Vernetzte Fahrzeuge: Möchte die Bundesregierung den Datenschutz verschärfen?

Am heutigen Freitag soll im Bundestag über einen Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD mit dem Titel „Intelligente Mobilität fördern – Die Chancen der Digitalisierung für den Verkehrssektor nutzen“ (BT-Drs. 18/7362, pdf) abgestimmt werden.

In diesem Antrag befasst sich die Bundesregierung unter anderem auch mit dem Thema Datenschutz (ab S. 5) und wie mit personenbezogenen Daten, die beim Einsatz verletzter Fahrzeuge entstehen, in Zukunft umgegangen und wie diese geschützt werden sollen. Die in dem Antrag zum Ausdruck gebrachten Forderungen bzw. Wünsche werfen jedoch einige Fragen mit Blick auf die geltende Rechtslage im Datenschutzrecht auf.

Nach dem Antrag sollen personenbezogene Daten, die vom Fahrzeug erzeugt werden, nur

mit Zustimmung des Betroffenen und bestehend auf einer gesetzlichen Grundlage pseudonymisiert erhoben werden dürfen, so dass u.a. die Erstellung von Bewegungsprofilen mit einem direkten Personenbezug nicht möglich ist.

Vor dem Hintergrund des geltenden Rechts, dass personenbezogene Daten, auf die sich die Bundesregierung hier ausdrücklich bezieht, dann verarbeitet werden dürfen, soweit dies ein Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift erlaubt oder aber der Betroffene selbst eingewilligt hat (§ 4 Abs. 1 BDSG), irritiert die Formulierung, dass personenbezogene Daten mit Zustimmung des Betroffenen und (!) auf einer gesetzlichen Grundlage erhoben werden dürfen. Den gesetzlichen Vorgaben hätte es jedoch entsprochen, wenn das Wort „und“ durch ein oder ersetzt worden wäre. Die Bundesregierung scheint hier den Wunsch zu äußern, dass sowohl eine Einwilligung vorliegen als auch eine gesetzliche Grundlage einschlägig sein muss, damit personenbezogene Daten überhaupt erst erhoben werden dürfen.

Hierbei kann es sich freilich auch um ein Versehen oder eine zu strenge Auslegung am Wortlaut meinerseits handeln. Sollte die Bundesregierung jedoch tatsächlich kumulativ eine Einwilligung als eine gesetzliche Grundlage für die Datenverarbeitung erforderlich halten, so dürfte dies gegen europäisches Recht verstoßen.

Der europäische Gerichtshof hat bereits im Jahre 2011 (C-468/10 und C-469/10) zu Art. 7 der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46 EG), der die möglichen Grundlagen einer Datenverarbeitung festlegt, entschieden, dass die Mitgliedstaaten weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten neben Art. 7 der Richtlinie 95/46 einführen, noch zusätzliche Bedingungen stellen dürfen, die die Tragweite eines der sechs in diesem Artikel vorgesehenen Grundsätze verändern würden. Möchte die Bundesregierung jedoch kumulativ sowohl die Einwilligung als auch eine gesetzliche Erlaubnis für die Zulässigkeit des Umgangs mit personenbezogenen Daten im vernetzten Fahrzeug vorsehen, dürfte dies eine zusätzliche Bedingungen im Sinne des Urteils des europäischen Gerichtshofs darstellen. Die Erfüllung von zwei möglichen Zulässigkeitsalternativen würden verpflichtend zusammengefasst.

Unklar ist zudem, wie sich die Vorgabe der Bundesregierung, dass per se bereits nur pseudonymisierte Daten erhoben werden dürfen, mit der geplanten Vorgabe verhält, dass hierfür sowohl eine Einwilligung als auch eine gesetzliche Erlaubnis erforderlich ist. Zwar wird heute bereits vielfach davon ausgegangen, dass es sich auch bei pseudonymisierten Daten weiterhin um personenbezogene Daten handelt. Jedoch wird gerade der Umgang mit Daten unter einem Pseudonym, insbesondere auch wenn es sich um Fälle handelt die von der Bundesregierung im Antrag angesprochen werden, nämlich wenn Nutzungsprofile erstellt werden, gesetzlich privilegiert. So erlaubt § 15 Abs. 3 TMG die Erstellung von Nutzungsprofilen unter Verwendung eines Pseudonyms für Zwecke der Werbung, Marktforschung oder auch zur bedarfsgerechten Gestaltung von Telemedien ohne vorherige Einwilligung. Dem Nutzer muss nur die Gelegenheit gegeben werden, der Datenverarbeitung im Nachhinein zu widersprechen. Gerade wenn man sich das vernetzte Fahrzeug anschaut, welches sich immer mehr zu einem rollenden Telemediendienst wandelt, stellt sich daher die Frage, ob die Bundesregierung eine Verschärfung der geltenden Vorgaben auch bezüglich des Erstellens von Nutzungsprofilen unter einem Pseudonym plant.

