Neue Schlussanträge: Abkehr von der strengen Ansicht des EuGH zu „Gesundheitsdaten“ nach Art. 9 DSGVO?

Am 25.4.2024 hat Generalanwalt am EuGH Szpunar seine Schlussanträge in dem Verfahren Rs. C-21/23 vorgelegt. In dem Verfahren geht es um zwei spannende Fragen:

  • Sind im Rahmen einer Bestellung bei einer Online-Apotheke angegebene Daten stets „Gesundheitsdaten“ im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DSGVO?
  • Können Wettbewerber nach dem deutschen UWG gegen Mitbewerber wegen Datenschutzverstößen vorgehen?

Nachfolgend möchte ich mich allein auf die erste Frage fokussieren. Wie weit ist der Begriff „Gesundheitsdaten“ nach der DSGVO zu verstehen?

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die Daten der Kunden eines Apothekers, die bei der Bestellung von apothekenpflichtigen, nicht aber verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf einer Online-Verkaufsplattform übermittelt werden, „Gesundheitsdaten“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DSGVO sind.

Rückschau – strenge Ansicht des EuGH

„Moment“, mag man sich fragen. Hat der EuGH nicht bereits seine Position zu diesem Thema deutlich gemacht?

Eigentlich schon, dachten wir. Zumindest hat der EuGH in seinem Urteil vom 4.7.2023 in der Rs. C-252/21 (Meta Platforms u.a.) eine sehr strenge Ansicht vertreten und die Voraussetzungen für die Annahme, dass Gesundheitsdaten vorliegen, extrem niedrig angesetzt.

Nach Ansicht des EuGH gilt das in Art. 9 Abs. 1 DSGVO vorgesehene grundsätzliche Verbot der Verarbeitung nämlich

unabhängig davon, ob die durch die fragliche Verarbeitung offengelegte Information richtig ist oder nicht und ob der Verantwortliche mit dem Ziel handelt, Informationen zu erhalten, die unter eine der in dieser Bestimmung genannten besonderen Kategorien fallen“. (Rz. 69)

Für den EuGH spielte es bei der Einordnung von Informationen als „Gesundheitsdaten“ mithin keine Rolle, ob die Daten 1) sachlich richtig sind, also etwa wirklich auf physische oder z.B. psychische Zustände hinweisen, die tatsächlich existieren und 2) für welchen Zweck diese Daten verwendet werden. Der Kontext der Verarbeitung spielte aus Sicht des EuGH für die Einordnung nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO keine Rolle.

Art. 9 Abs. 1 DSGVO ziele darauf ab,

solche Datenverarbeitungen unabhängig von ihrem erklärten Zweck zu verbieten“. (Rz. 70)

Die Gegenansicht – wir können nicht alle Informationen zu „Gesundheitsdaten“ werden lassen

Generalanwalt Szpunar hat in seinen neuen Schlussanträgen nun Argumente vorgebracht, die aus meiner Sicht gegen diese Auslegung des EuGH sprechen und den Anwendungsbereich von „Gesundheitsdaten“ einschränken würden.

Hierbei stellt der Generalanwalt die Formel auf, dass es eines Mindestmaßes an Gewissheit der Schlussfolgerungen aus Informationen bedürfe, die über den Gesundheitszustand einer betroffenen Person gezogen werden können (ab Rz. 44). Interessanterweise verwendet er dazu auch die beiden Kriterien des Inhalts bzw. der Richtigkeit der Daten (Merkmal 1) sowie des Zwecks / Kontextes der Verarbeitung (Merkmal 2) – also jene Faktoren, die auch schon der EuGH erwähnte.

Die Kernaussage des Generalanwalts für die Prüfung, ob „Gesundheitsdaten“ vorliegen, ist: sowohl der Inhalt der in Rede stehenden Daten (Merkmal 1) als auch sämtliche Umstände ihrer Verarbeitung (Merkmal 2) müssen geprüft werden, um festzustellen, ob aus ihnen mit einem gewissen Grad an Sicherheit (neues Merkmal 3) Informationen über den Gesundheitszustand der betroffenen Person abgeleitet werden können (Rz. 49).

