Europäische Datenschützer: WhatsApp und Co. sollen wie TK-Anbieter reguliert werden

Die Europäische Kommission überarbeitet derzeit die geltenden Regeln zum Schutz der Privatsphäre und der Vertraulichkeit im Bereich der elektronischen Kommunikation. Die für diese Thematik einschlägige Richtlinie 2002/58/EG (konsolidiert durch Richtlinie 2009/136/EG, pdf; sog. ePrivacy Richtlinie) soll reformiert werden.

In einer neuen Stellungnahme (Stellungnahme 3/2016, pdf) haben sich nun auch die Vertreter der Datenschutzbehörden der verschiedenen Mitgliedstaaten (die Art. 29 Datenschutzgruppe) zu diesen Reformplänen geäußert und ihre Wünsche und Vorschläge für ein zukünftiges Regelwerk eingebracht.

Grundsätzlich unterstützen die Datenschützer das Ansinnen der europäischen Kommission, spezifische rechtliche Vorgaben für den Schutz der Privatsphäre und der Vertraulichkeit im Rahmen der elektronischen Kommunikation zu kreieren. Für den Schutz personenbezogener Daten gilt ab dem vom 20. Mai 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Vertraulichkeit der Kommunikation sollte jedoch durch ein spezielles rechtliches Instrument geschützt sein.

Nach Auffassung der Art. 29 Datenschutzgruppe werden die Regelungen der DSGVO nicht gelten, soweit die ePrivacy Richtlinie spezifische Pflichten mit demselben Ziel (wie jene in der DSGVO) vorsieht (Art. 95 DSGVO). In allen anderen Fällen soll die DSGVO anwendbar sein. Da jedoch, so die Datenschützer, Verkehrs-, Kommunikations- und Standortdaten in den meisten Fällen personenbezogene Daten darstellen, wird es in der Zukunft in einigen Fällen zu Überschneidungen der beiden gesetzlichen Instrumente kommen.

Der Wunsch der Datenschützer ist es, dass die Nachfolgeregelungen zur ePrivacy Richtlinie zusätzliche Vorgaben zum Schutz der Sicherheit der elektronischen Kommunikation vorsehen. Diese Schutzpflichten sollen insbesondere auch nicht davon abhängig sein, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden.

Die Art. 29 Datenschutzgruppe fordert, dass die Nachfolgeregelungen zur ePrivacy Richtlinie den Wesensgehalt der aktuellen Regelungen beibehalten, diese jedoch effektiver und für die Praxis leichter anwendbar ausgestaltet werden sollen, insbesondere durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Regelungen zur Geolokalisierung und den Verkehrsdaten.

Viele der aktuell geltenden Vorgaben der ePrivacy Richtlinie sind nicht auf Anbieter von Internettelefonie- , E-Mail- oder Kurznachrichtendiensten anwendbar. Nach Auffassung der Datenschützer muss die Nachfolgeregelung zur ePrivacy Richtlinie die Privatsphäre und Vertraulichkeit bei der Nutzung solcher Dienste, die sich für europäische Anwender als funktional gleichwertig zu den klassischen elektronischen Kommunikationsdiensten darstellen, schützen. Die Art. 29 Datenschutzgruppe Events in ihrer Stellungnahme beispielhaft Dienste wie WhatsApp, Google GMail, Skype and Facebook Messenger (sog. OTT-Dienste). Insbesondere müsse ein solcher Schutz für private Nachrichten zwischen einzelnen Nutzern oder auch Gruppen geschaffen werden. Die gesetzliche Verpflichtung zur Sicherstellung der Vertraulichkeit der Kommunikation muss nach Auffassung der Datenschützer ebenso für diese Diensteanbieter gelten.

Als problematisch sehen die europäischen Datenschützer die derzeit teils erheblich divergierende Auslegung und Anwendung der Regelungen der ePrivacy Richtlinie in den europäischen Mitgliedstaaten an. Welches gesetzgeberische Instrument die europäische Kommission für die Nachfolgeregelungen wählen soll, lassen die Datenschützer im Ergebnis zwar offen. Sie fordern jedoch, dass die neuen Regelungen eindeutig und klar sein müssen. Sollte eine Richtlinie gewählt werden, so dürften deren Regelungen nach Ansicht der Datenschützer jedoch nur wenig Interpretationsspielraum für die Mitgliedstaaten ermöglichen. Der europäische Datenschutzbeauftragte hat sich kürzlich in einer eigenen Stellungnahme (pdf) für das Instrument der Verordnung stark gemacht.

Auch fordert die Art. 29 Datenschutzgruppe, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Angebots von öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdiensten oder auch öffentlich zugänglichen privaten elektronischen Kommunikationsnetzen den Nachfolgeregelungen der ePrivacy Richtlinie unterfallen soll. Die Datenschützer beziehen sich hier auf das Angebot von WLANs in der Öffentlichkeit, etwa in Hotels, Bars oder Geschäften. Interessanterweise wird auch die Schaffung eines Hotspots durch eine Privatperson in die Überlegungen mit einbezogen.