Des Weiteren weist die Bundesregierung in ihrem Antrag darauf hin, dass den Betroffenen die wichtigsten Informationen zum Umgang mit personenbezogenen Daten einfach formuliert bereitgestellt werden müssen. Diese Vorgabe ist nicht unbedingt neu, denn bereits derzeit müssen Informationen zur Datenverarbeitung etwa nach § 13 Abs. 1 TMG oder § 4 Abs. 3 BDSG.

Zudem sieht der Antrag der Bundesregierung vor, dass der Fahrer und/oder Fahrzeughalter selbst entscheiden dürfen sollte,

wer Zugriff auf seine personenbezogenen Daten hat. Deshalb bedarf das Auslesen bzw. Übermitteln dieser Daten aus dem Fahrzeug einer Erlaubnis. Die „Aktivierung/Deaktivierung“ der Datenu?bermittlung muss jederzeit möglich und einfach auszuführen sein.

Auch diese Forderung ist dem Grunde nach erst einmal keine Änderung zu geltenden Rechtslage. Denn wie bereits beschrieben, bedarf eine Datenverarbeitung (damit auch eine Erhebung im Wege des Zugriffs) entweder der Einwilligung oder eines gesetzlichen Erlaubnistatbestandes. Eine Verschärfung würde sich jedoch dann ergeben, wenn die Aussagen der Bundesregierung dahin zu verstehen sind, dass mit dem „selbst entscheiden dürfen“ stets eine Einwilligung des Betroffenen gemeint ist. Man könnte jedoch eventuell auch davon ausgehen, dass diese Erlaubnis bereits bei Vertragsabschluss, etwa beim Kauf des Fahrzeugs, erteilt wird. Zudem spricht die Bundesregierung in ihrem Antrag von „einer“ Erlaubnis und nicht „seiner“. Unter „einer Erlaubnis“ kann man auch gesetzliche Grundlagen verstehen.

Der nachfolgende Zusatz jedoch, dass die Aktivierung bzw. Deaktivierung einer Datenübermittlung jederzeit möglich sein muss, spricht erneut für das zwingende Erfordernis einer Einwilligung des Betroffenen die durch die zuvor beschriebene Aktivierung bzw. Deaktivierung ausgeübt wird. Da diese „jederzeit“ ausgeübt können werden soll, kann es sich auch nicht um eine zuvor erteilte Einwilligung, etwa beim Kauf des Autos handeln.

Insgesamt stellen sich nach kurzer Analyse dieses Antrags der Bundesregierung doch einige Fragen und man wird abwarten müssen, in welcher Form die Bundesregierung eine Umsetzung dieses Antrags plant. Sollte es ja noch zu den oben besprochenen Verschärfungen kommen, habe ich Zweifel, ob diese einer Prüfung aus europarechtlicher Sicht standhalten würden. Dies gilt auch, wenn in ca. zwei Jahren die neue Datenschutz Grundverordnung wirksam wird.

Das Thema Datenschutz und vernetzte Fahrzeuge ist derzeit nicht nur im Parlament von Interesse. Diese Woche haben sich die Landesdatenschutzbeauftragten in Deutschland und der Verband der Automobilindustrie auf eine gemeinsame Leitlinie (pdf) bei der Anwendung und Auslegung des geltenden Datenschutzrechts mit Blick auf die Nutzung vernetzter Fahrzeuge geeinigt (hierzu mein englischer Blogbeitrag).

Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren – Neuerungen im Datenschutzrecht?

Heute hat das Bundeskabinett die durch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt erarbeitete „Strategie automatisiertes und vernetztes Fahren“ beschlossen (PDF). Das mit der Strategie verfolgte Ziel des Bundesverkehrsministers:

Wir wollen unsere Erfolgsgeschichte beim Automobil digital fortschreiben und die Wachstums- und Wohlstandschancen der Mobilität 4.0 nutzen.

In der zu der Veröffentlichung der Strategie herausgegebenen Pressemeldung wurde zum Thema „Datenschutz“ konstatiert:

Neue Vorgaben im Datenschutzrecht?

