Europäischer Datenschutzbeauftragter: Internationaler Datentransfer auf Basis eines im Interesse der betroffenen Person geschlossenen Vertrags

In seinem neuesten Newsletter berichtet der EDPS über die Beratungsanfrage einer Bibliothek. Es ging dort unter anderem auch um die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die Daten von Abonnenten an Verlage in Drittländern außerhalb der EU übermittelt werden dürfen. Die Verlage hatten, für den Zugang zu ihren Werken, Verträge mit der Bibliothek abgeschlossen.

Bislang verlangte die Bibliothek für die Datenübermittlung an die Verlage in Drittländern eine Einwilligung der Betroffenen. Der EDPS vertrat jedoch eine andere Auffassung. Nach seiner Ansicht kann sich die Bibliothek, als Verantwortlicher, in diesem Fall auf die Ausnahmeregelung des Art. 50 Abs. 1 lit. c der Verordnung 2018/1725 berufen. Die Begründung des EDPS:

„…weil die Übermittlung von Abonnentendaten an Verlage außerhalb des EWR für den Zugang zu Veröffentlichungen mit Sitz außerhalb der EU/des EWR erforderlich ist.“

Zwar gilt die Verordnung 2018/1725 nur für die öffentliche Stellen der EU. Die entscheidende Vorschrift findet sich aber ebenso auch in der DSGVO, in Art. 49 Abs. 1 lit. c DSGVO: „die Übermittlung ist zum Abschluss oder zur Erfüllung eines im Interesse der betroffenen Person von dem Verantwortlichen mit einer anderen natürlichen oder juristischen Person geschlossenen Vertrags erforderlich“.

Die Aufsichtsbehörde geht also davon aus, dass in diesem Fall die Datenübermittlung auf den Vertrag zwischen der Bibliothek und dem Verlag im Drittland gestützt werden darf. Dieser Fall ist eines der sehr seltenen Beispiele, wann eine Aufsichtsbehörde tatsächlich einmal diese Ausnahmevorschrift für anwendbar hält. Die Erwägungen der Behörde lassen sich sicher auch auf den Anwendungsbereich der DSGVO, also insbesondere privatwirtschaftliche Bibliotheken und Verlage übertragen.

Einhaltung des Grundsatzes der Rechenschaftspflicht nach der DSGVO – weitere Hinweise des Europäischen Datenschutzausschusses

In der Praxis führt der Grundsatz der Rechenschaftspflicht gemäß Art. 5 Abs. 2 DSGVO häufig zu der Frage, wie Unternehmen die Anforderungen erfüllen können. Denn die rechtliche Anforderung ist sehr weit gefasst und vage: „Der Verantwortliche ist für die Einhaltung des Absatzes 1 verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können („Rechenschaftspflicht“).“ Wie der Nachweis konkret erfolgen soll bzw. kann, wird nicht spezifiziert.

Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat in seinen Leitlinien zu „Dark Patterns“ (Leitlinien 3/2022, PDF) einige Präzisierungen zur Frage der Umsetzung dieser Verpflichtung vorgenommen (Rz. 11). Der EDSA stellt fest (inoffizielle Übersetzung):

  • Die Benutzeroberfläche und die User Journey können als Dokumentationsinstrument verwendet werden, um nachzuweisen, dass die Nutzer bei ihren Handlungen auf der Social-Media-Plattform die Datenschutzinformationen gelesen und berücksichtigt haben, dass sie ihre Einwilligung frei gegeben haben, dass sie ihre Rechte problemlos wahrgenommen haben, usw.
  • Qualitative und quantitative Nutzerforschungsmethoden wie A/B-Tests, Eye-Tracking oder Nutzerinterviews, ihre Ergebnisse und ihre Analyse können ebenfalls zum Nachweis der Einhaltung der Vorschriften verwendet werden.
  • Wenn die Nutzer beispielsweise ein Kästchen ankreuzen oder eine von mehreren Datenschutzoptionen anklicken müssen, können Screenshots der Schnittstellen dazu dienen, den Weg der Nutzer durch die Datenschutzinformationen zu zeigen und zu erklären, wie die Nutzer eine informierte Entscheidung treffen.

Die Hinweise des EDSA zeigen, dass man bei der Erfüllung der Rechenschaftspflicht durchaus kreativ sein kann und auch Prozesse bzw. Dokumentation relevant ist, die ohnehin, etwa im Rahmen der Produktentwicklung, genutzt werden. Spannend ist sicherlich, ob der EDSA mit diesen Hinweisen gleichzeitig auch ein Tracking als zulässig ansehen würde, welches das Verhalten der Nutzer in Bezug auf die Interaktion mit Datenschutzhinweisen oder z.B. Datenschutzeinstellungen erfasst und auswertet. In diesem Fall kann man sicher argumentieren, dass hierfür keine Einwilligung nach § 25 Abs. 1 TTDSG erforderlich ist, sondern eine Erforderlichkeit nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG. Zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus der DSGVO.

Hamburger Datenschutzbehörde: Bußgeld bei mangelhaft durchgeführten Asset Deal

Die Hamburger Datenschutzbehörde hat jüngst ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 veröffentlicht (PDF). Dort berichtet die Behörde (ab S. 70) auch über zwei Bußgelder gegen Unternehmen, weil Widersprüche von Kunden im Rahmen eines Asset Deals (fehlerhaft) nicht beachtet wurden.

