Verwaltungsgericht: Anforderungen an den Nachweis der Löschung von Daten nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO – „wann genau, durch wen, in welcher Weise, in welchem Umfang“?

In seinem Urteil vom 17.12.2024 (Az. 4 K 2298/23; derzeit noch nicht frei verfügbar; BeckRS 2024, 36618) hatte sich das Verwaltungsgericht Bremen u.a. mit der Frage zu befassen, wie ein Unternehmen die Löschung personenbezogener Daten gegenüber einer Datenschutzbehörde nachweisen muss.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Marketingunternehmen, das u.a. E- Mails mit Werbung an eine Vielzahl von Empfängern versendete. Die Datenschutzbehörde erfuhr durch eine Betroffene, dass diese das Unternehmen aufforderte, ihr keine unerwünschte E-Mail-Werbung mehr zuzusenden sowie ihre personenbezogenen Daten zu löschen. Sie habe der Zusendung von E-Mail-Werbung nicht zugestimmt. Daraufhin forderte die Datenschutzbehörde das Unternehmen mit Schreiben vom 19.09.2023 zur Stellungnahme und Beantwortung von Fragen zu dem Sachverhalt und ihren allgemeinen Verarbeitungstätigkeiten auf.

Am 12.12.2023 erließ die Datenschutzbehörde eine Anordnung gegen das Unternehmen, in der die Datenschutzbehörde u.a. Auskünfte dazu begehrte, welche natürlichen Personen das Unternehmen seit dem 1. Juni 2023 bis zum Zugang der Anordnung zu Werbezwecken per E-Mail kontaktiert hat und wie oft jeweils. Zudem sollte das Unternehmen die jeweiligen schriftlichen oder elektronischen datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärungen in Kopie vorlegen.

Das Unternehmen klagte gegen diese Auskunftsanordnung u.a. mit der Begründung, dass die Daten der Betroffenen aufgrund von Art. 17 DSGVO gelöscht worden – due Auskunft also faktisch nicht mehr erfüllt werden können. Die Löschung der Daten sei zum Jahresende 2023 erfolgt, also nach Erlass des angegriffenen Bescheides. Die Löschung sei erfolgt, indem ihre einzige Geschäftsführerin die Datenbank mit den Daten auf dem PC und dem Laptop gelöscht habe. Die Daten hätten sich in einer Excel-Tabelle befunden. PC und Laptop seien Windows- und Office-Systeme, in denen Dateien durch Markierung und Löschbefehl gelöscht würden. Durch Weiternutzung von PC und Laptop seien die gelöschten Daten unwiederbringlich überschrieben worden und nicht mehr wiederherstellbar. Der genaue Tag der Löschung sei ihrer Geschäftsführerin nicht mehr in Erinnerung, weil es kein Löschprotokoll gebe.

Entscheidung

Das Verwaltungsgericht war nicht davon überzeugt, dass die in Rede stehenden Daten bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung tatsächlich gelöscht wurden.

Zunächst stellt das Gericht fest:

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (…) substantiiert ihr Vorbringen zur vermeintlichen Löschung nicht ansatzweise und legt insbesondere weder Nachweise für die vermeintlich erfolgte Löschung der Daten vor noch macht sie Angaben zu deren Zeitpunkt.“

Das Gericht verweist diesbezüglich auf die Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO.

Hieraus ergibt sich nach Ansicht des Gerichts die Pflicht, bei einer Löschung von Daten den Nachweis führen zu können, 1) dass diese Daten gelöscht wurden und 2) wann dies erfolgte.

Checkliste zu den erforderlichen Nachweisen

Das Gericht verlangt zum Nachweis „konkrete, detaillierte Tatsachenangaben“. Der Verantwortliche muss darlegen

  • wann genau,
  • durch wen,
  • in welcher Weise,
  • in welchem Umfang und
  • aus welchem Speichermedium Daten gelöscht worden seien.

Die pauschale Angabe, dass die Daten gelöscht sind, reicht in jedem Fall nicht aus, um den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 DSGVO zu genügen.

Interessant sind die spezifischen Angaben, die nachgewiesen werden sollen. Das Gericht gibt in der Begründung des Urteils fast schon eine kleine „Checkliste“ mit, die nach seiner Ansicht für eine nachweisebare Löschung von Daten abgearbeitet werden muss:

  • Wann exakt die Löschung erfolgte.
  • Welche Dateibezeichnung die Dateien hatten.
  • Welchen Umfang die Daten hatten.
  • Welchen exakt zu benennenden Speicherort und welche Software-Versionen (etwa mit Cloudspeichermöglichkeiten) zur Nutzung der Dateien im Einsatz waren bzw. sind.
  • Was mit Daten in einem evtl. vorhandenen Backup geschehen ist.

Diese Angaben verlangt das Gericht, um eine Nachprüfung zu ermöglichen – sie fehlten aber hier.

In der Praxis spielt das Thema „Löschung“ eine wichtige Rolle, da man als Verantwortlicher gewissermaßen zwischen zwei Stühlen steht. Einerseits soll man personenbezogene Daten löschen. Andererseits soll man den Nachweis dafür erbringen. Bedeutet dies am Ende, dass man zum Nachweis einer Löschung doch wieder personenbezogene Daten speichern muss? Etwa: „Daten von Carlo Piltz am 1.1.2025 gelöscht“.

Meines Erachtens verlangt das Verwaltungsgericht nicht zwingend, dass der Nachweis auch personenbezogen erfolgen muss – zumindest nicht für alle oben genannten Merkmale. Der Vorteil in der Praxis wäre, dass man den Nachweis der Löschung auch prozessual darlegen kann. Also etwa über die Darstellung der Löschroutinen und des generellen Vorgehens, wie aus IT-Systemen gelöscht wird, wenn Betroffene z.B. eine Löschung verlangen. Knifflig dürfte aber eine nichtpersonenbezogene Erfüllung der Vorgaben zum exakten Zeitpunkt und der Dateibezeichnung sein.