Die Fahrer automatisierter und vernetzter Fahrzeuge müssen über die Erhebung und Verwertung von Daten informiert werden – und ihre Einwilligung geben. Die Daten gehören dem Nutzer.

Eine solche Ankündigung lies zunächst doch ein wenig aufhorchen. Nicht jene Feststellung, dass die Fahrer in vernetzten Fahrzeugen über stattfindende Datenverarbeitungen aufzuklären sind. Dies ist bereits jetzt gesetzlich vorgeschrieben (§ 4 Abs. 3 BDSG, § 13 Abs. 1 TMG). Doch das formulierte Postulat, dass Fahrer „ihre Einwilligung“ in eine Datenverarbeitung erteilen „müssen“ und die Aussage, „Daten gehören dem Nutzer“, würden in dieser Pauschalität die datenschutzrechtlichen Gegebenheiten und den geltenden Gesetzesrahmen nicht korrekt darstellen bzw. neue Anforderungen an die Datenverarbeitungen schaffen. Die Einwilligung ist derzeit nur eine von mehreren Möglichkeiten, um personenbezogene Daten verarbeiten zu können und „muss“ daher nicht zwingend vorliegen. Die Frage, wem Daten „gehören“, wird seit einiger Zeit im Datenschutzrecht kontrovers diskutiert – ohne, dass es bisher eine befriedigende Antwort darauf gegeben hätte. Dies mag daran liegen, dass ein Besitz oder gar an Eigentum an Daten im Datenschutzrecht nicht vorgesehen ist und daher andere Rechtsgebiete (Zivilrecht, Urheberrecht, etc.) bemüht werden müssen.

Das Datenschutzrecht muss beachtet werden

Betrachtet man nun die beschlossene Strategie selbst, so kann man aus Sicht des Datenschutzrechts feststellen, dass die geltenden Vorgaben erhalten bleiben und es etwa keine (in der Pressemitteilung anklingende) Pflicht zur Einholung der Einwilligung geben soll. Überhaupt nicht eingegangen wird auf das Postulat „Daten gehören dem Nutzer“.

Die Grundsätze des allgemeinen Datenschutzrechts sind zu beachten.

Mit diesem Hinweis beginnt der Abschnitt zum Datenschutz in der Strategie (S. 24 f.). Alles andere hätte auch verwundert.

Verpflichtende Anonymisierung und Pseudonymisierung?

Eine weitere Vorgabe der Strategie unterscheidet sich dann doch in einem bestimmten Punkt von den geltenden gesetzlichen Bestimmungen:

Bei der Erhebung, Verarbeitung und Verknüpfung von Daten müssen verstärkt Techniken zur Anonymisierung und Pseudonymisierung eingesetzt werden.

Die Strategie statuiert ihrem Wortlaut nach eine Pflicht („müssen“) zur Implementierung von Technologien zur Datenvermeidung und zur Verwirklichung des Grundsatzes der Datensparsamkeit. Vergleicht man damit die geltenden gesetzlichen Vorgaben, fällt auf, dass nach § 3a S. 2 BDSG keine generelle Pflicht zur Anonymisierung und Pseudonymisierung besteht. In § 3a S. 2 BDSG heißt es:

Insbesondere sind personenbezogene Daten zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren, soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist.

Anonymisierung und Pseudonymisierung werden also derzeit als eine Art Zielvorgaben ausgegeben und mit dem Aufwand in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Nichtbeachtung dieser Zielvorgabe hat auch keinen direkten Einfluss auf die Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung. Nach der Formulierung in der Strategie („müssen“), könnte sich dies eventuell ändern. Dies wird man, gerade mit Blick auf die anstehenden Änderungen durch die Datenschutz-Grundverordnung, jedoch abwarten müssen.

Generelle Einwilligungs-Pflicht?

Die Einwilligung muss dabei selektiv möglich und zudem widerruflich sein, soweit es um Funktionen geht, die nicht für das Funktionieren des Fahrzeugs bzw. für die Verkehrssicherheit erforderlich sind.