Hinsichtlich des bekannten Art. 5 Abs. 3 (sog. Cookie-Regelung) fordern die Datenschützer, dass die geltenden Regelungen mit dem Ziel überarbeitet werden, die Vertraulichkeit der von Nutzern eingesetzten Geräte besser zu schützen. Die zukünftigen Vorgaben zur Erhebung bzw. zum Zugriff auf Informationen in dem Gerät eines Nutzers sollten weder von der Art des eingesetzten Gerätes noch von der Technologie des Unternehmens zum Zugriff auf die Informationen abhängen. Zusätzlich fordern die Datenschützer jedoch auch, dass die Europäische Kommission über weitere Ausnahmeregelungen für das grundsätzliche Erfordernis einer Einwilligung des Nutzers nachdenkt. Insbesondere soll es dann keine Einwilligung des Nutzers bedürfen, wenn die Verarbeitung von Informationen keine oder nur wenig Einfluss auf die Rechte der Nutzer und insbesondere auf die Vertraulichkeit der Kommunikation und ihre Privatsphäre hat. Beispielhaft nennen die Datenschützer hier das Thema „Sicherheit“. Wenn eine Verarbeitung von Informationen allein dafür erforderlich ist, um proaktiv oder auch defensiv ausgerichtet die technische Sicherheit eines Netzwerkes oder eines Dienstes zu gewährleisten, soll eine Einwilligung nicht erforderlich sein. Ein anders Beispiel sehen die Datenschützer im Bereich „Anonymisierung“. Wenn Informationen direkt nach der Erhebung unwiederbringlich anonymisiert werden, sei es auf dem Gerät oder an den Endpunkten des Netzwerkes, sollte eine Einwilligung nicht erforderlich sein. Diese Ausnahme dürfte jedoch zum Beispiel dann nicht gelten, wenn der Anbieter weiterhin Zugang zur den Quelldaten hat und damit die Möglichkeit einer De-Anonymisierung besteht.

EU-US-Datenschutzschild: Europäische Datenschützer warten die erste gemeinsame Überprüfung ab

Nachdem die Europäische Kommission am 12. Juli 2016 das EU-US-Datenschutzschild (Privacy Shield) angenommen hat, äußerte sich heute in einer Pressemitteilung (pdf) die Art. 29 Datenschutzgruppe (die Vertreter der Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten) hierzu.

Grundsätzlich begrüßen die Datenschützer die Verbesserungen, welche sich gegenüber der im Jahre 2015 durch den Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärten Safe Harbor-Entscheidung im Datenschutzschild finden. In ihrer Stellungnahme 01/2016 (pdf) zum Datenschutzschild beleuchteten die Datenschützer dennoch eine Vielzahl von aus ihrer Sicht verbesserungswürdigen Punkten. Einem Teil dieser Kritik hat die Europäische Kommission zusammen mit der US-amerikanischen Regierung nach Auffassung der Art. 29 Datenschutzgruppe nun in dem endgültigen Angemessenheitsbeschluss zum EU-US-Datenschutzschild Rechnung getragen.

Dennoch bemängeln die Datenschutzbeauftragten, dass ihrer Ansicht nach weiterhin gewisse Defizite sowohl im Teil der Regelungen zum privatwirtschaftlichen Datenaustausch als auch hinsichtlich des Zugangs zu personenbezogenen Daten durch US-amerikanische Behörden existieren. Nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten stellt daher die erste jährliche Überprüfung der Funktionsweise des Datenschutzschildes (diese ist in dem Beschluss der Europäischen Kommission verbindlich vorgesehen) den Schlüsselmoment für die Frage der zukünftigen Effektivität des Datenschutzschildes dar. Im Rahmen dieser gemeinsamen Überprüfung werden sich daher auch die Datenschutzbehörden genau ansehen, ob die Europäische Kommission alle Kritikpunkte zu ihrer Zufriedenheit adressiert hat. Zudem, so die europäischen Datenschutzbeauftragten, wolle man insbesondere prüfen, ob sich die vorgesehenen Schutzmaßnahmen als tragfähig und effektiv erwiesen haben.

Das Ergebnis dieser ersten Überprüfung kann nach Auffassung der europäischen Datenschutzbeauftragten auch Einfluss auf andere Instrumente für die Datenübermittlung in Drittstaaten haben. Hierzu zählen insbesondere die sogenannten EU-Standardvertragsklauseln.

In ihrer Pressemitteilung gehen die europäischen Datenschutzbeauftragten nicht darauf ein, ob sie die Angemessenheitsentscheidung der europäischen Kommission bereits vor der ersten jährlichen Überprüfung angreifen möchten. Insbesondere die deutschen Aufsichtsbehörden hatten ja ein neues Klagerecht gefordert, um derartige Beschlüsse der Europäischen Kommission gerichtlich überprüfen lassen zu können. Insgesamt scheint die Pressemitteilung dafür zu sprechen, dass sich die europäischen Datenschutzbeauftragten zumindest planmäßig erstmalig inhaltlich mit dem neuen Datenschutzschild im Rahmen der jährlichen Überprüfung befassen werden und kein gemeinsames rechtliches Vorgehen geplant ist.

Das US-Handelsministerium hat in der Zwischenzeit auch eine offizielle Webseite zum EU-US-Datenschutzschild in Betrieb genommen. US-amerikanische Unternehmen können sich ab dem 1. August 2016 selbst zertifizieren.

Die Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission zum EU-US-Datenschutzschild findet man in deutscher Sprache hier (pdf; über die Webseite der österreichischen Datenschutzbehörde).

Generalanwalt zur Vorratsdatenspeicherung: Ja, aber…

Heute hat der Generalanwalt am europäischen Gerichtshof (EuGH), Saugmandsgaard Øe, seine Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen C-203/15 und C-698/15 vorgelegt. Es geht um die, gerade auch aus deutscher Sicht, wichtige Frage, inwiefern nationale Regelungen, die eine Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat vorsehen, mit europäischem Recht vereinbar sind.