Hintergrund der Ordnungswidrigkeitenverfahren war die Ausgliederung der Heizenergiesparte eines Energieversorgers und die anschließende Veräußerung der ausgegliederten Sparte. Hierbei sollten Kunden (mit ihren Verträgen) auf das kaufende Unternehmen übergehen. Die Kunden, die von dem Übergang betroffen waren, wurden über die Vertragsübergänge ihrer Strombelieferungsverträge informiert und ihnen wurde ein Widerspruchsrecht eingeräumt.

Rechtsgrundlage: Interessenabwägung

Relevant ist zunächst, dass die Aufsichtsbehörde hier nicht etwa das wohl durchgeführte Widerspruchs-Modell an sich kritisiert. Nach Ansicht der DSK in ihrem Beschluss aus dem Jahr 2019 zum Thema „Asset Deal“ (PDF), bedarf es beim Übergang von Daten in laufenden Vertragsbeziehungen einer „datenschutzrechtlichen Zustimmung“, die aber in der zivilrechtlichen Genehmigung als Minus enthalten sei. Gleichzeitig werden die Fallgruppen im Beschluss der DSK aber alle unter dem Erlaubnistatbestand des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO (also der Interessenabwägung) diskutiert. In der Vergangenheit wurde daher diskutiert, was die DSK hiermit konkret meint. Ob nun eine Einwilligung erforderlich ist oder eine Interessenabwägung ebenfalls möglich erscheint. Die Informationen der Hamburger Behörde scheinen deutlich zu machen, dass es keiner datenschutzrechtlichen Einwilligung bedarf, sondern dass die Übermittlung von Daten der Kunden auf der Grundlage von einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO erfolgen kann.

Fehler: Datenübermittlung trotz Widerspruch

In dem Verfahren aus Hamburg, sollten im Falle eines erklärten Widerspruchs keine personenbezogenen Daten der Kunden an das neue Unternehmen übermittelt werden. Natürlich schlug dann die Realität zu. Trotz ordnungsgemäß erklärtem Widerspruch von Kunden kam es in einem gewissen Ausmaß dennoch zur Migration von Strombelieferungsverträgen auf den Erwerber der Heizenergiesparte.

„Dadurch waren Kundendaten auch in den Fällen an das neue Unternehmen übermittelt, in denen die Betroffenen ordnungsgemäß einen entsprechenden Widerspruch erklärt hatten“.

Hintergrund dessen waren nach Angabe der Aufsichtsbehörde Fehler bei der Verarbeitung der Widersprüche durch den eingesetzten Auftragsverarbeiter des veräußernden Unternehmens.

Die Aufsichtsbehörde benennt nicht konkret den DSGVO-Verstoß. Jedoch kann man vermuten, dass wohl von einer unzulässigen Übermittlung der Daten ausgegangen wurde, also ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 DSGVO oder eine Nichtbeachtung des Widerspruchs, also ein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 DSGVO vorlag.  

Die Aufsichtsbehörde verhängt nach den Angaben im Tätigkeitsbericht zwei Bußgelder in Höhe von je 12.500 EUR. Im Bericht heißt es: „Aufgrund der Vielzahl der Verstöße war es angezeigt, Bußgeldverfahren gegen die Unternehmen einzuleiten“. Ich vermute, dass die Behörde hier also sowohl ein Bußgeld gegen den Verkäufer als auch gegen das erwerbende Unternehmen verhängt hat.

Fazit

Asset Deals sind in der Praxis bei der Übernahme von Kunden(verträgen) immer auch mit datenschutzrechtlichen Fragen verbunden. Der Fall aus Hamburg zeigt gut, dass der Datenschutz hier nicht unüberwindbare Hürden aufstellt. Dennoch ist bei der Umsetzung besonders darauf zu achten, dass personenbezogene Daten nicht aus Versehen oder fehlerhaft übermittelt werden. Daher sind auch Konstellationen, in denen zB zunächst einmal alle Kundendaten an ein erwerbendes Unternehmen übermittelt werden und man dann die widersprechenden Kunden aussortiert, kritisch zu sehen.

Interessenkonflikt des internen Datenschutzbeauftragten: Belgische Datenschutzbehörde verhängt 75.000 EUR Bußgeld

NOYB berichtet in seinem GDPRhub über eine praxisrelevante Entscheidung (Englisch) der belgischen Datenschutzbehörde vom 16.12.2021.

Die belgische Datenschutzbehörde verhängte danach gegen eine Bank eine Geldbuße, weil ihr Datenschutzbeauftragter gleichzeitig Leiter von drei Abteilungen mit Entscheidungsbefugnissen über die Verarbeitung personenbezogener Daten war. Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde führte dies zu einem Interessenkonflikt, der gegen Art. 38 Abs. 6 DSGVO verstieß.

Danach kann der Datenschutzbeauftragte andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen. Jedoch muss der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter sicherstellen, dass derartige Aufgaben und Pflichten nicht zu einem Interessenkonflikt führen.

In dem vorliegenden Fall war der interne Datenschutzbeauftragte gleichzeitig Leiter

  • des operativen Risikomanagements der Bank,
  • der Abteilung für Informationsrisikomanagement und
  • der Sonderermittlungsstelle.

Nach Auffassung der belgischen Datenschutzbehörde handelte es sich bei diesen Tätigkeiten nicht nur um eine rein beratende und überwachende Funktion. Ein Interessenkonflikt wird von Behörden oft angenommen, wenn der Datenschutzbeauftragte über die Verarbeitung personenbezogener Daten entscheiden kann.

Hier die Ansicht des EDSA (damals noch Art. 29 Gruppe) aus dem WP 243 (S. 19):


dass der DSB innerhalb einer Einrichtung keine Position innehaben kann, welche es mit sich bringt, dass er die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten festlegt. Aufgrund der jeder Einrichtung eigenen strukturellen Unterschiede ist diese Frage fallweise zu betrachten.“

Da der Datenschutzbeauftragte hier die endgültige Verantwortung für die genannten Abteilungen trug, war die Datenschutzbehörde der Ansicht, dass ein Interessenkonflikt vorlag, der gegen die DSGVO.