Der Generalanwalt ergänzt die beiden bekannten Merkmale 1 und 2 um ein drittes Merkmal: es muss ein gewisser Grad an Sicherheit bestehen, dass Informationen sich tatsächlich auf den Gesundheitszustand einer Person beziehen. Eventuell mag man dieses dritte Merkmal auch dem von mir benannten Merkmal 1, der Richtigkeit der Daten, zuordnen.

Merkmale 1 und 3 – Richtigkeit der Informationen und gewisser Gerad an Sicherheit

Aus dem Wortlaut von Art. 4 Nr. 15 DSGVO und ErwG 35 DSGVO leitet der Generalanwalt ab, dass das entscheidende Merkmal für die Feststellung, dass bestimmte personenbezogene Daten Gesundheitsdaten sind, der Umstand ist,

dass aus den betreffenden Daten Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der betroffenen Person gezogen werden können.“ (Rz. 37)

„Gesundheitsdaten“ können daher zwar auch Informationen sein, die allein Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der betroffenen Person zulassen. Dieser Rückschluss muss nach Ansicht des Generalanwalt aber mit Indizien untermauert und darf nicht rein hypothetisch sein.

So stellen etwa Daten, die von einer App erhoben werden, die die von der betroffenen Person zurückgelegten Schritte zählt, keine „Gesundheitsdaten“ dar, wenn die Anwendung diese Daten nicht mit anderen Daten dieser Person verknüpfen kann und die erhobenen Daten nicht in einem medizinischen Kontext verarbeitet werden (Rz. 41).

Es können überhaupt nur solche Informationen als „Gesundheitsdaten“ angesehen werden,

die geeignet sind, Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der betroffenen Person zuzulassen“. (Rz. 42)

Der EuGH hatte in seinem Urteil betont, dass die Richtigkeit der Daten keine Relevanz habe. Dies sieht der Generalanwalt offensichtlich anders. Die Daten müssen faktisch geeignet sein, einen Rückschluss auf die Gesundheit zuzulassen.

Die Schlussfolgerungen, die aus den Daten gezogen werden können, dürfen nicht lediglich potenziell sein. Im Sinne von: „Die Information zum Gesundheitszustand könnte sich auf die betroffene Person beziehen oder auch nicht. Das ist nicht klar.“

Die Informationen, die aus den Daten in Bezug auf den Gesundheitszustand der betroffenen Person hervorgehen, dürfen

keine bloßen Vermutungen sein, sondern müssen ein Mindestmaß an Gewissheit bieten“. (Rz. 46)

Basierend auf diesen Ansichten, ein Beispiel: eine Person betrifft eine Apotheke und wird dabei per Video aufgezeichnet. Art. 9 Abs. 1 DSGVO anwendbar? Ohne weitere Informationen dazu, dass diese Person tatsächlich krank ist (Indizien), würde der Generalanwalt hier wohl ein Vorliegen von Gesundheitsdaten ablehnen. Denn auch gesunde Personen können eine Apotheke betreten, um z.B. Pflaster oder Bonbons zu kaufen.

Im vorliegenden Verfahren (Bestelldaten bei einer Online-Apotheke) sieht der Generalanwalt diese erforderlichen Indizien gerade als nicht gegeben bzw. als zu „schwach“ an. Er lehnt daher das Vorliegen von Gesundheitsdaten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO ab (Rz. 43).

Merkmal 2 – Zweck und Kontext

Zudem vertritt der Generalanwalt, ebenfalls anders als der EuGH, die Ansicht, dass es sehr wohl von den Umständen des jeweiligen Falls abhängt, ob Daten als Gesundheitsdaten eingestuft werden können. Insbesondere müssten der Kontext, in dem die Daten gesammelt werden, und die Art und Weise, wie sie verarbeitet werden, beachtet werden (Rz. 47). Hier vertritt der Generalanwalt also sehr klar eine andere Ansicht als der EuGH, der ja den Zweck der Verarbeitung völlig ausklammern wollte.

