Das LAG Hessen hatte sich in einer Entscheidung (Beschl. v. 11.11.2022, Az. 12 Ta 417/22) zum Gebührenstreitwert eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens auch mit der Frage zu befassen, ob der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO vermögensrechtlicher Natur ist – ob er also (auch) wirtschaftlichen Zwecken dient.
Die Entscheidung des LAG ist unter zwei Aspekten für die Praxis relevant: zum einen für eine mögliche Heranziehung der Begründung im Zuge von klar unbegründeten (bzw. missbräuchlichen) Ansprüchen, wenn diese wegen wirtschaftlicher Motive geltend gemacht werden. Zum anderen für gerichtliche Auseinandersetzungen zu Art. 15 DSGVO und die Frage, welcher Streitwert für solche Ansprüche anzusetzen ist.
Zwei Ansprüche oder einer?
Das LAG trennt Art. 15 DSGVO (meines Erachtens diskutabel) in zwei verschiedene Ansprüche auf.
Der Antrag auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO sei nicht vermögensrechtlicher Natur. Also wenn man so will, der „normale“ Auskunftsanspruch. Dieser Anspruch diene keinen wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen. Das LAG hält (im Grundsatz) einen Gegenstandswert von 500 EUR für angemessen. Jedoch verdoppelt das LAG hier diesen Wert auf 1.000 EUR, da der Auskunftsanspruch auch Informationen über den Gesundheitszustand des Mitarbeiters betreffen könnte, die für den Streit relevant seien.
Der weitere Antrag auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, Art. 15 Abs. 3 DSGVO, sei dann aber nach Ansicht des LAG doch als vermögensrechtliche Streitigkeit zu bewerten. Denn die „Zurverfügungstellung der Daten“ sei nicht anders zu bewerten, als ein Herausgabeverlangen bezüglich Arbeitspapieren.
Andere Ansicht vertretbar
Meines Erachtens ist die Ansicht des LAG zumindest diskutabel und eine andere Auffassung gut vertretbar. Zum einen lässt sich bereits fragen, warum Abs. 1 und Abs. 3 des Art. 15 DSGVO zwei getrennt voneinander existierende Ansprüche sein sollen. Abs. 3 erfasst keine weiteren oder andere Daten und Informationen als jene des Abs. 1. Denn Abs. 3 bezieht sich auch „nur“ auf die personenbezogenen Daten (wie in Abs. 1 bereits genannt). Daher geht etwa auch der EDSA in seinen Leitlinien 01/2022 davon aus, dass Betroffene kein Recht auf Erhalt von Dokumentenkopien haben, in denen personenbezogene Daten enthalten sind (“This, however, does not mean that the data subject always has the right to obtain a copy of the documents containing the personal data, but an unaltered copy of the personal data being processed in these documents”). Zudem würde ich der Ansicht des LAG, dass Abs. 3 ein Anspruch auf Herausgabe von Arbeitspapieren darstellt, nicht folgen. Abs. 3 ist meines Erachtens kein Anspruch auf Dokumenten- oder Kopienherausgabe von Unterlagen, sondern eine besondere Form des Auskunftsanspruchs. Hierfür kann man etwa anführen, dass in der DSGVO an anderer Stelle durchaus auf Dokumente oder Unterlagen an sich abgestellt wird (etwa in Art. 70 Abs. 1 s) „alle erforderlichen Unterlagen, darunter den Schriftwechsel…“ oder ErwG 63 „Daten in ihren Patientenakten“ (man beachte hier auch das „in“)), aber nicht in Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Auch der EDSA geht in seinen Leitlinien davon aus, dass Abs. 3 kein zusätzliches, eigenes Recht darstellt („The obligation to provide a copy is not to be understood as an additional right of the data subject, but as modality of providing access to the data“).
Zum anderen kann man sicherlich auch eine andere Auffassung zu der Frage vertreten, ob Abs. 3 vermögensrechtlicher Natur ist. Hiergegen spricht meines Erachtens allein schon ErwG 63 DSGVO, der vorgibt, dass der Zweck des Recht ist, „um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können“.