Löschung aus der EXCEL-Tabelle?

Und was ist mit dem Hinweis des Unternehmens, dass die Daten aus einer EXCEL-Tabelle gelöscht wurden?

Das Gericht lässt sich auch hiervon nicht überzeugen.

Zunächst stellt das Gericht in Bezug auf die erforderliche Dokumentation von Einwilligungserklärungen fest, dass eine Excel-Tabelle dafür eher ungeeignet scheint.

„In der erwähnten Excel-Tabelle selbst können bei sachgerechter Handhabung die vermeintlich abgegebenen Einwilligungserklärungen bzw. eindeutig bestätigenden Handlungen (vgl. ErwGr 32 DSGVO) der gelisteten E-Mail-Adressinhaber seitens der Klägerin kaum dokumentiert worden sein“.

Das Gericht geht davon aus, dass die Dokumentation der Einwilligungserklärungen vielmehr jeweils in einer geeigneten Form an separater Datei-Stelle erfolgen müsse.

Zudem geht das Gericht davon aus, dass die Schilderung „durch Markierung und Löschbefehl“ gerade nicht für eine sofortige, vollumfängliche, endgültige und irreversible Löschung spricht.

Und zuletzt verweist das Gericht auch darauf, dass allein die Löschung aus einer EXCEL-Tabelle nicht ausreichen dürfte, da wohl eine (externe) Datensicherung und darin enthaltene Kopien der Daten vorhanden sein dürfte.

Fazit

Was nehmen wir mit? Als Verantwortlicher muss man die Löschung nachweisen können. Ob dies immer personenbezogen erfolgen muss, halt ich für diskutabel. Hier kann ein gut durchdachtes Löschkonzept als Nachweis helfen. Wenn man für den Nachweis der Löschung noch personenbezogene Daten speichern möchte (um auf Nummer sicher zu gehen), gibt das Urteil des Gerichts aber auch hierfür gute Argumentationshilfen. Inklusive der Rechtsgrundlage, Art. 6 Abs. 1 c) iVm Art. 5 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1 DSGVO.

„Kunde stresst massiv“ – Zulässigkeit von Vermerken & Blacklists in Kundendatenbanken

In ihrem Datenschutzbericht 2023 berichtet die Datenschutzbehörde Österreich (DSB) über einen praxisrelevanten Fall für Unternehmen, die im Bereich B2C oder auch B2B Angaben zu (ungewünschten) Kunden speichern möchten – insbesondere auch zu dem Zweck, mit diesen Kunden in Zukunft keine Verträge mehr abzuschließen.

Sachverhalt

Ein Unternehmen aus Österreich, welches im Bereich EDV-Handel und entsprechende Dienstleistungen tätig ist, verkaufte an einen Kunden aus Spanien mehrere Produkte. Da die Rechnungen innergemeinschaftlich – also ohne österreichische Mehrwertsteuer – ausgestellt wurden, musste die Käuferin bei der Abholung unterschreiben, dass das Produkt außer Landes gebracht werde und eine entsprechende Vollmacht vorlegen bzw. sich als Geschäftsführer ausweisen. Die Käuferin bzw. dessen Geschäftsführer lehnten dies jedoch ab. Zudem wurde die Ware dann reklamiert.

Die Verantwortliche speicherte in der Folge unter anderem folgende Angaben über die Käuferin in ihrer internen Kundendatenbank:

  • (Kurz-) Bezeichnung, die interne Nummer und die Adresse
  • Folgenden als „Sonderinformationen“ bezeichneten Text:

Kunde stresst massiv am Telefon und droht mit Anwalt. Kunde lässt keine Ausweiskopie zu. Wir werden keine Innergemeinschaftlichen Rechnungen mehr ausstellen.

Update: Habe dem Kunden Info gegeben, dass ein Kaufvertrag beidseitig bestehen muss, und wir das nicht wollen!

Die Käuferin beschwerte sich bei der DSB und sah in der Speicherung der Daten einen Verstoß gegen die DSGVO.

Entscheidung der Aufsichtsbehörde

Die DSB sah in der Speicherung der personenbezogenen Daten keinen Verstoß gegen die DSGVO.

Zunächst stellte die DSB fest, dass die Verantwortliche in ihrer Datenbank den Vermerk erfasst, aus dem hervorgeht, dass aufgrund des Verhaltens der Käuferin künftig keine Verträge mehr mit ihr abgeschlossen werden.

Als Ausdruck des allgemeinen Gedankens der Privatautonomie gelte im Schuldrecht das Prinzip der Vertragsfreiheit, also auch der Entscheidungsfreiheit, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird.

Der interne Vermerk stelle zunächst keine Verarbeitung von unrichtigen Daten dar.

Sofern dieser lediglich in der Dokumentation von Meinungen bzw. Beurteilungen liegt, sind die Daten aus datenschutzrechtlicher Sicht richtig, wenn diese Meinung oder Beurteilung korrekt wiedergegeben wird“.

Zudem geht die DSB von der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Art.  6 Abs. 1 DSGVO aus.

Im Lichte der Privatautonomie stelle es nach Auffassung der Datenschutzbehörde ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO der Verantwortlichen dar, in ihrem internen Warenwirtschaftssystem festzuhalten, dass sie mit bestimmten (juristischen) Personen, mit denen es bei früheren Geschäftskontakten zu Konflikten gekommen ist, von zukünftigen Vertragsabschlüssen absehen will.

