Entwurf der ePrivacy-Verordnung: Erste Anmerkungen

Auf der Webseite von politico.eu wurde gestern ein Entwurf für eine neue ePrivacy-Verordnung der Europäischen Kommission veröffentlicht (pdf). Diese Verordnung soll die bisher geltende Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (RL 2002/58/EG in der Fassung durch RL 2009/136/EG) ersetzen und inhaltlich mit der bereits in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung abstimmen.

Ob es sich bei dem nun veröffentlichten Entwurf tatsächlich um den letzten Stand handelt oder wie am Ende der offiziell veröffentlichte Entwurf für eine ePrivacy-Verordnung (ePrivacy-VO) aussieht, lässt sich momentan noch nicht sagen. Daher sollte man in jedem Fall im Hinterkopf behalten, dass es auch noch inhaltliche Änderungen an diesem Entwurf geben kann. Nichtsdestotrotz möchte ich nachfolgend einige interessante Aspekte der vorgeschlagenen Verordnung ansprechen.

Verhältnis zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Sowohl aus den Erwägungsgründen (5 und 7) als auch aus den Artikeln des Entwurfs (insbesondere Art. 1 Abs. 3) wird deutlich, dass die geplante ePrivacy-VO die speziellere Regelung gegenüber der DSGVO sein wird. Soweit also der Anwendungsbereich der ePrivacy-VO eröffnet ist, tritt die DSGVO zurück. Da die ePrivacy-VO jedoch weit weniger umfassende Regelungen trifft als die DSGVO, werden viele Vorgaben der DSGVO die Lücken in der ePrivacy-VO füllen. Dies betrifft etwa die Rechte der Betroffenen (vgl. Ziffer. 1.2. ePrivacy-VO).

Keine Regelung zur Vorratsdatenspeicherung

Ausdrücklich macht die Kommission in ihren Verordnungsentwurf klar, dass sie keine spezifischen Vorgaben zu einer Speicherung von Daten auf Vorrat vorsieht (Ziffer 1.3.; am Ende). Die Kommission stellt doch gleichzeitig klar, dass die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit besitzen, nationale Regeln zu einer Vorratsdatenspeicherung beizubehalten oder zu kreieren.

Anwendungsbereich der ePrivacy-VO

Nach Art. 2 Abs. 1 soll die Verordnung für die Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten im Zusammenhang mit der Bereitstellung und Benutzung elektronischer Kommunikationsdienste gelten. Hiervon umfasst sind nach der Begriffsbestimmung in Art. 4 Abs. 2 lit. (b) sowohl Inhalts- als auch Metadaten.

Wichtig ist zudem der Hinweis darauf, dass sich der Anwendungsbereich nach Art. 2 Abs. 1 auch allein auf „Informationen“ erstreckt, die sich auf die Endgeräteinrichtungen von Endnutzern beziehen. Umfasst sind damit von der Verordnung also nicht nur klassische Kommunikationsdaten.

Räumlich soll die ePrivacy-VO, den Regelungen der DSGVO entsprechend, einen weiten Anwendungsbereich haben (vergleiche Art. 3). Insbesondere ist sie anwendbar auf die Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von elektronischen Kommunikationsdiensten in der Europäischen Union, unabhängig davon, ob die Verarbeitung selbst in der Europäischen Union stattfindet oder nicht. Der räumliche Anwendungsbereich erstreckt sich auch auf den Schutz von Informationen bezogen auf Endgeräte von Nutzern, die sich in der Europäischen Union befinden (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit (a)).

Räumlich ist die ePrivacy-VO auch auf eine Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten anwendbar, die im Zusammenhang mit der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste außerhalb der Europäischen Union an Endnutzer in der Europäischen Union steht. Auch diese Regelung erinnert an die neuen Vorgaben der DSGVO (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. (b).

Neue Pflichten für OTT-Dienste

Im Rahmen der Diskussionen zu der Neuregelung der ePrivacy-VO wurde stets auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf sogenannte OTT-Dienste erörtert. Diese Erweiterung soll nun tatsächlich mit der ePrivacy-VO kommen. Nach Auffassung der Kommission (siehe Erwägungsgrund 13) hat die bisherige Situation, dass Anbieter von over-the-top-Diensten nicht den Pflichten der bisher geltenden ePrivacy-Richtlinie Unterlagen, dazu geführt, dass ein unzureichender Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation existierte. Aus diesem Grund müsse der Anwendungsbereich der existierenden Richtlinie mit der nun vorliegenden Verordnung erweitert werden.

Internet der Dinge und Industrie 4.0

Ausdrückliche Erwähnung findet in den Erwägungsgründen (14) auch das Internet der Dinge vernetzte Geräte und Maschinen. Der Fokus der Kommission liegt im Rahmen dieses Entwurfs jedoch nicht nur auf eine Kommunikation zwischen Maschine und einem Endbenutzer sondern ausdrücklich auch auf der Kommunikation zwischen zwei Maschinen. Informationen, die im Rahmen der vernetzten Industrie und auch verletzter Haushaltsgeräte zwischen zwei Geräten ausgetauscht werden, können auch personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO enthalten.

Um dem Schutz der Privatsphäre und auch der vertraulichen Kommission größtmögliche Rechnung zu tragen stellt die Kommission klar, dass die ePrivacy-VO auch für die Maschine-Maschine-Kommunikation und damit also auch für den Informationsaustausch zwischen vernetzten Geräten selbst, etwa im Rahmen der Industrie 4.0, Anwendung findet.

„Cookie-Regelung“

Eines der umstrittensten Themen bereits unter der geltenden ePrivacy-Richtlinie und dann auch im Zuge der Diskussion um deren Überarbeitung war die Frage nach dem regulatorischen Umgang mit Cookies und anderen Techniken, mit denen auf Informationen in Endgeräten von Nutzern zugegriffen wird bzw. Informationen auf Endgeräten von Nutzern abgelegt werden.

Vorgaben hier zu finden sich in Art. 8 ePrivacy-VO. Grundsätzlich soll nach Art. 8 Abs. 1 verboten sein, die Rechen- und Speicherleistung eines Endgerätes zu nutzen und auch Informationen über Endgeräte eines Endnutzers (einschließlich Informationen über Software und Hardware) zu erheben.

Von diesem Grundsatz gibt es einige wenige Ausnahmen. Unter anderem dann, wenn es erforderlich ist für den alleinigen Zweck der Übertragung der Kommunikation über ein elektronisches Kommunikationsnetzwerk oder aber wenn der Endnutzer zuvor dieser Datenerhebung oder der Nutzung der Speicherkapazität seines Endgeräts zugestimmt hat.

Nicht erforderlich ist eine Einwilligung beim Einsatz von Cookies auch dann, wenn ihre Verwendung für die Nutzung eines bestimmten Dienstes erforderlich ist und ausdrücklich von dem Endbenutzer gewünscht wird. In Erwägungsgrund 25 wird beispielhaft ein Cookie zur Personalisierung einer Benutzeroberfläche erwähnt, insbesondere etwa auch um Spracheinstellungen zu speichern. Hierzu gehören nach dem Erwägungsgrund 25 auch solche Cookies, die die Eingaben von Nutzer speichern, während dieser über mehrere Webseiten hinweg Formulare ausfüllt.

Insgesamt sind die Erwägungsgründe 25 bis 28 durchaus lesenswert. In Erwägungsgrund 26 wird konstatiert, dass derzeit sich die Nutzer im Internet bei der Erteilung von Einwilligungen einer Informationsüberflutung gegenübersehen und daher zum Einsatz zentralisierter, transparenter und benutzerfreundlicher Einstellungen zur Privatsphäre „ermutigt“ werden soll. Grundsätzlich wird auch klargestellt, dass die Einstellungen im Browser oder in der Anwendung durch einen Nutzer als Einwilligung in die Verarbeitung von Daten angesehen werden kann.

Interessant ist die neue Regelung in Art. 8 Abs. 2. Diese befasst sich mit dem oben bereits erwähnten erweiterten Anwendungsbereich der ePrivacy-VO auf die Maschinen-Maschinen-Kommunikation und dem Internet der Dinge. Nach Art. 8 Abs. 2 ist der Erhebung von Daten (Achtung: nicht etwa nur elektronischen Kommunikationsdaten), die von Endgeräten ausgesendet werden, um eine Verbindung mit einem anderen Gerät oder einem Netzwerk herzustellen, ebenfalls grundsätzlich ausgeschlossen. Auch hier bestehen jedoch Ausnahmen. Die Erhebung solcher Daten ist dann gestattet, wenn dies ausschließlich dem Zweck einer Verbindungsaufbau zwischen den Geräten dient. Außerdem ist Erhebung und Nutzung solcher Daten auch für Werbezwecke möglich (Art. 8 Abs. 2 lit. (b)), jedoch ist hierfür erforderlich, dass ein klarer und deutlicher Hinweis über die Umstände der Erhebung, die Zwecke, den Verantwortlichen und jene Maßnahmen erteilt wird, die Endbenutzer der Endgeräte unternehmen können, um den Erhebungsumfang zu verringern. Sollten solche Daten für Werbezwecke oder das Pro feilen genutzt werden, so hat der Nutzer ein Widerspruchsrecht wie dies in Art. 21 DSGVO vorgesehen ist.

Zusätzlich, und dies ist insbesondere auch für Unternehmen im Bereich der Industrie 4.0 und der vernetzten Geräte interessant, müssen angemessene technische und obligatorische Maßnahmen getroffen werden um ein angemessenes Sicherheitsniveau zu schaffen. Auch hier verweist der Verordnungsentwurf auf die DSGVO, nämlich Art. 32.

Beschränkungen durch die Mitgliedstaaten

Nach Art. 11 ePrivacy-VO  ist es den Mitgliedstaaten jedoch auch gestattet, in gewissen Grenzen die Rechte und Pflichten welche in den Artikeln 5,6, 7 und 8 vorgesehen sind zu begrenzen. Diese Möglichkeit der Beschränkung erinnert ebenfalls an jene in der DSGVO. Auch hier dürfte sich da das Problem ergeben, dass es zur abweichenden Regelung in den verschiedenen Mitgliedstaaten kommen kann, und der Harmonisierungseffekt der Verordnung zumindest nur bis zu einem gewissen Grad erreicht wird.

