-Richtlinie das nationale Recht richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden müsste, dass ein solches Opt-Out Verfahren nicht ausreiche. Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie enthält nämlich keine Regelung, die ein Ort in Verfahren zwingend vorschreiben würde. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, nur gestattet ist, wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er gemäß der Richtlinie 95/46/EG u. a. über die Zwecke der Verarbeitung erhält, seine Einwilligung gegeben hat. Hierzu das Gericht:

Dort ist jeweils nur von der klaren und umfassenden bzw. verständlichen Information die Rede, die dem Nutzer vor Abgabe der Einwilligungserklärung gegeben werden muss. Dem steht ein „opt-out“-Verfahren nicht generell entgegen.

Zudem, lässt sich zusätzlich anführen, dass der Begriff der „Einwilligung“ in der ePrivacy-Richtlinie genau derselbe ist wie in der europäischen Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG) (vgl. Art. 2 f) ePrivacy-Richtlinie).

Der Verbraucherschutzverband argumentierte zudem mit einer Stellungnahme der europäischen Art. 29 Datenschutzgruppe vom 8.12.2011. Dabei handelt es sich aber nach Auffassung des Gerichts

nur um eine unverbindliche Meinungsäußerung dieses Beratungsgremiums.

Dieser Meinungsäußerung folgt das OLG Frankfurt nicht. Zwar fordert die Art. 29 Datenschutzgruppe eine „bejahende Handlung“ des Nutzers, durch die das Setzen des Cookies und die danach erfolgende Datenverarbeitung akzeptiert werden müsse. Dies beziehe sich jedoch nicht auf die Frage, ob eine Einwilligungserklärung auch im Rahmen des Opt-Out-Verfahrens eingeholt werden kann.

Möglichkeit der Verweigerung

Zudem stellt das OLG fest, dass der durchschnittliche Internetnutzer heute weiß, dass er ein Häkchen in einem Kästchen durch Anklicken des Feldes entfernen und damit seine Einwilligung verweigern kann. Ein ausdrücklicher Hinweis auf diese Möglichkeit ist daher nicht erforderlich.

Hervorhebung der Einwilligungserklärung

Auch ist es nicht unzulässig, dass wesentliche Informationen zum Einsatz des Cookies unter Datenverarbeitung nicht schon in der Einwilligungserklärung selbst, sondern erst in der verlinkten Erläuterung erteilt werden. Zwar verlangt § 28 Abs. 3a S. 2 BDSG hier, dass die Einwilligung „in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben“ ist. Dies war jedoch der Fall. Denn die besondere Hervorhebung bezieht sich nur auf die Einwilligungserklärung selbst, und nicht auf die weiteren erläuternden Informationen, die durchaus (über einen deutlich gekennzeichneten Link) auf einer weiteren Informationsebene erteilt werden können.

Auch inhaltlich beanstandete das OLG Frankfurt die Einwilligungserklärung nicht. Insbesondere würden die Funktionen des Cookies richtig herausgestellt werden. Dabei müssen sich die Anforderungen an die erforderlichen Informationen für den Nutzer (wenn sie denn ihren Sinn erfüllen sollten) auch an der Fähigkeit und Bereitschaft des Nutzers orientieren, sich mit diesen Fragen überhaupt tatsächlich zu befassen.

Fazit

Die Frage, ob die ePrivacy-Richtlinie in Deutschland tatsächlich umgesetzt wurde oder nicht, stellt das OLG nicht. Selbst bei einer richtlinienkonform Auslegung der Richtlinie würde die Einholung einer Einwilligung für Werbezwecke im Rahmen eines Opt-Out-Verfahrens genügen. Die ausdrückliche Erteilung der Einwilligung (etwa durch aktives Ankreuzen eines Kästchens) ist also beim Einsatz von Cookies für Werbezwecke nicht erforderlich.

USA: Strafzahlung wegen falschen Informationen zur Datenverschlüsselung

Die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) hat sich mit dem Anbieter einer Verwaltungssoftware für Zahnärzte auf eine Strafzahlung von 250.000 Dollar geeinigt. In einer Pressemitteilung vom 5. Januar 2016 gab die FTC bekannt, dass der Softwareanbieter sein Produkt, mit dem unter anderem auch Patientendaten verarbeitet werden können, für mehrere Jahre mit der Eigenschaft bewarb (u.a. in Broschüren und Newslettern), dem Industriestandard entsprechende Verschlüsselungsverfahren einzusetzen. Zudem sollten hierdurch gesetzliche Anforderungen an den Umgang mit Patientendaten des Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) eingehalten werden können.

Nach Auffassung der FTC war dem Softwareanbieter jedoch bekannt, dass in der Software ein weniger komplexes Verschlüsselungsverfahren als jenes des Advanced Encryption Standard (AES) zum Einsatz komme, welches jedoch durch das National Institute of Standards and Technology (NIST) (einer Bundesbehörde, die sich um Standardisierungsprozesse kümmert) gerade als Industriestandard empfohlen werde.

Auch in Deutschland verlangt etwa § 9 BDSG in Verbindung mit der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG, dass bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Maßnahmen zu treffen sind, die je nach der Art der zu schützenden personenbezogenen Daten oder Datenkategorien geeignet sind, die Daten technisch etwa gegen unbefugten Zugriff oder eine unbefugte Weitergabe zu schützen. Das BDSG führt als Beispiel einer solchen Maßnahme insbesondere die Verwendung von dem Stand der Technik entsprechender Verschlüsselungsverfahren an. Speziell im Bereich des Internets oder von Apps findet sich eine ähnliche Regelung in § 13 Abs. 7 TMG. Zu beachten ist jedoch, dass diese Maßnahmen jeweils unter einer Verhältnismäßigkeitsvorbehalt stehen und die Verschlüsselung nicht gesetzlich verpflichtend (etwa als Minimumvoraussetzung) vorgeschrieben wird (hierzu auch ein Beitrag von Adrian Schneider).

