In der digitalen Wirtschaft werden derzeit grundsätzlich zwei Trends der Zukunft diskutiert. Big Data und das Internet der Dinge, wobei beide Bereiche meines Erachtens nicht strikt voneinander zu trennen sind. Beide Entwicklungen enormes Potential für Deutschland und Europa.
Big Data
Big Data, also die Entwicklung des stetigen Wachstums der weltweiten Datenmassen und die Frage nach dem Umgang mit diesen Datenbergen, darf man wohl als eine logische Entwicklung des technischen Fortschritts einer stetig wachsenden Weltbevölkerung bezeichnen. Immer mehr Menschen nutzen das Internet, ja wachsen mit diesem als gegebene Normalität auf. Sei es über den PC, das Handy oder das Tablet. In den Entwicklungsländern nutzen jedoch derzeit nur 31% der Bevölkerung das Internet (Zahlen für 2013 der International Telecommunication Union der Vereinten Nationen). Das Datenaufkommen dürfte daher auch künftig nicht geringer werden.
Man kann sich nun natürlich fragen, wie man mit dieser Tatsache umgeht und ob man ihr positiv oder skeptisch gegenübersteht. Dabei geht es bereits um so fundamentale Fragen, wie etwa derjenigen der Datensparsamkeit im Datenschutzrecht. Sehen wir Daten als „Gefahr“ an und möchten wir ihre Entstehung im Keim ersticken bzw. regulieren oder erkennen wir ein Potential des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlstandes und lassen die Daten sprudeln. Unternehmen und auch Regierungen dürften grundsätzlich ein großes Interesse an Daten und auch an einem Mehr an Daten besitzen. Ebenso wie die Wissenschaft und Forschung. In welchem Schritt des Lebenszyklus eines Datums man regulierend eingreifen möchte, ist wohl vor allem zu Beginn weniger eine rechtliche, als vielmehr eine ideologische Frage. Hier treffen dann auch kulturelle Unterschiede in der Welt aufeinander. Über die tatsächliche rechtliche Ausgestaltung der Vorgaben der Datennutzung, kann man sich auch trefflich streiten. Wichtig erscheint mir jedoch, dass man auf Grundlage der tatsächlichen Fakten und Entwicklungen das Recht schafft und anpasst.
Internet der Dinge
Das Internet der Dinge, also die Verknüpfung von immer mehr Gegenständen in eigenen Netzwerken oder mit dem Internet selbst, ist meines Erachtens ein ebenso nachvollziehbarer Trend. Bisher waren es das Mobiltelefon, der Laptop und das Tablet. Jedoch sollen in Zukunft nun auch andere Alltags- und Haushaltsgegenstände in den Genuss der Digitalisierung kommen. Hierfür gibt es mehrere Schlagwörter: Smart Home, Smart Car, Wearable Technology etc. Uhren, Armbänder, Brillen, aber auch der Fernseher, die Waschmaschine oder der Kühlschrank, ja teilweise auch die Kleidung selbst. Und nicht zuletzt, des Deutschen liebsten Spielzeug, das Auto. All diese Gegenstände werden Daten erzeugen (wenn man nicht gesetzlich vorschreiben möchte, dass sie es nicht dürfen) und damit ebenfalls zum Wachstum des weltweiten Datenflusses beitragen.
Deutschlands Chance
Diese beiden Entwicklungen vollziehen sich bereits derzeit und werden es, in größerem Umfang, auch in der Zukunft tun. Ob wir wollen oder nicht. Man betrachte nur die Technikaffinität in Amerika oder Asien. Die Frage für Deutschland und für Europa darf meines Erachtens nicht sein „Wollen wir da mitmachen?“, sondern „Wie können wir hier führend werden?“. Denn in den letzten Wochen und Monaten ist auch auf politischer Ebene die Erkenntnis gereift, dass Deutschland, das weltweite als Sinnbild für hervorragende Produkte, Industrietechnik und Ingenieurarbeit gilt, im Bereich der Digitalisierung ins Hintertreffen geraten ist. Große Internetkonzerne haben keine deutschen Wurzeln.
Bundeskanzlerin Merkel konstatierte am Wochenende: „Wohlstand wird nur auf dem Erdteil entstehen, wo auch die neuesten Produkte hergestellt werden“ und „Wir werden die Standards für den Umgang mit Daten mit Sicherheit nicht setzen können, wenn wir die Technologie nicht beherrschen„.
Und hier sehe ich gerade für unsere deutsche Wirtschaft eine enorme Chance. Deutschland ist bekannt für seine hochqualitativen, weltweit gefragten Produkte, auch wenn die Exporte 2013 zurückgingen. Wenn sich nun das Internet mit den „normalen“ Produkten verbindet, dann besitzt die deutsche Wirtschaft doch hervorragende Startvoraussetzungen, um diesen Trend mit zu prägen. Denn die „offline“ Grundprodukte werden bereits hier produziert. Und das erfolgreich. Für die Wirtschaft muss es nun darum gehen, diese vorhandenen Waren dem Internet der Dinge anzupassen, in diese Entwicklung zu investieren und ihnen digitales Leben einzuhauchen. Eigentlich müssten in jedem Industrie- und auch Zuliefererbetrieb, der an der Fertigung von Endkundenprodukte beteiligt ist, bereits Entwicklungen anlaufen, um die Möglichkeiten der Vernetzung zu erforschen und zu implementieren. Unternehmen sollten Think-Tanks und Start-Ups unterstützen, die auf diesem Gebiet arbeiten.
Es mag sein, dass wir die Digitalisierung verschlafen haben und aufholen müssen. Doch der Trend, hin zu einer vernetzten Produktwelt, in der nicht nur die „Modeprodukte“ wie Mobiltelefone oder Tablets, die aus anderen Ländern importiert werden, sondern eben auch Produkte der Industrieparadedisziplinen der deutschen Wirtschaft (Stichwort: Auto), eine wesentliche Rolle spielen, gibt uns gerade diese Möglichkeit der Aufholens. Und auch des Setzens von Standards. In meinen Augen hält das Internet der Dinge enormes Potential für Deutschland und Europa bereit. Das sollten wir nicht verschlafen.
Deutschland könnte sich in Zeiten von Facebook, NSA & Co. mit seiner vergleichsweise hohen Sensibilität im Bereich informationeller Selbstbestimmung bei neuen Produkten hervorragend im Markt positionieren.