Einwilligung

Was die Einwilligung anbelangt, so verweist die ePrivacy-VO  auf die Vorgaben der DSGVO. Dennoch sieht Art. 9 ePrivacy-VO einige Spezialitäten bei der Einwilligung vor. So wird etwa ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Einwilligung auch durch die Nutzung angemessener technischer Einstellungen von Softwareprodukten erteilt werden kann, die den Zugang zum Internet ermöglichen. Hier scheint die Europäische Kommission also insbesondere Webbrowser im Blick zu haben.

Zudem sollen Nutzer, die in die Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten eingewilligt haben, stets die Möglichkeit haben, ihre Einwilligung mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen und zusätzlich in periodischen Intervallen von 6 Monaten diese Widerrufsmöglichkeit haben. Diese letzte Verpflichtung erscheint jedoch etwas unverständlich, da ja ohnehin stets eine Widerrufsmöglichkeit existiert. Die Vorgabe einer periodischen Widerrufsmöglichkeit alle 6 Monate lässt sich daher eventuell nur so verstehen, dass das Unternehmen alle 6 Monate den jeweiligen Nutzer darauf hinweisen muss, dass er seine Einwilligung widerrufen kann.

Privacy by Design

In Erwägungsgrund 28 wird vorgesehen, dass Softwareanbieter dazu verpflichtet werden sollten, Software am Markt nur mit Privatsphäre-freundlichen Einstellungen zu vertreiben. Insbesondere hiervon umfasst sind Anbieter von Webbrowsern oder andere Software, mit denen man im Internet surfen kann. Zudem möchte die Kommission vorsehen, dass Nutzer beim 1. Aktivieren der Software ihre Privatsphäre Einstellungen wählen müssen. Nimmt ein Nutzer dann keine Einstellungen vor, soll der Webbrowser die Voreinstellung besitzen, dass er jegliche Speicherung durch Cookies von Dritten oder andere Art von Zwecken nicht gestattet.

In Art. 10 befasst sich die ePrivacy-VO ausdrücklich mit dem Prinzip des Privacy by Design. Nach Abs. 1 müssen die Einstellungen aller Komponenten eines Endgerätes, welches im europäischen Markt vertrieben wird, als Grundeinstellung vorsehen, dass Dritte keine Informationen auf dem Endgerät speichern können oder Informationen aus diesem Endgerät erheben können. Für Softwareanbieter sieht Abs. 2 eine ähnliche Verpflichtung vor.

Bei den Verpflichtungen des Art. 10 fragt man sich freilich, welche Pflichten Adressaten hier angesprochen sind. Denn bei dem Hersteller eines Endgerätes oder bei dem Softwarehersteller muss es sich nicht stets um den Anbieter eines elektronischen Kommunikationsdienstes handeln. Der Anwendungsbereich der ePrivacy-VO erstreckt sich nach ihm Art. 2 Jahr aber grundsätzlich nur auf die Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten oder aber zumindest die Verarbeitung von „Informationen“ in Bezug auf Endgeräte. Die in Art. 10 beschriebenen Pflichten setzen aber bereits in der Produktionskette eher an. Man wird hier abwarten müssen, ob es noch eine entsprechende Anpassung des Art. 10 gibt.

Vorgaben für Werbung

Wie bisher wird auch die ePrivacy-VO gewisse Regelungen zur Nutzung elektronischer Kommunikationsdienste für Werbezwecke vorsehen. Grundsätzlich soll nach Art. 16 Abs. 1 die Nutzung elektronischer Kommunikationsdienste für den Zweck der Übertragung von Direktwerbung nur nach vorheriger Einwilligung des Endnutzers gestattet sein.

Art. 16 Abs. 2 macht hiervon eine Ausnahme für den bereits jetzt bekannten Fall, dass eine Kundenbeziehung zwischen den werbenden und dem Endnutzer existiert. Ausdrücklich wird jedoch darauf Bezug genommen dass es sich um ein „Kunden“ handeln muss und etwa ein Unternehmen von diesem elektronische Kontaktdaten im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung erhalten hat. Dieser Schritt der Erhebung der elektronischen Kontaktdaten unterliegt nach Art. 16 Abs. 2 der DSGVO und muss den Vorgaben eben dieser entsprechen. Grundsätzlich hat der Kunde dann auch jederzeit ein Recht, der Direktwerbung zu widersprechen.

Aufsichtsbehörden und Kooperation

Zudem ist noch darauf hinzuweisen, dass Art. 19 ePrivacy-VO vorsieht, dass die Regelungen des Kapitels 2 der ePrivacy-VO durch die nationalen Datenschutzbehörden überwacht werden sollen. Art. 19 Abs. 2 verweist ja ausdrücklich auf die Aufsichtsbehörden, welche auch für die Überwachung der Einhaltung der DSGVO zuständig sind.

Diese ausdrückliche Zuweisung ist insbesondere deshalb interessant, weil sie einmal inhaltlich wichtige Pflichten der geplanten ePrivacy-VO umfasst, wie die Vorgaben zur Einwilligung, zur Zulässigkeit der Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten, zum Einsatz von Cookies und anderen ähnlichen Technologien oder auch zu den Vorgaben des Privacy by Design. In Deutschland wären dann alle Landesaufsichtsbehörden und nicht etwa nur exklusiv die Bundesbeauftragte für den Datenschutz im Rahmen ihrer Zuständigkeit für Telekommunikationsunternehmen, für die Überwachung und Durchsetzung des Kapitels II der ePrivacy-VO zuständig.

Bußgelder

In Art. 25 werden die Vorgaben für die Verhängung von Bußgeldern beschrieben. Diese sind in weiten Teilen an jene Regelungen der DSGVO angelehnt. Dies bedeutet gleichzeitig auch, dass die Höhe der möglichen Bußgeldbeträge auf 4 % des weltweiten Jahresumsatzes des vergangenen Geschäftsjahres eines Unternehmens festgesetzt wird.

Ab wann ist die ePrivacy-VO anwendbar?

Auf diese Frage findet sich in dem Entwurf noch keine Antwort. Im Unterschied zu DSGVO ist jedoch in Art. 31 Abs. 2 vorgesehen, dass die ePrivacy-VO 6 Monate nach dem Datum des Inkrafttretens anwendbar sein soll. Die Übergangszeit ist hier also deutlich kürzer bemessen als mit Blick auf die zwei Jahre bei der DSGVO. Dies ist im Endeffekt aber auch konsequent, da es der Plan der europäischen Kommission sein wird, die DSGVO und auch die neue ePrivacy-VO dem Grunde nach zeitgleich zur Anwendung zu bringen. Die kürzere Frist zur Umstellung auf die neuen Vorgaben der ePrivacy-VO bedeutet für Unternehmen aber gleichzeitig auch erhöhten Anpassungsbedarf und –druck.

Hamburger Datenschutzbehörde: Keine wirksame Einwilligung gegenüber Facebook. Wirklich?

Mit Bescheid vom 23. September 2016 hat der Hamburger Datenschutzbeauftragte der Facebook Irleand Ltd. u.a. die Erhebung und Speicherung von Bestandsdaten deutscher WhatsApp-Nutzer untersagt. Den Bescheid der Behörde hat der Kollege Dirks veröffentlicht (pdf).

Die Hamburger Behörde begründet ihre Verfügung materiell-rechtlich insbesondere mit einer fehlenden Rechtsgrundlage seitens Facebook für die Erhebung und Speicherung der Daten, die das Unternehmen von WhatsApp erhält. Der Datenschutzbeauftragte stützt seine Argumentation auf das sog. Doppeltürmodell des BVerfG (Urt. 24. 1. 2014 – 1 BvR 1299/05), nach dem sich ein Datenaustausch zwischen zwei öffentlichen Stellen durch einander korrespondiere Eingriffe von Abfrage und Übermittlung vollzieht, die jeweils einer eigenen Rechtsgrundlage bedürfen.

So weit, so klar. Staatliches Handeln bedarf einer Rechtsgrundlage. Der Vorgang der Übertragung von Daten stellt eine Datenverarbeitung dar, eine Übermittlung. Der Vorgang des Abrufs von Daten und deren Speicherung stellen Datenverarbeitungen dar, eine Erhebung und Speicherung. Bis hier hin eigentlich keine Überraschung, da Art. 7 der Datenschutz-Richtlinie vorsieht, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten nur erfolgen darf, wenn die Voraussetzungen eines Erlaubnistatbestandes in Art. 7 lit. a) bis f) erfüllt sind. Als ein solcher Erlaubnistatbestand kam hier die Einwilligung der WhatsApp-Nutzer in Betracht, die diese im Rahmen der Aktualisierung der AGB und Datenschutzbestimmungen abgaben.

Wie gesagt, meines Erachtens ist unstreitig und nicht neu, dass beide involvierte Stellen, WhatsApp einerseits und Facebook andererseits, für die Datenverarbeitungen einen Erlaubnistatbestand benötigen. Das stellt das BVerfG in seinem Urteil klar. Mehr nicht.

Vorliegend stört sich die Aufsichtsbehörde aber daran, dass die Betroffenen (also WhatsApp-Nutzer) mit ihrer Einwilligung gegenüber WhatsApp „nicht gleichzeitig ihre Einwilligung gegenüber Facebook Ireland Ltd.“ erteilen. Es fehle daher an einem Erlaubnistatbestand für Facebook. Zwar wurden WhatsApp-Nutzer auf den Datenaustausch mit Facebook und auch die Zwecke der Verarbeitung der Daten durch Facebook hingewiesen, jedoch werde die Einwilligung eben nicht gegenüber Facebook erteilt.

Die Frage ist: ist das überhaupt erforderlich? Meiner Meinung nach sprechen gute Argumente gegen die Ansicht der Behörde.

Erstens

Der Wortlaut der Datenschutzrichtlinie. Nach Art. 2 lit. h) wird die „Einwilligung der betroffenen Person“ als jede Willensbekundung definiert, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden. Die Legaldefinition sagt jedoch nichts dazu aus, wem tatsächlich die Willensbekundung gegenüber abzugeben ist. Natürlich muss ihr Inhalt die geplante Datenverarbeitung abdecken und auch die Stelle benannt sein, die die Verarbeitung vornimmt. Der Adressat der Einwilligungserklärung selbst, wem die Einwilligung wie zugehen muss, wird aber nicht benannt (etwa: gegenüber dem Verantwortlichen).