OLG Dresden: Haftung des Verantwortlichen für seinen Auftragsverarbeiter, wenn dieser Daten nicht löscht – Konkrete Anforderungen an Umfang und Tiefe der Kontrollpflichten

Das OLG Dresden (Urt. v. 15.10.2024 – 4 U 940/24, abrufbar über die Suchfunktion des OLG) hat sich in einem Schadenersatzverfahren nach Art. 82 DSGVO mit der Frage befasst, inwiefern ein Verantwortlicher für Fehler seines Auftragsverarbeiters gegenüber Betroffenen haftet. Das Gericht legt einen strengen Maßstab an die Kontrollpflichten nach Art. 28 Abs. 1 DSGVO an und sprach, dem Grunde nach, einen Schadenersatzanspruch zu.

Sachverhalt

Das beklagte Unternehmen betreibt einen Online-Musikstreamingdienst und bediente sich in der Vergangenheit eines Auftragsverarbeiters nach Art. 28 DSGVO Sitz in Israel. Der Vertrag endete zum 1.12.2019. Am 30.11.2019 teilte der Auftragsverarbeiter per E-Mail mit, die Daten würden am Folgetag gelöscht. Dass dies auch tatsächlich geschehen sei, bestätigte der Auftragsverarbeiter aber erst mit E-Mail vom 22.2.2023 nach dem Bekanntwerden eines Datenhacks der Daten von Kunden der Beklagten. Hiervon umfasst waren auch Daten des klagenden Betroffenen.

Entscheidung

Das OLG Dresden geht davon aus, dass der Verantwortliche dem klagenden Betroffenen dem Grunde nach gemäß Art. 82 DSGVO zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Konkret nimmt das Gericht einen Verstoß gegen die „Pflicht zur sorgfältigen Überwachung des … beauftragten externen Auftragsdatenverarbeiters“ nach Art. 28, 32 DSGVO an. Diese Begründung ist für die Praxis sehr relevant, da die Überwachungspflicht zwar durchaus bekannt ist. Jedoch gibt es zu deren konkreten Inhalt praktisch kaum Entscheidungen und Vorgaben von Gerichten.

Haftung des Auftraggebers für den Auftragsverarbeiter

Zunächst äußert sich das OLG zum Haftungsumfang des Verantwortlichen. Dieses haftet auch, wenn der Auftragsverarbeiter die Weisungen des Verantwortlichen ausführt und dadurch ein Schaden entsteht. Bedeutet nach Ansicht des Gerichts: missachtet der Auftragsverarbeiter eine rechtmäßige Weisung des Verantwortlichen, haftet der Verantwortliche auch hierfür.

Zwar bestehe in diesem Fall auch eine eigene Haftung des Auftragsdatenverarbeiters. Der Verantwortliche könne den Betroffenen aber nicht auf dessen vorrangige Inanspruchnahme verweisen, weil dies einem „wirksamen Schadensersatz“ im Sinne des Art. 82 Abs. 4 DSGVO entgegenstünde.

Nicht nur ordentliche Auswahl, sondern auch Überwachungspflicht

Danach geht das Gericht auf die konkrete Pflicht des Verantwortlichen, die es hier als verletzt ansieht. Nach Art. 28 Abs. 1 DSGVO darf der Verantwortliche nur solche Auftragnehmer als Auftragsverarbeiter beauftragen, die hinreichende Garantie dafür bieten, dass geeignete technische und organisatorische Maßnahmen im Einklang mit der DSGVO durchgeführt werden.

Das Gericht erstreckt diese ausdrückliche Pflicht zur ordentlichen Auswahl jedoch weiter, in das Auftragsverhältnis.

Dies führt aber nicht nur zu einer Pflicht zur sorgfältigen Auswahl, sondern auch zu einer Pflicht zur sorgfältigen Überwachung des Auftragsverarbeiters durch den Verantwortlichen“.

Diese Pflicht zur Überwachung des Auftragsverarbeiters sei in Art. 28 Abs. 1 DSGVO zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich jedoch aus der Formulierung der Norm („arbeitet […] nur mit“). Zudem setze die Pflicht nach Art. 28 Abs. 3 lit h) DSGVO eine solche Kontrollpflicht voraus, was auch die ordnungsgemäße Datenlöschung betrifft. Danach muss der Auftragsverarbeiter dem Verantwortlichen alle erforderlichen Informationen zum Nachweis der Einhaltung der in Art. 28 DSGVO niedergelegten Pflichten zur Verfügung stellen und Überprüfungen ermöglichen. Nach Art. 28 Abs. 3 lit. g) DSGVO hat der Auftragsverarbeiter nach Abschluss der Erbringung der Verarbeitungsleistungen, alle personenbezogenen Daten nach Wahl des Verantwortlichen entweder zu löschen oder zurückzugeben. Dies ergebe sich auch als Ausfluss der allgemeinen Grundsätze der „Rechtmäßigkeit“, (Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO), der „Datenminimierung“ (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO) sowie der Speicherbegrenzung (Art. 5 Abs. 1 lit. e) DSGVO).

Die Pflichten des Auftragsverarbeiters korrespondieren mit Pflichten des Verantwortlichen.

Konkrete Umsetzung der Überwachungspflicht

Besonders praxisrelevant ist die Begründung des OLG, wie die vorgenannte Überwachungspflicht durch den Verantwortlichen konkret umgesetzt werden kann – welche Maßnahmen also (zumindest aus Sicht des Gerichts) erforderlich und auch ausreichend sind.

Zunächst gibt das OLG zu bedenken, dass „die Anforderungen an Auswahl und Überwachung dürfen dabei in der Praxis zwar nicht überspannt werden“ dürfen.

Das Gericht vertritt einen risikobasierten Ansatz hinsichtlich des Umfangs und der Tiefe der Überwachung des Auftragsverarbeiters.