Unabhängig davon könnte ein Verhalten, wie jenes des Softwareanbieters in den USA, in Deutschland durch Mitbewerber angegriffen werden, wenn der Anbieter Verbraucher (Zahnärzte würden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit nicht hierunter fallen) bewusst über eine besondere Verschlüsselungseigenschaft seines Produkts täuscht. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG liegt z.B. eine sog. irreführende geschäftliche Handlung vor, wenn sie unwahre Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie Vorteile, Zwecktauglichkeit oder Beschaffenheit enthält. Dies würde eine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung darstellen (§ 3 Abs. 1 UWG), die etwa mit einem Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG angegriffen werden kann.

Dem Grunde nach ist das Ergebnis ja einleuchtend: man darf nicht mit falschen Produkteigenschaften werben. Interessant ist in diesem Zusammenhang eher die Frage danach, was denn dem „Stand der Technik“ entsprechende Verschlüsselungsverfahren sind, mit denen ein Produkt beispielsweise beworben wird. Etwa allein AES? Sind in der Praxis bewährte Verfahren ausreichend? Diesbezüglich bestünde im Streitfall sicherlich Argumentationsspielraum.

Datenschutzbehörde: Wann Online-Händler Kundenaccounts löschen müssen

Gestern hat der Sächsische Datenschutzbeauftragte seinen 7. Tätigkeitsbericht (PDF) für den nicht-öffentlichen Bereich vorgestellt. Wie generell in anderen, so finden sich auch in diesem Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde einige interessante und für die Praxis relevante Problemaufrisse und teilweise auch Lösungsvorschläge aus dem Datenschutzrecht.

Für den Bereich des eCommerce nicht uninteressant dürfte die in dem Tätigkeitsbericht (S. 47 f.) angesprochene Thematik der Löschung von Kundenaccounts sein.

Nach § 35 Abs. 2 BDSG sind personenbezogene Daten verpflichtend von der verantwortlichen Stelle, also etwa dem Betreiber eines Online-Shops, zu löschen, wenn “ihre Speicherung unzulässig ist, es sich um Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit, Sexualleben, strafbare Handlungen oder Ordnungswidrigkeiten handelt und ihre Richtigkeit von der verantwortlichen Stelle nicht bewiesen werden kann, sie für eigene Zwecke verarbeitet werden, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist, oder sie geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung verarbeitet werden und eine Prüfung jeweils am Ende des vierten, soweit es sich um Daten über erledigte Sachverhalte handelt und der Betroffene der Löschung nicht widerspricht, am Ende des dritten Kalenderjahres beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, ergibt, dass eine längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist“.

Der Datenschutzbeauftragte berichtet von Beschwerden, z. B. unzufriedener Kunden, die nichts mehr mit einem Online-Händler zu tun haben möchten, in denen eine mangelnde Löschung von Kundendaten beanstandet wird. Er weist jedoch auch gleichzeitig darauf hin, dass eine Löschung

regelmäßig nicht vollumfänglich gelingt bzw. auch nicht gelingen kann.

Man könnte noch ergänzen, „aus rechtlichen Gründen“. Insbesondere wegen der Vorgabe des § 35 Abs. 3 Nr. 1 BDSG. Danach tritt an die Stelle einer Löschung nämlich eine Sperrung der personenbezogenen Daten, soweit im Fall des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 3 einer Löschung gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen. Daten müssen dann also nicht gelöscht, aber gesperrt werden. Das bedeutet, dass nur für eng begrenzte Zwecke auf sie Zugriff genommen werden darf.

Zu diesen Gründen kommt der Datenschutzbeauftragte dann auch direkt. Nach steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 257 HGB und § 147 AO, sind nämlich Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, bestimmte Unterlagen, etwa Belege zu Buchungen, aufzubewahren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle zu einem Kundenaccount im Laufe gewisser Zeit hinzu gespeicherte Daten aufbewahrt und damit natürlich auch gespeichert werden dürfen.

Nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten ist es

allein geboten, neben den Daten bisheriger Rechtsgeschäfte nur solche Daten zur Person des Kunden (in gesperrter Form) zu speichern, die seine (eindeutige) Identifizierung (mit dem Rechtsgeschäft) ermöglichen. Alle anderen Daten zur Person des Kunden sind nach Ende der Geschäftsbeziehung zu löschen, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 BDSG.

Grundsätzlich haben also Kunden einen Anspruch darauf, dass die sich auf ihre Person beziehenden Daten gelöscht werden. Dies gilt jedoch nicht für alle Daten, weil der Online-Händler bestimmte gesetzliche Aufbewahrungspflichten erfüllen muss. Auch der Datenschutzbeauftragte stellt fest, dass nach den steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften die verantwortliche Stellen zwar verpflichtet ist, die Daten von Rechtsgeschäften weiter (in der Buchhaltung) zu speichern.

Wichtig ist der Hinweis des Datenschutzbeauftragten, dass diese Pflicht zur Aufbewahrung gewisser Daten seiner Ansicht nach nicht keine dauerhafte Unterhaltung eines Kundenkontos und

schon gar nicht die dauerhafte Bereitstellung einer darauf bezogenen Zugriffsmöglichkeit über das Internet. Wenn also ein Kunde keine dauerhafte Einrichtung eines Kundenkontos wünscht bzw. die Löschung eines eingerichteten Kundenkontos fordert, so ist diesem Wunsch zu entsprechen, d. h. die Zugangsdaten des Kunden sind zu löschen.

Aufzubewahrende und vorhandene Buchungsdaten sollten aus diesem Grund auch nur in der Buchhaltung bis zum Ablauf der steuer- und handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen weiter in gesperrter Form gespeichert werden.