Zusätzlich schlägt der Generalanwalt vor, etwa die Identität des Verantwortlichen in diesem Zusammenhang zu beachten. Wenn die Daten nämlich von einer Stelle im Gesundheitsbereich verarbeitet werden, kann ein Indiz dafür sein, dass es sich bei diesen Daten tatsächlich um „Gesundheitsdaten“ handelt (Rz. 48).

Insgesamt verlangt der Generalanwalt also, dass es Indizien und ein Mindestmaß an Gewissheit geben müsse, dass Daten sich faktisch wirklich auf den Gesundheitszustand einer Person beziehen. Diese Indizien können sich auf dem Inhalt der Daten, den Umständen der Verarbeitung und den Zwecken ergeben.

Im konkreten Fall lehnt der Generalanwalt das Vorliegen von „Gesundheitsdaten“ nach Art. 9 DSGVO ab, weil aus den betreffenden Daten

nur hypothetische oder ungenaue Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Person, die die Online-Bestellung vornimmt, gezogen werden können, was zu überprüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist“. (Rz. 54)

Ein Argument: die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel werden häufig vorsorglich gekauft, um sie im Bedarfsfall zur Verfügung zu haben. Beispielsweise lasse eine Bestellung von Paracetamol keinen Rückschluss auf den genauen Zustand einer Person zu, weil dieser Wirkstoff zur Behandlung einer Vielzahl von Schmerzen und Fieberzuständen indiziert ist und häufig zu den Medikamenten gehört, die Menschen auch ohne besonderen Bedarf zu Hause haben (Rz. 51).

Ausblick

Nun müssen wir abwarten, wie der EuGH mit diesen Gegenargumenten umgeht. Aus praktischer Sicht wäre es wünschenswert, wenn der Anwendungsberiech von Art. 9 Abs. 1 DSGVO nicht zu weit ausgedehnt wird und ansonsten viele Alltagssituationen erfassen würde. Diese Gefahr sieht auch der Generalanwalt: „Sofern nicht ein sehr großer Teil der Datenverarbeitung im Online-Handel der Regelung in Art. 9 Abs. 2 DSGVO unterworfen werden soll, scheint es mir daher notwendig, die Auslegung des Begriffs „Gesundheitsdaten“ in dem Sinne weiter zu verfeinern, dass die Schlussfolgerungen, die aus den Daten einer Bestellung gezogen werden können, nicht lediglich potenziell sein dürfen.“ (Rz. 46).

Geschäftsmodell der personalisierten Werbung ist kein „Schaden“ im Sinne der DSGVO

Das Landgericht (LG) Magdeburg (Urt. v. 29.2.2024, Az. 10 O 530/23; derzeit leider noch nicht frei verfügbar; GRUR-RS 2024, 8057) hatte sich im Rahmen einer Klage auf Schadenersatz nach Art, 82 DSGVO u.a. mit der Frage zu befassen, ob die Betroffenheit eines Nutzers von personalisierter Onlinewerbung einen ersatzfähigen Schaden nach der DSGVO darstellt.

Sachverhalt
Der Kläger ist Nutzer u.a. von Facebook und Instagram. Dort hatte er sich mit seinen personenbezogenen Daten registriert. Nachdem Meta ab dem 3.11.2023 das sog. Einwilligungsmodell in Europa einführte, willigte der Kläger am 8.11.2023 ein, dass die Beklagte weiterhin Informationen des Klägers zu Werbezwecken verwenden darf.