  • Wählt ein Unternehmen z.B. einen führenden und am Markt als zuverlässig bekannten IT-Dienstleister aus, so darf es grundsätzlich auf dessen Fachwissen und Zuverlässigkeit vertrauen. Eine „vollkommen praxisfremde“ Vor-Ort-Kontrolle sei dann grundsätzlich nicht erforderlich.
  • Gesteigerte Anforderungen ergeben sich nach Ansicht des OLG, soweit z.B. große Datenmengen oder besonders sensible Daten gehostet werden sollen.
  • Diese gesteigerten Kontrollpflichten gelten auch außerhalb der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 9 DSGVO.

Vorliegend betraf die Verarbeitung nicht unbedeutende Datenmengen, deren Verlust potentiell vielen Millionen Nutzern Schaden zufügen konnte. Infolgedessen war die Beklagte zu einer Überwachung ihres Auftragsverarbeiters dahingehend angehalten, dass

dieser die ihm zur Verfügung gestellten Daten tatsächlich löscht und hierüber eine aussagekräftige Bescheinigung ausstellt“.

Diese Anforderung leitet das OLG direkt aus der Überwachungspflicht nach Art. 28 Abs. 1 DSGVO ab.

Der Verantwortliche ist hierbei verpflichtet,

die Erfüllung der den Auftragsdatenverarbeiter hiernach treffenden Verpflichtungen zu kontrollieren, also die nach dem Vertrag erforderlichen Bestätigungen einzuholen“.

Anforderungen an die Löschbestätigung

Vorliegend wurde eine solche Bestätigung der Löschung jedoch nicht vom Verantwortlichen verlangt.

Den Pflichtenverstoß erkennt das OLG hier vor allem darin, dass die (eigentlich auch vertraglich geregelte Bestätigung der Löschung) nicht eingeholt wurde. Der Verantwortliche habe hier gegen seine Kontrollpflichten aus Art. 28 DSGVO verstoßen, da er nicht nach Ablauf der vertraglich geregelten Frist von dem Auftragsverarbeiter

die ausdrückliche schriftliche Bestätigung einer tatsächlich durchgeführten Löschung aller bei dieser vorhandenen Datensätze angefordert hat, die eine detaillierte Auflistung der gelöschten Daten enthielt“.

Bedeutet: das Gericht verlangt

  1. eine Bestätigung der Löschung durch den Auftragsverarbeiter, die der Verantwortliche zur Not anfordern muss. Die reine Ankündigung des Auftragsverarbeiters, dass Daten gelöscht werden, genügte im konkreten Fall nicht.
  2. dass die Bestätigung Details dazu enthält, in welchem Umfang Daten gelöscht wurden.

Nach Ansicht des OLG wiegt hier vor allem der erste Punkt schwer. Die E-Mail des Auftragsverarbeiters enthielt lediglich die Ankündigung einer bevorstehenden, nicht aber die Bestätigung einer erfolgten Löschung.

Die bloße Ankündigung einer Maßnahme ist jedoch nicht gleichwertig zu einer Bestätigung über deren Ausführung. Es ist allgemein bekannt, dass gleich ob in kleinen oder großen Unternehmen anstehende Vorgänge aufgeschoben und in der Folge auch vergessen werden können“.

Der Verantwortliche hätte sich mit der formal und inhaltlich nicht hinreichenden Ankündigung nicht zufrieden geben dürfen, sondern auf eine vollständige und rechtzeitige Löschungsbestätigung hinwirken müssen.

Grundsätzlich bestünde für den Verantwortlichen die Möglichkeit, die Haftungsprivilegierung nach Art. 82 Abs. 3 DSGVO in Anspruch zu nehmen. Dies jedoch nur, wenn ihm selbst keinerlei Fahrlässigkeit vorzuwerfen wäre. Dies war hier vorliegend angesichts des eigenen Pflichtenverstoßes aber nicht der Fall.

Im Ergebnis lehnte das OLG hier aber einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO ab, da der Kläger keinen tatsächlich erlittenen Schaden nachweisen konnte.

Fazit

Das OLG befasst sich recht ausführlich mit den Anforderungen an die Überwachungspflicht des Verantwortlichen für Auftragsverarbeiter. Sicherlich muss man nicht alle Ansichten des Gerichts teilen. Relevant ist aus meiner Sicht aber insbesondere die Auffassung, dass die Kontroll- bzw. Überwachungspflicht durchaus risikobasiert ausgestaltet sein darf. Gleichzeitig sollten Verantwortliche darauf achten, dass „bloße Ankündigungen“ durch Auftragsverarbeiter im Zweifel gerade nicht die tatsachliche Erfüllung bzw. Umsetzung von Pflichten, wie etwa der Löschung von Daten, belegen.

Verwaltungsgericht Stuttgart: DSGVO-Auskunft über gelöschte Daten oder Löschprotokolle?

Mit Urteil vom 30.11.2023 (Az. 11 K 3946/21) hat sich das Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart sehr umfassend mit dem Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO befasst. Eventuell berichte zu weiteren Aspekten des Urteils noch nachfolgend im Blog. Heute möchte ich nur einen kleinen Aspekt beleuchten.

In dem Verfahren verlangte der Kläger von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts Auskunft nach Art. 15 DSGVO. Hierbei ging es u.a. um die Frage, ob der Verantwortliche auch Auskunft über gelöschte personenbezogene Daten erteilen muss.

Das VG vertritt hierzu die einzig richtige Ansicht:

Was nicht mehr existiert, kann nicht beauskunftet werden.“

Zwar stelle nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch das Löschen von Daten eine „Verarbeitung“ personenbezogener Daten dar. Vollständig gelöschte Daten können allerdings denklogisch nicht Anknüpfungspunkt des Auskunftsanspruchs aus Art 15 Abs. 1 2. Hs. i.V.m. Abs. 3 DSGVO sein.