Datenflüsse beim Softwareeinsatz: Bundestag lehnt erweiterte Transparenzpflicht für Hersteller ab

Der Petitionsausschuss des Bundestages hat eine Online-Petition mit dem Titel „Kundenschutz im Telekommunikationsbereich – Bestätigungsfunktion bei Rücksendung von Daten an Softwarehersteller“ am 2.7.2015 abgeschlossen und den in der Petition aufgestellten Forderungen eine Absage erteilt.

Nach der Petition sollte der Bundestag beschließen,

dass die Hersteller von Software grundsätzlich die Daten, die im Hintergrund an den Hersteller – oder andere Zielsysteme – gesendet werden sollen, auf dem Bildschirm anzeigt und vom Nutzer der Software eine Bestätigung erfolgen muss, bevor diese Daten an den Hersteller – oder andere Zielsysteme – gesendet werden.

In seinem ablehnenden Beschluss (PDF), führt der Petitionsausschuss zunächst an, dass das Datenschutzrecht (und damit verbundene Informationspflichten) überhaupt nur dann Anwendung findet, wenn personenbezogene Daten betroffen sind. Danach befasst sich der Ausschuss mit den rechtlichen Grundlagen, wann personenbezogene Daten im Verhältnis zwischen Softwarenutzer und –hersteller verarbeitet werden dürfen.

Dabei kommen insbesondere § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG in Betracht. Insofern weist der Ausschuss darauf hin, dass bei Vorliegen der Voraussetzung eine Datenverarbeitung durch die Softwarehersteller auch ohne (die von der Petition geforderte) Einwilligung erlaubt ist. Jedoch sei auch dafür Sorge getragen, dass personenbezogene Daten nicht ohne Kenntnis der Betroffenen verarbeitet werden. Denn nach § 4 Abs. 2 S. 1 BDSG gelte der Grundsatz der Direkterhebung. Daten sollen also grundsätzlich direkt beim Betroffenen erhoben werden. Zudem soll dieser nach § 4 Abs. 3 S. 1 BDSG von dem Softwarehersteller über dessen Identität, die Zweckbestimmung der Verarbeitung und die Kategorien von Empfängern informiert werden.

Zudem sind nach Auffassung des Ausschusses die benannten Erlaubnistatbestände eng auszulegen. Der Softwarehersteller als verantwortliche Stelle könne nicht frei darüber befinden, welche Daten er zu welchen Zwecken erheben und verwenden möchte. Lediglich die für Vertragserfüllung objektiv erforderlichen Daten dürfen genutzt werden. Zudem müssen nach § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG schon bei der Erhebung der Daten die Zwecke konkret festgelegt werden, für die die Daten verarbeitet werden sollen.
Für den Fall, dass einer der Erlaubnistatbestände nicht greift und die Einwilligung des Nutzers eingeholt werden muss, weist der Ausschuss darauf hin, dass diese informiert abgegeben werden muss. Nutzer sind also auf die vorgesehenen Zwecke der Datenverarbeitung hinzuweisen.

In beiden Konstellationen ist nach Auffassung des Ausschusses folglich eine hinreichende Transparenz gewährleistet.

Zuletzt begründet der Ausschuss seine Entscheidung mit dem Verweis auf das Auskunftsrecht (§ 34 BDSG) der Nutzer und die Benachrichtigungspflicht (§ 33 BDSG) der verantwortlichen Stelle, wenn personenbezogene Daten nicht direkt beim Betroffenen erhoben werden. Auch durch diese Instrumente ist gewährleistet, dass interessierte Betroffene in Erfahrung bringen können, welche Daten zu welchen Zwecken verarbeitet werden.

Einsatz von Dienstleistern: Geldbuße in fünfstelliger Höhe wegen fehlerhaftem Vertrag

In der Praxis ist die Figur der sog. Auftragsdatenverarbeitung nicht mehr wegzudenken. Unternehmen setzen für unzählige Prozesse externe Dienstleister ein. Werden durch einen solchen Dienstleister personenbezogene Daten im Auftrag erhoben, verarbeitet oder genutzt, so ist nach § 11 Abs. 1 BDSG der Auftraggeber für die Einhaltung der Vorschriften des BDSG und anderer Vorschriften über den Datenschutz verantwortlich. Als externe Dienstleister gelten im Datenschutzrecht übrigens auch solche Stellen, die innerhalb eines Konzerns miteinander verbunden sind. So kann etwa auch zwischen zwei Tochtergesellschaften derselben Mutter eine ADV vorliegen und der Abschluss eines entsprechenden Vertrages erforderlich sein.

Die bayerische Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im privaten Bereich (BayLDA), hat nun bekanntgegeben (PDF), dass ein Unternehmen, welches einen fehlerhaften Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung nutzte, mit einer Geldbuße in fünfstelliger Höhe belegt wurde. Grund genug für Unternehmen, auf einen rechtkonformen Einsatz externer Dienstleister und Stellen zu achten. Dazu gehört auch der Abschluss eines Vertrages zur Auftragsdatenverarbeitung.

Wann liegt eine „ADV“ vor?
Oft schneller als man denkt. Es existiert jedoch kein fester Katalog an Beispielen. In der Kommentarliteratur werden jedoch etwa folgende Sachverhalte als fall der ADV klassifiziert: Beauftragung eines externen Rechenzentrums mit der Durchführung bestimmter Datenverarbeitungsaufgaben; Beauftragung eines externen Entsorgungsunternehmens mit dem Vernichten von Altpapier; Call-Center-Leistungen, wenn die Kommunikation mit den Anrufern klar vorgegebenen ist; oft auch der Einsatz von Softwarelösungen im Wege des Cloud-Computing.

Grundsätzlich bedarf es jedoch stets einer Prüfung im Einzelfall, ob tatsächlich eine Auftragsdatenverarbeitung vorliegt.