Zuletzt beantragte der Kläger u.a., Auskunft über ihn betreffende personenbezogene Daten zu erteilen, die die Beklagte in Zusammenhang mit der individualisierten Werbung verarbeitet. Zudem verlangte er als Ausgleich für Datenschutzverstöße einen immateriellen Schadensersatz, dessen Höhe den Betrag von 1.500 EUR nicht unterschreiten sollte. Er begründet den Anspruch damit, dass er mit dem Geschäftsmodell der Beklagten personalisiert zu werben, nicht einverstanden sei.

Entscheidung
Einen Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO lehnt das LG als unbegründet ab.

Der Vortrag des Klägers zum behaupteten Schaden wurde als unsubstantiiert angesehen.

Hierbei verweist das LG auf die Rechtsprechung des EuGH zur Frage, wer die Beweislast für das Vorliegen eines Schadens trägt.

Die Beweislast für das Vorliegen eines materiellen oder immateriellen Schadens trägt die Klagepartei.

Der Kläger müsse den Nachweis führen, dass die geltend gemachten Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne der DSGVO darstellen.

Zudem weist das LG die Begründung des Klägers für einen angeblichen Schaden, personalisierte Werbung zu verwenden, zurück.

Dies allein führt zu keinem Schaden.

Aus Sicht des LG ist ein derartiges Geschäftsmodell nicht ungewöhnlich. Die Plattformen der Beklagten würden Nutzern kostenlos bereitgestellt. Die Fähigkeit, Nutzern ihre derzeitigen Dienste kostenlos bereitzustellen, hänge aber von Werbeeinnahmen ab. Nach Ansicht des L ist dieses Geschäftsmodell aber üblich.

Das Gericht nennt hierfür etwa Beispiele von kostenfreien Zeitungen und frei empfangbare, private Fernsehsender, die ein ähnliches Geschäftsmodell verwenden: Sie versuchen, über Inhalte Leser oder Zuschauer zu gewinnen, denen dann auf Grundlage demografischer Merkmale/ Interessen der Zielgruppe relevante Werbung präsentiert wird. Hierzu das LG:

Schon dem gesunden Menschenverstand nach ist es offensichtlich, dass die Beklagte ihr Angebot nur deswegen kostenlos zur Verfügung stellen kann, weil sie Werbung verkauft. Dies ist weder ehrenrührig, noch verboten. Wenn die Klagepartei sich hierdurch unwohl fühlt, steht es ihr völlig frei die Angebote der Beklagten nicht zu nutzen oder für ein Angebot ohne Werbung zu bezahlen.

Verzicht auf den Auskunftsanspruch im arbeitsgerichtlichen Vergleich? Zur Abdingbarkeit von Betroffenenrechten

Bekanntlich gehört die Geltendmachung von Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO in arbeitsgerichtlichen Verfahren mittlerweile „zum guten Ton“ – ob nun wirklich immer mit einer Intention des Datenschutzes oder doch eher, um Aufwände zu kreieren, sei hier dahingestellt.

In ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht 2023 (ab S. 119) befasst sich die Datenschutzbehörde des Saarlandes (LfDI) mit der relevanten Frage, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung (etwa in Form eines Vergleichs) mit dem Inhalt treffen können, dass der Betroffene auf die Ausübung seines Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO verzichtet? Ob das Betroffenenrecht also zur Disposition der Parteien steht?

Datenschutz als Grundrecht – Selbstbestimmtheit der Betroffenen

Die LfDI verweist darauf, dass das europäische Datenschutzrecht Ausfluss des Grundrechts aus Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) ist. Dieses Grundrecht sei wichtig – jedoch kein Grundrecht unabdingbarer Natur, wie etwa die Menschenwürde aus Art. 1 GRCh.

Die Behörde geht davon aus, dass das Prinzip der Selbstbestimmtheit des Betroffenen im Datenschutzrecht besondere Bedeutung hat. Was etwa durch das Institut der Einwilligung aus Art. 6 Abs. 1 lit. a, Art. 7 DSGVO unmissverständlich zum Ausdruck komme.