Zweitens

Urteil des EuGH vom 5. Mai 2011 – C-543/09. Dieses betraf einen Rechtsstreit zwischen der Deutschen Telekom AG und der Bundesnetzagentur, über die gemäß dem Telekommunikationsgesetz bestehende Verpflichtung der Unternehmen, die Telefonnummern zuweisen, ihnen vorliegende Daten von Teilnehmern dritter Unternehmen anderen Unternehmen, deren Tätigkeit in der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten oder Teilnehmerverzeichnissen besteht, zur Verfügung zu stellen.

Entscheidende Vorschriften ergaben sich aus der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (RL 2002/58/EG), die mit Blick auf die „Einwilligung“ auf die Definition der Datenschutz-Richtlinie (siehe oben) verweist.

Nach Art. 12 Abs. 1 Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation müssen Teilnehmer (also Kunden des TK-Anbieters) vor Aufnahme in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse über deren Zweck bzw. Zwecke und über eine eventuelle besondere Nutzung, insbesondere aufgrund der in die Software der elektronischen Fassungen der Verzeichnisse eingebetteten Suchfunktionen, informiert werden.

Hierzu stellt der EuGH fest (Rz. 58), dass diese vorherige Unterrichtung es dem betroffenen Teilnehmer ermöglicht, „in die Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage im Sinne von Art. 2 Buchst. h und Art. 7 Buchst. a der Richtlinie 95/46 einzuwilligen“.

Nach Art. 12 Abs. 2 Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation kann der Teilnehmer lediglich entscheiden, ob seine personenbezogenen Daten – und gegebenenfalls welche – in ein öffentliches Verzeichnis aufgenommen werden. Diese Zustimmung (also die Einwilligung) bezieht sich auf den Zweck der Veröffentlichung der personenbezogenen Daten in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis und nicht auf einen bestimmten Anbieter eines Verzeichnisses (Rz. 61).

Der EuGH stellt danach fest (Rz. 65), dass sich die Zustimmung eines ordnungsgemäß unterrichteten Teilnehmers zur Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten in einem öffentlichen Teilnehmerverzeichnis gemäß Art. 12 Abs. 2 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation auf den Zweck dieser Veröffentlichung bezieht

und erstreckt sich daher auf jede spätere Verarbeitung dieser Daten durch dritte Unternehmen, die auf dem Markt öffentlich zugänglicher Telefonauskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse tätig sind, sofern diese Verarbeitung denselben Zweck verfolgt.

Die inhaltlichen Anforderungen an die Einwilligung sind hier also noch geringer angesetzt, als es bei WhatsApp und Facebook der Fall war. Im Fall der EuGH mussten in der Einwilligung z.B. nicht einmal konkrete dritte Unternehmen benannte werden. Zudem wird auch deutlich, dass die einmal gegenüber einem Unternehmen erteilte Einwilligung auch spätere Datenverarbeitungen durch unbekannte Dritte legitimiert, solange die Zwecke bekannt waren und eingehalten werden.

Drittens

Die Art. 29 Datenschutzgruppe hat sich auch schon zu der Frage geäußert, welcher Stelle konkret gegenüber eine Einwilligung abzugeben ist. Stets dem Verantwortlichen? Nein.

In der Arbeitsunterlage WP 12 (pdf) gehen die Datenschützer für Datenübermittlungen in Drittstaaten auf der Grundlage einer Einwilligung klar davon aus (S. 38), dass eine Einwilligung entweder direkt durch übermittelnde Stelle selbst oder „in ihrem Auftrag“ durch eine andere Stelle eingeholt werden kann.

Übertragen auf den hiesigen Fall, könnte WhatsApp also natürlich für Facebook die Einwilligung der Betroffenen einholen.

Auch in einem weiteren Bespiel (S. 40) gehen die Datenschützer ausdrücklich davon aus, dass Einwilligung nicht durch die verantwortliche Stelle selbst eingeholt werden müssen.

Man wird nun abwarten müssen, wie das Verwaltungsgericht Hamburg entscheidet. Vorgelagert zu der obigen Thematik muss sich das Gericht mit der Frage befassen, ob überhaupt deutsches Datenschutzrecht anwendbar ist.

Hessischer Datenschutzbeauftragter zu Pokémon Go: Nutzer ist darüber informiert, was mit seinen Daten geschieht

Im Rahmen der Antwort auf eine kleine Anfrage (Drs. 19/3658, pdf) im Hessischen Landtag zu dem Dienst Pokémon Go und mit dessen Einsatz einhergehenden datenschutzrechtlichen Fragen, hat auch der Hessische Landesdatenschutzbeauftragte eine Stellungnahme abgegeben.

Der Landesdatenschutzbeauftragte vertritt eine andere Auffassung als der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., der den Entwickler der Pokémon Go-App, das Unternehmen Niantic Inc., unter anderem wegen angeblicher Verstöße der Datenschutzbestimmungen des Dienstes gegen deutsches Datenschutzrecht, um Juli 2016 abgemahnt hatte.

Der Hessische Datenschutzbeauftragte geht davon aus, dass die datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle für die Datenverarbeitung im Rahmen der Smartphone-App „Pokemon GO“ die Niantic Inc. mit Sitz in den USA ist. Ein Transfer von einer deutschen bzw. europäischen datenschutzrechtlich verantwortlichen Stelle in einen Drittstaat (USA) finde hingegen nicht statt. Vielmehr werden die Daten mit Einwilligung des Nutzers direkt durch ein US-Amerikanisches Unternehmen erhoben und verarbeitet

Da Niantic Inc., soweit ersichtlich, weder in Deutschland noch in der EU eine Niederlassung habe, unterliege das Unternehmen auch nicht der Kontrolle des Hessischen Datenschutzbeauftragten.

Der Landesbeauftragte führt weiter aus, dass die Datenschutzbestimmungen der „Pokemon GO“-App relativ umfangreich sind und in verhältnismäßig transparenter Form die Datenverarbeitung  bei  der  Nutzung der App erläutern.

Der Nutzer ist darüber informiert, was mit seinen Daten geschieht.

Zudem führt der Landesdatenschutzbeauftragte aus, dass Spieler die Wahl haben, ob sie die Kamera einschalten wollen oder nicht. Für das Abspeichern eines Pokemonfotos im Speicher des Smartphones und das Teilen mit anderen bestehe kein höheres Risiko als bei sonst erstellten und übermittelten Fotos.

Deutscher Juristentag: Entgeltlicher Vertrag bei Datennutzung aufgrund einer Einwilligung

Gestern wurden die Beschlüsse des 71. Deutschen Juristentages veröffentlicht (PDF). Teilweise beziehen sich diese auch auf interessante Fragen des Datenschutzrechts und die umstrittene Thematik „Daten als Entgelt“. Nachfolgend möchte ich einige dieser Beschlüsse näher darstellen.

Zu der Frage, ob und wenn ja wann bei einem Austausch von Daten von einem entgeltlichen bzw. unentgeltlichen Vertrag auszugehen ist, wurden folgende Anträge abgelehnt und angenommen:

Erlangt der Anbieter Daten, die ihm vom Nutzer zur Verfügung gestellt wurden oder die er auf andere Weise erhoben hat, so ist stets von einer Gegenleistung (Entgelt) auszugehen.

Dieser Antrag wurde abgelehnt. Meines Erachtens zu Recht, da ansonsten bei jeglichem Austausch von Daten (also etwa bei Übertragung der IP-Adresse im Rahmen des Besuchs einer Webseite) von einem entgeltlichen Vertrag auszugehen wäre.

Von einem Entgelt ist nur auszugehen, wenn die Datennutzung aufgrund des Datenschutzrechts nur mit Einwilligung des Betroffenen zulässig ist.

Dieser Antrag wurde angenommen. Von einem Entgelt soll zum einen nur ausgegangen werden, wenn es sich um personenbezogene Daten handelt. Denn nur in diesem Fall bewegen wir uns im Bereich des „Datenschutzrechts“. Kritisieren kann man, dass nicht klar ist, warum eine Entgeltlichkeit nur bei Vorliegen einer Einwilligung angenommen werden sollte. Eventuell möchte man eine Abgrenzung zu einer Verarbeitung schaffen, die für die Durchführung und Abwicklung eines Vertragsverhältnisses erforderlich ist. Es existieren jedoch (neben der Einwilligung) auch andere Erlaubnistatbestände im Datenschutzrecht, die die Datennutzung als zulässig erachten, ohne dass ein Vertrag vorliegen muss. Beispielsweise bei einem Vorliegen berechtigter Interessen des Verantwortlichen. In diesem Fall würde man, dem obigen Beschluss folgend, keine Entgeltlichkeit annehmen. Zudem könnte man die Frage stellen, ob die Abhängigkeit der Entgeltlichkeit von der Einwilligung sinnvoll ist, wenn man sich überlegt, dass teilweise das Gesetz verpflichtend die Einholung einer Einwilligung vorsieht. Auch kann man die Frage stellen, was in Situationen geschieht, in denen die Datennutzung gerade nicht zulässig ist, weil die Einwilligung unwirksam ist. Liegen dann unentgeltliche Verträge vor?

Speziell zum Thema „Datenschutz“ wurden ebenfalls Beschlüsse gefasst.

„Das Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung sollte zum Anlass genommen werden, das Recht des Arbeitnehmerdatenschutzes u?ber § 32 BDSG hinaus umfassend neu zu regeln.“

Dieser Antrag wurde angenommen. Damit spricht sich der DJT für eine umfassende Neuregelung des Beschäftigtendatenschutzes aus. Der Anfang September veröffentliche Referentenentwurf für das ABDSG lässt jedoch vermuten, dass die entsprechende Öffnungsklausel in der Datenschutz-Grundverordnung nicht genutzt wird, um über die bisher bekannte Regelung des § 32 BDSG hinauszugehen.

„Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist auch auf die nicht automatisierte Datenverarbeitung zu erstrecken.“

Auch dieser Antrag wurde angenommen. Insbesondere im Rahmen des Beschäftigtendatenschutzes spielt diese Vorschrift eine wichtige Rolle.

Datenschutzrechtliche Folgen des WLAN-Urteils des EuGH

Das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (C-484/14) in der Sache Mc Fadden und seine konkreten Folgen für die Haftungssituation der Anbieter von WLANs in der Öffentlichkeit, insbesondere für das im Sommer diesen Jahres überarbeitete Telemediengesetz (neuer § 8 Abs. 3 TMG), werden bereits heftig diskutiert.