Welchen Inhalt muss der Vertrag haben?
§ 11 Abs. 2 BDSG legt die Mindestanforderungen an einen solchen Vertrag fest. Danach ist der Auftrag schriftlich zu erteilen und insbesondere im Einzelnen festzulegen:

  • der Gegenstand und die Dauer des Auftrags,
  • der Umfang, die Art und der Zweck der vorgesehenen Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten, die Art der Daten und der Kreis der Betroffenen,
  • die nach § 9 BDSG zu treffenden technischen und organisatorischen Maßnahmen
  • die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten,
  • die nach § 11 Abs. 4 BDSG bestehenden Pflichten des Auftragnehmers, insbesondere die von ihm vorzunehmenden Kontrollen,
  • die etwaige Berechtigung zur Begründung von Unterauftragsverhältnissen,
  • die Kontrollrechte des Auftraggebers und die entsprechenden Duldungs- und Mitwirkungspflichten des Auftragnehmers,
  • mitzuteilende Verstöße des Auftragnehmers oder der bei ihm beschäftigten Personen gegen Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten oder gegen die im Auftrag getroffenen Festlegungen,
  • der Umfang der Weisungsbefugnisse, die sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer vorbehält,
  • die Rückgabe überlassener Datenträger und die Löschung beim Auftragnehmer gespeicherter Daten nach Beendigung des Auftrags.

Im Fall des BayLDA hat das Unternehmen, als Auftraggeber und verantwortliche Stelle, keine konkreten technischen und organisatorischen Maßnahmen (vgl. § 9 BDSG) in den Verträgen festgelegt und bei den Auftragnehmern deren Implementierung nicht geprüft. Diese dürfen nicht pauschal an einen Vertrag abgehängt werden, sondern müssen von Fall zu Fall festgelegt und in dem Vertrag vorgeschrieben werden. Das BayLDA selbst bietet eine Übersicht zur Auftragsdatenverarbeitung mit Erläuterungen an (PDF).

Achtung Webseitenbetreiber: Ab Samstag gelten erhöhte Anforderungen an die technische Sicherheit

Am 25. Juli 2015, also morgen, tritt das Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz PDF) in Kraft getreten. Das Gesetz richtet sich zwar insbesondere an die Betreiber Kritischer Infrastrukturen (z.B. von Atomkraftwerken), aber auch Betreiber von Webseiten und Telekommunikationsdiensteanbieter sind betroffen. Das Gesetz legt diesen neue gesetzliche Pflichten zum technischen und organisatorischen Schutz ihrer Angebote auf. Nachfolgend ein grober Überblick zu den Änderungen, die für Webseitenbetreiber gelten:

Nach dem neuen § 13 Abs. 7 Telemediengesetz (TMG), werden die Pflichten für Telemediendiensteanbieter, die ihre Telemedien geschäftsmäßig anbieten, um technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubten Zugriffen, der personenbezogenen Daten und vor Störungen ergänzt. „Geschäftsmäßig“ ist ein Webangebot dann, wenn es auf einer nachhaltigen Tätigkeit beruht. Die Gesetzesbegründung (S. 34, PDF) zum IT-Sicherheitsgesetz geht davon aus, dass bei einem entgeltlichen Dienst diese Voraussetzung regelmäßig erfüllt ist. Dies soll auch für werbefinanzierte Webseiten gelten.

Maßnahmen, die zu treffen sind
Anbieter einer geschäftsmäßig betriebenen Webseite (also etwa eines Webshops), haben, soweit ihnen dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortlichkeit durch technische und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass

  • kein unerlaubter Zugriff auf die für ihre Telemedienangebote genutzten technischen Einrichtungen (also Ihre Server und das gesamte Backend) möglich ist (§ 13 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 TMG) und

gesichert sind. Diese technischen und organisatorischen Vorkehrungen müssen den Stand der Technik berücksichtigen. Dies bedeutet, dass die Vorkehrungen auf einem aktuellen Stand gehalten und nötigenfalls aktualisiert werden müssen.

Das Gesetz stellt die Umsetzung dieser Maßnahmen unter einen Zumutbarkeitsvorbehalt. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass nur solche Vorkehrungen zu treffen sind, deren Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. Jeder Webseitenbetreiber wird also prüfen müssen, ob er etwa besonders sensible Daten (z. B. Gesundheitsdaten und Zahlungsinformationen) verarbeitet oder allein mit „normalen“ personenbezogenen Daten in Kontakt kommt und anhand dieser Prüfung dann eventuell neue oder weitere technische Sicherheitsvorkerhungen treffen müssen. Vom Schutzzweck einerseits und den anfallenden Kosten andererseits hängt dann der auf Aufwand ab, den Anbieter betreiben müssen, um entsprechende technische Vorkehrungen umzusetzen. Zu den technischen Vorkehrungen zählt die Gesetzesbegründung beispielhaft die Anwendung eines als sicher anerkannten Verschlüsselungsverfahrens oder angemessener Authentifizierungsverfahren.

Es geht dem Gesetzgeber jedoch nicht nur um technische, sondern auch um organisatorische Maßnahmen. Ausdrücklich erwähnt die Gesetzesbegründung als Beispiel für solche Maßnahmen, dass  Vertragspartner (z. B. ein Werbedienstleister, dem Sie Werbeflächen auf Ihrer Webseite eingeräumt haben) zu notwendigen Schutzmaßnahmen zu verpflichten sind.

Und was sind mögliche Folgen bei mangelnder Beaxhtung der neuen Vorgaben?
Nach dem neuen § 16 Abs. 2 Nr. 3 TMG können Verstöße gegen die Vorgaben des § 13 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a TMG mit einem Bußgeld bis zu 50.000 EUR geahndet werden. Laut der Gesetzesbegrünung ist gerade auch der Einsatz technischer und organisatorischer Maßnahmen durch Diensteanbieter, die nicht den Stand der Technik berücksichtigen, bußgeldbewehrt. Ob es in der Praxis jedoch direkt zu Bußgeldverfahren kommt, ist eine andere Frage.

