Datenschutz und NSA: Bundesregierung beantwortet Fragen zur Datenübermittlung in die USA

Die Bundesregierung hat vergangene Woche eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag beantwortet (BT-Drs. 18/321). Titel der Anfrage ist „Datenschutz bei der Zusammenarbeit deutscher Finanzdienstleister
mit IT-Unternehmen insbesondere aus den USA vor dem Hintergrund des NSA-Skandals“. Grund für die Anfrage waren Presseberichte, nach denen die Allianz SE ihre Rechenzentren auslagern und an das amerikanische IT-Unternehmen IBM übergeben möchte. Vor dem Hintergrund der Enthüllungen um den möglicherweise unverhältnismäßigen Zugriff amerikanischer Geheimdienste auf Daten europäischer Bürge bei amerikanischen Unternehmen, wollte DIE LINKE genauer wissen, wie die Bundesregierung hierzu steht. Ich möchte im Folgenden nur einige der behandelten Fragen und Antworten ansprechen.

Auftragsdatenverarbeitung
Zunächst geht die Bundesregierung auf die grundsätzlichen Anforderungen einer Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 BDSG ein und weist darauf hin, dass in diesem Rahmen der Verantwortliche (Auftraggeber) bereits vor der Datenverarbeitung gewisse Prüfpflichten in Bezug auf den IT-Dienstleister besitzt. Sehr anschaulich hierzu ist im Übrigen das Informationsblatt des bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht.

Datenübermittlung in Drittländer
Auch wenn der Auftragnehmer nicht in der EU bzw. dem EWR, sondern in einem Drittstaat sitzt, bleibt der Auftraggeber in der EU verantwortlich. Die Bundesregierung stellt klar, dass auch bei einer Drittstaatenübermittlung die Anforderungen des § 11 BDSG (zumindest entsprechend) erfüllt sein müssen, was insofern wohl der Auffassung der deutschen Datenschutzbehörden entspricht. Zudem weist die Bundesregierung auf die zusätzlichen Voraussetzungen für einen Datentransfer in ein Drittland hin. Ein solcher ist verboten, wenn in dem Drittland keine angemessen Garantien für den Schutz der Daten bestehen, wie etwa in den USA.

Safe Harbor
Die Bundesregierung geht danach auf die Möglichkeit der Datenübermittlung in die USA unter der Safe Harbor-Entscheidung der EU Kommission ein. Diese habe für europäische Unternehmen, die personenbezogene Daten an in den USA tätige Firmen übermitteln, den Vorteil, dass sie keine zusätzlichen Garantien verlangen müssen. Öffentlich Stellung nehmen, zu der Ansicht des Landesdatenschutzbeauftragten von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, dass es „Riskant und unverantwortlich“ sei, die Daten einem US-Konzern anzuvertrauen, möchte die Bundesregierung mit Blick auf die unabhängige Aufgabenerfüllung der Datenschutzaufsichtsbehörden nicht.

Kooperation zwischen NSA und BND
Auf die Frage, ob „deutsche Geheimdienste von der NSA Daten deutscher Finanzdienstleistungsunternehmen erhalten“ haben, möchte die Bundesregierung nicht öffentlich antworten. „Ein Verstoß gegen die in diesem Zusammenhang vorausgesetzte Vertraulichkeit ließe negative Folgewirkungen für die Quantität und Qualität des Informationsaustausches befürchten“. Ausdrücklich geht die Bundesregierung jedoch davon aus, dass

„ein Zugriff der NSA in Kooperation mit entsprechenden IT-Dienstleistern auf Daten deutscher Finanzdienstleistungsunternehmen [ist] theoretisch nicht auszuschließen“ ist. „Allerdings dürfte ein solcher Zugriff regelmäßig rechtswidrig sein“.

Datenschutz-Grundverordnung und Safe Harbor
Die Bundesregierung gibt, mit Blick auf möglich Verstöße gegen die Safe Harbor-Entscheidung durch amerikanische Unternehmen, an, dass „gesetzliche Kontrollmöglichkeiten gemeinsam mit amerikanischen Behörden“ derzeit nicht bestehen. Deutschland setze sich zudem weiter dafür ein, dass der Schutz der Bürgerinnen und Bürger bei Drittstaatenübermittlungen
deutlich verbessert wird. Insbesondere in Bezug auf Safe Harbor möchte die Bundesregierung tätig werden und ist dies auch bereits. Mit Blick auf die europäische Datenschutzreform und die geplante Datenschutz-Grundverordnung weist sie darauf hin, dass für Modelle wie Safe Harbor „in der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung ein robuster Rechtsrahmen mit klaren Vorgaben für Garantien der Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden“ sollte. Zudem führt die Bundesregierung drei konkrete Verbesserungsvorschläge an:

Ziel sollte es insbesondere sein, die Individualrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken und ihnen bessere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, die Registrierung der US-Unternehmen in der EU vorzunehmen und die staatliche Kontrolle seitens der EU-Datenschutzaufsichtsbehörden in Modellen wie Safe Harbor zu stärken.