Die Strategie befasst sich mit den Anforderungen an die datenschutzrechtliche Einwilligung. Diese muss „selektiv“, also für einzelne Datenverarbeitungen getrennt möglich sein. Zudem soll ein Widerruf einer einmal erteilten Einwilligung möglich sein. Auch diese Vorgabe ist keine Neuerung im Vergleich zur geltenden Rechtslage (vgl. etwa § 13 Abs. 2 Nr. 4 TMG), zumindest soweit man das TMG betrachtet. Mit Blick auf das BDSG hat das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2014 (Urteil vom 11.12.2014 – Az. 8 AZR 1010/13) entschieden, dass die Erteilung einer zeitlich nicht beschränkten Einwilligung zwar im Grundsatz nicht bedeutet, dass sie unwiderruflich erteilt worden wäre. Allerdings, so das BAG, deute ein Umkehrschluss aus § 28 Abs. 3a S. 1 BDSG darauf hin, dass eine einmal erteilte Einwilligung nicht generell „jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann„. Eventuell denkt man im BMVI also darüber nach, ein generelles Widerrufsrecht im Datenschutzrecht, zumindest mit Blick auf das vernetzte Auto, einzuführen? Auch dies wird man abwarten müssen.

Festhalten kann man jedoch, dass die Ausführungen der Strategie zur Einwilligung sich einschränkend nur auf Funktionen des „SmartCar“ beziehen, die nicht für das Funktionieren des Fahrzeugs bzw. für die Verkehrssicherheit erforderlich sind. Oder anders: die Einwilligung ist eben nur dann notwendig, wenn nicht bereits ein Kauf-, Leasing- oder auch reiner Nutzungsvertrag über Dienste im Fahrzeug als Grundlage der Datenverarbeitung dient und diese Datenverarbeitung erforderlich ist, um den Vertrag durchzuführen oder Dienstfunktionen zu erbringen. Auch dies entspricht der geltenden Gesetzeslage (vgl. etwa § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG, § 14 Abs. 1 TMG oder § 15 Abs. 1 TMG).

Festzuhalten bleibt also aus Sicht des Datenschutzrechts, dass weit weniger Änderungen in der Strategie angedacht sind, als dies eventuell zunächst den Anschein hatte. Man baut die Einhaltung geltender Prinzipien, die eventuell punktuell angepasst werden könnten. Dabei muss freilich beachtet werden, dass jede Änderung des geltenden Datenschutzrechts nach In Kraft treten der Datenschutz-Grundverordnung auf ihre Daseinsberechtigung (also Vereinbarkeit mit den zukünftigen europäischen Vorgaben) geprüft werden muss.

Snowden und das Staatswohl – Darf die Bundesregierung ablehnen?

Thema der letzten Tage in den Medien ist die ablehnende Haltung der Bundesregierung zu der Frage, ob Edward Snowden als Zeuge des NSA-Untersuchungsausschusses direkt in Deutschland vernommen werden und ihm dazu der Aufenthalt und die Einreise gestattet werden sollte. Die von netzpolitik.org veröffentlichte Stellungnahme der Bundesregierung findet sich hier (PDF).

Damit Snowden nach Deutschland einreisen könnte, müsste er im Besitz eines gültigen Passes oder Passersatzes sein. Die amerikanische Regierung hat seine Reisepässe jedoch für ungültig erklärt. Möglich bliebe daher die Ausstellung eines deutschen Reiseausweises durch die deutsche Botschaft in Moskau, die jedoch eine Zustimmung des Bundesministeriums des Inneren (BMI) voraussetzt. Auch die Ausstellung eines Passes durch russische Behörden bleibt freilich möglich. Eine dann mögliche Aufnahme Snowdens, etwa zur Wahrung politischer Interessen Deutschlands, ist jedoch mit einer Zustimmung des BMI verknüpft.

Die Bundesregierung müsste also unterstützend tätig werden, damit Snowden in Deutschland aussagen kann. Eine solche unterstützende Tätigkeit zwischen Behörden bezeichnet man als Amtshilfe, vgl. § 4 Abs. 1 VwVfG. Gegenüber dem Untersuchungsausschuss besteht die Pflicht zur Amtshilfe, Art. 44 Abs. 3 GG.

Diese Pflicht gilt jedoch nicht unbegrenzt. Hier kommt nun das in den Medien zitierte Schlagwort „Staatswohl“ ins Spiel. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG darf die ersuchte Behörde (z.B. das BMI oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) nicht Hilfe leisten, wenn

durch die Hilfeleistung dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereitet würden.

Dieser Begriff des Nachteils für das Wohl des Bundes findet sich auch noch in anderen Verfahrensvorschriften, z. B. § 96 StPO, § 99 VwGO. Das Bundesverwaltungsgericht fordert für solche Nachteile gewichtige Gründe. Wesentliche Bundesinteressen müssen beeinträchtigt sein. Dazu zählen namentlich Gefährdungen des Bestandes oder der Funktionsfähigkeit des Bundes sowie Bedrohungen der äußeren oder inneren Sicherheit (BVerwG, Az. 20 F 21/10).