Die Schlussanträge des Generalanwalts sind sehr ausführlich. Ich möchte daher nachfolgend nur einige Schlaglichter auf aus meiner Sicht besonders interessante Aspekte werfen.

Deutsche Regierung: Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung nach EU-Recht zu beurteilen

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Anpassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Deutschland und zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung wurde teilweise vertreten, dass die neuen nationalen Regelungen sich nicht an europäische Standards messen lassen müssten, damit den neuen Regelungen im TKG kein europäisches Recht durchgeführt wird. Die deutsche Regierung hat bereits im Gesetzgebungsentwurf darauf hingewiesen, dass ihre Ansicht nach sehr wohl europäische Vorgaben zu beachten sind. Diese Ansicht bekräftigt die Bundesregierung noch einmal in dem Verfahren vor dem EuGH (Rz. 91). Die generelle Verpflichtung zur Vorratsspeicherung stellt eine Durchführung des Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 dar. Auch die neuen Regelungen im TKG müssen also die Vorgaben europäischen Rechts beachten und aus diesem Grunde ist auch der Ausgang des hier vorliegenden Verfahrens für die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland von besonderem Interesse.

Trennung zwischen Speicherung und Zugang

Der Generalanwalt trennt in seinen Schlussanträgen grundsätzlich zwischen der Verpflichtung und technischen Phase der Speicherung von Verkehrsdaten einerseits und dem späteren Zugang und technischen Zugriff auf diese gesammelten Verkehrsdaten durch nationale Behörden andererseits. Die Pflicht zur Speicherung fällt nicht unter die Ausnahmeregelung des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58 (für Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Sicherheit, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Staates und der Tätigkeit des Staates im strafrechtlichen Bereich). Denn die Pflicht zur Speicherung trifft private Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen ihrer privaten Tätigkeit (Rz. 94). Die in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 erlaube gerade die Einführung einer generellen Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung. Die Inanspruchnahme dieser Befugnis durch den nationalen Gesetzgeber ist jedoch von der Einhaltung strenger Voraussetzungen abhängig (Rz. 116).

Der Generalanwalt stellt auch klar, dass seiner Ansicht nach die nationalen Bestimmungen die den Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten regeln nicht in den Anwendungsbereich der europäischen Charta der Grundrechte fallen (Rz. 123). Jedoch könne man seiner Ansicht nach die Problematik der Vorratsspeicherung und diejenige des nachgelagerten Zugangs nicht vollständig voneinander getrennt beobachten. Denn die konkrete Ausgestaltung des Zugangs ist von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob die Bestimmungen zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung (also die vorgelagerte 1. Stufe) mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Vorgaben der Richtlinie 2002/58 vereinbar sind (Rz. 125).

Zweifacher Eingriff: 6 kumulative Voraussetzungen zu erfüllen

Nach Auffassung des Generalanwalts stellt die generelle Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung sowohl ein Eingriff in die in der Richtlinie 2002/58 verankerten Rechte als auch in die in den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte verankerten Grundrechte dar (Rz. 127). Für eine Rechtfertigung dieser Eingriffe müssen sowohl die Vorgaben von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 und von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ausgelegt im Lichte des Urteils des EuGH in Sachen Digital Rights Ireland, erfüllt sein. Nach Auffassung des Generalanwalts müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden:

  • Die Vorratsspeicherungspflicht muss eine gesetzliche Grundlage haben;
  • sie muss den Wesensgehalt der in der Charta verankerten Rechte wahren;
  • sie muss einer dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung entsprechen;
  • sie muss zur Verfolgung dieses Ziels geeignet sein;
  • sie muss für die Verfolgung des genannten Ziels erforderlich sein, und
  • sie muss in einer demokratischen Gesellschaft in angemessenem Verhältnis zur Verfolgung dieses Ziels stehen.

Einfache Kriminalität rechtfertigt keine generelle Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung

teilweise wurde in dem Verfahren vorgebracht, dass jede Zielsetzung, die in Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58 oder auch in Art. 13 Abs. 1 der geltenden Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) genannt sei eine generelle Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung rechtfertigen könne auch bei Straftaten im Rahmen „einfacher“ Kriminalität oder im Kontext nicht strafrechtlicher Verfahren wäre die generelle Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung gerechtfertigt (Rz. 169). Diese Auffassung teilt der Generalanwalt nicht. Seiner Ansicht nach schließt es das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit in einer demokratischen Gesellschaft aus, dass die Bekämpfung einfacher Kriminalität eine Rechtfertigung für eine generelle Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung sein kann. Die erheblichen Gefahren, die von dieser Verpflichtung ausgingen, stünden nämlich außer Verhältnis zu den Vorteilen, die sie bei der Bekämpfung leichter Kriminalität verschaffen würden (Rz. 172).

Erforderlichkeit: Einschränkung des Rechts aus Schutz personenbezogener Daten aus das „absolut Notwendige“

Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit der generellen Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung macht der Generalanwalt unter anderem auch allgemeingültige Ausführung dazu, wann seiner Ansicht nach die Voraussetzungen der absoluten Notwendigkeit erfüllt sind. Das Merkmal der absoluten Notwendigkeit wird von dem EuGH gerade im Bereich des Datenschutzrechts und des Eingriffs in das entsprechende Grundrecht sehr oft ausgelegt und geprüft. Zuletzt etwa auch in seinem Schrems-Urteil zu Safe Harbor bei der Frage, welches Schutzniveau für personenbezogene Daten in der europäischen Union hinsichtlich der Verarbeitung dieser Daten durch staatliche Behörden existiert.