Interessant und auch konsequent ist aber die Auffassung des VG hinsichtlich der Auskunft zu vorhandenen Löschprotokollen.

Das Gericht verweist darauf, dass, wenn ein Löschungsvorgang jedenfalls seinem Umfang nach noch dokumentiert und gespeichert ist, dies ein (einzelnes) personenbezogenes Datum über den Betroffen darstelle.

Das VG erläutert diese Ansicht auch an einem Beispiel: eine Dokumentation eines Löschungsvorgangs wie „Löschungsvorgang am XX.XX.XXXX: alle vom Kläger eingereichten Belege aus dem Kalenderjahr XXXX und davor“ sei dann vom Auskunftsrecht umfasst, wenn sich diese Information noch auf den Betroffenen beziehen lasse. Aus meiner Sicht ist die Auffassung des VG richtig. Denn eine Information „Daten 1,2,3 von Carlo Piltz wurden am XX.XX.XXXX gelöscht“ oder auch die Angabe „Von der Person erhaltene Dokumente aus 2020 wurden gelöscht„, bezieht sich auf eine natürliche Person, wenn intern nachvollzogen werden kann, wer diese Person ist.

Leider geht das VG hier nicht darauf ein, ob die Ausnahmevorschrift des § 34 Abs. 1 Nr. 2 b BDSG greifen würde. Danach besteht das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO nicht, wenn Daten ausschließlich Zwecken der Datenschutzkontrolle dienen und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

Werden Löschprotokolle zum Nachweis aufbewahrt, dass Daten tatsächlich gelöscht wurden, stellt dies auch meiner Sicht eine Maßnahme zu „Zwecken der Datenschutzkontrolle“ dar – ob also der Löschverpflichtung nachgekommen würde. Natürlich müsste der Verantwortliche, um sich auf die Ausnahme berufen zu können, dann aber auch die übrigen Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Nr. 2 b BDSG erfüllen.

„personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden“ – Datenschutzbehörde Irland: 49 Tage sind nicht mehr „unverzüglich“

Mit Entscheidung (PDF) vom 15. November 2023 hat die irische Datenschutzbehörde (DPC) unter anderem einen Verstoß der Microsoft Operations Ireland Limited gegen Art. 17 Abs. 1 DSGVO festgestellt.

Sachverhalt

In dem Verfahren ging es auch um das Auslisten von Links aus der Suchmaschine Bing. Der Betroffene beschwerte sich beim BayLDA und dieses leitete die Beschwerde nach Irland weiter. Unter anderem wandte sich der Betroffene am 9. Oktober 2021 mit mehreren Löschaufforderungen an Microsoft. Diese wurden zunächst zurückgewiesen – wie Microsoft aber später eingestand, fälschlicherweise. Der Löschprozess für die personenbezogenen Daten startete dann erst ab dem 26. November 2021. Aus Sicht der DPC sind hier 49 Tage vergangen (wobei man dafür den 9. Oktober mit einbezieht).

Entscheidung

Nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Was genau „unverzüglich“ bedeutet, ist in der DSGVO nicht geregelt. Eine rein nationale Auslegung verbietet sich. Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen Begriffe einer Bestimmung des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten (zum Begriff „Schaden“ in Art. 82 DSGVO, C-300/21, Rz. 29).

Im konkreten Fall vergingen nach Ansicht der DPC 49 Tage, bis der der Löschprozess angestoßen wurde. Die Aufsichtsbehörde geht davon aus, dass diese Dauer nicht mehr als „unverzüglich“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 DSGVO angesehen werden kann.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Kein Löschanspruch für alle Daten aus Personalakte – auch nicht nach Ende des Beamtenverhältnisses

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat Beschluss vom 29.06.2023 (Az. 6 ZB 23.530) einige interessante Aussagen zu den Datenschutzgrundätzen der Datenminimierung, Speicherbegrenzung und Richtigkeit nach Art. 5 Abs. 1 DSGVO getroffen. 

Sachverhalt

In dem Verfahren vor dem VGH verfolgte der Kläger seine Klage gerichtet auf Löschung von Dokumenten aus seiner Personalakte weiter, die vor dem Verwaltungsgericht erfolglos geblieben ist. Er begehrte u.a. die Löschung von Unterlagen überwiegend zu Vorgängen aus den Jahren 2004 bis 2006 sowie 2010 bis 2014, die im Rahmen der Beurteilung der Verwendungsfähigkeit des Klägers im Polizeidienst und seiner allgemeinen Dienstfähigkeit entstanden sind, sowie Unterlagen zur Verlängerung der Probezeit.

Der Kläger meint, sämtliche Einträge in der Personalakte, die vor dem 16. Juni 2006 datieren, seien zu löschen, weil das damalige Beamtenverhältnis zu diesem Zeitpunkt endete und nicht mehr in sachlichem Zusammenhang zu dem nunmehrigen Beamtenverhältnis stehe. 

Entscheidung des VGH

Nach Ansicht des VGH besteht kein Löschanspruch aus der DSGVO. 

Datenminimierung

Zum Grundsatz nach Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO stellt der VGH fest, dass die während des Bestehens eines Beamtenverhältnisses in der Personalakte gesammelten Daten grundsätzlich auch dann angemessen, erheblich und auf das notwendige Maß beschränkt bleiben, 

„wenn der betroffene Beamte aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet.“ 

Das Gericht also davon aus, dass Daten aus der Personalakte nicht zwingend sofort zu löschen sind, nur weil ein Anstellungsverhältnis (hier: Beamtenverhältnis) endet. Die Unterlagen über krankheitsbedingte Dienstunfähigkeiten dienten hier nicht nur der Feststellung von aktuellen Fehlzeiten, sondern bleiben auch gegebenenfalls für mögliche Reaktivierungs- oder auch Wiedereinstellungsprüfungen von Bedeutung. Gerade diesbezüglich könne es aber es auf den jeweiligen historischen Kontext ankommen. 