Die Bundesregierung geht nun in ihrer Stellungnahme davon aus, dass bei einer Vernehmung von Snowden in Deutschland, mit einer schweren und dauerhaften Belastung des Verhältnisses zu den USA zu rechnen sei. Es müsse konkret damit gerechnet werden, dass die Zusammenarbeit auf der Ebene der Nachrichtendienste zumindest vorübergehend eingeschränkt werde und damit der Informationsfluss betroffen ist, der jedoch für die Sicherheit der Bundesrepublik unverzichtbar sei.

Gehört denn nun die Zusammenarbeit mit anderen Nachrichtendiensten zum Staatswohl? Ganz klar: ja. Sowohl die Rechtsprechung als auch der historische Gesetzgeber erkennen die Zusammenarbeit der Geheimdienste zum Schutz des Staates als einen Grund an, der im Rahmen des Nachteils für das Wohle des Bundes angeführt werden kann.

Nach dem BVerwG (Az. 20 F 21/10) ist ein Nachteil insbesondere dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich ihrer Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren würde. Die Entscheidungen der Gerichte zum Staatswohl beziehen sich zumeist auf § 99 Abs. 2 S. 2 VwGO. Dort spielt dieser Grund eine Rolle bei der Verweigerungsmöglichkeit von Behörden, bestimmte sensitive Akten in Gerichtsverfahren vorlegen zu müssen. Die Begründungen sind jedoch auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Und auch der Gesetzgeber hatte genau diesen Fall, der Gefährdung der Beziehung zu anderen Staaten im Auge, als er den § 99 Abs. 2 VwGO im Jahre 2001 änderte. In dem Gesetzesentwurf (BT-Drs. 14/6393, S. 10) wird auf eine nähere Definition des „Wohles des Bundes“ bewusst verzichtet. Denn es entspreche der herrschenden Meinung, dass ein solcher Nachteil dann gegeben ist, wenn eine konkrete Gefährdung der inneren oder der äußeren Sicherheit des Bundes, der Beziehungen zu anderen Staaten oder zu internationalen Organisationen eintreten kann.

Damit steht also fest, dass die Bundesregierung die Beziehung mit den USA als einen Nachteil des Wohles des Bundes anführen kann. Gerade in Bezug auf die Thematik, außenpolitische Beziehung, ist auch durch das BVerwG anerkannt, dass der Bundesregierung, respektive dem Auswärtigen Amt, ein Beurteilungs- und Einschätzungsprärogative zusteht. Für die Regelung der auswärtigen Beziehungen räumt das Grundgesetz der Bundesregierung einen grundsätzlich weit bemessenen Gestaltungsspielraum ein und daher ist auch die Prognose, ob eine Offenbarung bestimmter Dokumente eine Beeinträchtigung der auswärtigen Beziehungen erwarten lässt, verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (BVerwG, Az. 20 F 13/09). Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 99 Abs. 2 VwGO. Danach bedurfte es keine ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung, dass die Würdigung eines möglichen Schadens für die Pflege der Beziehungen zu anderen Staaten und zu internationalen Organisationen zunächst Aufgabe des hierfür besonders sachkundigen und sachnahen Auswärtigen Amts ist (BT-Drs. 14/6393, S. 10).

Der hier diskutierte Fall besitzt einige interessante Parallelen zu einem Verfahren vor dem BVerwG aus dem Jahre 2010 (Az. 20 F 13/09). Dort ging es um die Veröffentlichung von Geheimdienstunterlagen des BND die im Zusammenhang mit Adolf Eichmann standen und die der BND vom israelischen Geheimdienst, jedoch ohne Freigabe zur Veröffentlichung erhalten hatte. Der BND verweigerte eine Offenlegung daher auch, weil die Bekanntgabe von vertraulich erlangten Informationen ausländischer Nachrichtendienste die künftige Zusammenarbeit mit diesen Diensten und damit das Wohl des Bundes gefährden könnte.