Auf dieser Grundlage verhängte die Datenschutzbehörde eine Geldbuße in Höhe von 75.000 Euro gegen die Bank.

Recht auf Berichtigung bei Angabe falscher Daten im Rahmen der Registrierung? – Hessische Aufsichtsbehörde: ja und nein

Auf der Webseite des EDSA wurde die Zusammenfassung (PDF) einer neuen Entscheidung der Hessischen Datenschutzbehörden vom 19.11.2021 im Wege des One Stop Shop Mechanismus veröffentlicht.

Sachverhalt

Der Fall betrifft eine Registrierung bei einem Dienst, in deren Zuge der Betroffene ein falsches Geburtsdatum eingab. Der Dienst durfte nach den Nutzungsbedingungen nur von Volljährigen genutzt werden. Daher gab der minderjährige Betroffene ein falsches Geburtsdatum an. Zudem wählte er noch ein Pseudonym als Account Namen.

Der Betroffene macht nun, nachdem er volljährig war, sein Recht nach Art 16 GDPR auf Berichtigung der, von ihm selbst, falsch angegeben Daten geltend. Das Unternehmen verweigerte die Berichtigung beider Daten.

Entscheidung

Die Aufsichtsbehörde lehnte die Beschwerde in Bezug auf die Berichtigung des Account Namens, also des Pseudonyms, ab.

„Ein von der betroffenen Person frei gewähltes Pseudonym kann nicht unrichtig im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 DSGVO sein, auch wenn es Namen oder andere Daten von Dritten enthalten kann.“

Jedoch geht die Behörde davon aus, dass das Geburtsdatum zu berichtigen sei. Auch wenn dies von dem betroffenen falsch angegeben wurde und selbst auch dann, wenn dies einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform darstellt.

„Das Recht auf Berichtigung besteht unabhängig von möglichen zivilrechtlichen Folgen im Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anbieter. Dementsprechend müssen die Prozesse im Kundensupport angepasst werden, damit eine Berichtigung in zukünftigen, vergleichbaren Fällen nicht pauschal abgelehnt wird.“

Fazit

Die Entscheidung dürfte für Unternehmen relevant sein, die Nutzerkonten anbieten und hierzu bestimmte Vorgaben an Nutzer machen, etwa zu einer Altersgrenze. Hinsichtlich der absichtlichen Angabe des falschen Geburtsdatums erscheint mir die Ansicht der Behörde durchaus diskutabel. Denn mit der Begründung wäre es Betroffenen möglich, bewusst und missbräuchlich falsche Daten in Systeme bei Unternehmen zu geben, nur um dann im Nachgang Verstöße gegen die DSGVO geltend zu machen. Eventuell kann man in solchen Fällen aber den Einwand des Missbrauchs nach Art. 12 Abs. 5 GDPR erheben.

Datenschutzbehörden (noch) nicht zuständig für TTDSG-Bußgelder? – Berlin plant Anpassungen

Die Frage, welche Aufsichtsbehörden für die Verhängung von Bußgeldern nach § 28 Abs. 1 und 2 TTDSG zuständig ist, wurde bereits in der Vergangenheit diskutiert. Diese Frage dürfte sich insbesondere auch bei möglichen Verstößen gegen § 25 TTDSG stellen.

Unklarheiten bei der Zuständigkeit für Bußgelder – gesetzliche Grundlage erforderlich

Hintergrund dieser Diskussion ist, dass die ePrivacy-RL, als europäische Grundlage des TTDSG, gerade nicht vorgibt, dass die Sanktionierung zwingend durch die nationalen Datenschutzbehörden erfolgen muss. Hierzu etwa der EDSA (Stellungnahme 5/2019, PDF): „Mitgliedstaaten können dieselbe Behörde mit der Zuständigkeit ausgestattet haben, die nationale Umsetzung der e-Datenschutz-Richtlinie (teilweise) durchzusetzen, aber sie können sich auch für eine oder mehrere andere Behörden entschieden haben,…“ (Rz. 63).

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 TTDSG bleiben bei Telemedien die Aufsicht durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden und § 40 BDSG unberührt. Für das TTDSG bleibt es im Bereich der Telemedien bei der Durchführung des Gesetzes durch die Länder und damit bei datenschutzrechtlichen Regelungen bei der Zuständigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder. Das bedeutet, dass die Bundesländer (wie übrigens auch zum alten TMG bisher) ausdrücklich festlegen, ob ihre jeweilige Landesdatenschutzbehörde auch zuständig ist, die Einhaltung der Vorgaben des TTDSG zu überwachen und Bußgelder zu verhängen.

Landesdatenschutzbehörden in Deutschland sind daher nicht per se auch zuständige Aufsichtsbehörden zur Überwachung der Einhaltung des TTDSG, insbesondere von § 25 TTDSG als Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL. Nationale Datenschutzbehörden sind nur dann für eine Überwachung der Umsetzungsvorschriften der ePrivacy-RL zuständig, „wenn das nationale Gesetz ihnen diese Zuständigkeit überträgt“ (EDSA, Stellungnahme 5/2019, Rz. 68).

In der Vergangenheit haben diese Zuständigkeitsbestimmung für das TMG aF auch einige Bundesländer vorgenommen. So etwa in Berlin, in § 1 Nr. 16 ZustVO-OWiG.