Nach Auffassung des Generalanwalts geht eine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung nicht über das absolut wendige hinaus, sofern mit dieser Speicherung bestimmte Garantien einhergehen die den Zugang zu den Daten, die Dauer der Vorratsspeicherung und den Schutz und die Sicherheit der Daten betreffen (Rz. 193). Diese Differenzierung ist meines Erachtens zum Verständnis der Schlussanträge sehr wichtig. Der Generalanwalt leitet in der Folge seine Auffassung aus früheren Urteilen des EuGH ab, dass dieser nicht entschieden habe, dass eine mangelnde Differenzierung bei der Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten bedeuten würde, dass die Verpflichtung zu dieser Speicherung als solche über das absolut notwendige hinausgehen (Rz. 199). Sie geht jedoch dann über das absolut wendige hinaus, wenn, quasi als Auffanglager Schale einer fehlenden Differenzierung bei der Erhebung und Speicherung, keine geeigneten Garantien hinsichtlich der Datensicherheit und des Zugriffs auf die Daten vorhanden sind.

Diesbezüglich verweist der Generalanwalt auch auf das Urteil des EuGH in Sachen Schrems, wo das Gericht in Rz. 93 diese Zweigliedrigkeit bei der Auslegung des Begriffs des „absolut Notwendigen“ noch einmal klar formulierte. Der Generalanwalt folgert, dass eine Verpflichtung zur Vorratsspeicherung über das absolut notwendige stets dann hinausgeht, wenn mit ihr keine Garantien hinsichtlich des Datenzugangs, der Dauer der Vorratsspeicherung sowie des Schutzes und der Sicherheit der Daten einhergehen (Rz. 205).

Interessant sind die diesbezüglichen Verstellung des Generalanwalts insbesondere hinsichtlich der Frage, inwieweit die neue Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission zum Privacy Shield ein angemessenes Schutzniveau hinsichtlich personenbezogener Daten, die in die USA übertragen werden, gewährleistet. Vor der offiziellen Verabschiedung des Privacy Shield wurde ja gerade auch über die Thematik der generellen Erhebung und Speicherung von personenbezogenen Daten durch US-Behörden einerseits und den Vorgaben der US-Behörden hinsichtlich des Zugangs und der Nutzung dieser Daten andererseits diskutiert. Man könnte sich also meines Erachtens durchaus die Frage stellen, inwieweit die durch die US-Regierung zugesicherten Garantien den Anforderungen jener Garantien genügen, die der Generalanwalt in diesem Verfahren formuliert.

Konzerninterne Datentransfers: Hessische Aufsichtsbehörde verweist auf gesetzliche Erlaubnisnormen

Am 11.7.2016 hat der hessische Datenschutzbeauftragte seinen 44. Tätigkeitsbericht vorgestellt (pdf).

Unter anderem befasst sich der Datenschutzbeauftragte in seinem Bericht auch mit der Frage, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen personenbezogene Daten von Arbeitnehmern in einem Konzern zwischen Unternehmen übermittelt werden dürfen. Bekanntermaßen kennt das deutsche Datenschutzrecht kein Konzernprivileg. Liegt also kein Fall der Auftragsdatenverarbeitung vor und werden personenbezogene Daten an eine andere verantwortliche Stelle im selben Konzern weitergegeben, so liegt datenschutzrechtlich betrachtet eine rechtfertigungsbedürftige „Übermittlung“ vor.

§ 32 BDSG

Der hessische Datenschutzbeauftragte weist darauf hin, dass als Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Beschäftigtendaten insbesondere § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG in Betracht kommt. Diese Bestimmung setzt voraus, dass die Verarbeitung (im konkreten Fall die Übermittlung der Daten) für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses „erforderlich ist“.

In der Praxis stellt sich dann freilich die Frage, wann von einer Erforderlichkeit der Verarbeitung auszugehen ist. Diesbezüglich verweist der Datenschutzbeauftragte auf den Arbeitsbericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Konzerninterner Datentransfer“ vom 11.01.2005. Zum einen sei von der Erforderlichkeit auszugehen, sofern der Arbeitsvertrag einen bei Vertragsabschluss für den Betroffenen erkennbaren Konzernbezug aufweist, wenn er also z. B. ein Tätigwerden des Arbeitnehmers auch in anderen Konzernunternehmen vorsieht. Zum anderen sei die Erforderlichkeit auch vorhanden, wenn bei der Einstellung des Arbeitnehmers deutlich erkennbar ist, dass die Personaldatenverarbeitung in einem anderen Konzernunternehmen zentralisiert ist. Wenn das Unternehmen dann noch entsprechend den Vorgaben des § 4 Abs. 3 BDSG über die Identität der verantwortlichen Stelle, die Zwecke der Verarbeitung sowie die Kategorien der Empfänger der Daten informiert, ist dies nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten ausreichend, um die Datenübermittlung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zu legitimieren.

Dauerproblem: Einwilligung

In dem im Tätigkeitsbericht beschriebenen konkreten Fall trat der Umstand hinzu, dass der Arbeitgeber ursprünglich eine Einwilligung der Arbeitnehmer für die Übermittlung einholte. Zwar gesteht der hessische Datenschutzbeauftragte zu, dass auch die Einwilligung eine Grundlage für die konzerninterne Datenübermittlung darstellen kann. Jedoch führt er weiter aus:

Aufgrund des wirtschaftlichen Ungleichgewichts und der existentiellen Bedeutung des Beschäftigungsverhältnisses wird im Allgemeinen jedoch bezweifelt, dass auf Seiten der Beschäftigten die Einwilligung freiwillig erteilt werden kann.