Interessant sind dabei insbesondere die letzten beiden Vorschläge. Denn bisher müssen sich amerikanische Unternehmen in Amerika bei dem dafür zuständigen Handelsministerium registrieren. Zum anderen lässt der Vorschlag einer Stärkung der Kontrollbefugnisse der europäischen Behörden aufhorchen. Denn bisher war es die Federal Trade Commission (FTC) in den USA, die wegen einer Verletzung der Safe Harbor-Grundsätze in Amerika tätig wurde.

Fazit
Die Antwort der Bundesregierung ist im Hinblick auf die Reformen zur Datenschutz-Grundverordnung und Safe Harbor durchaus interessant. Die Stärkung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen ist im Übrigen auch ein zentrales Anliegen der Europäischen Kommission, welche Ende letzten Jahres den USA in einer Mitteilung 13 notwendige Vorschläge zur Verbesserung von Safe Harbor gemacht hat.

Datenschutzreform: aktueller Stand der Verhandlungen im Rat

Die Verhandlungen zur geplanten Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) (und natürlich auch zur Datenschutz-Richtlinie für den Bereich der Justiz und Strafverfolgung) im Rat der Europäischen Union dauern an. Nun ist im Internet das aktuelle Arbeitsdokument zu den Änderungsvorschlägen des Ministerrates (Datum: 16.12.2013) zur Datenschutz-Grundverordnung abrufbar.

Aufgrund des Umfangs des Dokuments möchte ich hier nur einen Überblick zu Änderungsvorschlägen zu einigen Themengebieten geben. Von Interesse ist dabei freilich insbesondere, inwieweit sich die im Ministerrat vorgeschlagenen Anpassungen mit denjenigen des Berichts des LIBE-Ausschusses im Europäischen Parlament decken oder abweichen.
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Datenübermittlungen in Drittstaaten – Datenschutzsiegel als neue Grundlage?

Datenübermittlungen aus Europa in Drittstaaten, also solche Länder außerhalb der EU bzw. des EWR, sind im internationalen Wirtschaftsbereich ein wichtiges Thema. Damit personenbezogene Daten in ein Drittland übertragen werden dürfen, muss dort grundsätzlich ein angemessenes Schutzniveau bestehen (Stichwort: Safe Harbor).

Die geplante Datenschutz-Grundverordnung will an den bestehenden Möglichkeiten der Übermittlung und der nötigen Sicherstellung des entsprechenden Schutzniveaus (etwa durch Binding Corporate Rules, Standardvertragsklauseln oder Angemessenheitsbeschlüsse der Kommission) grundsätzlich festhalten. Der Bericht des LIBE-Ausschusses im Europäischen Parlament schlägt aber zudem eine interessante weitere Möglichkeit für Übermittlungen vor: die Erteilung von Datenschutzsiegeln durch Aufsichtsbehörden.

Für den Newsletter der Berliner Datenschtzrunde habe ich in einem Gastbeitrag etwas näher zu dieser vorgeschlagenen Neuerung Stellung genommen. Der Beitrag ist auch online abrufbar.

Brasilien: Gesetzentwurf der „Verfassung des Internets“ veröffentlicht

Bisher wird in den deutschen Medien kaum über eine interessante Gesetzesreform in Brasilien berichtet. Es geht dabei um den Marco Civil da Internet, ein Gesetz, mit dem im Prinzip die Rechte und Pflichten von Bürgern und Unternehmen bei der Nutzung des Internets in Brasilien geregelt werden sollen. Ebenso soll das, auch als „Verfassung des Internets“ bezeichnete, Gesetz Grundprinzipien und Leitlinien vorgeben, an die sich die brasilianischen Behörden und Ministerien halten sollen, wenn sie in diesem Bereich tätig werden. Auf Netzpolitik.org und Wikipedia finden sich weitere Informationen.

Im Zuge der Enthüllungen durch Edward Snowden wurde der Gesetzgebungsprozess (die ersten Entwürfe entstanden bereits im Jahre 2009) nun massiv beschleunigt.