Zudem stellt der VGH fest: 

„Eine Löschung könnte vielmehr umgekehrt gegen den Grundsatz der Datenrichtigkeit verstoßen.“

Datenrichtigkeit

Der Grundsatz nach Art. 5 Abs. 1 lit. d) DSGVO, wonach personenbezogene Daten sachlich richtig und „erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand“ sein müssen, könne den Löschungsanspruch ebenfalls begründen. 

Denn, so der VGH, die Daten sind durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Dienst ja nicht etwa unrichtig geworden.

„sie bleiben vielmehr mit Blick auf die damalige Rechtswirklichkeit weiterhin richtig.“

Bedeutet: keine Löschung oder Änderungen der faktisch richtigen Vergangenheit durch die DSGVO. Daher bestehe auch kein Berichtigungsanspruch aus Art. 16 DSGVO. Der VGH begründet seine Ansicht damit, dass nur wenn die Personalakten auf dem Stand gehalten werden, der zum jeweiligen Zeitpunkt richtig war, ein möglichst lückenloses Bild der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischem Geschehensablauf dokumentiert werden könne. 

Speicherbegrenzung

Zuletzt folgert der VGH aus seinen Ausführungen, dass damit auch der Grundsatz nach Art. 5 Abs. 1 lit. e) DSGVO der weiteren Speicherung der bis zum Ausscheiden des Klägers aus dem Beamtenverhältnis im Jahr 2006 in seiner Personalakte gesammelten Daten nicht entgegenstehe.

Österreichische Datenschutzbehörde: Blacklisting von ehemaligen Kunden ist zulässig

Die Österreichische Datenschutzbehörde (DSB) berichtet in ihrem aktuellen Newsletter 3/2023 über eine von ihr entschiedene Beschwerde, in der es um die praxisrelevante Frage ging, ob ein Unternehmen in seiner Kundendatenbank dauerhaft Informationen dazu speichern darf, dass mit einem (ehemaligen) Kunden in Zukunft keine Verträge mehr geschlossen werden sollen.

Sachverhalt

Konkret ging es um einen internen Vermerk, dass es in der Vergangenheit mit dem Kunden zu Unregelmäßigkeiten und Konflikten kam. Daher wollte man mit dem Kunden (einem anderen Unternehmen) keine neuen Verträge mehr abschließen. Der Kunde (und sein Geschäftsführer) beschwerten sich bei der DSB über diese Datenverarbeitung.

Entscheidung der DSB

Die DSB wies die Beschwerde ab. Nach ihrer Ansicht stehe es dem Unternehmen (als Verantwortlichen) vor dem Hintergrund der Privatautonomie frei, mit wem ein Vertrag abgeschlossen wird.

Der interne Vermerk und darin enthaltene personenbezogene Daten stellen auch keine rechtswidrige Datenverarbeitung dar. Die Verarbeitung, dass im internen Warenwirtschaftssystem festgehalten wird, dass mit bestimmten (juristischen) Personen, mit denen es bei früheren Geschäftskontakten zu Konflikten gekommen ist, von zukünftigen Vertragsabschlüssen absehen wird, kann auf Basis der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO erfolgen.

Fazit

In der Praxis sehen sich Unternehmen, insbesondere im Online-Handel, immer wieder mit der Situation konfrontiert, dass (ehemalige) Kunden durch ihr Verhalten Anlass dazu geben, mit ihnen in Zukunft keine vertragliche Beziehung mehr einzugehen. Der EuGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus (vgl. etwa C‑283/11, Rz. 43), dass die Vertragsfreiheit u. a. die freie Wahl des Geschäftspartners umfasst. Zur Ausübung dieser Freiheit sieht es die Datenschutzbehörde zurecht als zulässig an, dass bestimmte Daten gespeichert werden.

Virtuelles Hausverbot: DSGVO erlaubt dauerhafte Datenspeicherung

In ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 (PDF), berichtet die Datenschutzbehörde Sachsen von einem Fall, in dem es um die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit eines virtuellen Hausverbots und dessen Durchsetzung ging.

Ein Betroffener beschwerte sich bei der Aufsichtsbehörde, dass seine E-Mail-Adresse bei einem Sozialen Netzwerk, einem Online-Club, gespeichert wird, dessen Mitglied er war. Sein Zugang zum Club war zuvor von dem betreibenden Unternehmen gesperrt worden. Der Betroffene verlangte Löschung aller seiner Daten. Das Unternehmen teilte der Behörde mit, dass das Profil des Betroffenen gelöscht worden sei, weil dieser gegen interne Regeln mehrfach und gravierend verstoßen habe. Deswegen sei gegen ihn ein virtuelles Hausverbot verhängt worden. Um dieses durchzusetzen, blieben die E-Mail-Adressen gesperrter (ehemaliger) Mitglieder in einer internen Blacklist gespeichert, um den weiteren Zugang zu verhindern.