Zwar ist es richtig, dass gerade in einem Beschäftigungsverhältnis möglicherweise ein Ungleichgewicht vorherrscht. Eventuell kann es dann auch an der Freiwilligkeit einer Einwilligung fehlen. Jedoch davon auszugehen, dass „im Allgemeinen“ bezweifelt werde, dass die Einwilligung von Beschäftigten nicht freiwillig erteilt werden könne, erscheint nicht angebracht. Es dürfte sich hierbei vielmehr um eine (von mindestens zwei) vertretene Ansicht handeln. Auch im Arbeitsverhältnis kann grundsätzlcih eine datenschutzrechtliche Einwilligung wirksam eingeholt werden. Im Jahr 2015 (Urteil vom 11.12.2014, 8 AZR 1010/13) hat dies auch das Bundesarbeitsgericht vertreten:

Auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen.

Und unter der Datenschutz-Grundverordnung?

Auch die ab  dem 25. Mai 2018 anwendbare Datenschutz-Grundverordnung wird kein ausdrückliches Konzernprivileg kennen. Jedoch wird in Erwägungsgrund 48 S. 1 klargestellt, dass Verantwortliche, die Teil einer Unternehmensgruppe oder einer Gruppe von Einrichtungen sind, ein berechtigtes Interesse haben können, personenbezogene Daten innerhalb der Unternehmensgruppe für interne Verwaltungszwecke, einschließlich der Verarbeitung personenbezogener Daten von Kunden und Beschäftigten, zu übermitteln.

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung macht damit deutlich, dass eine konzerninterne Übermittlung von Beschäftigtendaten und auch Kundendaten als berechtigtes Interesse des Verantwortlichen angesehen werden kann und damit die Voraussetzungen des Erlaubnistatbestandes nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) erfüllt sein können.

PrivacyShield: Doppelte Pflichten für US-Unternehmen ab Mai 2018?

Heute gab die Europäische Kommission bekannt, dass der sogenannte Artikel 31 Ausschuss (Vertreter der europäischen Mitgliedstaaten) den überarbeiteten Entwurf des EU-US Privacy Shield abgesegnet hat (4 Mitgliedstaaten haben sich jedoch wohl bei der Abstimmung enthalten). Nun muss nur noch die Europäische Kommission insgesamt den erforderlichen Angemessenheitsbeschluss fassen. Dies soll wohl Anfang kommender Woche geschehen. Eine für Montag angesetzte Aussprache bzw. Diskussion im LIBE-Ausschuss des europäischen Parlaments wird keine inhaltlichen Änderungen zur Folge haben.

Wie der finale Text nun konkret aussieht, wissen wir leider noch nicht. Spiegel Online veröffentlichte zumindest einen überarbeiteten Entwurf am 30. Juni 2016 (pdf). Eventuell handelt es sich hierbei auch um die finale Fassung.

Die Regelungen des Privacy Shield, also insbesondere die Grundsätze (Principles), müssen von US-amerikanischen Unternehmen eingehalten werden, wenn sie entweder als verantwortliche Stelle oder auch als Auftragsverarbeiter handeln und Person bezogenen Daten aus der Europäischen Union erhalten und verarbeiten.

Der Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission wird eine Übermittlung personenbezogener Daten an US-Unternehmen insoweit legitimieren, als es um die Frage des angemessenen Schutzniveaus in den USA geht (Art. 25 Abs. 6 Richtlinie 95/46/EG). Daneben ist zu beachten, dass die verantwortliche Stelle in Europa noch dafür Sorge zu tragen hat, dass die Datenverarbeitung in Form der Übermittlung selbst auch zulässig ist. Hierfür bedarf es also etwa eine Einwilligung, eines Vertrages mit der betroffenen Person oder aber berechtigte Interessen der verantwortlichen Stelle und keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person.

Bei einer ersten Sichtung des Privacy Shield hat sich mir die Frage gestellt, was denn aus Sicht der amerikanischen Unternehmen ab dem vom 25. Mai 2018 zu beachten ist: die Grundsätze des Privacy Shield oder aber die gesetzlichen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)? Oder vielleicht sogar beide Instrumente und in diesen enthaltende Verpflichtungen parallel?

Nach Art 3 Abs. 2 DSGVO findet die Verordnung Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten von betroffenen Personen, die sich in der Union befinden, durch einen nicht in der Union niedergelassenen Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter, wenn die Datenverarbeitung im Zusammenhang damit steht, betroffenen Personen in der Union Waren oder Dienstleistungen anzubieten. Wichtig bereits hier der Hinweis: auch ein Auftragsverarbeiter in einem Drittstaat muss sich also an die Vorgaben der DSGVO halten, wenn die Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 3 DSGVO erfüllt sind. Zu denken ist etwa an ein Unternehmen, welches Clouddienste oder andere Onlinedienste direkt gegenüber Personen in der Union, im Auftrag eines Verantwortlichen in der EU, erbringt. Genauso kann eine Dienstleistung auch durch einen Verantwortlichen angeboten werden, der dies etwa gemeinschaftlich mit einem weiteren Verantwortlichen in der Union gestaltet und von diesem EU-Verantwortlichen personenbezogene Daten erhält.