Ich möchte mich nachfolgend gar nicht so sehr mit den Feststellungen des EuGH zur Haftung eines Anbieters eines WLANs befassen. Vielmehr möchte ich nachfolgend kurz auf die durch den EuGH aufgestellte Anforderung eingehen, dass ein Anbieter, wenn ein Nutzer des von ihm angebotenen offenen WLANs beispielsweise Urheberrechtsverletzungen begeht, gerichtlich dazu verpflichtet werden kann, hinreichend wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um einen wirkungsvollen Schutz des Rechts des geistigen Eigentums sicherzustellen.

Nach Auffassung des EuGH muss eine solche Maßnahme bewirken, dass unerlaubte Zugriffe auf die Schutzgegenstände verhindert oder zumindest erschwert werden und dass die Internetnutzer, die die Dienste des WLAN-Anbieters in Anspruch nehmen, zuverlässig davon abgehalten werden, auf die Schutzgegenstände zuzugreifen (Rz. 95).

Im vorliegenden Fall entschied das Gericht, dass unter den gegebenen Umständen eine Maßnahme, die in der Sicherung des Internetanschlusses durch ein Passwort besteht, als erforderlich anzusehen ist (Rz. 99). Das vorlegende deutsche Gericht zog überhaupt nur drei mögliche Maßnahmen in Betracht; meines Erachtens ist daher auch nicht ausgeschlossen, dass andere, in diesem Verfahren nicht erwähnte Maßnahmen, ebenfalls als wirksame Alternativen angesehen werden könnten. Der EuGH verweist mehrmals ausdrücklich darauf, dass seine Prüfung vorliegend allein auf die drei durch das deutsche Gericht erwähnten Maßnahmen beschränkt ist.

Eine solche Sicherung des WLANs durch ein Passwort könnte, so der EuGH, die Nutzer dieses Anschlusses davon abschrecken, ein Urheberrecht oder verwandtes Schutzrecht zu verletzen, soweit diese Nutzer ihre Identität offenbaren müssen, um das erforderliche Passwort zu erhalten, und damit nicht anonym handeln können (Rz. 96).

Der EuGH macht die zu erzielende Abschreckungswirkung davon abhängig, dass sowohl ein Passwort vergeben werden muss und dieses zwingend von der Offenbarung der Identität der WLAN Nutzer abhängt. Das Ergebnis dieser Maßnahme muss nach dem Urteil des EuGH sein, dass die Nutzer „nicht anonym handeln können“.

Damit gestattet es der EuGH, dass WLAN Anbieter gerichtlich dazu verpflichtet werden können personenbezogenen Daten der Nutzer zur Identifizierung zu verarbeiten. Sie müssen ihre „Identität offenbaren“. Folglich wird diese Entscheidung auch datenschutzrechtliche Implikationen für die Anbieter von offenen WLANs haben. Sie können quasi dazu gezwungen werden, personenbezogene Daten zum Zweck der Identifizierung der Nutzer zu verarbeiten. Insbesondere dürfte es nach dem Urteil des EuGH nicht ausreichen, wenn etwa Pseudonyme vergeben werden können oder man sich zum Beispiel auch nur mit seinem Nachnamen anmelden könnte. Das Gericht bekräftigt mehrmals, dass der Nutzer seine Identität offenbaren müsse. Dies wird aber im Ergebnis nur möglich sein, wenn der Nutzer seinen vollen Namen und eventuell weitere personenbezogene Daten angibt.

Aus Sicht eines Anbieters eines WLAN muss sich dann unweigerlich die Frage stellen, auf der Grundlage welches Erlaubnistatbestandes die Verarbeitung entsprechender personenbezogener Daten zur Identifizierung eines Nutzers erlaubt ist.

Dabei wird sich zuallererst die Frage stellen, welches Gesetz überhaupt die einschlägigen datenschutzrechtlichen Regelungen für den Umgang mit personenbezogenen Daten in einem offenen WLAN bereithält. Man könnte zunächst freilich davon ausgehen, dass die datenschutzrechtlichen Regelungen der §§ 11 ff. TMG Anwendung finden, da es ja in dem Urteil um europäische Vorgaben gehen, welche ihre Umsetzung ebenfalls im TMG (§§ 7 und 8) finden. Hier ist jedoch zu beachten, dass die Frage, wer datenschutzrechtlich verantwortlich ist, wer also die „verantwortliche Stelle“ (§ 3 Abs. 7 BDSG) ist, zunächst einmal nach den Vorgaben des BDSG richtet. Dies auch, soweit es die datenschutzrechtlichen Regelungen des TMG betrifft.

Verantwortlich für die Datenverarbeitung (konkret die Identifizierung der Nutzer und die Vergabe eines Passwortes) wird hier in den meisten Fällen natürlich der Anbieter des WLANs sein. Wenn dieser im Rahmen einer vorgeschalteten Webseite, bevor der Nutzer in den Genuss des Zugangs zum freien Internet kommt, personenbezogene Daten, etwa zur Identifizierung erhebt und verarbeitet, dürfte die Datenverarbeitung über diese Website im Rahmen des Bereithaltens eigener Telemedien erfolgen (freilich mag man hier auch die Frage stellen, ob eine Identifizierung über eine Webseite überhaupt wirksam möglich ist). Jedoch erscheint fraglich, ob etwa der Erlaubnistatbestand des § 15 Abs. 1 TMG (also für den Umgang mit Nutzungsdaten; Bestandsdaten nach § 14 dürften nicht vorliegen, da kein Vertragsverhältnis mit dem WLAN-Anbieter besteht) die Verarbeitung personenbezogene Daten zur Identifizierung eines Nutzers gestattet. Zwar darf der Anbieter nach § 15 Abs. 1 TMG personenbezogene Daten eines Nutzers verwenden, jedoch nur soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme des Telemediums (also etwa der vorgeschalteten Anmeldewebseite) zu ermöglichen. Man könnte jedoch wohl auch die Auffassung vertreten, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten für eine Identifizierung des Nutzers ja nicht unbedingt erforderlich ist um die vorgeschaltete Webseite zu nutzen, sondern allein den Zweck hat um nach gelagert von dem Internetzugang profitieren zu können. Das Telemedium ist nur die Anmeldeseite, nicht der nachgelagerte Zugang zum Internet. Möglicherweise kann man sich hier nur mit der Einholung einer Einwilligung nach § 13 Abs. 2 TMG behelfen. Sollte die Identifzierung dagegen „offline“ erfolgen (beispielsweise prüft der Kellner im Cafe die Ausweise), würde sich die Datenverarbeitung nach den Vorgaben des BDSG richten.

Daneben muss noch beachtet werden, dass die Anbieter von WLANs als sog. „Diensteanbieter“ im Sinne des § 3 Nr. 6 b) TKG angesehen werden, da sie an der Erbringung von Telekommunikationsdiensten mitwirken. Diese Auffassung vertritt unter anderem die Bundesnetzagentur (Amtsblattmitteilung Nr. 149, 2015, PDF). Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich auch die spezialgesetzlichen Regelungen zum Datenschutz im TKG (§§ 91 ff) Anwendung finden. Möglicherweise könnten die Informationen zum Passworte und zur Identität der Nutzer auch unter den Begriff der „Verkehrsdaten“ nach § Nr. 30 TKG fallen. Deren Verarbeitung richtet sich nach den Vorgaben des § 96 TKG.

Man wird abwarten müssen, wie sich die Folgen des Urteils in der Praxis auswirken und mit den nun aufgestellten Vorgaben des Urteils umgegangen wird. Anbieter von WLANs sollten aber in jedem Fall auch die mit diesen Vorgaben des EuGH einhergehenden datenschutzrechtlichen Folgen beachten.

Konzerninterne Datentransfers: Hessische Aufsichtsbehörde verweist auf gesetzliche Erlaubnisnormen

Am 11.7.2016 hat der hessische Datenschutzbeauftragte seinen 44. Tätigkeitsbericht vorgestellt (pdf).

Unter anderem befasst sich der Datenschutzbeauftragte in seinem Bericht auch mit der Frage, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen personenbezogene Daten von Arbeitnehmern in einem Konzern zwischen Unternehmen übermittelt werden dürfen. Bekanntermaßen kennt das deutsche Datenschutzrecht kein Konzernprivileg. Liegt also kein Fall der Auftragsdatenverarbeitung vor und werden personenbezogene Daten an eine andere verantwortliche Stelle im selben Konzern weitergegeben, so liegt datenschutzrechtlich betrachtet eine rechtfertigungsbedürftige „Übermittlung“ vor.

§ 32 BDSG

Der hessische Datenschutzbeauftragte weist darauf hin, dass als Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Beschäftigtendaten insbesondere § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Betracht kommt. Diese Bestimmung setzt voraus, dass die Verarbeitung (im konkreten Fall die Übermittlung der Daten) für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses „erforderlich ist“.

In der Praxis stellt sich dann freilich die Frage, wann von einer Erforderlichkeit der Verarbeitung auszugehen ist. Diesbezüglich verweist der Datenschutzbeauftragte auf den Arbeitsbericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Konzerninterner Datentransfer“ vom 11.01.2005. Zum einen sei von der Erforderlichkeit auszugehen, sofern der Arbeitsvertrag einen bei Vertragsabschluss für den Betroffenen erkennbaren Konzernbezug aufweist, wenn er also z. B. ein Tätigwerden des Arbeitnehmers auch in anderen Konzernunternehmen vorsieht. Zum anderen sei die Erforderlichkeit auch vorhanden, wenn bei der Einstellung des Arbeitnehmers deutlich erkennbar ist, dass die Personaldatenverarbeitung in einem anderen Konzernunternehmen zentralisiert ist. Wenn das Unternehmen dann noch entsprechend den Vorgaben des § 4 Abs. 3 BDSG über die Identität der verantwortlichen Stelle, die Zwecke der Verarbeitung sowie die Kategorien der Empfänger der Daten informiert, ist dies nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten ausreichend, um die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zu legitimieren.