In den letzten Monaten sind Aufsichtsbehörden in Deutschland aber oft davon ausgegangen, dass sie auch weiterhin für Bußgelder bei TTDSG-Verstößen zuständig sind, auch wenn dies nicht ausdrücklich geregelt ist.

Neue Entwicklung: Berliner Senat plant Anpassung der Zuständigkeitsregeln wegen des TTDSG

Nun veröffentlichte der Berliner Senat am 1.2.22 eine Pressemitteilung in der es heißt: „Der Senat von Berlin hat heute auf Vorlage der Senatorin für Inneres, Digitalisierung und Sport, Iris Spranger, den Entwurf einer Änderungsverordnung zur Kenntnis genommen. Damit soll die Verordnung über sachliche Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten an die seit 1. Dezember 2021 geltende Rechtslage des Telemediengesetzes und des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes angepasst werden“.

Der Entwurf der Änderungen ist leider noch nicht öffentlich verfügbar. Jedoch wird in der Pressemitteilung erläutert: „Die oder der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit übernimmt die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz“.

Na nu, mag man meinen. Aber wenn doch die Datenschutzbehörden ohnehin schon jetzt zuständig wären, Bußgelder für TTDSG-Verstöße zu verhängen, warum muss dann die gesetzliche Grundlage dafür angepasst werden?

Natürlich zeigt diese geplante Anpassung in Berlin, dass wohl die Landesregierung mindestens Unsicherheiten bei der Frage sieht, welche Aufsichtsbehörde für die Verhängung von Bußgeldern (insbesondere auch bei Verstößen gegen § 25 TTDSG) zuständig ist. Man könnte also die Frage stellen, ob die Zuständigkeit in Berlin, bis zur finalen Anpassung der ZustVO-OWiG, noch nicht geregelt ist. Dies hätte Auswirkungen auf mögliche Bußgeldverfahren.

Zudem finde ich die Überlegung spannend, was diese öffentlich angekündigte Anpassung in Berlin für andere Länder und dortige Aufsichtsbehörden bedeutet? Stehen diese nun ebenfalls unter Zugzwang, entsprechende landesrechtliche Zuweisungen zu erhalten? Denn die Argumentation, dass eine landesrechtliche Anpassung notwendig scheint, dürfte übertragbar sein. Ich kenne bisher noch keine explizite Zuständigkeitsregelung für TTDSG-Verstöße in anderen Bundesländern.

Französischer Staatsrat: One-stop-shop gilt nicht für das Setzen von Cookies – Geteilte Zuständigkeit für Trackingverfahren?

Die französische Datenschutzbehörde (CNIL) hat eine Pressemitteilung zu einem Urteil des Conseil d’État veröffentlicht (Englisch). Das urteil betrifft ein Verfahren von Google gegen eine Entscheidung der CNIL zur Unzulässigkeit des Einsatzes von Cookies.

Spannend an der Entscheidung ist u.a. die Entscheidung zur Frage der Zuständigkeit der CNIL.

Hier einige Auszüge aus der Pressemitteilung (inoffizielle Übersetzung):

In seinem Urteil vom 28. Januar 2022 hat der Staatsrat anerkannt, dass die CNIL befugt ist, Sanktionen in Bezug auf Cookies außerhalb des in der DSGVO vorgesehenen „One-Stop-Shop“-Mechanismus zu verhängen, und hat daher die von der CNIL gegen die Unternehmen GOOGLE LLC und GOOGLE IRELAND LIMITED verhängte Sanktion bestätigt.“

Der Staatsrat hat bestätigt, dass der in der DSGVO vorgesehene „One-Stop-Shop“-Mechanismus nicht für die Hinterlegung von Cookies gilt, die durch das französische Datenschutzgesetz abgedeckt ist.

Diese Ansicht ist von praktischer Relevanz, da sie zu einer Situation führen könnte, in der die Zuständigkeit für das Platzieren von Cookies (Speicherung von Informationen iSd Art. 5 Abs. 3 ePrivacy Richtlinie) und den Zugriff auf Informationen gemäß Art. 5 Abs. 3 der ePrivacy Richtlinie bei den einzelnen nationalen Behörden liegt, die weitere Verarbeitung derselben (personenbezogenen) Daten (außerhalb des Anwendungsbereichs der ePrivacy Richtlinie) jedoch unter die DSGVO und den OSS Mechanismus fallen würde, so die Voraussetzungen erfüllt sind.

Im Grunde würde also ein technischer Prozess bzw. Lebenssachverhalt auf der Ebene der Zuständigkeit und damit auch auf der Ebene der Durchsetzung aufgeteilt werden. Die Grenze könnte dort verlaufen, wo der Anwendungsbereich der ePrivacy Richtlinie (in Deutschland, das TTDSG) verlassen wird und allein die DSGVO zu beachten ist. Aus Sicht von Unternehmen könnte dies bedeuten, dass man keiner einheitlichen behördlichen Aufsicht für einen Verarbeitungsprozess im Rahmen des Einsatzes von Trackingtechnologien unterliegt, sondern in einem Prüf- oder Sanktionsverfahren zwei europäische Aufsichtsbehörden auf den Plan treten. Und eventuell auch unterschiedliche Ansichten vertreten.

EDSA: Erfüllung der Rechenschaftspflicht unter anderem mit A/B Tests möglich

Die Rechenschaftspflicht der DSGVO, insbesondere in Art. 5 Abs. 2 DSGVO, ist quasi omnipräsent und gleichzeitig doch so wenig konkret und fassbar. Danach ist der Verantwortliche für die Einhaltung der Datenschutzgrundsätze des Art. 5 Abs. 1 DSGVO verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können („Rechenschaftspflicht“).

