Die Datenschutz-Grundverordnung und das Medienprivileg
Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache „Google Spain“ ist unter anderem auch die Frage nach der Regulierung und eventuell Einschränkung der Presse- oder allgemeiner Medienfreiheit durch das Datenschutzrecht stärker in den Fokus gerückt. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil ausdrücklich darauf verwiesen, dass Webseitenbetreiber, deren Artikel in einer Suchergebnisliste verlinkt sind, sich (je nach Einzelfall) hinsichtlich des betreffenden Artikels auf der eigenen Website auf das Medienprivileg und damit umfassende Ausnahmen im Datenschutzrecht berufen können.
In der Datenschutz-Grundverordnung soll sich Art. 80 mit dieser Thematik befassen. Den derzeit geltenden Regelungen folgend hat die Kommission vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Gesetzen Abweichungen und Ausnahmen von den Regelungen der DS-GVO vorsehen sollen, wenn personenbezogene Daten allein (!) zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken verarbeitet werden (Art. 80 Abs. 1 DS-GVO). Das Parlament verzichtet auf das Erfordernis einer Datenverarbeitung allein zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken und verlangt von den Mitgliedstaaten die Schaffung entsprechender Ausnahmen bzw. Abweichungen „wann immer dies notwendig ist“ um das Recht auf Schutz der Privatsphäre mit den für die Freiheit der Meinungsäußerung geltenden Vorschriften in Einklang zu bringen. Auch der Rat nimmt in seinem Vorschlag Abstand von der Voraussetzung, dass eine Datenverarbeitung allein zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgen müsse. Zudem verweist der Rat in seiner Position zusätzlich auf das Recht auf Informationsfreiheit, welches mit dem Recht auf Schutz personenbezogene Daten in den nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten in Einklang zu bringen ist.
Möglicherweise werden wir also in Zukunft in Europa wenig einheitliche Vorgaben zum Umgang mit personenbezogenen Daten für journalistische, künstlerische und literarische Zwecke vorfinden. Grundsätzlich scheint die Tendenz der Entwürfe der DS-GVO dahin zu gehen, Ausnahmen und Abweichungen von den datenschutzrechtlichen Regelungen schon früher eingreifen zu lassen, als dies derzeit der Fall ist.
Hinzuweisen ist noch auf den Umstand, dass der Rat in Erwägungsgrund 121 Ausnahmen und Abweichungen von den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung insbesondere dann für geboten hält, wenn es um die Verarbeitung personenbezogener Daten im audiovisuellen Bereich sowie in Nachrichten- und Pressearchiven geht.
Zudem fordern alle drei Entwürfe in Erwägungsgrund 121, dass Begriffe, die sich auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht, Informationen zu empfangen beziehen, weit auszulegen sind. Das Parlament möchte zudem klarstellen, dass diese weite Auslegung unabhängig davon geboten ist, welche Medien für die Inanspruchnahme dieser Grundrechte genutzt werden.