Dauerproblem: Einwilligung

In dem im Tätigkeitsbericht beschriebenen konkreten Fall trat der Umstand hinzu, dass der Arbeitgeber ursprünglich eine Einwilligung der Arbeitnehmer für die Übermittlung einholte. Zwar gesteht der hessische Datenschutzbeauftragte zu, dass auch die Einwilligung eine Grundlage für die konzerninterne Datenübermittlung darstellen kann. Jedoch führt er weiter aus:

Aufgrund des wirtschaftlichen Ungleichgewichts und der existentiellen Bedeutung des Beschäftigungsverhältnisses wird im Allgemeinen jedoch bezweifelt, dass auf Seiten der Beschäftigten die Einwilligung freiwillig erteilt werden kann.

Zwar ist es richtig, dass gerade in einem Beschäftigungsverhältnis möglicherweise ein Ungleichgewicht vorherrscht. Eventuell kann es dann auch an der Freiwilligkeit einer Einwilligung fehlen. Jedoch davon auszugehen, dass „im Allgemeinen“ bezweifelt werde, dass die Einwilligung von Beschäftigten nicht freiwillig erteilt werden könne, erscheint nicht angebracht. Es dürfte sich hierbei vielmehr um eine (von mindestens zwei) vertretene Ansicht handeln. Auch im Arbeitsverhältnis kann grundsätzlcih eine datenschutzrechtliche Einwilligung wirksam eingeholt werden. Im Jahr 2015 (Urteil vom 11.12.2014, 8 AZR 1010/13) hat dies auch das Bundesarbeitsgericht vertreten:

Auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen.

Und unter der Datenschutz-Grundverordnung?

Auch die ab  dem 25. Mai 2018 anwendbare Datenschutz-Grundverordnung wird kein ausdrückliches Konzernprivileg kennen. Jedoch wird in Erwägungsgrund 48 S. 1 klargestellt, dass Verantwortliche, die Teil einer Unternehmensgruppe oder einer Gruppe von Einrichtungen sind, ein berechtigtes Interesse haben können, personenbezogene Daten innerhalb der Unternehmensgruppe für interne Verwaltungszwecke, einschließlich der Verarbeitung personenbezogener Daten von Kunden und Beschäftigten, zu übermitteln.

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung macht damit deutlich, dass eine konzerninterne Übermittlung von Beschäftigtendaten und auch Kundendaten als berechtigtes Interesse des Verantwortlichen angesehen werden kann und damit die Voraussetzungen des Erlaubnistatbestandes nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) erfüllt sein können.

Deutsche Datenschutzbehörden veröffentlichen Orientierungshilfe für Einwilligungserklärungen

Der sogenannte Düsseldorfer Kreis, die deutschen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich, hat eine neue „Orientierungshilfe zu datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärung in Formularen“ (pdf) veröffentlicht. In dem Dokument (Stand: März 2016) liegen die deutschen Aufsichtsbehörden ihre Ansichten zu den Voraussetzungen für die Abgabe einer zulässigen, datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärung in Formularen dar. Dabei beziehen sich die Ausführungen sowohl auf schriftliche Einwilligungserklärung (§ 4a BDSG) als auch auf elektronische Erklärungen (§  13 Abs. 2 und 3 TMG).

Inhaltlich befassen sich die Aufsichtsbehörden mit den verschiedenen Anforderungen, die an eine wirksame Einwilligungserklärung zu stellen sind. Dabei gehen sie zunächst auf die in der Praxis vor allem genutzten Formulierungen ein, mit denen auf datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung hingewiesen wird.

Positiv bewerten die Behörden, wenn Überschriften direkt auf den Charakter als Einwilligungserklärung hinweisen. Als nicht ausreichend sehen es die Aufsichtsbehörden an, wenn eine Einwilligungserklärung in einem Dokument mit der Überschrift „Datenschutzerklärung“ oder „Datenschutz“ vorgehalten wird.

Zudem verlangen die Aufsichtsbehörden, dass die Betroffenen durch entsprechende Formulierung klar darauf hingewiesen werden, dass es sich um eine Einwilligungserklärung handelt. Hierzu sollen etwa Formulierungen wie „Ich willige ein, dass…“ oder „Ich bin einverstanden, dass…“ genutzt werden.

Interessant ist die Auffassung der Behörden, dass allein ein opt-in Mechanismus, also ein aktives Ankreuzen, das Erfordernis einer „bewussten Erklärung“ der Betroffenen erfüllen würde. Vorangekreuzt Einwilligungstexte oder das Bestehen einer Abwahlmöglichkeit (opt-out) genügen nach Auffassung der Behörden den gesetzlichen Anforderungen nicht. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bereits der Bundesgerichtshof in seiner Payback-Entscheidung (Az. VIII ZR 348/06) im Jahre 2008 eine andere Auffassung (zumindest solange es sich nicht um eine UWG-Einwilligung handelt) vertrat und die Möglichkeit eines Opt-Outs im Rahmen des § 4a BDSG als zulässig ansah (u.a. Rz. 23):

Aus § 4a BDSG ergibt sich nicht, dass die Einwilligung nur dann wirksam sein soll, wenn sie, wie die Revision es für erforderlich hält, in der Weise „aktiv“ erklärt wird, dass der Verbraucher eine gesonderte Einwilligungserklärung unterzeichnen oder ein für die Erteilung der Einwilligung vorzusehendes Kästchen ankreuzen muss („Opt-in“-Erklärung).

Insgesamt bietet die Orientierungshilfe für die Praxis einen guten Überblick dafür, welche Anforderungen aus Sicht der Behörde beim Einholen von Einwilligungserklärung zu beachten sind.

Gerichtsurteil: Arbeitnehmer können in Videoüberwachung einwilligen

Mit Urteil vom 29. Januar 2016 (Az.: 1 K 1122/14) hat sich das Verwaltungsgericht Saarlouis zu zwei interessante datenschutzrechtliche Fragen geäußert. Zum einen zur Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit einer Videoüberwachung in einer Apotheke und zum anderen zur Frage der Möglichkeit, in einem Arbeitsverhältnis wirksam gegenüber dem Arbeitgeber einwilligen zu können.

Geklagt hatte der Eigentümer eine Apotheke gegen eine Untersagungsverfügung der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde. Er überwachte sowohl den öffentlich zugänglichen Verkaufsraum als auch einen nur für das Personal zugänglichen Bereich zu einem Betäubungsmittelschrank mit Videokameras. Die Aufzeichnungen wurden automatisch alle 2 Wochen gelöscht und unterlagen nur dem Zugriff durch den Kläger. Grund für die Überwachung war vor allem ein Schwund bzw. Fehlbestand an Medikamenten und damit einhergehender finanzieller Verlust. Die Datenschutzbehörde untersagte dem Kläger die Videoüberwachung im Verkaufsraum und auch am Betäubungsmittelschrank.

Das Gericht hob den Bescheid der Behörde insoweit auf, als die Untersagung die Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank betraf. Im Übrigen wurde der Bescheid als rechtmäßig angesehen.

Videoüberwachung im Verkaufsraum und am Kundeneingang

Keine Einwilligung der Kunden

Das Gericht stellte fest, dass es hinsichtlich aller Kameras im Verkaufsraum an einer wirksamen Einwilligung der Kunden fehle.

Aus der Tatsache, dass auf die in dem Verkaufsraum stattfindende Videoüberwachung durch Beschilderung an den Eingangstüren zur Apotheke hingewiesen wird, könne keine konkludente Einwilligung der Kunden, die dennoch und damit in Kenntnis der Videoüberwachung die Verkaufsräume der Apotheke betreten, abgeleitet werden.

Gesetzliche Erlaubnis (§ 6 b BDSG)

Auch sei die Videoüberwachung der Kundeneingänge und des Freiwahlbereichs des Verkaufsraums mit § 6 b Abs. 1 BDSG unvereinbar. Das Gericht prüft das Vorliegen der Voraussetzungen von § 6 b BDSG und stellt zunächst fest, dass es sich bei dem Freiwahlbereich der Apotheke um einen öffentlich zugänglichen Raum handelt. Zwar diene die Videoüberwachung im Verkaufsraum der Wahrnehmung des Hausrechts nach § 6 b Abs. 1 Nr. 2 BDSG, nicht aber der Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 6 b Abs. 1 Nr. 3 BDSG.

Zu diesen berechtigten Interessen gehöre zwar grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche und ideelle Interesse, sofern es objektiv begründbar ist und sich nicht nur an den subjektiven Wünschen und Vorstellungen der verantwortlichen Stelle orientiert. Kommt damit eine die Videoüberwachung zum Zweck der Gefahrenabwehr zum Einsatz, wird man nach Auffassung des Gerichts regelmäßig eine Wahrnehmung berechtigter Interessen annehmen können.

Wichtig ist jedoch insoweit, dass eine konkrete oder zumindest abstrakte Gefährdungslage darzulegen ist. Daran fehlte es im vorliegenden Fall. Dies ist ein wichtiger Aspekt des Urteils. Das Gericht lehnt die Zulässigkeit einer Videoüberwachung im Verkaufsraum nicht per se ab. Vorliegend lagen nur nicht genug Anhaltspunkte dafür vor, die eine zumindest abstrakte Gefährdungslage begründen würden.

Mit Blick auf eine konkrete Gefährdungslage führt das Gericht aus, dass der Kläger nicht aufzeigen konnte, welche Arzneimittel und ob überhaupt und wenn ja welche nicht apothekenpflichtigen Waren abhandengekommen sind. Sein Hinweis auf Entwendungen in der Apotheke, reiche allein nicht aus.

Auch eine abstrakte Gefährdungslage habe der Kläger nicht darlegen können.

Zwar diene die Videoüberwachung der Wahrnehmung des Hausrechts (§ 6 b Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Jedoch sei ihre Erforderlichkeit im streitigen Einzelfall nicht ersichtlich gewesen. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht allein auf Grundlage der Umstände des Einzelfalls und der mangelnden Darlegung der Erforderlichkeit die Videoüberwachung als unzulässig ablehnte. In einem anderen Fall, kann eine solche Überwachung also durchaus zulässig sein.

Das Gericht führt aus, dass wenn eine Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts diene, diese der Verfolgung präventiver Zwecke dienen könne, sofern Ziel der Maßnahme ist, Personen von der Begehung von Rechtsverstößen innerhalb des vom Hausrecht geschützten Bereichs abzuhalten. Rechtsverstöße können insoweit auch die Verübung von Diebstählen sein.