Die LfDI leitet hieraus in einem Erst-Recht-Schluss ab:

Kann der Betroffene durch eine Einwilligung zur Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten seine Zustimmung erteilen und dieser Verarbeitung dadurch eine rechtliche Grundlage verleihen, so muss er auch eine Entscheidungsbefugnis dahingehend haben, ob und in wieweit er seine hierzu im Annex stehenden Betroffenenrechte ausübt bzw. auf diese verzichtet.“

Dies gelte auch in Situationen, in denen es evtl. ein Machtgefälle bzw. Ungleichgewicht zwischen den Parteien gibt – wie im Beschäftigtenverhältnis. Die LfDI macht hier aber eine relevante Einschränkung ihrer Ansicht. Sie sieht insbesondere dort die Möglichkeit der Selbstbestimmtheit, wo es um zurückliegende Verarbeitungen in der Vergangenheit geht.

Formulierung des Vergleiches / Verzichts

Zudem befasst sich die LfDI auch mit der erforderlichen Formulierung einer solchen Vereinbarung. Grundsätzlich müssen die Formulierungen in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich natürlich hinreichend klar und bestimmt sein,

um ein datenschutzrechtliches Betroffenenrecht einvernehmlich auszuschließen“.

Auch eine sog. Salvatorische Abgeltungsklausel, mit der jegliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, abgegolten sein sollen, genügt nach Auffassung der LfDI dem Bestimmtheitserfordernis.

Auch wenn sich die Vereinbarung dem Wortlaut nach „nur“ auf Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“ bezieht, ist dies nach Auffassung der Behörde unschädlich, da das Arbeitsverhältnis gerade Grundlage der Datenverarbeitung ist. Der Bezug zum „Arbeitsverhältnis“ umfasst danach nicht nur arbeitsrechtliche Ansprüche im engeren Sinne,

sondern auch solche datenschutzrechtlicher Art, welche mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen und für welche das Arbeitsverhältnis Verarbeitungsgrundlage war“.

Jedoch macht die LfDI noch eine Einschränkung.

Der Verzicht auf das Betroffenenrecht könne sich nicht auf solche Verarbeitungen beziehen, die der Betroffene noch nicht absehen kann. Hier müsse er weiterhin einen Auskunftsanspruch haben.

Mit Blick auf die Begründung zuvor, dass es sich um Ansprüche aus dem „Arbeitsverhältnis“ handeln muss, scheint die LfDI also eine Grenze zu solchen Verarbeitungen zu ziehen, die erst in Zukunft stattfinden würden.

Insgesamt stellt die Aufsichtsbehörde aber am Ende ihrer Ausführungen noch einmal fest:

Auskunftsansprüche über Datenverarbeitungen der Vergangenheit, genauer über solche Verarbeitungen, welche aus zeitlich vor dem hierauf gerichteten Vertragsschluss (Vergleichsschluss) resultierenden Datenerhebungen stammen, stehen indes grundsätzlich zur Disposition der Vertragsparteien“.

Fazit

Die LfDI vertritt eine, aus meiner Sicht, durchaus pragmatische und eher verantwortlichenfreundliche Position zur Frage, ob Betroffenenrechte abdingbar sind. Wichtig ist der Behörde zurecht eine klar verständliche und transparente Regelung hierzu. Zudem will die LfDI den Verzicht auf das Betroffenenrecht „nur“ für vergangene Verarbeitungen gelten lassen. Wichtig: ob der Betroffene von den vergangenen Verarbeitungen auch tatsächlich Kenntnis hat, scheint keine Voraussetzung aus Sicht der Behörde zu sein.

Spannend wäre jetzt natürlich die Diskussion, ob die Argumentation der LfDI auf andere Betroffenenrechte übertragbar ist (zB das Recht auf Löschung oder Berichtigung) – aus meiner Sicht schon. Zum einen beschränkt die LfDI ihre Ansicht nicht nur auf das Auskunftsrecht. Zum anderen sind die vorgebrachten Argumente durchaus auch für andere Betroffenenrechte anwendbar.