Die Datenschutzbehörde prüfte die Speicherung auf der Blacklist auf Grundlage einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Ihr Ergebnis:

„Nach den vorliegenden Informationen konnte meine Behörde – auch in der Abwägung der verschiedenen Interessen und betroffenen Rechte – keinen Datenschutzverstoß erkennen.“

Das virtuelle Hausverbot war nach Ansicht der Behörde grds. zulässig. Die Behörde verweist hierzu u.a. auch auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zudem wurde hier auch in den Nutzungsbedingungen das Recht des Betreibers geregelt, insbesondere bei Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen, den Zugang des Nutzers zeitweilig oder dauerhaft zu sperren. Dies dürfte bei dem Merkmal der „vernünftigen Erwartungen“ der Betroffenen (ErwG 47 DSGVO) eine Rolle gespielt haben. Zur Durchsetzung des Hausverbots war es nach Ansicht der Behörde auch erforderlich, dass bestimmte Informationen des früheren Mitglieds zum Beispiel in einer Blacklist gespeichert bleiben. Denn sonst wäre die Identität des Mitglieds für den Anbieter nicht mehr erkennbar und ein Nutzungsverbot nicht durchsetzbar. Zudem informierte der Betreiber auch in seinen Datenschutzhinweisen über die Verarbeitung zur Durchsetzung des Hausverbots. Zuletzt führt die Behörde an, dass es ihrer Ansicht nach auch verhältnismäßig sei, Daten auf Blacklist dauerhaft zu speichern.

Ergänzend könnte man meines Erachtens als Rechtsgrundlage auch noch Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO andenken; eine Datenverarbeitung im Rahmen der Anbahnung eines (neuen) Vertragsverhältnisses oder zur Abwicklung des vormaligen Vertragsverhältnisses. Hier dürfte sich ggfs. die Frage der Erforderlichkeit stellen, was sicher von dem Einzelfall (z.B. was war Inhalt des Vertrages & der AGB; Möglichkeit zur Berufung auf Abschlussfreiheit eines Vertrages durch das Unternehmen) abhängt.

Für die Praxis wird man mitnehmen können:

  • Die Datenverarbeitung zur Durchsetzung eines virtuellen Hausrechts ist zulässig
  • Betroffenen sollten sowohl im Vertrag als auch in den Datenschutzhinweisen klar darüber informiert worden sein, wann dies geschehen kann und was die Folgen sind
  • Es dürfen nur die zur Durchsetzung tatsächlich erforderlichen Daten gespeichert werden

EuGH zum Löschanspruch: Betroffener Person obliegt der Nachweis, dass Informationen unrichtig sind

In seiner Entscheidung C-460/20 (vom 8.12.2022) befasst sich der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit der Beweislast in Fällen, in denen eine betroffene Person die Entfernung von Links zu Webseite-Beiträgen aus der Liste der Suchergebnisse im Internet beantragt.

Die Entscheidung des Gerichtshofs

Von hoher Relevanz für die Praxis sind die Argumente des EuGH zur Beweislast in Fällen von Art. 17 DSGVO. Konkret ging es hier um die Frage, wer im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Art. 17 Abs. 3 lit. a DSGVO die Beweislast dafür trägt nachzuweisen, dass auf einer Webseite aufgelistete Inhalte unrichtige Behauptungen enthalten.

Beantragt eine betroffene Person die Löschung bestimmter Daten mit der Begründung, diese seien unrichtig, so obliegt nach dem EuGH „dieser Person der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist“ (Rz. 68).

Dem EuGH zufolge darf jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt werden, die geeignet wäre, die praktische Wirkung des Rechts auf Löschung zu beeinträchtigen. Daher muss die Person den Nachweis der Unrichtigkeit erbringen, kann aber nicht verpflichtet werden, eine gerichtliche Entscheidung gegen den Betreiber der betreffenden Website vorzulegen.

Was die andere Seite betrifft, so kann von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen nicht verlangt werden, dass er den Sachverhalt ermittelt und eine kontradiktorische Debatte mit dem Anbieter der Inhalte führt. Der EuGH geht davon aus, dass der Verantwortliche nicht verpflichtet ist, „bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob dieser Antrag stichhaltig ist“ (Rz. 70).

Eine ähnliche Argumentation für Art. 16 DSGVO?

In einer Entscheidung aus März 2022 (BVerwG 6 C 7.20) hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ebenfalls mit einem ähnlichen Fall zu befassen, allerdings verlangte die betroffene Person eine Datenberichtigung nach Art. 16 DSGVO. Das BVerwG hat darauf hingewiesen, dass der Maßstab für die Qualifizierung eines Datums als „richtig“ oder „unrichtig“ im Sinne des Art. 16 S. 1 DSGVO zunächst die objektive Wirklichkeit ist.

Was die Beweislast betrifft, so verwies das Gericht auf Art. 5 Abs. 2 DSGVO. Nach Auffassung des BVerwG enthält die DSGVO enthält in Art. 5 Abs. 2 DSGVO eine spezifische Bestimmung, wer die Beweislast für die Richtigkeit des nach dem Begehren der betroffenen Person neu einzutragenden Datums trägt. Die Vorschrift regelt auch die Beweislast, soweit die Einhaltung der Grundsätze des Art. 5 Abs. 1 DSGVO in einem Rechtsstreit zwischen dem Verantwortlichen und der betroffenen Person im Streit steht.

Konkret bezogen auf einen Berichtigungsanspruch, bei dem die Richtigkeit eines Datums umstritten ist, ist damit auch die Frage verbunden, ob der für die Verarbeitung Verantwortliche mit der Verarbeitung des „alten“ oder aber des „neuen“ Datums seiner Pflicht zur Einhaltung des Grundsatzes der Datenrichtigkeit gerecht wird.

Das BVerwG führt aus, dass „die Nichterweislichkeit der Richtigkeit des Datums, dessen Verarbeitung der jeweilige Anspruchsteller mit dem Berichtigungsanspruch nach Art. 16 Satz 1 DSGVO begehrt, zu Lasten des Anspruchstellers geht“. Der Verantwortlichen muss im Zweifel in Zukunft nachweisen, dass ein durch ihn verarbeitetes Datum richtig ist. Wenn ihm aber dieser Nachweis obliegt, so das BVerwG, kann von ihm nicht verlangt werden, „ein vom Antragsteller angegebenes Datum, dessen Richtigkeit sich nicht feststellen lässt, einzutragen und weiter zu verarbeiten“.