Auf ein solches Hausrecht kann sich der Kläger als Inhaber der Apotheke grundsätzlich auch berufen. Er hat ein Interesse daran, die in der Apotheke befindlichen Arzneimittel und die Waren des Freiwahlbereichs zu schützen sowie Personen, die die Apotheke zu unberechtigten Zwecken betreten, aus dieser zu verweisen.

Es fehlte vorliegend jedoch, wie beschrieben, an der konkreten Erforderlichkeit der Maßnahme.

Der Kläger habe, so das Gericht, im konkreten Fall keine Tatsachen dargelegt, die es nachvollziehbar machten, dass das festgelegte Ziel mit der Überwachung tatsächlich erreicht werden kann.

Videoüberwachung im Mitarbeiterbereich

Die offene Videoüberwachung an dem Betäubungsmittelschrank ist hingegen datenschutzrechtlich zulässig, weil die Beschäftigten wirksam eingewilligt haben.

Gesetzliche Erlaubnis (§§ 6 b, 32 BDSG)

Zuvor geht das Gericht noch auf mögliche gesetzliche Erlaubnistatbestände ein.

Die Videoüberwachung sei hier aber nicht an § 6 b BDSG zu messen. Diese Vorschrift finde nämlich dann keine Anwendung, wenn es um die Videoüberwachung von Arbeitsplätzen geht, die sich in nicht öffentlich zugänglichen Bereichen befinden. Um so einen Bereich handelte es sich bei dem Lager der Apotheke, das nur dem Zutritt von Apothekenpersonal offenstand.

Auch die Voraussetzungen des § 32 BDSG lagen nach Ansicht des Gerichts nicht vor.

Zur Aufdeckung von Straftaten erlaube § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG zwar den Einsatz von datenschutzrechtlich relevanten Maßnahmen, wozu nach Ansicht des Gerichts ausdrücklich auch die Videoüberwachung gehört. Jedoch nicht allein zu präventiven Zwecken. Immer erforderlich seien tatsächliche Verdachtsmomente. Daran mangelte es im vorliegenden Fall.

Des Weiteren, so das Gericht, sei die Videoüberwachung am Betäubungsmittelschrank auch nicht erforderlich. Das wäre sie nur dann, wenn es kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Zwecks gäbe. Auch dies beurteilt sich anhand des Einzelfalles. Dies bedeutet freilich auch, dass eine solche Überwachung durchaus zulässig sein kann.

Nach Auffassung des Gerichts ermöglichte im vorliegenden Fall das Verschließen des Betäubungsmittelschranks und das Führen von Entnahme- und Kontrolllisten effektiv, den Zugriff auf den Betäubungsmittelschrank zu kontrollieren. Dies wäre daher im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Arbeitnehmer das weniger einschneidende Mittel gewesen.

Einwilligung der Mitarbeiter

Begrüßenswerter Weise stellt auch das Verwaltungsgericht (wie dies bereits 2015 das Bundesarbeitsgericht entschied, Az. 6 AZR 845/13) ganz ausdrücklich klar, dass Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber grundsätzlich wirksam eine datenschutzrechtliche Einwilligung erteilen können.

Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Dem steht weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 GewO, entgegen. Mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb begeben sich die Arbeitnehmer nicht ihrer Grund- und Persönlichkeitsrechte. Die zu § 4a BDSG formulierte Gegenauffassung (Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 4a Rn. 62) verkennt, dass schon nach § 32 BDSG Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich ist, unter den Voraussetzungen des § 32 BDSG sogar einwilligungsfrei.

Jedoch weißt das Gericht auch auf die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Einwilligung hin und konstatiert, dass sie als Grundlage einer Überwachung eher ungeeignet sei, da sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.

Für die Praxis relevant dürften die Ausführungen des Gerichts zu den konkreten Anforderungen an die Einwilligung sein. Eine Unterschriftenliste unter dem alleinigen Satz – „Mir ist bekannt, dass in der S.-Apotheke 5 Überwachungskameras aufgestellt sind und ich erkläre mich damit einverstanden.“ – genüge offensichtlich auf keinen Fall den Anforderungen des § 4 a Abs. 1 BDSG.

Der Kläger reichte während des gerichtlichen Verfahrens 18 einzelnen Einwilligungserklärungen der Beschäftigten nach, die den Anforderungen formal genügten.

Mit Blick auf das Erfordernis der freien Entscheidung der Mitarbeiter stellt das Gericht zudem noch fest, dass auch in einem Verhältnis des Machtungleichgewichts die Selbstbestimmung nicht unbedingt ausgeschlossen sein müsse. Es bedürfe daher konkreter Anhaltspunkte dafür, dass ein Arbeitnehmer im Einzelfall die Einwilligung nicht ohne Zwang abgegeben habe. Als Indiz für einen zusätzlichen Druck könne nach Ansicht des Gerichts der Zwang zur Unterschrift auf einer gemeinsamen Erklärung (gewisser Gruppenzwang) angesehen werden.

 

Zum Like-Button Urteil in Düsseldorf: Wer ist denn nun für was verantwortlich?

Heute hat das Landgericht Düsseldorf in einem Verfahren zwischen der Verbraucherzentrale NRW und dem Unternehmen Fashion ID ein Urteil (pdf) zu datenschutzrechtlichen Fragen rund um den Facebook Like-Button gefällt (Az 12 O 151/15). Im Ergebnis wurde die Klage der Verbraucherschützer in weiten Teilen für begründet erachtet. Nachfolgend möchte ich kurz auf einige Aspekte des Urteils, teilweise auch kritisch, eingehen.

Das Unternehmen hatte auf seiner Webseite das bekannte Social Plugin eingebunden und hierauf in seiner Datenschutzerklärung, die über einen Link erreichbar war, hingewiesen. Zudem wurde dort darauf aufmerksam gemacht, dass Daten an Facebook übertragen werden und auf die Datenschutzerklärung von Facebook hingewiesen.

Personenbezug von IP-Adressen

Im Tatbestand führt das Gericht zunächst aus, dass es vorliegend um sog. Dynamische IP-Adressen geht. Nur dem jeweiligen Telekommunikationsunternehmen als Anbieter des Internetzugangs sei es möglich, Auskunft darüber zu erteilen, welchem Anschlussnehmer eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet war.  Zudem geht das Gericht davon aus, dass beim Aufruf einer Webseite, die den Like-Button integriert hat, mindestens die IP-Adresse und der String des vom Webseitenbesucher genutzten Browsers an Facebook übermittelt werden.

Wichtig ist die Feststellung des Gerichts, dass diese Daten nicht vom Server des Webseitenbetreibers, sondern von dem Endgerät des Nutzers direkt an Facebook übermittelt werden.

In seinen Urteilsgründen geht das Gericht weiter davon aus, dass es Facebook zumindest mit Blick auf registrierte Mitglieder (seien diese ein- oder ausgeloggt, wenn sie die Webseite von Fashion ID besuchen) möglich sei, dieser IP-Adresse und anderen Informationen ein Mitglied zuzuordnen. Für Facebook handelt es sich also bei jenen Informationen, die über den Like-Button erhoben werden, um personenbezogene Daten.

Doch macht das Gericht hier nicht Halt, sondern geht, der sog. absoluten Theorie des Personenbezugs folgend, davon aus, dass damit die IP-Adresse auch für Fashion ID ein personenbezogenes Datum darstelle. Die Übermittlung der IP-Adresse stelle daher eine Übermittlung personenbezogener Daten dar.

Interessanterweise spricht das Gericht hier ausdrücklich von einer „Übermittlung“, obwohl zuvor festgestellt wurde, dass diese Übermittlung nicht, zumindest nicht technisch, durch den Webseitenbetreiber vorgenommen wird, sondern direkt zwischen dem Nutzer und Facebook erfolgt.

Webseitenbetreiber als datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle

Danach stellt das Gericht fest, dass Fashion ID eine verantwortliche Stelle nach § 3 Abs. 7 BDSG ist. Es fragt sich jedoch: für was? Bzw. für welche konkreten Datenerhebungs-, – verarbeitungs- oder –nutzungsvorgänge?

Nach Auffassung des Gerichts ist der Begriff der „verantwortlichen Stelle“ weit auszulegen und der Webseitenbetreiber „beschafft“ personenbezogene Daten. Damit liegt eine datenschutzrechtlich relevante Erhebung (§ 3 Abs. 3 BDSG) vor. Diese Feststellung ist meines Erachtens von besonderer Relevanz für das weitere Studium des Urteils. Unter anderem auch deshalb, da später auf andere Verarbeitungsphasen abgestellt wird, was doch irritiert. Und zum anderen deshalb, weil ich eine datenschutzrechtliche Einwilligung konkret auf einen bestimmten Umgang mit personenbezogenen Daten beschränken muss. Unternehmen sollten also als Ergebnis zumindest wissen müssen, für welche Phase der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sie, nach Auffassung des LG Düsseldorf, verantwortlich sind.

Schon im nächsten Satz führt das Gericht darüberhinausgehend aus, dass das Unternehmen durch die Einbindung des Plugins die „Datenerhebung und spätere Verwendung der Daten“ durch Facebook ermögliche.

Zwei Kritikpunkte: Die „Ermöglichung“ einer Datenverarbeitung ist nicht von der Definition der verantwortlichen Stelle (§ 3 Abs. 7 BDGS) umfasst. Zudem scheint nun hier doch eine Datenerhebung durch Facebook im Raum zu stehen, obwohl zuvor die Erhebung durch den Webseitenbetreiber festgestellt wurde.

In einem weiteren Satz geht das Gericht dann davon aus, dass Fashion ID durch das Einbinden des Plugins an der unmittelbar „an der Erhebung durch Facebook“ mitwirke. Geht das Gericht also nun von einer alleinigen Verantwortlichkeit für die Erhebung, einer Mitverantwortlichkeit oder aber einer Verantwortlichkeit von Facebook aus? Dies wird leider nicht deutlich.

Das LG Düsseldorf urteilt weiter, dass die „Erhebung der Daten zu deren Verwendung“ im „eigenen Tätigkeits- und Haftungsbereich“ des Unternehmens stattfinde. Auch hieraus ergibt sich meines Erachtens nicht klar, für welchen Vorgang das Unternehmen nun datenschutzrechtlich verantwortlich sein soll.

Dass Fashion ID keinen Einfluss auf die Verarbeitung der Daten hat, lässt das LG Düsseldorf nicht als Gegenargument gelten. Denn, so das Gericht, der „Vorgang“ wird durch die Einbindung des Codes in die eigene Webseite initiiert.