Datenschutz im vernetzten Auto: Neuer Gesetzesvorschlag aus den USA

Das Thema „Datenschutz und Datensicherheit im vernetzten Auto“ stellt sowohl die Wirtschaft als auch die Politik vor gewisse Herausforderungen. Viele der geltenden gesetzlichen Regelungen passen nicht mehr eins zu eins auf Informationsflüsse, die in einem „Smart Car“ stattfinden. Zudem wird auch darüber nachgedacht, ob es neuer Grundsätze und Prinzipien bedarf, um einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Beteiligten, der Wirtschaft (Nutzung und Verwertung der Daten) und den Betroffenen (Schutz der personenbezogenen Daten), herzustellen.

In Deutschland hat sich zuletzt Bundesjustizminister Maas öffentlich zu dem Thema geäußert und aus seiner Sicht wichtige Prinzipien aufgestellt, die in Zukunft beim Betrieb eines Smart Car beachtet werden sollten. So schlägt der Minister vor, schon bei der Entwicklung von neuen Fahrzeugen den Datenschutz zu berücksichtigen (Privacy by Design). Auch Prinzipien der Datenvermeidung und Datensparsamkeit müssen seiner Ansicht nach leitende Grundsätze sein. Zudem müsse es immer einen Aus-Knopf geben. Halter und Fahrer sollten das Recht und die Möglichkeit haben, Datenübermittlung zu erkennen, zu kontrollieren und gegebenenfalls auch zu stoppen.

Bereits im November 2014 veröffentlichte der Verband der Automobilindustrie (VDA) seine „Datenschutz-Prinzipien für vernetzte Fahrzeuge“ (PDF). Zweck dieser Prinzipien ist es, ergänzend zu den bestehenden gesetzlichen Regelungen in Deutschland, gemeinsame Datenschutz-Prinzipien für vernetzte Fahrzeuge aufzustellen. Die Prinzipien umfassen drei Kernpunkte: Transparenz, Selbstbestimmung und Datensicherheit.

In den USA haben nun zwei Senatoren einen Gesetzentwurf vorgelegt, um Verbraucher vor Gefahren für die Privatsphäre und die Sicherheit des vernetzten Autos zu schützen, den „Security and Privacy in Your Car Act of 2015“ oder kurz: SPY Car Act (PDF; über die Angemessenheit der Namenswahl lässt sich sicher streiten). Nachfolgend möchte ich einen kurzen Überblick zu den vorgeschlagenen Regelungen des SPY Car Act geben.

Die Vorgaben des Gesetzesentwurfs gliedern sich in zwei Obergruppen. Vorschriften zur Datensicherheit und Vorgaben zum Umgang mit personenbezogenen Daten, die beim Betrieb eines vernetzten Fahrzeugs entstehen.

Datensicherheit
Jegliches Fahrzeug, welches zum Vertrieb in den USA bestimmt ist, soll gewisse Sicherheitsstandards erfüllen. So müssen alle Zugangspunkte, durch die auf Daten aus dem Fahrzeug direkt oder indirekt zugegriffen werden kann, in einer angemessenen Art und Weise gegen unbefugten Zugriff geschützt werden. Hierzu gehört auch die Vorgabe, Systeme mit besonders kritischer Infrastruktur getrennt von anderen Komponenten zu verwenden. Auch eine Pflicht zur ständigen Prüfung der technischen Schutzvorkehrungen durch die Hersteller wird vorgesehen.

Im und am Fahrzeug, etwa durch Sensoren, gesammelte Daten, müssen des weiteren gegen unbefugten Zugriff geschützt sein. Dies gilt sowohl für ihre Speicherung im Fahrzeug selbst, als auch für ihre Übermittlung an Dritte und den Transportweg.

Zudem soll jedes Fahrzeug verpflichtend ein sog. „Cyber Dashboard“ enthalten, eine Übersicht zu den durch den Hersteller implementierten Sicherheitsvorkehrungen, die zum Schutz der Daten im Fahrzeug getroffen wurden. Die Informationen sollen in der Form einer standardisierten und leicht verständlichen Grafik dargeboten werden.

Datenschutz
Mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten und die Verarbeitung eben dieser, sieht der Entwurf vor, dass bestimmte Prinzipien zu beachten sind. Hier ähnelt der Vorschlag den Datenschutz-Prinzipien des VDA.

Transparenz: In jedem Fahrzeug sollen dem Eigentümer oder Mieter/Leasingnehmer verständliche und in einfacher Sprache abgefasste Informationen präsentiert werden, in denen über die Datenerhebung, -übermittlung, -speicherung und –nutzung aufgeklärt wird.

Kontrolle: Zudem soll es in jedem Fahrzeug die Möglichkeit für die Betroffenen geben, die Datenerhebung und –speicherung zu unterbinden. Gleichzeitig wird jedoch vorgegeben, dass durch eine solche Unterbindung, Bundesjustizminister Maas würde von dem „Aus-Knopf“ sprechen, keinen Einfluss auf die Nutzung des Navigationssystems oder anderer Funktionen haben soll. Zumindest soweit dies technisch möglich ist.

Datennutzungsbeschränkungen: Zuletzt sieht der Gesetzesentwurf vor, dass der Autohersteller und auch der Zulieferer die aus einem Fahrzeug erhobenen Daten nur dann für Werbe- und Marketingzwecke nutzen dürfen, wenn der Betroffene zuvor ausdrücklich eingewilligt hat. Der SPY Car Act definiert auch die Voraussetzungen zur Einholung der Einwilligung. Diese muss deutlich sichtbar und eindeutig erfolgen. Zudem muss sie von einfacher und leicht verständlicher Sprache begleitet sein. Und zuletzt darf die Erteilung der Einwilligung nicht Voraussetzung für die Nutzung von Funktionen des Fahrzeugs sein, die keinen Werbezwecken dienen.

