In seinem aktuellen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2019 (S. 126 ff.) befasst sich der Datenschutzbeauftragte aus Hamburg auch mit dem Thema Google Analytics. Nach seiner Ansicht sei eine Anonymisierung der Daten und damit Ausschluss des Anwendungsbereichs der DSGVO allein durch die Kürzung der IP-Adresse schon vor dem Hintergrund, dass diese nur ein Nutzungsdatum unter vielen ist, nicht möglich.
Nach Angabe der Behörde diene das Tool außer dem Nutzen für den Webseitenbetreiber in Form von Nutzungsstatistiken auch der Informationsgewinnung durch Google.
In der von der Behörde beanstandeten und von Google den Webseitenbetreibern empfohlenen Standardeinstellung soll zunächst zwischen der Google LLC und dem Webseitenbetreiber ein Auftragsverarbeitungsvertrag gemäß Art. 28 DSGVO abgeschlossen werden. Darüber hinaus werde dem Webseitenbetreiber, soweit die Standard-Einstellung ausgewählt wird, zusätzlich der Abschluss eines „Controller-Controller-Agreement“ zur zwingenden Bedingung gemacht, aus dem sich ergibt, dass sowohl Google als auch der Webseitenbetreiber in eigener Verantwortlichkeit handeln und die Möglichkeit einer eigenen anderweitigen Verarbeitung der Daten vorbehalten bleibt. Nach Ansicht der Behörde sei eine derartige Aufspaltung von Verarbeitungsvorgängen allerdings lebensfremd.
Die Kritik der Behörde zielt darauf ab, dass es sich bei dem durch Google Analytics im Rahmen des Seitenbesuchs durch den Nutzer ausgelösten technischen Vorgangs, der gleichzeitig Daten sowohl für den Webseiten-Betreiber selbst erhebt als auch an Google überträgt, um einen einzigen Lebenssachverhalt handele. Ein „Aufschwingen“ vom Auftragsverarbeiter zum eigenverantwortlichen Datenverarbeiter innerhalb einer Verarbeitungstätigkeit sei dem gesetzlichen Rollenverständnis der DSGVO fremd.
Die Behörde kommt zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der europäischen Rechtsprechung (EuGH, Urteil v. 29.07.2019, Az: C-40/17) daher in der von Google empfohlenen Standardeinstellung von einer gemeinsamen Verantwortlichkeit gemäß Art. 26 DSGVO auszugehen sei.
Kritik
Die Einordnung der Behörde, die Aufspaltung von Verarbeitungsvorgängen nach verschiedenen Zwecken der Nutzung und verschiedenen Verantwortlichkeitsrollen, sei lebensfremd, würde ich so nicht teilen. Meines Erachtens kommt es hierbei stets auch darauf an, zu welchem Zweck Daten verarbeitet werden sollen. Natürlich ist es möglich, dass ich eine Datenverarbeitung zu einem bestimmten Zweck (hier: Erstellung von Analysen) als Auftragsverarbeiter ausführe, daneben, zu einem anderen (eigenverantwortlichen) Zweck, aber eine weitere Verarbeitung der Daten vornehme. Schon die Art. 29 Gruppe hat in ihrem WP 169 (pdf, S. 30) festgestellt, dass „ein und dieselbe Organisation gleichzeitig hinsichtlich bestimmter Verarbeitungen als für die Verarbeitung Verantwortlicher und hinsichtlich anderer Verarbeitungen als Auftragsverarbeiter handeln“ kann.
Auch das Argument, dass ein „Aufschwingen“ vom Auftragsverarbeiter zum eigenverantwortlichen Datenverarbeiter innerhalb einer Verarbeitungstätigkeit dem gesetzlichen Rollenverständnis der DSGVO fremd sei, würde ich anders sehen. Denn genau für diesen Fall gibt es eine gesetzliche Regelung: Art. 28 Abs. 10 DSGVO. Dieser Exzess des Auftragsverarbeiters muss aber einen Verstoß gegen die DSGVO als Voraussetzung beinhalten. Wenn jedoch die Parteien eines AV-Vertrages regeln, wann eine Partei Auftragsverarbeiter ist und wann sie mit den Daten als eigener Verantwortlicher agiert, sehe ich nicht, wie man hierin einen Verstoß gegen die DSGVO (zB die Weisungen) verstehen könnte. Denn die Rollenverteilung ist ja gerade vertraglich vereinbart und klar abgegrenzt.