Gesetzentwurf veröffentlicht

Heute wurde auf der Webseite von Intellectual Property Watch ein aktueller englischer Entwurf des Gesetzes präsentiert. Inhaltlich regelt dieser unter anderem Haftungsfragen, Rechte der Internetnutzer oder auch die Netzneutralität.
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Datenschutz-Grundverordnung: Missverständnisse rund um #EUDataP

Nach der positiven Beschlussfassung (hier die inoffizielle, konsolidierte Version) im LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), wurde in den Medien erneut breit über das Thema Datenschutz in Europa berichtet. Diese öffentliche Berichterstattung und Diskussion ist wichtig und auch richtig. Wer hätte sich vor 2 Jahren vorstellen können, dass die dröge Materie „Datenschutzrecht“ zu so einer medialen Aufmerksamkeit gelangt?

Ich möchte nachfolgend jedoch einige Punkte ansprechen, die in der öffentlichen Berichterstattung zur DS-GVO häufig ungenau, verzerrt oder schlicht falsch dargestellt werden. Dabei geht es mir nicht um die Belehrung von oben herab. Es erscheint vielmehr essentiell notwendig zu sein, den Bürgerinnen und Bürgern von Anfang an reinen Wein einzuschenken. Denn wenn mit Errungenschaften und Vorzügen eines neuen Gesetzes geworben wird, welche es aber per se schon nicht leisten kann oder von Anfang an nicht leisten wollte, dann wird Glaubwürdigkeit und Vertrauen verspielt. Sobald sich der erste Betroffene fragt „Aber das wurde uns doch versprochen?“, ist es hierfür zu spät.

Die DSG-VO wird der NSA das Handwerk legen

Wie Thomas Stadler heute in seinem Blog richtig schreibt, wird die DS-GVO Geheimdiensten keine Pflichten auferlegen und daher etwa ihre Tätigkeiten beschränken können. Zum einen, weil die Europäische Union im Bereich der nationalen Sicherheit nicht gesetzgebungsbefugt ist. Daher sind auch folgerichtig Gebiete „der nationalen Sicherheit“ (bzw. nach dem LIBE Entwurf, solche, „die außerhalb des Geltungsbereichs des Unionsrechts liegen“) aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen (Art. 2 a DS-GVO). Zum anderen kann die Europäische Union nicht Gesetze erlassen, an die sich ein drittstaatlicher Geheimdienst, wie die NSA, halten müsste. Grundlage deren Tätigkeit sind zunächst allein amerikanische Gesetze.
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Datenschutz-Grundverordnung: LIBE-Ausschuss verständigt sich auf Änderungen

Am Montag, den 21. Oktober 2013, wird der federführende Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments zum Entwurf des Berichts von Jan Philipp Albrecht und über die Änderungsanträge zur vorgeschlagenen Datenschutz-Grundverordnung (KOM (2012)11, DS-GVO) der Europäischen Kommission abstimmen. Kommt es hier zu einer Einigung, würde dies die Tür für informelle, interinstitutionelle Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union (sog. Trilog) öffnen. Ziel dieser Verhandlungen ist es, eine Einigung zwischen den drei Parteien zu erzielen, um so den Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen.

Aufgrund der enormen Anzahl an Änderungsanträgen zum Verordnungsvorschlag der Kommission sah es, nach mehrmaligen Verlegungen bereits geplanter Abstimmungen, nicht unbedingt danach aus, dass der LIBE Ausschuss alsbald zu einer Einigung kommen würde. Nach ersten Medienberichten (EUobserver; Guardian) wurde nun jedoch ein Vorschlag erarbeitet, den alle vertretenen Parteien im Ausschuss unterstützen.
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Australien: Gesetzesreform für besseren Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter

Im Juni 2013 erhielt die Australian Law Reform Commission (ALRC; eine Bundesbehörde, die Rechtsfragen des Justizministers beantwortet und Vorschläge für Modernisierungen des geltenden Rechts unterbreitet) den Auftrag, eine Untersuchung durchzuführen, inwieweit das australische Recht dahingehend angepasst werden kann, um schwere Eingriffe in die Privatsphäre zu verhindern und zu entschädigen.

Hierzu hat die ALRC nun ein erstes Themenpapier mit dem Titel „Serious Invasions of Privacy in the Digital Era“ veröffentlicht. Definiert sind darin zum einen 28 konkrete Fragen zu bestimmten Bereichen des Persönlichkeitsschutzes im digitalen Zeitalter und wie das geltende Recht hierauf reagieren kann. Zudem hat die ALRC in dem Themenpapier bereits den Status quo dargestellt und auch einige eigene Vorschläge unterbreitet.
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Safe Harbor – LIBE Untersuchungsausschuss fordert Aussetzung

In der heutigen Anhörung des LIBE Untersuchungsausschusses zu den Überwachungstätigkeiten amerikanischer Geheimdienste und dem Zugriff dieser Dienste auf in die USA übermittelte Daten europäischer Bürger ging es vor allem um die Auswirkungen auf die Safe Harbor Entscheidung der Europäischen Kommission (zum Inhalt von Safe Harbor habe ich bereits hier etwas geschrieben). Hier eine kurze Einschätzung der Sitzung, ohne auf alle aufgeworfenen Fragen eingehen zu können.
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Twitter’s Börsengang – Datenschutz als Investorenrisiko?