Rechtsgrundlage der … ja, was eigentlich?

Im nächsten Prüfungspunkt geht das Gericht auf die Frage der Zulässigkeit der „Datenübermittlung“ ein. Spätestens hier stellt sich mir die Frage, wie man nun auf die Phase der Übermittlung kommt, denn zuvor wurde noch über die „Erhebung“ diskutiert. Zudem möchte man fragen: welche Übermittlung? Vom Nutzer an Facebook?

Aus Sicht des LG Düsseldorf ist diese Datenübermittlung auf jeden Fall nicht auf § 15 TMG zu stützen. Denn die Datenübermittlung ist für den Betrieb der Webseite nicht erforderlich.

Danach prüft das Gericht eine „Datennutzung“, die nicht auf eine Einwilligung der Besucher gestützt werden könne. Hierunter scheint das LG Düsseldorf die Erhebung der Daten durch Fashion ID zu fassen.

Das Gericht erläutert nachfolgend die Anforderungen an eine Einwilligung nach § 13 Abs. 2 TMG. Nach Auffassung des Gerichts ist u.a. das Setzen eines Häckchens in einer Checkbox erforderlich, damit die Einwilligung eindeutig erteilt wird. Andere Gerichte, wie etwa das OLG Frankfurt am Main (hierzu mein Beitrag), sehen dies anders und lassen etwa für Cookies zu Werbezwecken ein opt-out als Form der Einwilligung ausreichen.

Ein Kommentar hierzu: wenn die Verbraucherzentrale NRW und das LG Düsseldorf für die Einbindung des normalen Like-Buttons tatsächlich eine Einwilligung nach § 13 Abs. 2 TMG fordern, frage ich mich, wie Webseitenbetreiber die übrigen Voraussetzungen der Norm erfüllen sollen. Gerade die Protokollierung und die jederzeitige Abrufbarkeit der Einwilligung durch den Nutzer werden wohl überhaupt nur möglich sein, wenn der Webseitenbetreiber noch mehr personenbezogene Daten sammelt und verarbeitet. Wie könnte die Erteilung der Einwilligung sonst protokollieren oder diese zum Abruf für jeden Nutzer bereithalten? Am Ende müsste der Webseitenbetreiber also eventuell, obwohl er daran gar kein Interesse hat, erst recht personenbezogene Daten erheben und verarbeiten.

Zudem stellt sich mir aus praktischer Sicht die einfache Frage, welchen konkreten Inhalt die hier geforderte Einwilligung denn nun haben soll. Bezieht sie sich auf die Erhebung, die Verarbeitung oder Nutzung? Bezieht sie sich auf diese Verarbeitungsvorgänge durch den Webseitenbetreiber oder durch Facebook? Wie kann ein Unternehmen eine konkret formulierte und auf bestimmt Zwecke festgelegte Einwilligungserklärung formulieren, wenn es selbst nicht weiß, für welche Zwecke die Daten bei Facebook genutzt werden?

Hinweise in der Datenschutzerklärung nicht ausreichend

Wie beschrieben hielt Fashion ID eine Datenschutzerklärung mit Informationen zum Like-Button vor. So, wie dies wohl derzeit auf deutschsprachigen Webseiten der Usus sein wird.

Dies reicht dem Gericht jedoch nicht aus. Denn der Hinweise auf die (ich gehe einmal davon aus) Erhebung erfolge so nicht „zu Beginn“ des Verarbeitungsvorgangs.

Fazit

In vielerlei Hinsicht lässt einen die Begründung des Gerichts zumindest innehalten oder die Stirn runzeln. Möchten Webseitenbetreiber die durch das Gericht aufgestellten Voraussetzungen erfüllen und dabei nicht auf Lösungen wie die 2-Klick-Lösung zurückgreifen, bleibt wohl nur ein Pop-Up oder Banner, welcher eine Einwilligungserklärung (mit opt-in check box) enthält. Die Einwilligung muss dann auch protokolliert und zum Abruf bereitgehalten werden. Man darf gespannt sein, ob dieses Urteil nicht eventuell in die nächste Instanz getragen wird.

Französische Datenschutzbehörde prüft Facebook – Analyse und Kritik

Am 8. Februar 2016 hat die französische Datenschutzbehörde (CNIL) bekannt gegeben, dass sie den Betreiber des sozialen Online-Netzwerks Facebook am 26. Januar 2016 durch ein förmliches Anschreiben dazu aufgefordert hat, mehrere Verstöße gegen das französische Datenschutzrecht innerhalb von drei Monaten abzustellen. Sollten nicht alle in dem Anschreiben (pdf; Englisch) beanstandeten Datenschutzverstöße innerhalb dieses Zeitraums abgestellt werden, so weist die Behörde darauf hin, dass es am Ende möglicherweise zu Sanktionen kommen könnte. Nachfolgend möchte ich auf einige Aspekte der Feststellung der französischen Datenschutzbehörde näher eingehen.

Anwendbares Recht

Wenig überraschend geht die Behörde zunächst davon aus, dass auf die Datenverarbeitungen des Unternehmens französisches Datenschutzrecht anwendbar sei. „Wenig überraschend“ ist dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der EuGH in seinen beiden Entscheidungen Google Spain (C-131/12) und Weltimmo (C-230/14) den Anwendungsbereich europäischen Datenschutzrechts sehr weit ausgedehnt hat.

In der Entscheidung „Weltimmo“, die aufgrund des eine Woche später gefällten Urteil zu Safe Harbor nur wenig Beachtung fand, konkretisierte EuGH die Anforderungen an das Vorliegen einer „Niederlassung“ im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst a der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG). Meine Blogbeiträge sowohl zu dem Urteil als auch zu den entsprechenden Schlussanträgen findet man hier.

Mit dem ebenfalls für die Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts relevanten Merkmal der Datenverarbeitung „im Rahmen der Tätigkeit“ eine Niederlassung, hat sich der EuGH in seinem „Google Spain“ Urteil auseinandergesetzt und auch dieses Tatbestandsmerkmal sehr weit ausgelegt.

Dem Grunde nach reicht dem Gericht für die Bejahung der Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts (bzw. des jeweils nationalen Datenschutzrechts) eine untrennbare wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der verantwortlichen Stelle und einer Niederlassung in einem Mitgliedstaat aus. Die Niederlassung muss nicht einmal selbst bei der untersuchten Datenverarbeitung mitwirken.

Vor allem stellte der EuGH auch darauf ab, dass eine nationale Niederlassung an der Generierung von Einnahmen für den Mutterkonzern beteiligt ist.

Hier stellt sich für mich die Frage, wie der Niederlassung zu beurteilen wären die überhaupt keine Einnahmen für ein Mutterkonzern in einem anderen Mitgliedstaat oder sogar außerhalb der EU generieren, sondern vielmehr nur Ausgaben produzieren. Man denke etwa an Repräsentanzen, die sich allein um die Öffentlichkeit Arbeit eines Unternehmens kümmern, zu Veranstaltungen einladen etc. da hier keine Einnahmen generiert werden, könnte man sich fragen, ob in einer solchen Situation das jeweils nationale Datenschutzrecht Anwendung findet.

Zurück zum Verfahren der französischen Datenschutzbehörde: aus einer gesamteuropäischen Betrachtungsweise lässt sich kritisch anmerken dass wir gerade in Deutschland völlig divergierende Gerichtsentscheidungen dazu haben, welches Datenschutzrecht nun konkret auf Facebook anwendbar ist (Kammergericht Berlin, Az. 5 U 42/12; Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein: Az. 4 MB 10/13). Kritisieren lässt sich zudem, dass sowohl in den dortigen deutschen Verfahren, als auch jetzt im Verfahren der CNIL (zumindest soweit dies aus den veröffentlichten Dokumenten hervorgeht) ganz allgemein auf Datenverarbeitungen abgestellt wird, ohne diese einzelnen zu konkretisieren und jede Datenverarbeitung für sich zu betrachten. Meines Erachtens ist genau dieser Prüfung Schritt jedoch erforderlich. Für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung prüft man ja auch nicht alle Datenverarbeitungen auf einmal, sondern muss sich auf jede einzelne Verarbeitung konzentrieren. Warum soll in Bezug auf die Frage des anwendbaren Datenschutzrechts etwas anderes?

Interessanterweise stellt die CNIL zudem in ihrem Schreiben fest dass sowohl die Facebook Inc. als auch Facebook Irland Ltd. gemeinsam für die Verarbeitung verantwortliche darstellen würden. Auch diese Feststellung laufend diametral zu jenen von deutschen Gerichten. Mir geht es hier vor allen Dingen darum das Problem aufzuzeigen, in dem sich international agierende Unternehmen befinden. Nimmt man die in den europäischen Mitgliedstaaten vorherrschenden verschiedenen Feststellungen von Gerichten und Datenschutzbehörden zusammen, erscheint ein recht sicheres Wirtschaften nur schwer möglich, selbst wenn man einen dementsprechenden Anspruch an seine Tätigkeiten hat (was meines Erachtens stets der Fall sein sollte).

Zuletzt möchte ich mit Blick auf die Frage des anwendbaren Datenschutzrechts noch auf die kürzlich veröffentlichte überarbeitete Stellungnahme 179 (pdf) der Art 29 Datenschutzgruppe verweisen. In dieser analysiert das Gremium die oben genannten Entscheidungen des EuGH.

Insbesondere gehen die Datenschützer darin begrüßenswerte weise auch davon aus, dass es ein Fehler wäre, wenn man die Entscheidungen des EuGH zu weit auslegen und zu dem Schluss kommen würde,  dass die Existenz jeglicher Niederlassung die nur im entferntesten mit einer Datenverarbeitung der verantwortlichen Stelle zu tun hat zur Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts führen würde.

Insbesondere stellt die Art. 29 Datenschutzgruppe auch heraus, dass der EuGH in seiner “Google Spain” Entscheidung zu Begründung anführt, dass Betroffene in der EU ansonsten den durch die Datenschutzrichtlinie gewährten Schutz verlieren würden. Dieses Argument, so die Datenschützer, würde jedoch in dem Fall, in dem eine verantwortliche Stelle in einem EU Mitgliedstaat sitzt, nicht greifen. Denn in einem solchen Fall würde stets europäisches Datenschutzrecht anwendbar sein. Es käme nur auf die Frage an, welches nationale Recht.