Fazit
Gerade die Vorgaben zur Datensicherheit erinnern an in Deutschland und Europa bereits bekannte Prinzipien der sog. technischen und organisatorischen Maßnahmen (§ 9 BDSG und Anlage sowie Artikel 17 der Datenschutz-Richtlinie (RL 95/46/EG)). Auch dort werden für den Umgang mit personenbezogenen Daten auf technischer Ebene gewisse Vorgaben festgeschrieben. Dies jedoch abhängig von der jeweiligen Situation und orientiert am Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Spezielle, auf das Smart Car abgestimmte Vorgaben existieren in Deutschland jedoch nicht.

Auch die Vorschriften zum Umgang mit personenbezogenen Daten dürften in Europa und Deutschland nicht für totales Erstaunen sorgen. Denn bereits derzeit gelten Prinzipien wie die Transparenz der Datenverarbeitung oder auch die Vorgaben an eine wirksame Einwilligung auch bei uns.

Handwerk 4.0: BMWI und Handwerk setzen auf Datensicherheit und Datensouveränität

Das Handwerk stellt für die deutsche Wirtschaft einen wesentlichen Baustein dar. Auch in diesem Wirtschaftszweig spielt das Thema „Digitalisierung“ eine immer wichtigere Rolle. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und Vertreter der Wirtschaft sowie von Gewerkschaften haben in diesem Zusammenhang eine gemeinsame Erklärung zur Zukunft der Handwerkspolitik (PDF) unterzeichnet. Natürlich fällt auch das Schlagwort „Handwerk 4.0“.

Teil dieser Absichtserklärung ist unter anderem, das Ziel, in die öffentliche Infrastruktur zu investieren. Unabdingbare Voraussetzung, so die Erklärung, um die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, ist gerade für kleine und mittlere Betriebe in ländlichen Regionen ein schneller Internetzugang.

Auch im Hinblick auf den Datenschutz und die Datensicherheit möchten die Unterzeichner die fortschreitende Digitalisierung des Handwerks unterstützen und gestalten.

Ein sicherer Datentransfer ist für die Wirtschaft unverzichtbar.

Geschäftsinformationen oder auch Datenbanken mit Kundendaten sind für viele Betriebe ein essentieller Teil ihrer Wertschöpfungskette. Diese Informationen gilt es daher zu schützen. Doch ist die Sensibilität für Fragen des sicheren Datentransfers und der Datenspeicherung insbesondere bei kleineren Handwerksbetrieben noch nicht ausreichend adressiert. Daher möchten sich die Unterzeichner der Erklärung dafür einsetzen, dass insbesondere kleine Unternehmen die möglichen Risiken beim Datentransfer erkennen können.

Ein weiteres Schlagwort der Erklärung ist die „digitale Souveränität“. Was genau damit gemeint ist, bleibt jedoch unklar: die alleinige Zugriffsbefugnis auf Daten? Ein gesetzliches Verbot, Daten aus deutschen Betrieben auf Servern im Ausland zu speichern?

Das BMWi möchte sich in jedem Fall in Zukunft für europaweit möglichst einheitliche Regelungen zu „Datensouveränität“ (evtl. ist damit auch das Thema „Eigentum an Daten“ angesprochen) und Datenschutz engagieren. Mit Blick auf den Datenschutz lässt sich freilich konstatieren, dass der Raum für den beabsichtigten Einsatz nur noch gering ist. Die Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sind im vollen Gange. Geplant ist eine Verständigung auf die europaweit einheitlichen Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten bis Ende 2015. Von gesetzlichen Änderungen unter der DS-GVO wäre natürlich auch das deutsche Handwerk betroffen. Zumindest aber die in der Erklärung beabsichtige Vereinheitlichung im Bereich des Datenschutzrecht wird mit der DS-GVO (als EU-Verordnung) zumindest Großteils eintreten.

Datenschutzbehörde: Jede Webseite und Online-App benötigt eine Datenschutzerklärung

Jedem Webseitenbetreiber oder App-Anbieter dürfte heutzutage klar sein, dass zu einem rechtskonformen Angebot auch eine Datenschutzerklärung gehört. Also ein Hinweis und Informationen darüber, wie personenbezogene Daten verwendet werden. Für die Nutzung von Analysediensten oder das Angebot von Newslettern dürfte dies sofort einleuchten. Dort wird aus der Sicht des Anbieters aktiv mit personenbezogenen Daten umgegangen. Doch wie sieht es aus, wenn man „nur“ eine Webseite betreibt. Ohne Analysedienst, ohne Newsletter, ohne Bestellmöglichkeit?

Indirekt hat sich zu dieser Frage das Landesamt für Datenschutzaufsicht in Bayern (BayLDA) (die Aufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich) in ihrem Tätigkeitsbericht für 2013/2014 (PDF) geäußert. Mit nicht zu unterschätzenden Folgen für die Praxis und jeden, der eine Online-App oder Internetseite betreibt.

Die allgemeine Informationspflicht im TMG
Nach § 13 Abs. 1 S. 1 TMG gehört zu der Informationspflicht eines Webseiten- oder App-Betreibers, dass er Nutzer „zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten … in allgemein verständlicher Form“ unterrichtet. Soweit so gut. Werden also personenbezogene Daten verarbeitet, muss hierüber unterrichtet werden.