Nach Erwägungsgrund 15 S. 2 des Privacy Shield sind die Grundsätze aber ausdrücklich nur auf die Verarbeitung personenbezogener Daten anwendbar, soweit die Verarbeitung nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt. Also etwa in dem oben erdachten Beispiel. Was bedeutet dies nun? Gilt für einen Auftragsverarbeiter oder Verantwortlichen in den USA dann allein die DSGVO? Oder eventuell doch auch parallel die Grundsätze des Privacy Shield? So könnte man evntuell Erwägungsgrund 15 S. 3 verstehen, nach dem das Privacy Shield keinen Einfluss auf die Anwendbarkeit von Unionsrecht hat, welches die Verarbeitung personenbezogener Daten in den Mitgliedstaaten regelt. Nach diesem Satz 3 ist die Anwendbarkeit des Privacy Shield zumindest nicht ausgeschlossen.

Mir scheinen die Vorgaben für US-Unternehmen hier in jedem Fall unklar zu sein. Wenn ein US-Unternehmen sich nicht an die Vorgaben des Privacy Shield halten würde, dann liefe es aber Gefahr, den „Angemessenheitsstatus“ zu verlieren und die Übermittlung aus der EU wäre eventuell unzulässig (zumindest soweit man sich auf das Privacy Shield beruft). Denn in einem Drittstaat befindet sich das Unternehmen ja die ganze Zeit, auch wenn es sich an die Vorgaben der DSGVO halten muss.

Dies ist nur ein erster Gedanke zu dem neuen Angemessenheitsbeschluss, dessen Anwendung und konkrete Umsetzung uns sicherlich in den nächsten Jahren noch beschäftigen wird.

Datenschutz-Grundverordnung: jede Datenverarbeitung muss auf ihre Vereinbarkeit mit den neuen Vorgaben überprüft werden

Am 24. Mai 2016 ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Ab dem vom 25. Mai 2018 wird sie in den europäischen Mitgliedstaaten und den Staaten des EWR unmittelbar anwendbar sein.

Unternehmen, Vereine, Verbände und andere Stellen, die bereits derzeit personenbezogene Daten verarbeiten, haben nun knapp zwei Jahre Zeit, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen und gegebenenfalls Datenverarbeitungsprozesse, die interne Organisation, Datenschutzerklärungen, etc. auf ihre Konformität mit der DSGVO hin zu prüfen.

Diese Prüfung ist auch dringend erforderlich. Selbst für derzeit rechtmäßige Datenverarbeitungen, mögen sie auf einer Einwilligung oder auch auf einem Erlaubnistatbestand (wie zum Beispiel im Rahmen der Durchführung eines Vertrages) beruhen, wird es nach dem vom 25. Mai 2018 kein einfaches „weiter so“ allein aus dem Grund geben, weil die betreffende Datenverarbeitung derzeit zulässig ist.

Nach Art. 94 Abs. 1 DSGVO wird die noch existierende europäischen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG mit Wirkung vom 25. Mai 2018 aufgehoben. Nationale Datenschutzgesetze, die die Vorgaben der europäischen Datenschutzrichtlinie umsetzen, sind zwar nicht per se ungültig, jedoch genießt das europäische Recht Anwendungsvorrang vor den nationalen Regelungen, soweit sich diese decken. Vorschriften wie etwa § 4a oder § 28 BDSG sind dann zum Großteil nicht mehr anwendbar.

Erwägungsgrund 171 S. 2 DSGVO bestimmt, dass Verarbeitungen, die zum Zeitpunkt der Anwendung der DSGVO (also zum 25. Mai 2018) bereits begonnen haben, innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten der DSGVO (also nach dem 24. Mai 2016) mit der DSGVO „in Einklang gebracht werden“ müssen. Dies bedeutet: nach dem vom 25. Mai 2018 müssen jegliche Datenverarbeitung die in den Anwendungsbereich der DSGVO fallen auch ihre Voraussetzungen erfüllen. Allein die aktuelle Rechtmäßigkeit von derzeit vorgenommen Datenverarbeitungen taugt also nicht, um sie in den Zeitraum nach dem vom 25. Mai 2018 zu übertragen.

Ganz konkret müssen für jede Datenverarbeitung die spezifischen Voraussetzungen aus der DSGVO, also etwa für die Einwilligung aus Art. 6 Abs. 1 lit. a und Art. 4 Nr. 11 DSGVO, erfüllt werden.

Die DSGVO erläutert diese Situation beispielhaft anhand der Einwilligung in Erwägungsgrund 171. Beruht danach die Verarbeitung auf einer Einwilligung gemäß der Richtlinie 95/46/EG, „so ist es nicht erforderlich, dass die betroffene Person erneut ihre Einwilligung dazu erteilt, wenn die Art der bereits erteilten Einwilligung den Bedingungen dieser Verordnung entspricht“. Die entscheidende Aussage verbirgt sich am Ende des Satzes. Den Bedingungen dieser Verordnung. Allein darum geht es.

Zu beachten ist, dass sich diese Prüfung nicht allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen eines jeweiligen Erlaubnistatbestandes beschränkt. Datenverarbeitungen müssen etwa nach Art. 5 Abs. 1 DSGVO auch alle dort aufgezählten Grundsätze kumulativ erfüllen. Das ergibt sich klar aus der Vorgabe „Bedingungen dieser Verordnung“, die sich gerade nicht auf „Voraussetzungen von Art. 6“ oder „Bedingungen des Art. 6“ beschränkt.

