EDSA: Zustimmung zu Datenschutzhinweisen als Verstoß gegen Grundsatz von „Treu und Glauben“ (Art. 5 Abs. 1 a) DSGVO)

Dass es keine gute Idee ist, sich eine Einwilligung oder Zustimmung zu den gesamten Datenschutzhinweisen / Datenschutzhinweisen erteilen zu lassen, ist insbesondere unter dem Blickwinkel der Anwendbarkeit des AGB-Rechts bekannt.

Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des AGB-Rechts
So hat etwa jüngst der OGH aus Österreich (Urteil vom 23.11.2022 – 7 Ob 112/22d) sogar entschieden, dass Datenschutzhinweise auch dann der Klauselkontrolle des AGB-Rechts unterfallen, wenn der Betroffene „dem Datenschutzhinweis zwar nicht „zustimmen““ musste, jedoch in einem Versicherungsantrag bestätigen musste, „den Datenschutzhinweis „zur Kenntnis“ genommen zu haben“. Aus Sicht des OGH macht es keinen relevanten Unterschied zu der noch klareren Situation, in der den Datenschutzhinweisen an sich zugestimmt werden muss, „weil die Zurkenntnisnahme auch die Zustimmung zu dessen Inhalt implizieren kann“.

Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 a) DSGVO?
Sich eine Zustimmung in eine Datenschutzerklärung, die eigentlich nur der Informationserteilung nach Art. 13 DSGVO dient, einzuholen, ist nach Ansicht des EDSA aber auch noch aus einem anderen Grund unzulässig und kann gegen die DSGVO selbst verstoßen.

In seiner bindenden Entscheidung 5/2022 (Art. 65 DSGVO) vom 5.12.2022 (es ging um ein Verfahren der irischen Behörde gegen die WhatsApp Ireland Limited, befasst sich der EDSA mit der Frage, ob die Einholung einer zwingenden Zustimmung zu den Datenschutzhinweisen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verarbeitung nach Treu und Glauben nach Art. 5 Abs. 1 a) DSGVO darstellt.

Zum Grundsatz der Fairness / Treu und Glauben
Nach Art. 5 Abs. 1 a) DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“) (im Englischen: „lawfulness, fairness and transparency“).

In seiner Entscheidung erläutert der EDSA (ab Rz 142) zunächst, wie er die Norm und speziell den Grundsatz von „Treu und Glauben“ bzw. „Fairness“ versteht. Die Grundsätze der Fairness, der Rechtmäßigkeit und der Transparenz, seien zwar drei unterschiedliche, aber dennoch untrennbar miteinander verbundene und voneinander abhängige Grundsätze, die jeder Verantwortliche bei der Verarbeitung personenbezogener Daten beachten muss.

Der Grundsatz der Fairness (Treu und Glauben) habe auch eine eigenständige Bedeutung, was dazu führt, dass etwa die Einhaltung des Grundsatzes der Transparenz nicht automatisch ausschließt, dass auch die Einhaltung des Grundsatzes der Fairness anders bewertet werden muss. Der Grundsatz der Verarbeitung nach Treu und Glauben umfasse unter anderem die „Anerkennung der berechtigten Erwartungen der betroffenen Personen, die Berücksichtigung möglicher nachteiliger Folgen, die die Verarbeitung für sie haben kann“ und auch „die Berücksichtigung des Verhältnisses und der möglichen Auswirkungen eines Ungleichgewichts“ zwischen der betroffenen Person und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen.

Der Grundsatz diene vor allem auch dazu, dass ein faires Gleichgewicht zwischen den geschäftlichen Interessen der Verantwortlichen einerseits und den Rechten und Erwartungen der betroffenen Personen nach der DSGVO andererseits hergestellt werden muss.

Falsche Darstellung der Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung
Eine spezifische Ausformung des Grundsatzes „Treu und Glauben“ betrifft nach Ansicht des EDSA die Ermittlung der geeigneten Rechtsgrundlage durch den Verantwortlichen und insbesondere auch die Information bzw. Darstellung der Rechtsgrundlage gegenüber Betroffenen.

Der EDSA ist der Ansicht, dass eine Bewertung der Einhaltung des Grundsatzes von Treu und Glauben „auch eine Bewertung der Folgen erfordert, die die Wahl und Darstellung der Rechtsgrundlage“ für die Betroffenen mit sich bringt.

Im konkreten Fall stellt der EDSA in seiner Entscheidung fest, dass der Beschwerdeführer gezwungen war, den Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie zuzustimmen. Dies beeinträchtige aber eindeutig die angemessenen Erwartungen der Nutzer, da sie nicht wissen, „ob sie durch Anklicken der Schaltfläche „Akzeptieren“ ihre Zustimmung zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten geben“. Im konkreten Fall war die Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO auch nicht die einzige Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung. Nach Auffassung des EDSA konnten Betroffene, durch die entsprechende Gestaltung und Einholung der Zustimmung zu den Datenschutzhinweisen, jedoch nicht sicher sein, ob dies eine Einwilligung in alle Datenverarbeitungen darstellt oder nicht.

Aus diesem Grund geht der EDSA davon aus, dass der Verantwortliche in dieser Situation die Rechtsgrundlage der Verarbeitung falsch darstellt und die Betroffenen über die möglichen Zusammenhänge zwischen den angestrebten Zwecken, der anwendbaren Rechtsgrundlage und den entsprechenden Verarbeitungstätigkeiten „im Unklaren“ gelassen werden.

Die Verarbeitung könne daher nicht als ethisch und wahrheitsgemäß angesehen werden kann, „da sie im Hinblick auf die Art der verarbeiteten Daten, die verwendete Rechtsgrundlage und die Zwecke der Verarbeitung verwirrend ist“.

Der EDSA geht daher von einem Verstoß gegen den Grundsatz von „Treu und Glauben“ (Fairness) gemäß Art. 5 Abs. 1 a DSGVO aus.

Fazit
Die Einschätzung des EDSA sollte in der Praxis als zusätzlicher Aspekt Beachtung finden, wenn es um die Ausgestaltung der Einbindung von Datenschutzhinweisen gegenüber Betroffenen geht.

2 thoughts on “EDSA: Zustimmung zu Datenschutzhinweisen als Verstoß gegen Grundsatz von „Treu und Glauben“ (Art. 5 Abs. 1 a) DSGVO)

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