Die Neverending Story: IP-Adresse
Nun gilt es jedoch zu beachten, dass insbesondere die Aufsichtsbehörden die IP-Adresse als personenbezogenes Datum i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG ansehen (hierauf verweist auch das BayLDA, S. 56). Diese Ansicht ist freilich nicht unumstritten, wird aber von den Behörden (i.Ü. auch einigen Gerichten und Ansichten in der juristischen Literatur) so vertreten. Nun muss man sich jedoch gleichzeitig vergegenwärtigen, dass die Erhebung und eventuell auch Verwendung der IP-Adresse eines Endgerätes als technische Steuerungsinformation zur Übertragung von Informationen im Internet zwischen dem Diensteanbieter und seinem Nutzer schlicht erforderlich ist. Sie dient als Ziel von Datenpaketen. Um im Netz zu kommunizieren, bedarf es also einer IP-Adresse.

Hinweise in der Datenschutzerklärung erforderlich
Man ahnt was nun folgt. Das BayLDA weist nun (konsequent) in seinem Tätigkeitsbericht darauf hin, dass sich

jeder Diensteanbieter … mit der Thematik einer Datenschutzerklärung im Internetauftritt bzw. in der mobilen (Online-)Applikation zu beschäftigen hat, selbst wenn ein Nutzer nicht aktiv Daten eingeben kann und auch keine Cookies o. ä. Verfahren genutzt werden.

Nach dem BayLDA muss daher eine Datenschutzerklärung zumindest zu der Erhebung und möglichen Verwendung der IP-Adresse (etwa einer Speicherung in den Log-Dateien) selbst dann entsprechende Informationen beinhalten, wenn ansonsten keine personenbezogenen Daten erhoben oder genutzt werden. Kurz gesagt: jede Internetseite oder (Online-)App bedarf zumindest einer „Mini-Datenschutzerklärung“ mit Blick auf die IP-Adresse.

Mögliche Folgen bei Nichtbeachtung
Was geschieht, wenn man diese Hinweise der Behörde nicht beachtet? Möglicherweise nichts. Zumindest solange eine Datenschutzbehörde auf das Fehlen der Datenschutzerklärung nicht aufmerksam (gemacht) wird. Nach dem Gesetz handelt es sich bei einem fehlenden oder aber fehlerhaften Hinweis zum Umgang mit personenbezogenen Daten jedoch grundsätzlich um eine Ordnungswidrigkeit. Das BayLDA weißt in seinem Tätigkeitsbericht darauf hin, dass gem. § 16 Abs. 2 Nr. 2 TMG eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer entgegen § 13 Abs. 1 S. 1 oder 2 TMG den Nutzer vorsätzlich oder fahrlässig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig informiert.

Zudem besteht das theoretische Risiko, von Wettbewerbern abgemahnt zu werden. Das Oberlandesgericht Hamburg hat bereits 2013 (Az. 3 U 26/12) entschieden, dass es einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn ein Webseitenbetreiber personenbezogene Daten von Nutzern erhebt, jedoch keine Informationen über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu Beginn des Nutzungsvorgangs erteilt (hierzu mein Blogbeitrag).

Fazit
Potential für eine Abmahnwelle? Ich denke nicht. Auch wenn die Auffassung des BayLDA, bei Annahme des Personenbezugs der IP-Adresse von einer Informationspflicht auszugehen, konsequent erscheint, so existieren ebenfalls veritable Gegenauffassungen, die eine IP-Adresse nicht generell als personenbezogen einstufen. Zudem hatte ich erst letzte Woche im Rahmen der Abmahnung wegen Verwendung des Like-Buttons auf Webseiten darauf hingewiesen, dass absolut datenschutzrechtlich konformes Handeln heutzutage im Internet nur schwer erreichbar ist. Dies gilt im Zweifel auch für einen abmahnenden Wettbewerber.

Unabhängig hiervon fragt man sich freilich, was diese Information am Ende dem Webseitenbesucher oder App-Nutzer an Mehrwert und mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten tatsächlich bringt? Die Aussage ist z. B. allein: „Die IP-Adresse wird erhoben und auf unseren Servern gespeichert, weil es aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets einfach nicht anders geht“. Ein Gewinn an informationeller Selbstbestimmung geht damit meines Erachtens nicht einher. Außer die Alternative, Offline zu bleiben. Datenschutz im Jahre 2015.

Abmahnung wegen Like-Button? Verbraucherschützer verstoßen selbst gegen das Datenschutzrecht

Heute vermeldete die Verbraucherzentrale NRW, dass sie insgesamt 6 Unternehmen wegen der Verwendung des Like-Buttons von Facebook und angeblicher datenschutzrechtlicher Verstöße der Webseitenbetreiber gegen das Telemediengesetz (TMG) abgemahnt habe. Gegen Peek & Cloppenburg (Landgericht Düsseldorf) und Payback (Landgericht München) habe man inzwischen Klage eingereicht.

Was wird bemängelt?
Das wird aus den öffentlichen Informationen nicht völlig deutlich. Die Verbraucherzentrale stört sich daran, dass „schon allein durch die Einbindung des Like-Buttons“ Facebook „automatisch bei jedem bloßen Aufruf dieser Seiten“ mitlesen würde. „Darüber werden Besucher jedoch vorher weder ausdrücklich informiert noch können sie der Datenweitergabe widersprechen“.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer stellt das Verhalten der Webseitenbetreiber

unlauteres Geschäftsgebahren sowie ein Verstoß gegen das Telemediengesetz

dar. Weiter führt die Verbraucherzentrale aus, dass ein „bloßer Hinweis der Anbieter in ihren Datenschutzbestimmungen, dass eine solche Weiterleitung der Daten an Facebook erfolgt“ nicht genüge. Auch den Hinweis in Datenschutzerklärungen, dass der Webseitenbetreiber „keinen Einfluss auf den Umfang der Daten hat“, sei nicht ausreichend. Die Verbraucherschützer fordern: „Notwendig ist eine echte Aufklärung über die Datensammlung und –verwertung“.