Irische Datenschutzbehörde veröffentlicht Jahresbericht 2015

Am 21. Juni 2016 hat die irische Datenschutzbeauftragte, Helen Dixon, den Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde für das Jahr 2015 vorgestellt.

Insbesondere, weil Irland der Standort europäischer Zentralen vieler „digital player“ darstellt, ist der Bericht der Behörde durchaus lesenswert. So wird unter anderem Über Prüfungen bei LinkedIn oder Facebook berichtet.

So berichtet die Behörde, dass man sich, nach einem Audit in 2013, oft mit Vertretern von LinkedIn im Jahre 2015 traf, um gemeinsam über mögliche Anpassungen der Plattform des beruflichen Online-Netzwerks zu reden. Konkrete Ergebnisse dieser Gespräche waren unter anderem Anpassungen bei den Kontrollmöglichkeiten für Mitglieder über die von ihnen bereit gestellten Informationen in dem sozialen Netzwerk.

Ein weiterer interessanter Aspekt sind internationale Datentransfers. Natürlich wird auch kurz das Urteil des EuGH zu Safe Harbor angesprochen. Nach dem Wegfall der betreffenden Kommissionsentscheidung als Grundlage für Datenübermittlungen in die USA, war (und ist es immer noch) für Unternehmen wichtig, alternative Instrumente zu finden. Für Datentransfers innerhalb eines Konzerns bieten sich insbesondere die Binding Corporate Rules (BCR) an. Hierbei handelt es sich um verbindliche, unternehmensinterne Richtlinien, die in Zusammenarbeit mit den europäischen Aufsichtsbehörden erstellt und von diesen genehmigt werden müssen.

Die irische Datenschutzbeauftragte berichtet, dass bereits im Jahr 2015 in vier Verfahren als federführende Aufsichtsbehörde für das Genehmigungsverfahren von BCR agierte. In den ersten Monaten des Jahres 2016 habe die Behörde zudem weitere Anträge von Unternehmen zur Prüfung von BCR erhalten. Diese Zunahme an beantragten Genehmigungsverfahren für BCR, insbesondere im Jahr 2016, dürfte auch mit dem Wegfall von Safe Harbor zusammenhängen. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass BCR eben nur konzerninterne Datentransfers abdecken können und damit nicht für Datenübermittlungen an konzernfremde Unternehmen geeignet sind.

Hamburger Datenschützer: Safe Harbor-Urteil wirkt sich auf Einsatz von Analysetools aus

Seit Jahren herrschte in Deutschland bei der Einbindung von Analysetools durch Webseitenbetreiber, z.B. auch von Google Analytics, eine bewährte und durch die Datenschutzbehörden akzeptierte Praxis. Im Jahre 2009 hatten sich die deutschen Datenschutzbehörden auf Vorgaben für eine datenschutzkonforme Ausgestaltung von „Analyseverfahren zur Reichweitenmessung bei Internet-Angeboten“ (PDF) geeinigt. Auf Betreiben der Datenschutzbehörde in Hamburg hin hat zudem Ende 2009 auch Google verschiedene Anpassungen an seinem Produkt Google Analytics vorgenommen, um einen aus Sicht der Datenschutzbehörden beanstandungsfreien Betrieb durch Webseitenbetreiber gewährleisten zu können.

Webseitenbetreiber mussten den von Google vorbereiteten Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung schriftlich abschließen. Zudem mussten Nutzer der Webseite in der Datenschutzerklärung über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von Google Analytics aufgeklärt und auf die Widerspruchsmöglichkeiten gegen die Erhebung personenbezogener Daten durch Google Analytics hingewiesen werden. Hierbei sollte auf die entsprechende Seite „http://tools.google.com/dlpage/gaoptout?hl=de“ verlinkt werden. Durch entsprechende Einstellungen im Google-Analytics-Programmcode musste die Kürzung von IP-Adressen in Auftrag gegeben werden (Funktion „_anonymizeIp()). Zuvor erhobene Altdaten mussten gelöscht werden. Diese Anforderung finden sich etwa noch auf der Webseite der Datenschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen. Von der Webseite des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz wurden sie entfernt.

Der Grund: nach einer Mitteilung des Datenschutzbeauftragten aus Hamburg (Stand: Juni 2016) unterliegt die bisher veröffentlichte Handreichung zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an Webseitenbetreiber mit Sitz in Hamburg beim Einsatz von Google Analytics unter anderem wegen des Urteils des EuGH vom 06.10.2015 (C-362/14- Schrems) zur Ungültigkeit der Entscheidung der Kommission zum sogenannten Safe-Harbor-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Herstellung eines angemessenes Schutzniveaus einer datenschutzrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer Überarbeitung.

Der Hamburger Datenschützer weist in seiner Mitteilung darauf hin, dass nach Ziffer 4.7 der Anlage 1 „Regelungen zur Auftragsdatenverarbeitung“ der Google Analytics-Bedingungen zur Herstellung der Angemessenheit des Datenschutzniveaus für Datenübermittlungen in die USA auf die für ungültig erklärte Safe-Harbor-Entscheidung verwiesen wird. Die Angemessenheit des Datenschutzniveaus kann auf dieser Grundlage rechtlich jedoch nicht mehr sichergestellt werden. Die Schlussfolgerung des Datenschutzbeauftragten:

Dies wirkt sich unmittelbar auf den Einsatz des Dienstes aus. Eine Überprüfung der von uns empfohlenen Maßnahmen ist eingeleitet, allerdings noch nicht abgeschlossen. Wir stehen dabei auch im Gespräch mit dem Unternehmen Google.