Wie konkret diese Rechenschaftspflicht, in der Form als Nachweispflicht, zu erfüllen ist, wird nicht vorgegeben. Aus praktischer Sicht, bieten sich daher durchaus unkonventionelle Wege an.

Auch der EDSA sieht die Möglichkeit, die Rechenschaftspflicht nicht nur durch eine „klassische“ Datenschutzdokumentation zu erfüllen. In seinen Leitlinien zur Transparenz (WP 260 rev01, pdf) geht der EDSA davon aus, dass die Einhaltung der Vorgaben der Informationspflichten auch durch Anwendertests nachgewiesen werden können.

Rz. 25: „Als Hilfestellung zur Festlegung der geeignetsten Art und Weise für die Bereitstellung der Informationen können die Verantwortlichen vor dem „Going Live“ verschiedene Vorgehensweisen ausprobieren mit Anwendertests (d. h. Auditoriumtests oder sonstige Standardtests der Verständlichkeit oder Zugänglichkeit), um so Rückmeldungen zu erhalten, wie zugänglich, verständlich und komfortabel die vorgeschlagene Maßnahme für die Nutzer ist.

Und spezifisch zur Rechenschaftspflicht: „Eine Dokumentation dieses Ansatzes sollte für die Verantwortlichen auch im Hinblick auf die Erfordernisse der Rechenschaftspflicht hilfreich sein, denn so lässt sich zeigen, wieso das gewählte Instrument / die gewählte Herangehensweise zur Informationsübermittlung unter den gegebenen Umständen besonders zweckdienlich ist.

Der EDSA sieht hier klar die Möglichkeit, dass durch interne Tests mit dem potentiellen Zielpublikum die Rechenschaftspflicht der DSGVO auch (mit)erfüllt werden kann. Diese Überlegungen des EDSA kann man sicher auch auf andere Pflichten der DSGVO übertragen. Über eine Dokumentation der internen Tests kann ein Verantwortlicher nachweisen, wie er den Anforderungen der DSGVO nachgekommen ist.

§ 25 TTDSG – wem gegenüber ist eigentlich eine Einwilligung für Cookies zu erteilen?

Über das neue TTDSG und dort den § 25 TTDSG, habe ich schon einige Male berichtet. Heute möchte ich eine zunächst simpel anmutende Frage aufwerfen, die bei näherer Betrachtung eventuell nicht so einfach zu beantworten ist: wem gegenüber (also welcher Stelle) ist eine Einwilligung nach § 25 Abs. 1 TTDSG zu erteilen?

Man könnte meinen, dass das doch der Verantwortliche nach der DSGVO sein muss. Ganz klar. Vorab: es existieren verschiedenste Auslegungsmöglichkeiten. Und meines Erachtens ist es nicht zwingend der Verantwortliche nach der DSGVO.

Gesetzeswortlaut

Zunächst hilft natürlich (vermeintlich) immer der Blick ins Gesetz. § 25 Abs. 1 TTDSG lautet: „Die Speicherung von Informationen in der Endeinrichtung des Endnutzers oder der Zugriff auf Informationen, die bereits in der Endeinrichtung gespeichert sind, sind nur zulässig, wenn der Endnutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen eingewilligt hat. Die Information des Endnutzers und die Einwilligung haben gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 zu erfolgen“.

Die europäische Grundlage, Art. 5 Abs. 3 S. 1 ePrivacy-Richtlinie, lautet: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, nur gestattet ist, wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er gemäß der Richtlinie 95/46/EG u. a. über die Zwecke der Verarbeitung erhält, seine Einwilligung gegeben hat“.

Beim Lesen beider Vorschriften wird deutlich: es wird nicht spezifiziert, wem gegenüber die Einwilligung zu erteilen ist. Ich meine hier nicht (nur) die faktische Abgabe gegenüber einer Stelle, sondern die legitimierende Zielrichtung der Einwilligung. Welche Stelle muss also im Einwilligungstext stehen und sich auf die Wirkung der Einwilligung berufen, damit sie auf das Endgerät zugreifen kann?

Planet49-Verfahren

Sowohl in den Schlussanträgen als auch im Urteil des EuGH in der Rechtssache C-673/17 wird oft auf den „Diensteanbieter“ abgestellt.

Schlussanträge, etwa Rz. 111: „Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, welche Informationen der Diensteanbieter im Rahmen des Erfordernisses in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58, dass der Nutzer klare und umfassende Informationen erhalten muss, zu erteilen hat und ob hierzu auch die Funktionsdauer der Cookies und die Frage zählen, ob Dritte auf die Cookies Zugriff erhalten.“ und Rz. 117: „Wie sich aus den Erwägungsgründen 23 und 26 der Richtlinie 2002/58 ergibt, ist die Funktionsdauer der Cookies ein Bestandteil des Erfordernisses einer Einwilligung in Kenntnis der Sachlage, was bedeutet, dass die Diensteanbieter „die Teilnehmer stets darüber auf dem Laufenden halten [sollen], welche Art von Daten sie verarbeiten und für welche Zwecke und wie lange das geschieht“.“.

Urteil, etwa Rz. 81: „Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58 dahin auszulegen ist, dass Angaben zur Funktionsdauer der Cookies und dazu, ob Dritte Zugriff auf die Cookies erhalten können, zu den Informationen zählen, die der Diensteanbieter dem Nutzer einer Website zu geben hat“.