Im Kern scheint den Verbraucherschützern also die Übertragung von Daten an Facebook und Datenverarbeitungsvorgänge zu missfallen, die im Verantwortungsbereich des sozialen Netzwerkbetreibers liegen könnten. Da diesbezügliche Gerichtsverfahren in Schleswig-Holstein durch die Datenschutzbehörde jedoch bisher recht erfolglos verliefen (vgl. die Mitteilung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zu den Beschlüssen des OVG Schleswig aus den Jahren 2013), versucht man in NRW nun wohl die Unternehmen anzugehen, die Social Plugins einsetzen.

Ich möchte hier nicht in die tiefere juristische Bewertung einsteigen. Das Thema war bereits vor ca. 4 Jahren aktuell (vgl. etwa den Blogbeitrag von Thomas Stadler, u.a. mit einem Verweis auf meinen Aufsatz in der Zeitschrift Computer und Recht). Es geht vor allem um die Frage der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit der Webseitenbetreiber und die Pflicht, Informationen über eingebundene Dienste Dritter zu erteilen, obwohl man als Webseitenbetreiber für die Datenverarbeitung über diese Dienste nicht verantwortlich ist. Auch die Frage nach einer „Störerhaftung“ im Datenschutzrecht könnte insofern auftauchen (hierzu mein Aufsatz in der Kommunikation und Recht aus 2014). Diese Thematik ist derzeit unter anderem Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens zum Einsatz von Facebook Fanpages zwischen dem ULD und der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH (vgl. die Pressemitteilung des ULD), welches derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig ist.

Verbraucherschützer verstoßen selbst gegen das Datenschutzrecht
In gewisser Weise ironisch wenn nicht gar humoristische mutet jedoch folgende Tatsache an: Die Verbraucherzentrale NRW verstößt selbst gegen datenschutzrechtliche Vorgaben. Und zwar gegen eben jene Pflichten, deren Umsetzung von den Unternehmen verlangt wird.

Auf ihrer Webseite bewerben die Verbraucherschützer im Zusammenhang mit den Abmahnungen ihr Jugendportal „checked4you“. Die Verbraucherzentrale hierzu: „Einen Favoriten setzen in Sachen Datenschutz sollten sich Internetnutzer derweil bei Webseiten, die es so wie die Verbraucherzentrale NRW machen“.

Und was findet man auf dieser Webseite?

Zum einen das Analysetool Piwik. Wie dieses kostenlose Statistiktool datenschutzrechtlich konform, zumindest aus Sicht des ULD, einzusetzen ist, hat die Datenschutzbehörde 2011 in einem Gutachten dargestellt (PDF). Vor allem geht das ULD davon aus, dass auch bei einer eingeschalteten Anonymisierungsfunktion im Ergebnis nur Pseudonyme für eine statistische Auswertung erstellt werden. Dann gilt § 15 Abs. 3 TMG. Danach dürfen für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung von Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellet werden, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Eine Aussage in dem Gutachten hierzu:

Der Einsatz von Reichweitenanalysediensten ohne Widerspruchsmöglichkeit stellt einen Verstoß gegen § 15 Abs. 3 TMG dar. Der Einsatz des Analysedienstes ohne die angebotene Widerpruchsmöglichkeit ist datenschutzrechtlich unzulässig.

Man ahnt, was nun folgt. Die Webseite „checked4you“ der Verbrauchzentrale NRW weist zwar in einem kleinen Abschnitt „Datenschutzhinweise“ auf den Einsatz von Piwik hin. Auf die nach dem TMG einzuräumende Widerspruchsmöglichkeit (sei es nun per Browser-Plugin oder etwa durch einen Opt-out Cookie) wird zwar in Textform hingewiesen: “können Sie die Analyse durch das Statistiktool auf der folgenden Seite blockieren“. Jedoch gibt es keinen Link zu einer „folgenden Seite“, kein Hinweis auf ein Opt-out Cookie oder ähnliches. Also, der derzeitige Einsatz von Piwik auf der Webseite der Verbrauchzentrale wäre (zumindest nach Ansicht der Datenschutzbehörde aus Schleswig-Holstein) datenschutzrechtlich unzulässig. Der von der Verbraucherzentrale NRW erhobene Vorwurf könnte also genauso zurückgespielt werden: „unlauteres Geschäftsgebahren sowie ein Verstoß gegen das Telemediengesetz“.

Und ein weiteres Schmankerl. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass „checked4you“ drei Cookies setzt.

cookie NRW

Wozu werden diese Cookies genutzt? Welche Informationen sind in diesen Cookies gespeichert? Etwa IP-Adressen? Oder werden zumindest Cookie-IDs erzeugt, um einen Besucher wiederzuerkennen? Mindestens in diesen beiden Fällen müssten Informationen zum Einsatz der Cookies gegeben werden. Hierzu fehlt in den Datenschutzhinweisen der Verbraucherzentrale aber jegliche Angabe. Interessant ist auch, dass ein Cookie nicht nur für eine Sitzung gesetzt wird, sondern für über 1 Jahr.

blog cookie lang

Wozu? Keine Informationen.

Fazit
Was möchte ich mit diesem Beitrag zeigen? Datenschutzrechtlich absolut konformes Handeln ist in der heutigen Zeit mit schnellen technologischen Entwicklungen, neuen Features für Webseiten und Analysediensten nur schwer möglich. Sowohl für Unternehmen, als auch für Verbraucherschützer. Eine gerichtliche Klärung der Frage des datenschutzkonformen Einsatzes von social Plugins wäre aus praktischer Sicht indes sicherlich zu begrüßen.

Update vom 22. Mai 2015:
Die Verbraucherzentrale NRW hat schnell reagiert und in den Datenschutzhinweisen auf der Webseite „checked4you“ nun einen Link eingefügt, der Nutzer auf eine Webseite führt, auf der man seinen Widerspruch zur Analyse durch Piwik erklären kann.