Zuletzt noch der Hinweis auf eine weitere Feststellung der Art 29 Gruppe in ihrer neuen Stellungnahme: allein eine gesellschaftsrechtliche Verbundenheit zwischen einem Mutterunternehmen und einer Niederlassung in einem europäischen Mitgliedstaat reicht für sich betrachtet noch nicht aus, um das jeweilige Datenschutzrecht zur Anwendung zu bringen. Genau mit diesem Argument hatte jedoch das Kammergericht in Berlin das deutsche Datenschutzrecht für anwendbar erklärt.

Datenverarbeitung für Werbezwecke

Des Weiteren bemängelt die CNIL, dass Facebook personenbezogenen Daten von Mitgliedern für Werbezwecke verarbeitete und dafür keine Rechtsgrundlage vorliege. Eine vorherige Einwilligung der betroffenen Nutzer liege nicht vor. Damit kommen im Ergebnis als Grundlage der Verarbeitung nur ein Vertrag oder aber die berechtigten Interessen von Facebook in Betracht wenn die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen nicht überwiegen würden.

Hinsichtlich einer Verarbeitung für vertragliche Zwecke stellt die CNIL fest, dass die Nutzung der Daten für Werbezwecke gerade nicht der Durchführung des Vertrages mit den Betroffenen diene. Die Datenverarbeitung sei nur einen Nebenzweck, um vertragliche Pflichten zu erfüllen. Zudem führen die französischen Datenschützer an, dass Nutzer die Möglichkeit hätten der Verarbeitung ihrer Daten für Werbezwecke zu widersprechen (opt-out). Dies würde dafür sprechen, dass sie Datenverarbeitung für Werkezwecke nicht für die Durchführung des Nutzungsvertrages mit dem Betroffenen erforderlich ist.

Hier stellt sich freilich aus Praxis sich die Frage, ob man dann als Unternehmen in Zukunft einfach vertraglich die Verarbeitung für Werbezwecke gegenüber dem Nutzer regeln und diese zum Vertragsinhalt machen sollte. Zudem würde man dann eben keine Widerspruchsmöglichkeit anbieten. Nach der Argumentation der CNIL, könnte die Datenverarbeitung dann ja eventuell zulässig sein. Auf die Frage, wie dies dann mit Vorgaben wie jener des § 28 Abs. 4 BDSG in Einklang gebracht werden kann, möchte ich hier nicht näher eingehen.

Auch lehnt die CNIL die Datenverarbeitung auf der Grundlage berechtigter Interessen von Facebook ab. Dies soll nur möglich sein, wenn Nutzer Kontrolle darüber haben, wie personenbezogene Daten genutzt werden und sie ihre Rechte effektiv ausüben können. Dies sei hier jedoch nicht gegeben.

Besondere Arten personenbezogener Daten

Im Profil bei Facebook können Nutzer unter anderem Informationen über ihre religiöse Einstellung oder auch ihre sexuelle Orientierung angeben. Bei diesen Arten von Informationen handelt es sich umso genannte besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9 BDSG), deren Verarbeitung nach den gesetzlichen Vorgaben nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich ist.

Was man hierbei beachten sollte ist, dass Datenschutzbehörden den Begriff der besonderen Arten personenbezogenen Daten grundsätzlich sehr weit auslegen und hierunter viel mehr Informationen fallen, als vielen vielleicht bewusst ist. So geht etwa die Art. 29 Gruppe in einer Stellungnahme zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten bei der Nutzung von Apps (pdf) davon aus, dass die Information, dass jemand einer Brille trägt ein solches besonderes Datum darstellt. Das bedeutet: ein Foto, auf dem jemand eine normale Brille trägt, würde auch unter diese Kategorie fallen. In der Stellungnahme kommen die Datenschützer der Art 29 Gruppe im Prinzip zu dem Ergebnis, dass eigentlich nur eine Einwilligung die Datenverarbeitung für solche Fälle (Apps, Internet, etc.) rechtfertigen kann. Meinen Beitrag zu der erwähnten Stellungnahme findet man hier und hier einen weiteren zu einer Einschätzung durch die Bundesregierung.

Die CNIL verlangt in ihrem Anschreiben, dass eine Einwilligung für die Verarbeitung dieser Arten von Daten überhaupt nur dann wirksam abgegeben werden könnte, wenn ein Kästchen durch den Nutzer angeklickt wird. Erst dann sei die Voraussetzung erfüllt, dass die betroffene Person „ausdrücklich in die Verarbeitung der genannten Daten eingewilligt“ (so in Art. 8 Abs. 2 Buchst a) Datenschutzrichtlinie) habe.

Ausdrücklich verneint die französische Datenschutzbehörde das Vorliegen einer Einwilligung durch den Nutzer, wenn dieser freiwillig die betroffenen Daten in seinem Profil eingegeben und dann zur Ansicht freigegeben bzw. hochgeladen hat. Warum es sich hierbei nicht um eine ausdrückliche Einwilligung handeln soll, kann ich jedoch nicht ganz nachvollziehen.

Natürliche stets Voraussetzung, dass der Nutzer zuvor weiß, in Wasser einwilligt, um welche Daten es sich handelt und für welche Zwecke diese Daten genutzt werden. Ist diese Voraussetzung jedoch gegeben, und gibt der Nutzer in Kenntnis dieser Informationen freiwillig derartige Daten an und führt dann noch aktiv eine entsprechende Handlung aus, wie etwa den Klick auf einen Button, um die Daten im Profil anzeigen zu lassen, lässt sich meines Erachtens durchaus argumentieren, dass eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Hier zeigt sich leider einmal mehr ein in der Praxis bekanntes Problem bei dem Versuch, datenschutzrechtlich sicher zu handeln: die geltenden Vorgaben sind teilweise schlicht realitätsfern und werden in der Masse einfach nicht mehr beachtet. Ich persönlich kann mich zum Beispiel nicht entsinnen, dass sich eine den Anforderungen der französischen Datenschützer entsprechende Einwilligung abgeben musste, als ich mein Profilbild bei Twitter hochgeladen habe. Genau dieses Argument habe ich auch gegenüber der Abgeordneten im europäischen Parlament, Frau Birgit Sippel, im Rahmen einer Diskussion auf Twitter entgegengehalten. Nachfolgend Auszüge aus der Diskussion:

Zuletzt sei noch der Hinweis gestattet, dass die europäischen Datenschützer in ihrer Stellungnahme 187 (pdf) festgestellt haben, dass in der Online-Umgebung eine ausdrückliche Einwilligung durch die Verwendung elektronischer oder digitaler Signaturen gegeben werden. Sie kann abhängig vom Zusammenhang aber auch durch anklickbare Schaltflächen, das Versenden einer bestätigenden E-Mail, das Anklicken von Icons usw. erteilt werden.

Warum soll es aber dann nicht ausreichen, wenn man im Profil bei Facebook seine Daten ausfüllt und danach auf eine Schaltfläche klickt, um diese hochzuladen? Die Anforderung der französischen Datenschutzbehörde ist ja, dass zusätzlich zu diesem aktiven Verhalten noch in jedem Falle eine Checkbox vorgehalten werden muss die auch noch einmal aktiv angeklickt werden muss. Endeffekt verlangen die Datenschützer damit zwei aktive, ausdrückliche Handlungen.

Schwaches Passwort

Zudem kritisiert die französische Datenschutzbehörde die Vorgaben für das Passwort bei dem sozialen Netzwerk. Dieses muss dort aus mindestens 6 Zeichen, einer Zahl und einem Buchstaben bestehen. Diese Anforderung ist nach Auffassung der CNIL jedoch keine ausreichende Daten Sicherheitsmaßnahme und verstößt gegen Vorgaben französischen Rechts. Unweigerlich möchte man sich natürlich fragen, wie viele Unternehmen im Internet gegen diese Vorgabe wohl verstoßen. Hinsichtlich dieser Beanstandung verweist die französische Datenschutzbehörde zudem darauf, dass ein entsprechender Verstoß mit einer Strafe in Höhe von bis zu 1.5 Mio EUR geahndet werden kann.

Datentransfers in Drittstaaten

Auch bemängelt die CNIL, dass Facebook, zumindest nach eigener Aussage gegenüber der Behörde im Rahmen der Prüfung, immer noch personenbezogene Daten auf der Grundlage der Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission zu Safe Harbor übermitteln würde. Da diese Angemessenheitsentscheidung seit dem entsprechenden Urteil des EuGH jedoch nicht mehr existiert, kann dieses Instrument richtigerweise nicht mehr für Datentransfers genutzt werden. Des Weiteren nutze Facebook jedoch auch Standardvertragsklauseln als Grundlage einer Datenübermittlung in Drittstaaten. Im Ergebnis wird man hier eine genauere Untersuchung, die ja gerade auch im Land im Rahmen der Beschwerde von Max Schrems läuft, abwarten müssen.

Was mich persönlich jedoch verblüfft hat, ist, dass die Entscheidung der CNIL bzw. das vorliegende Anschreiben auf den 26. Januar 2016 datiert. Nach eigener Aussage (Pressemitteilung vom 16. Oktober 2015,  pdf) wollten die europäischen Datenschutzbehörden, deren Vorsitz gerade die Leiterin der CNIL inne hat, Unternehmen jedoch bis Ende Januar (also bis zum 31. Januar 2016) Zeit geben, Datentransfers in die USA auf entsprechende neue Grundlagen zu stützen. Auch der Hamburgische Beauftragte für den Datenschutz hatte im November 2015 informiert (pdf), dass Unternehmen, die Daten auf der Grundlage der ungültigen Angemessenheitsentscheidung zu Safe Harbor übermitteln, „ab Februar 2016 mit Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörden rechnen“ müssen. Die damals aufgestellte Übergangsfrist scheint also daher eher eine grobe Richtschnur gewesen und von den Aufsichtsbehörden unterschiedlich in der Praxis umgesetzt worden zu sein.

Ausblick

Auch in Deutschland kämpft Facebook derzeit an mehreren Datenschutzfronten. In Hamburg ist vor dem Verwaltungsgericht ein Verfahren zur Frage der Klarnamenpflicht in dem sozialen Netzwerk anhängig. Am 25. Februar 2016 findet die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Frage statt, ob Fanpage Betreiber datenschutzrechtlich verantwortlich sind.