Der Begriff „Diensteanbeiter“ wird in Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie aber nicht verwendet. Auch findet sich in der RL 2002/58/EG keine Definition dieses Begriffs. Ich vermute eher, dass sowohl der Generalanwalt als auch der EuGH hier die Begrifflichkeiten der damaligen Vorschriften des TMG (insb. aus § 15 Abs. 3 TMG) aus den Vorlagefragen des BGH übernommen haben. Dort war vom „Diensteanbieter“ die Rede.

Legt man diesen Begriff als Einwilligungsadressaten fest (wie gesagt, ohne, dass sich dies aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie ergibt), so müsste man sich an der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 TMG orientieren, der wiederum eine Umsetzung von Art. 2 lit. b der eCommerce-Richtlinie (2000/31/EG) darstellt. „Diensteanbieter“ ist danach jede natürliche oder juristische Person, die einen Dienst der Informationsgesellschaft anbietet.

Folgt man diesem Weg, würde dies aber bedeuten, dass eine Einwilligung eventuell dem Betreiber einer Webseite gegenüber erteilt werden muss, obwohl dieser selbst gar keine Cookies, Tags oder ähnliches einsetzt, sondern dies durch Dritte auf der Webseite durchgeführt wird. Er es diesen Dritten also „nur“ erlaubt. Die Konsequenz wäre dann, dass Nutzer diesen Dritten gegenüber keine Einwilligung erteilen müssten/könnten, sondern dem Betreiber der Webseite. Im Ergebnis erscheint dies aber wenig sinnvoll, da der Webseitenbetreiber, wenn er das Cookie nicht selbst setzt und den Zugriff auf das Endgerät nicht steuert, keine Einwirkungsmöglichkeit auf das Tracking hat, außer dieses technisch komplett zu unterbinden, indem er den Dritten „aussperrt“. Zudem spricht gegen diese Auslegung schlicht der Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie.

EDSA und alte Art. 29 Datenschutzgruppe

In der Vergangenheit haben sich bereits der EDSA und auch die Art. 29 Datenschutzgruppe mit der Frage befasst, für wen die Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie gelten; welche Stellen sie also verpflichten.

In seiner Stellungnahme 5/2019 zum Zusammenspiel zwischen der e-Datenschutz-Richtlinie und der DSGVO geht der EDSA wohl von einem weiten Anwendungsbereich der Vorschrift aus. Dort heißt es in Rz. 28: „Im Lichte dieser Zielsetzung gelten Artikel 5 Absatz 3 und Artikel 13 der e-Datenschutz-Richtlinie für Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste wie auch für Betreiber von Websites (z. B. für Cookies) oder andere Unternehmen (z. B. für Direktmarketing)“. Die Öffnung erfolgt am Ende durch „oder andere Unternehmen“. Der EDSA begrenzt den Adressatenkreis des Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie ausdrücklich nur auf Betreiber einer Webseite.

Noch deutlicher war hier in der Vergangenheit die Art. 29 Datenschutzgruppe. In der Stellungnahme 2/2010 zur Werbung auf Basis von Behavioural Targeting führen die Aufsichtsbehörden auf S. 11 aus: „Darüber hinaus findet Artikel 5 Absatz 3 unabhängig davon Anwendung, ob es sich bei der das Cookie platzierenden Stelle um einen für die Verarbeitung Verantwortlichen oder um einen Auftragsverarbeiter handelt“. Diese Ansicht ist meines Erachtens zutreffen. Zum einen kennt die ePrivacy-Richtlinie nicht die Begriffe „Verantwortlicher“ und „Auftragsverarbeiter“. Zum anderen dient Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-richtlinie auch nicht dem Schutz personenbezogener Daten (deren Verarbeitung aber zwingend notwendig ist, damit etwa ein Verantwortlicher nach der alten DS-RL oder jetzt der DSGVO existiert). Diese Auslegungen sind also eher weit und beschränken sich vor allem nicht allein auf einen „Diensteanbieter“ oder Betreiber einer Webseite. Ganz deutlich wird dies auf S. 13 der Stellungnahme 2/2010: „die Verpflichtungen gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation finden auf diejenigen Anwendung, die Cookies auf den Endgeräten der betroffenen Personen platzieren und/oder Informationen von Cookies abrufen, die bereits auf diesen Geräten gespeichert sind“. Die Art. 29 Datenschutzgruppe folgt hier einem faktischen Ansatz: diejenige Stelle, die auf Informationen zugreift oder Informationen ablegt ist nach Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie verpflichtet. Ihr gegenüber muss die Einwilligung Wirkung entfalten.

Orientierungshilfen der DSK und des BayLfD

Spannend sind zudem noch die jüngsten Ansichten der deutschen Behörden.

Auf S. 4 der Orientierungshilfe der DSK aus Dezember 2021 heißt es: „Adressaten des TTDSG sind neben den Anbieter:innen von Telekommunikationsdiensten vor allem Anbieter:innen von Telemediendiensten gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 TTDSG“. Und speziell zur Einwilligung nach § 25 Abs. 1 TTDSG auf S. 19: „Die Verantwortlichkeit für die Wirksamkeit der eingeholten Einwilligungen verbleibt bei den jeweiligen Anbieter:innen des Telemedienangebotes“. Die DSK scheint also, durchaus entsprechend der nationalen Vorgabe und Definition des Begriffs im TTDSG, eine einschränkende Auslegung vorzunehmen. Verantwortlich soll der Anbieter des Telemedienangebots sein. Diese Auslegung dürfte für das TTDSG rein national nachvollziehbar sein. Die Frage ist aber, ob sie europarechtlich zwingend und vor allem mit Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richltinie konform ist. Denn stellt man allein auf den Anbieter des Telemedienangebots ab, würde man (etwa anders als die damalige Art. 29 Gruppe) solche Stellen ausschließen, dass das Telemedien nicht anbieten, aber dennoch auf diesem Cookies setzen oder anderes Tracking durchführen.