Fazit

Beide Entscheidungen enthalten relevante Klarstellungen hinsichtlich der Beweislast in der Praxis, wenn es um die Bearbeitung von Betroffenenansprüchen geht. Unternehmen, die häufig mit Anfragen von betroffenen Personen konfrontiert sind, die die Berichtigung oder Löschung von Daten beantragen, ohne etwa einen Beweis für die Unrichtigkeit der vorhandenen Daten vorzulegen, können sich bei der Beurteilung der Frage, ob sie die Daten berichtigen müssen, an den Gründen dieser Entscheidungen orientieren.

Aufbewahrungsfrist zur Erfüllung der DSGVO-Nachweispflichten – Datenschutzbehörde: 3 Jahre

Die DSGVO etabliert bekanntlich eine (je nach Auslegung sehr umfassende) Rechenschaftspflicht des Verantwortlichen nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO. Daneben kennt die DSGVO auch noch weitere Nachweispflichten, z. B. in Art. 7 Abs. 1 DSGVO für die Einwilligung oder in Art. 12 Abs. 5 DSGVO für offenkundig unbegründete oder exzessive Anträge von Betroffenen. 

In der Praxis kommt oft die Frage auf, wie lange Verantwortliche denn eine entsprechende Dokumentation, dass man sich in bestimmten Situationen an die DSGVO gehalten hat, aufbewahren dürfen bzw. müssen. Ein Beispiel: der Verantwortliche erteilt eine Auskunft nach Art. 15 DSGVO. Nach 1,5 Jahren beschwert sich der Betroffene darüber, dass er keine Auskunft erhalten habe. Wenn der Verantwortliche nun die Auskunftserteilung schon gelöscht hat, wird es für ihn schwer, die ordentliche Erfüllung seiner rechtlichen Pflichten nachzuweisen. Gleichzeitig enthält diese Dokumentation, z. B. die versendete E-Mail und Dokumente, natürlich personenbezogene Daten. Man benötigt für eine Speicherung also eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Einen praxisrelevanten Fall zu diesem Themenkomplex hatte die Datenschutzbehörde aus Thüringen zu entscheiden und berichtet hierüber in ihrem Tätigkeitsbericht 2021, ab S. 167 (pdf).

Es ging dort um den Versand von E-Mails an eine Betroffene. Diese gab an, nie in den Erhalt der E-Mails eingewilligt zu haben. Gleichzeitig verlangt die Betroffene dann auch Auskunft nach Art. 15 DSGVO und die Löschung ihrer Daten von dem Verantwortlichen. Nachdem sie hierauf keine Antwort erhielt, beschwerte sie sich bei dem TLfDI. 

Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde war das Unternehmen als Verantwortliche verpflichtet, den entsprechenden Nachweis darüber zu führen, dass eine Einwilligung vorlag (vgl. Art. 7 Abs. 1 DSGVO). Die DSGVO enthalte insoweit eine ausdrückliche Beweislastregel für das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung. Den Verantwortlichen treffe nicht nur die Verantwortung für die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 1 DSGVO geregelten Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten, er müsse ihre Einhaltung auch nachweisen können. Diese Nachweispflicht könne er durch entsprechende Dokumentation oder ein Daten-Management-System erfüllen.

Vorliegend gelang dies dem Verantwortlichen jedoch. Dieser antwortete der Aufsichtsbehörde sogar, dass er alle Daten zu der Betroffenen aufgrund ihrer Anfrage gelöscht habe und daher keinen Nachweis mehr erbringen könne. 

Diese Ansicht teilte der TLfDI nicht. Die Nachweispflicht sei gerade nicht durch das Löschungsverlangen der Betroffenen entfallen. Denn gemäß Art. 17 Abs. 3 lit. b) DSGVO ist die Löschung personenbezogener Daten ausgeschlossen, soweit diese zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich sind, welche die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedsstaaten erfordert, dem der Verantwortliche unterliegt. 

Der TLfDI weiter: „Diese Sonderregelung entspricht der Rechtsgrundlage für die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe c) DS-GVO. Zu diesen Rechtspflichten zählen insbesondere Speicher-, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten, zu denen auch die in Art. 5 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 DS-GVO geregelten Nachweispflichten zählen“.

Wichtig: die Behörde geht also davon aus, dass Verantwortliche solche Daten (und diese enthaltene Dokumente) nicht löschen dürfen, die für die Erfüllung des Nachweises der Einhaltung der DSGVO erforderlich sind. Ganz ausdrücklich allgemein nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO. Auch dann nicht, wenn die Betroffene dies verlangt. Diese Ansicht ist meines Erachtens richtig, jedoch in dieser Deutlichkeit bisher eher nicht von Behörden vertreten worden. 

Zuletzt ging es dann noch um die Frage, welche konkrete Aufbewahrungsfrist für den Nachweis der Einwilligung gelte. Denn die DSGVO sehe hierzu keine ausdrückliche Regelung vor.

Der TLfDI stellt hier auf eine Frist von drei Jahren ab, da nach Ablauf dieses Zeitraums ein Buß- geldverfahren in der Regel als verjährt anzusehen ist.“

Wichtig: die Behörde setzt hier also die Verjährungsfristen für Verstöße gegen die DSGVO an (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Meines Erachtens ist diese Argumentation und Ansicht der Behörde auch auf andere Nachweispflichten und durchaus auch allgemein auf Dokumentation (mit personenbezogenen Daten) übertragbar, die Verantwortliche vorhalten, um die Einhaltung der DSGVO nachweisen zu können.