Aus dem vorläufigen Börsenprospekt von Twitter, der auf der Internetseite der amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) abrufbar ist, lassen sich einige interessante Informationen zu dem Unternehmen selbst und seinem geplanten Börsengang entnehmen. Betrachtet man die dortigen Angaben allein aus dem Blickwinkel des Datenschutzrechts fällt auf, dass Bezugnahmen hierzu meist im Rahmen von möglichen Risiken erwähnt werden.

Grundsätzlich stellt Twitter klar, dass zu den Risiken, welche sich auf das Geschäft von Twitter und sein wirtschaftliches Wachstum auswirken können, vor allem auch Bedenken der Nutzer in Bezug auf den Datenschutz zählen:

A number of factors could potentially negatively affect user growth and engagement, including if: … there are user concerns related to privacy and communication, safety, security or other factors

Insbesondere negative öffentliche Berichterstattung über das Unternehmen, auch in Bezug auf den Datenschutz, könnten dem Ansehen von Twitter und dem Vertrauen in seine Produkte schaden:

Negative publicity about our company, including about … privacy and security practices … even if inaccurate, could adversely affect our reputation and the confidence in and the use of our products and services.

Auch die Einhaltung ausländischer Daten- und Verbraucherschutzgesetze und die Möglichkeit, gegen diese Gesetze zu verstoßen, sind ein Faktor, der zu einem Risiko für die zukünftige Entwicklung und das Wachstum des Unternehmens werden könnte.
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Datenschutz-Grundverordnung: Kritik am Prinzip der zentralen Anlaufstelle

In einem Vermerk der litauischen Ratspräsidentschaft an die Mitglieder des Rates der europäischen Union vom 03. Oktober 2013 werden die Positionen der Mitgliedstaaten zu dem Prinzip der zentralen Anlaufstelle (one-stop-shop) der im Entwurf befindlichen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO, KOM(2012) 11) zusammengefasst. Am kommenden Montag werden die Justiz- und Innenminister der Europäischen Union unter anderem auch hierüber diskutieren.

Um was geht es?
Mit dem in Art. 51 Abs. 2 DS-GVO vorgeschlagenen Prinzip der zentralen Anlaufstelle soll in Zukunft die Durchsetzung und Überwachung des Datenschutzrechts vereinfacht werden. Danach ist für Datenverarbeitungsvorgänge eines Verantwortlichen oder eines Auftragsdatenverarbeiters, der in mehreren EU-Mitgliedstaaten Niederlassungen besitzt, die Datenschutzaufsichtsbehörde desjenigen Mitgliedstaates alleine (!) zuständig, in dem sich die Hauptniederlassung des Verantwortlichen befindet. Nach Art. 4 Nr. 13 DS-GVO ist Hauptniederlassung der Ort der Niederlassung in der Union, an dem die Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Zwecke, Bedingungen und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten getroffen werden. Das Prinzip hat damit sowohl eine Erleichterung für Unternehmen zur Folge, die sich dann nur noch einer Aufsichtsbehörde gegenüber sehen. Und auch die Rechte der betroffenen Personen sollen so (prinzipiell) besser durchsetzbar sein. Als Paradebeispiel könnte man hier etwa die Niederlassung von Facebook in Irland anführen, welche die Europazentrale des Unternehmens darstellt.

Kritik der Mitgliedstaaten
Aus dem Vermerk geht hervor, dass dieses Prinzip der zentralen Anlaufstelle zwar grundsätzliche breite Zustimmung erfährt. Die tatsächliche Ausgestaltung in ihrer derzeit geplanten Form jedoch von der Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht befürwortet wird.

Beschwerden ja, Durchsetzung nein
So wird vorgebracht, dass zwar die Möglichkeit für betroffene Personen bestehen soll, nach Art. 73 Abs. 1 DS-GVO eine Beschwerde wegen einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung bei jeder nationalen Datenschutzbehörde vorzubringen, also nicht nur bei der Aufsichtsbehörde der Hauptniederlassung. Aber eventuelle Maßnahmen und Sanktionen könnten dann dennoch nur durch diese Hauptaufsichtsbehörde vollzogen werden. Um am Beispiel von Facebook zu bleiben: Deutsche Nutzer könnten bei einer deutschen Datenschutzbehörde eine Beschwerde vorbringen, sich aus einer tatsächlich festgestellten Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften ergebende Maßnahmen würden jedoch alleine durch die irische Datenschutzbehörde vorgenommen werden.