Oder anders ausgedrückt und mE für die Praxis extrem relevant: soll das bedeuten, dass der App- oder Webseiten-Betreiber dafür verantwortlich ist, dass ihm und/oder dem das Cookie platzierenden Dritten gegenüber eine wirksame Einwilligung abgegeben wird, obwohl er nicht die Stelle ist, die im Sinne des Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie auf Informationen zugreift oder solche im Endgerät ablegt?

Und zum Abschluss möchte ich dann auf die, meines Erachtens eventuell im Ergebnis nicht unbedingt zur DSK abweichende, aber doch schon inhaltlich deutlichere Ansicht des BayLfD in seiner neuen Orientierungshilfe zum TTDSG eingehen. Dort heißt es in Rz. 24: „Folgerichtig ist auch der Adressatenkreis der durch die Endnutzerin oder den Endnutzer erteilten Einwilligungen beziehungsweise der Ausnahmen von der Einwilligungspflicht nach § 25 Abs. 2 TTDSG nicht auf die Telemedienanbieterinnen und Telemedienanbieter beschränkt, deren Dienste die Endnutzerin oder der Endnutzer unmittelbar in Anspruch nimmt“. Ja, richtig: „nicht auf die Telemedienanbieterinnen und Telemedienanbieter beschränkt“! Das scheint mit eine andere Auslegung, als jene der DSK. Nämlich eher im Sinne des Wortlauts von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie. Der BayLfD gesetht in Rz. 25 aber auch zu, dass faktisch Telemedienanbieter die Hauptadressaten der Norm (§ 25 TTDSG) sind.

Fazit

Ich habe hier nur auszugsweise einige Quellen und Materialien kurz zusammengefasst. Allein auf dieser Basis zeigt sich bereits das Spektrum an Auslegungen. Die Frage, wem gegenüber inhaltlich die Einwilligung nach § 25 TTDSG zu erteilen ist, hat in der Praxis aus meiner Sicht aber extreme Relevanz. Allein wenn man an die Gestaltung von Cookie-Bannern oder ein CMP denkt. Sind wir gespannt, wie sich die Anwendung in der Praxis entwickelt.

Französische Datenschutzbehörde: Empfehlungen für die Bearbeitung von Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO im Arbeitsverhältnis – speziell zu beruflichen E-Mails

Die Geltendmachung von Art. 15 DSGVO hat insbesondere im Bereich des Arbeitsverhältnisses Hochkonjunktur. Vor allem in Situationen, in denen es nicht (mehr) so funktioniert oder ein Kündigungsschutzprozess läuft.

In der Literatur und Rechtsprechung gibt es einige Diskussionen zu der Frage, wie in diesem Fall Art. 15 DSGVO auszulegen und anzuwenden ist.

Die französische Datenschutzbehörde (CNIL) hat nun auf ihrer Webseite (bisher nur auf Französisch) Empfehlungen ausgesprochen und ihre Ansicht dargelegt, wie mit Auskunftsansprüchen im Arbeitsverhältnis umzugehen ist („Das Recht der Arbeitnehmer auf Auskunft zu ihren Daten und beruflichen E-Mails“). Interessant an der Veröffentlichung ist, dass sich die CNIL speziell auch mit der Frage der Herausgabe von beruflichen E-Mails befasst.

Nachfolgend möchte ich einige Aussagen der CNIL darstellen (aus dem Französischen per deepl übersetzt).

Identitätsfeststellung

Der Verantwortliche muss sich über die Identität des Antragstellers vergewissern. Wenn begründete Zweifel an der Identität der Person bestehen, die ihr Recht ausüben möchte, kann der Verantwortliche Informationen anfordern, um die Identität der Person zu verifizieren. Jedoch, so die CNIL, dürfen keine Nachweise verlangt werden, die missbräuchlich, irrelevant und im Verhältnis zum Antrag unverhältnismäßig wären.

Beispiele:

Wenn ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber über seine geschäftliche E-Mail oder das Intranet des Unternehmens Auskunft zu den über ihn gespeicherten personenbezogenen Daten und deren Offenlegung verlangt, ist die Vorlage eines Personalausweises oder eines Reisepasses a priori nicht erforderlich, um die Identität des Antragstellers sicherzustellen.

Ein ehemaliger Arbeitnehmer könne seine Identität grundsätzlich z.B. durch die Nennung seiner früheren Mitarbeiter-ID nachweisen.

Das Recht auf Auskunft bezieht sich auf personenbezogene Daten und nicht auf Dokumente

Das Recht auf Auskunft bezieht sich nach Ansicht der CNIL nur auf personenbezogene Daten und nicht auf Dokumente: „Eine Person kann also nicht aufgrund des Rechts auf Auskunft die Herausgabe eines Dokuments verlangen“. Es steht dem Verantwortlichen jedoch frei, Dokumente statt nur Daten herauszugeben, wenn er der Meinung ist, dass dies praktischer ist.

Beispiel: Wenn eine betroffene Person ihr Recht auf Auskunft zu E-Mails ausüben möchte, muss der Arbeitgeber sowohl die Metadaten (Zeitstempel, Empfänger …) als auch den Inhalt der E-Mails zur Verfügung stellen. In dieser Situation scheint die Bereitstellung einer Kopie der E-Mails die einfachste Lösung für die Organisation zu sein, um dem Antrag nachzukommen, ist aber nicht zwingend erforderlich.

Wie antwortet man einem Arbeitnehmer, der Zugang zu dienstlichen E-Mails oder eine Kopie davon erhalten möchte?