Das BVerwG sah die Verweigerung der Offenlegung des BND im Ergebnis als rechtswidrig an. Jedoch etwa nicht, weil als ein möglicher Nachteil die Beziehungen zu anderen Staaten und die geheimdienstliche Zusammenarbeit angeführt wurden. Sondern vielmehr deshalb, weil die Begründung dieser Verweigerung unzureichend ausfiel. Damit eine wirksame gerichtliche Kontrolle der Ablehnung durch eine Behörde durchgeführt und somit eine Gewährung effektiven Rechtsschutzes ermöglicht werden kann, müssen von der Behörde die konkret befürchteten Nachteile, soweit wie nach den Umständen und unter Wahrung des in Anspruch genommenen Geheimnisschutzes möglich, unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Belange einer nachvollziehbaren und verständlichen Darlegung.

In dem Fall Eichmann monierte das BVerwG vor allem, dass die zurückgehaltenen Dokumente weiter zurückliegende, abgeschlossene Vorgänge betreffen, die zwar von zeitgeschichtlichem und historischem Interesse sind, deren mögliche Auswirkungen im Falle einer Offenlegung auf die gegenwärtigen außenpolitischen Beziehungen sich aber nicht gleichsam von selbst aus ihrem Inhalt erschließen. Daher müsse die nachteilige Auswirkung in der Gegenwart besonders begründet werden. Dies liegt in Bezug auf Snowden freilich etwas anders. Denn die Aufarbeitung der Tätigkeiten der NSA und anderer Geheimdienste beherrscht fast täglich die Medien. Die Auswirkung in der Gegenwart wird sicher hier sicherlich eher annehmen lassen.

Besteht ein aktueller Bezug, so erkennt das BVerwG an, dass Nachteile bei Vorgängen der jüngeren Vergangenheit, erst recht bei Vorgängen, die in die Gegenwart hineinreichen oder offensichtliche Bezüge zu einem aktuellen Geschehen aufweisen, schon auf Grund der zeitlichen Nähe und damit aus den anzunehmenden Auswirkungen auf die gegenwärtigen Verhältnisse auf der Hand liegen können, ohne dass es weiterer Erläuterungen bedarf.

Eine weitere Parallele ergibt sich in Bezug auf die Gefährdung der Zusammenarbeit mit Geheimdiensten selbst. Die Erschwerung der Zusammenarbeit ist als ein möglicher Nachteil anzuerkennen, gerade wenn der ausländische Geheimdienst weiterhin ein Interesse an der Geheimhaltung von Informationen besitzt und diese im Vertrauen hierauf an den BND weitergegeben hat. Aber das BVerwG stellt klar:

Rechtsstaatliche Belange erfordern aber auch insoweit ein Mindestmaß an Plausibilität.

Es ist Aufgabe der Behörde begründet und konkret darzulegen, warum auf ausländischer Seite ein noch fortdauerndes Geheimhaltungsinteresse besteht.

Fazit
Die Opposition hat bereits angekündigt gegen eine verweigerte Amtshilfe der Bundesregierung zu klagen, sollte sie bei ihrem Standpunkt bleiben. Würde es tatsächlich dazu kommen, so würde sich der Erfolg einer solchen Klage wohl vor allem daran bemessen, wie konkret die durch die Bundesregierung befürchteten Nachteil dargelegt werden und ihr Eintritt wahrscheinlich ist. Zudem dürfte sich die Frage stellen, ob nicht drohende Nachteile für das Wohl des Bundes hinter die sich aus der Arbeit des Ausschusses ergebenden Vorteile für das Wohl des Bundes zurücktreten müssen. Wenn die Amtshilfe der Bundesregierung also eher Vor- als Nachteile für das Staatswohl mit sich bringt.

Bundestagswahl 2013: Die Positionen der Parteien zum Datenschutz

Am 22. September 2013 wird ein neuer Bundestag gewählt. Die Parteien positionieren sich, teilweise mit bereits beschlossenen, teilweise mit vorläufigen Wahlprogrammen. Die abgedeckte Themenvielfalt ist naturgemäß groß. Doch wie stehen die verschiedenen Parteien zu dem zukunftsträchtigen Thema „Datenschutz“ und auch dem Internet? Wo liegen Unterschiede und wo zeigen sich Gemeinsamkeiten? Nachfolgend soll versucht werden, einen groben und nicht abschließenden Überblick über die verschiedenen Positionen zu geben.

CDU/CSU

Die Union hat noch kein endgültiges Wahlprogramm veröffentlicht. Dies soll am 24. Juni geschehen. Dennoch lassen sich aus der bis zum 30. April durchgeführten „Mitmach-Aktion“ „Was mir am Herzen liegt“ bereits erste Informationen entnehmen. Leitgedanke ist, Deutschland bis 2020 zum digitalen Wachstumsland Nummer 1 zu machen:
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