Am 8. Juni 2017 hat der Rat der Europäischen Union seinen Standpunkt zur Richtlinie für Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitale Dienstleistungen festgelegt (pdf).
Diese Richtlinie soll für Verträge zwischen Unternehmen und Verbrauchern gelten und unter anderem Vorschriften für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder auch digitaler Dienstleistungen und über die Vertragsmäßigkeit solcher digitalen Inhalte oder digitale Dienstleistungen und auch die Rechte von Verbrauchern bei Vertragswidrigkeit oder fehlerhaften digitalen Inhalten festlegen.
Der ursprüngliche Entwurf der Europäischen Kommission zu der Richtlinie stammt aus Dezember 2015. Bereits in diesem Entwurf hatte die Europäische Kommission als Neuerung vorgesehen, dass in Zukunft nicht nur Geld als eine Gegenleistung für digitale Inhalte angesehen werden kann, sondern dass vermehrt auch personenbezogene Daten als Gegenleistung in Betracht kommen und hierfür Regelungen aufgestellt werden müssen bzw. die Bereitstellung des Zugangs zu personenbezogenen Daten als gleichwertige Gegenleistung in Betracht kommt.
„Integrierte digitale Inhalte“ und das Internet der Dinge
Im Rahmen der Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten im Rat war in der Vergangenheit insbesondere umstritten, welche Vorgaben für sogenannte eingebettete digitale Inhalte (oder auch „integrierte digitale Inhalte“) gelten sollen (vgl. die Orientierungsaussprache aus Dezember 2016, pdf). Unter integrierten digitalen Inhalten (vgl. Art. 2 Nr. 12 der Allgemeinen Ausrichtung) verstehen die Mitgliedstaaten solche digitalen Inhalte, die in Produkten enthaltenen sind (also insbesondere auch Anwendungen und Software) und zur Funktionsweise des Produktes beitragen. In dem Dokument zur Orientierungsaussprache werden als Beispiele für solche waren etwa auch Geräte im Internet der Dinge, intelligente Produkte, intelligente Fahrzeuge oder auch intelligente Wohnungen benannt.
Damals war zwischen den Mitgliedstaaten umstritten, welche Regeln gelten sollen, wenn ein vernetztes Produkt ein Fehler aufweist bzw. defekt ist. Sollen hier etwa die Regeln über das Kaufrecht Anwendung finden oder aber Regelungen aus dem Mietrecht oder soll vielleicht ein komplett neues Regelwerk erdacht werden? In der Allgemeinen Ausrichtung legt nun der Rat der Europäischen Union fest, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten sich dafür ausspricht, dass für diese integrierten digitalen Inhalte die derart ein fester Bestandteil der Ware sind, dass das Fehlen des digitalen Inhalts die Ware unbrauchbar machen würde oder verhindern würde, dass die Ware ihre wichtigsten Funktionen erfüllen kann, den Regelungen des Kaufrechts unterfallen soll.
Nach den Mitgliedstaaten im Rat würde in Zukunft auf eventuell fehlerhafte Produkte im Internet der Dinge (auch wenn der Fehler in der Software selbst liegt) das Kaufrecht mit seinen Gewährleistungsansprüchen und nicht die nun diskutierte Richtlinie Anwendung finden.
Verhältnis zur EU Datenschutz-Grundverordnung
Des Weiteren haben sich die Mitgliedstaaten darüber verständigt, dass jegliche Überschneidung zwischen der nun diskutierten Richtlinie und den Vorschriften der EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vermieden werden muss. Daher wird nun vorgesehen, dass die Richtlinie nicht für eine Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen gelten soll, für die der Verbraucher keinen Preis zahlt oder sich zu keiner solchen Zahlung verpflichtet, dem Anbieter (also dem Verkäufer) keine personenbezogenen Daten bereitstellt oder sich nicht zu einer solchen Bereitstellung personenbezogener Daten verpflichtet.
In dem Text zur Allgemeinen Ausrichtung des Rates findet sich zudem der Entwurf für einen noch einzufügenden Erwägungsgrund zu dieser Thematik. Dort wird vorgeschlagen, dass in dem Erwägungsgrund aufgenommen wird, dass die Richtlinie nicht in Fällen gelten soll, in denen der Verkäufer lediglich Metadaten, die IP-Adresse oder sonstige automatisch generierte Informationen wie durch Cookies gesammelte und übermittelte Informationen erhebt. Die Richtlinie soll also dann nicht gelten, wenn Daten durch das Verhalten des Betroffenen automatisch generiert werden.
Zudem dürfte in der Praxis ebenfalls von starker Relevanz sein, dass in dem Entwurf für den Erwägungsgrund festgelegt wird, dass die Richtlinie auch nicht in Fällen gelten soll, in denen der Verbraucher ausschließlich Zwecks Erlangung des Zugangs zu digitalen Inhalten oder zu einer digitalen Dienstleistung Werbung ausgesetzt ist, ohne dass er mit dem Verkäufer ein Vertrag geschlossen hat.
Des Weiteren legen die Mitgliedstaaten in ihrer Allgemeinen Ausrichtung im Hinblick auf das Verhältnis der nun diskutierten Richtlinie zur DSGVO fest, dass das Unionsrecht (inklusive DSGVO) für alle personenbezogenen Daten gilt, die im Zusammenhang mit den von dieser Richtlinie erfassten Verträgen verarbeitet werden. Auch dies soll in später noch zu erstellenden Erwägungsgründen für die Richtlinie aufgenommen werden (vgl. Art. 3 Abs. 8 der Allgemeinen Ausrichtung). Dort soll auch ausdrücklich klargestellt werden, dass diese Richtlinie die Bestimmungen der DSGVO unberührt lässt. Im Zweifel, also bei einer Kollision der Bestimmung, hat die DSGVO Vorrang.
Eine Verarbeitung personenbezogener Daten richtet sich also auch in Zukunft, wenn diese Richtlinie anwendbar ist, allein nach der DSGVO. Auch dies soll ausdrücklich klargestellt werden, insbesondere, was die Rechtmäßigkeit einer Verarbeitung personenbezogener Daten betrifft. Die Mitgliedstaaten erläutern in dem Entwurf für einen Erwägungsgrund, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit einem Vertrag, der in den Anwendungsbereich dieser nun diskutierten Richtlinie fällt, nur rechtmäßig ist, wenn Sie mit Art. 6 Abs. 1 DSGVO im Einklang steht. Zudem wird erläutert und klargestellt, dass die vorliegende Richtlinie wieder die Gültigkeit einer datenschutzrechtlichen Einwilligung noch die Folgen des Widerrufs einer Einwilligung regelt.
Rechtsnatur der Verträge – Sache der Mitgliedstaaten
Interessant ist zudem auch der Hinweis der Mitgliedstaaten in ihrer Allgemeinen Ausrichtung darauf, dass zu einem späteren Zeitpunkt in einem Erwägungsgrund der Richtlinie geregelt werden soll, dass in der Richtlinie nicht die Rechtsnatur der Verträge für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistung geregelt wird und dass die Frage, ob derartige Verträge etwa Kaufverträge, Dienstleistungsverträge oder Mietverträge sind, Sache des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten ist.