Gefahr für den Schutz der Betroffenen
Diese sich ergebende Schere zwischen Beschwerde und Durchsetzung sehen viele Mitgliedstaaten als eine Gefahr für die Datenschutzrechte der Betroffenen an. Denn für die Betroffenen ist die Nähe, also der kurze und effektive Kommunikationsweg, zur jeweiligen Aufsichtsbehörde von entscheidender Bedeutung. Dieser würde jedoch erschwert, wenn für die Durchsetzung ihrer Rechte und das entsprechende Verfahren eine ausländische Aufsichtsbehörde zuständig wäre. Zudem sollte es Betroffenen möglich sein, eine Entscheidung „ihrer“ Aufsichtsbehörde zu erhalten und diese Entscheidung dann eventuell vor den eigenen nationalen Gerichten anzufechten.

Lösungsvorschläge
Der Vermerk fasst einige durch die Mitgliedstaaten vorgebrachte Vorschläge zur Modifikation des Prinzips der zentralen Anlaufstelle zusammen, wobei hier nur auf einzelne eingegangen werden soll.

  • Die Hauptaufsichtsbehörde könnte prinzipiell weiter allein zuständig sein, dennoch sollten einige Befugnisse nicht exklusiv durch sie ausgeübt werden. Gerade Überwachungs- und Kontrollbefugnisse bestimmter Datenverarbeitungsvorgänge könnten auch von nationalen Behörden ausgeführt werden, gerade wenn diese auf dem Gebiet ihres Mitgliedstaates stattgefunden haben.
  • Bei Datenverarbeitungsvorgängen, die sich auf mehrere Mitgliedstaaten beziehen, könnte etwa ein Mitbestimmungsverfahren, unter Einbeziehung anderer nationaler Behörden eingeführt werden. Hier gäbe es zwar immer noch eine Hauptaufsichtsbehörde. Diese könnte Maßnahmen von über die nationalen Grenzen hinausgehender Bedeutung jedoch nicht mehr alleine, sondern nur in Abstimmung mit anderen Behörden, treffen. Zwar besteht ein ähnliches Verfahren für gemeinsame Maßnahmen bereits in Art. 56 DS-GVO. Jedoch ist dort nur das „Miteinander“ bei den Maßnahmen geregelt, also das Recht auf eine Teilnahme und nicht das Recht, selbst Maßnahmen zu treffen.
  • Zudem sollten grundsätzlich die nationalen Behörden, bei denen eine Beschwerde eingegangen ist, mehr in den Entscheidungsprozess der zu treffenden Maßnahmen eingebunden werden. So würde dem für die Betroffenen wichtigen „Näheverhältnis“ zu ihrer Behörde Rechnung getragen und die oben beschriebene Schere etwas geschlossen.
  • Bei der Beteiligung mehrerer Aufsichtsbehörden in einem Verfahren würden sich freilich nicht immer übereinstimmende Meinungen zum Vorgehen herausbilden. Hierzu könnte dann ein Verfahren bei dem einzurichtenden Europäischen Datenschutzausschuss (Art. 64 DS-GVO, ein Zusammenschluss aller nationaler Datenschutzbehörden und des Europäischen Datenschutzbeauftragen) eingeführt werden, in dem dieser eine abschließende Stellungnahme abgibt, ja eventuell sogar eine abschließende Entscheidung fällt (auch wenn er dazu dann mit entsprechender, bisher nicht vorhandener, rechtlicher Befugnis ausgestattet werden müsste).

Ausblick
Am Montag werden die Justizminister das oben beschriebene Prinzip und mögliche Änderungen beraten, jedoch noch nicht abschließend. Der Grundkonsens im Rat scheint zu sein, dass etwas geändert werden muss, um den Rechten der Betroffenen besser und vor allem praxistauglicher Geltung verschaffen zu können. Welche Variante dies sein wird, bleibt abzuwarten. Es zeigt sich jedoch auch, dass der Rat nicht unbedingt das Gesetze verwässernde und Verbraucherrechte fressende Europäische Organ ist, zu welchem er in der öffentlichen Debatte häufig gemacht wird. Vielmehr geht es bei diesen Vorschlägen vor allem um Effektivität und Durchführbarkeit. Dies ist zu begrüßen.