Man wird nun abwarten müssen, welches Ergebnis nach der Überprüfung durch die Behörde und auch nach den Gesprächen mit Google selbst am Ende herauskommt. Eventuell wird die Behörde von Google fordern, dass Kunden ab sofort die EU-Standardvertragsklauseln abschließen müssen. Diese alternativen Übermittlungsinstrumente werden, so der Hamburgische Datenschutzbeauftragte in einer Pressemitteilung vom 6. Juni 2016, „derzeit nicht beanstandet“.

Datenschutz-Grundverordnung: Bayerische Behörde veröffentlicht Hinweise zu Schwerpunktthemen

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist in Kraft. Bis zum 25 Mai 2018, dann ist sie anwendbar, müssen Unternehmen in Europa die eigenen Datenverarbeitungsprozesse auf ihre Konformität mit den neuen Regelungen prüfen.

Das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) ist, wie andere Aufsichtsbehörden in Europa, derzeit bemüht, eine einheitliche Sichtweise und Interpretationen zu den neuen Gesetzesvorgaben zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang kündigte die Behörde letzte Woche an, dass man in regelmäßigen Abständen (wohl zweimal im Monat) kurze Übersichtspapiere zu ausgewählten Schwerpunkten der DSGVO veröffentlichen wird. Hierbei soll es sich um Informationen zur gegenwärtigen Auslegung verschiedener Vorschriften der DSGVO handeln. Die Behörde weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesen Übersichtspapieren noch nicht um verbindliche Auffassungen handelt.
Auch wenn es sich nur um eine erste Auslegungs- und Interpretationshilfe durch eine Aufsichtsbehörde handelt, ist der Schritt des BayLDA, derartige Hinweise zu veröffentlichen, meines Erachtens uneingeschränkt zu begrüßen.

Das erste Übersichtspapier (PDF) widmet sich der „Sicherheit der Verarbeitung“ (Art. 32 DSGVO). Nach Art 32. Abs. 1 1. HS DSGVO haben der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter, unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.

Das BayLDA nennt als klassische Schutzziele der IT-Sicherheit die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit, die sich auch in der DSGVO an zentraler Stelle in Art. 32 Abs. 1 DSGVO finden. Jedoch führt die DSGVO auch ein neues Schutzziel ein: die Belastbarkeit. Nach Auffassung des BayLDA müssen Verantwortliche (ich möchte ergänzen: und auch Auftragsverarbeiter) künftig auch die Belastbarkeit der Systeme und Dienste, die in Zusammenhang mit der Verarbeitung stehen, gewährleisten. Welche Maßnahmen jedoch konkret zur Belastbarkeit positiv beitragen, wird in der DSGVO nicht erwähnt.

Des Weiteren weist das BayLDA darauf hin, dass Art. 32 Abs. 1 DSGVO von geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen spricht, die der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter unter Berücksichtigung u. a. des Stands der Technik und der Implementierungskosten zu treffen haben. Nach Ansicht der Behörde wird einerseits stets zu prüfen bleiben, was beim jeweiligen Verfahren als Stand der Technik angesehen wird. Anderseits wird auch die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme hinsichtlich des Aufwands zu diskutieren sein. Die Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung muss zudem nachgewiesen werden können (Rechenschaftspflicht, Art. 5 Abs. 2 DSGVO). Nach Ansicht der Behörde werden in diesem Zusammenhang in Zukunft genehmigte Verhaltensregeln und Zertifizierungen an Bedeutung gewinnen.

Hamburg Authority Reviews Recommendations For The Implementation Of Google Analytics

The previously published handout by the Data Protection Commissioner of Hamburg (“Commissioner”) about the data protection requirements for website operators based in Hamburg and their use of Google Analytics is subject to a review and possibly revision. According to a statement (German) by the Commissioner, this review is necessary inter alia because of the judgment of the European Court of Justice of 6.10.2016 (Case C-362/14 – Schrems) in which the court invalidated the adequacy decision of the European Commission for so-called Safe Harbor Agreement with the United States of America.

Paragraph 4.7 of Appendix 1 of the „Data Processing Agreement“ for the Google Analytics terms (PDF, German) refers to the now invalidated Safe Harbor Decision in order to create an adequate level of protection for personal data when it is transferred to the USA.

The adequacy of the level of data protection can no longer be guaranteed on this basis. According to the Commissioner, this “directly affects the use of the service”. A review of the recommendations has been initiated, but is not yet completed. The Commissioner is also in contact with Google.

In the past, the Data Protection Authority of Hamburg negotiated a solution for website operators in Hamburg to lawfully use Google Analytics. This solution was also acknowledged by the other German Data Protection Authorities. In the view of the authorities, the implementation of the tool required the following measures:

  • Conclusion of a data processing agreement (PDF, German) with Google
  • Activation of anonymization of the IP address (IP masking)
  • Information and link to an opt-out Add-on for Browsers and link to an opt-out Cookie
  • Amendment of the privacy policy with additional information about Google Analytics and the possibility to opt-out

This whole process was necessary because the authorities are of the opinion that an IP address must be considered “personal data”. This week, the Commissioner clarified that the use of alternative instruments for data transfers to third countries, especially the EU Model Clauses, will currently not be challenged. Perhaps the Commissioner will require Google to offer such EU Model Clauses for Google Analytics.