Nach Ansicht der CNIL muss der Arbeitgeber im Fall eines Auskunftsersuchens auf Zugang zu dienstlichen E-Mails die Beeinträchtigung der Rechte Dritter durch diese Anfrage bewerten. Er muss also eine Auswahl treffen zwischen Nachrichten, die weitergegeben werden dürfen, und solchen, die nicht weitergegeben werden dürfen.

Die CNIL schlägt vor, dass Arbeitgeber zwischen zwei Situationen unterscheiden, je nachdem, ob der antragstellende Arbeitnehmer 1) der Absender oder der Empfänger der E-Mails ist/war oder 2) nur im Inhalt der E-Mails erwähnt wird. Die CNIL nimmt diese Trennung vor allem mit Blick auf die Ausnahme nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO (Beeinträchtigung der Rechte anderer Personen) vor.

Zu 1)

Wenn der Arbeitnehmer bereits Kenntnis von den Informationen in den Nachrichten, auf die sich der Antrag bezieht, hatte oder davon ausgegangen werden kann, dass er davon Kenntnis hat, geht die CNIL davon aus, dass die Weitergabe der E-Mails die Rechte Dritter respektiert und nicht die Ausnahme nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO greift.

In diesem Zusammenhang ist die Anonymisierung oder Pseudonymisierung von Daten Dritter zwar empfehlenswert, jedoch nach Ansicht der CNIL keine Vorbedingung für die Übermittlung von E-Mails.

In Ausnahmefällen kann der Zugang zu oder die Weitergabe von E-Mails, die dem Antragsteller schon bekannt sind, jedoch ein Risiko für die Rechte Dritter darstellen, z. B. aufgrund der Art der Daten, die weitergegeben werden könnten. Dann muss der Arbeitgeber zunächst versuchen, Daten, die Dritte betreffen oder ein Geheimnis verletzen, zu löschen, zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren, um dem Antrag stattgeben zu können. Wenn sich diese Maßnahmen als unzureichend erweisen, darf der Arbeitgeber den Antrag auf Auskunft verweigern, wobei er seine Entscheidung gegenüber der betroffenen Person begründen und rechtfertigen muss.

Beispiel: Ein Arbeitgeber kann sich weigern, einem Antrag auf Herausgabe von E-Mails mit Informationen, die die nationale Sicherheit oder ein Betriebsgeheimnis verletzen würden, stattzugeben. Diese Argumente können vom Arbeitgeber aber nicht ohne eine Begründung gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht werden.

Zu 2)

Wenn ein Arbeitnehmer die Herausgabe von Informationen aus E-Mails, in denen er erwähnt wird, erhalten möchte, muss der Arbeitgeber nach Ansicht der CNIL ein Gleichgewicht zwischen der Befriedigung des Auskunftsrechts des Arbeitnehmers und der Achtung der Rechte und Freiheiten anderer Arbeitnehmer, insbesondere mit Blick auf das Fernmeldegeheimnis, finden.

Die CNIL empfiehlt, in zwei Schritten vorgehen:

Schritt 1: Zunächst vergewissert sich der Arbeitgeber, dass die Mittel, die zur Identifizierung der angeforderten E-Mails eingesetzt werden müssen, nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte aller Arbeitnehmer der Organisation führen.

Wenn die Identifizierung der E-Mails, auf die sich der Antrag bezieht, den Einsatz besonders einschneidender Mittel voraussetzt, wie z. B. das Scannen sämtlicher E-Mail-Nachrichten der Beschäftigten der Organisation, muss der Antragsteller aufgefordert werden, seinen Antrag zu präzisieren. Wenn er sich dagegen wehrt, kann sich der Arbeitgeber in einer solchen Situation auf die Achtung der Rechte Dritter berufen, um ihm eine positive Antwort zu verweigern.

Wenn die Angaben des Antragstellers es ermöglichen, die angeforderten E-Mails zu identifizieren, ohne das Fernmeldegeheimnis der Arbeitnehmer unverhältnismäßig zu verletzen, muss der für die Verarbeitung Verantwortliche den zweiten Schritt durchführen.

Schritt 2:

Der Verantwortliche untersucht den Inhalt der angeforderten E-Mails und beurteilt das Ausmaß der Beeinträchtigung der Rechte Dritter durch ihre Übermittlung, insbesondere im Hinblick auf das Fernmeldegeheimnis und das Privatleben des Absenders und der Empfänger. Dieser Schritt setzt eine Einzelfallanalyse voraus, da das Ergebnis von der Art der in den E-Mails enthaltenen Informationen abhängt.

Beispiel: Ein Arbeitgeber kann sich weigern, einem Antrag auf Übermittlung von E-Mails stattzugeben, die sich auf eine Disziplinaruntersuchung beziehen und deren Inhalt, selbst wenn er geschwärzt ist, dem Antragsteller die Identifizierung von Personen ermöglichen könnte, von denen er keine Kenntnis haben sollte.

Fazit

Die Empfehlungen der CNIL stellen eine gute Unterstützung und Argumentationshilfe für die Praxis dar. Zwar dürften die Vorgaben der CNIL in der Praxis zu einem gewissen Aufwand auf Seiten der Arbeitgeber führen. Andererseits ist zu beachten, dass man sich im Bereich einer Ausnahme von einem Betroffenenrecht befindet und daher ein gewisser Begründungsaufwand unausweichlich ist. Andere Möglichkeit: man schließt berufliche E-Mails per se vom Anwendungsbereich des Art. 15 DSGVO aus. Auch das ist aber natürlich sehr umstritten.