Datenschutz-Grundverordnung: jede Datenverarbeitung muss auf ihre Vereinbarkeit mit den neuen Vorgaben überprüft werden

Am 24. Mai 2016 ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Ab dem vom 25. Mai 2018 wird sie in den europäischen Mitgliedstaaten und den Staaten des EWR unmittelbar anwendbar sein.

Unternehmen, Vereine, Verbände und andere Stellen, die bereits derzeit personenbezogene Daten verarbeiten, haben nun knapp zwei Jahre Zeit, sich auf die neuen Vorgaben einzustellen und gegebenenfalls Datenverarbeitungsprozesse, die interne Organisation, Datenschutzerklärungen, etc. auf ihre Konformität mit der DSGVO hin zu prüfen.

Diese Prüfung ist auch dringend erforderlich. Selbst für derzeit rechtmäßige Datenverarbeitungen, mögen sie auf einer Einwilligung oder auch auf einem Erlaubnistatbestand (wie zum Beispiel im Rahmen der Durchführung eines Vertrages) beruhen, wird es nach dem vom 25. Mai 2018 kein einfaches „weiter so“ allein aus dem Grund geben, weil die betreffende Datenverarbeitung derzeit zulässig ist.

Nach Art. 94 Abs. 1 DSGVO wird die noch existierende europäischen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG mit Wirkung vom 25. Mai 2018 aufgehoben. Nationale Datenschutzgesetze, die die Vorgaben der europäischen Datenschutzrichtlinie umsetzen, sind zwar nicht per se ungültig, jedoch genießt das europäische Recht Anwendungsvorrang vor den nationalen Regelungen, soweit sich diese decken. Vorschriften wie etwa § 4a oder § 28 BDSG sind dann zum Großteil nicht mehr anwendbar.

Erwägungsgrund 171 S. 2 DSGVO bestimmt, dass Verarbeitungen, die zum Zeitpunkt der Anwendung der DSGVO (also zum 25. Mai 2018) bereits begonnen haben, innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten der DSGVO (also nach dem 24. Mai 2016) mit der DSGVO „in Einklang gebracht werden“ müssen. Dies bedeutet: nach dem vom 25. Mai 2018 müssen jegliche Datenverarbeitung die in den Anwendungsbereich der DSGVO fallen auch ihre Voraussetzungen erfüllen. Allein die aktuelle Rechtmäßigkeit von derzeit vorgenommen Datenverarbeitungen taugt also nicht, um sie in den Zeitraum nach dem vom 25. Mai 2018 zu übertragen.

Ganz konkret müssen für jede Datenverarbeitung die spezifischen Voraussetzungen aus der DSGVO, also etwa für die Einwilligung aus Art. 6 Abs. 1 lit. a und Art. 4 Nr. 11 DSGVO, erfüllt werden.

Die DSGVO erläutert diese Situation beispielhaft anhand der Einwilligung in Erwägungsgrund 171. Beruht danach die Verarbeitung auf einer Einwilligung gemäß der Richtlinie 95/46/EG, „so ist es nicht erforderlich, dass die betroffene Person erneut ihre Einwilligung dazu erteilt, wenn die Art der bereits erteilten Einwilligung den Bedingungen dieser Verordnung entspricht“. Die entscheidende Aussage verbirgt sich am Ende des Satzes. Den Bedingungen dieser Verordnung. Allein darum geht es.

Zu beachten ist, dass sich diese Prüfung nicht allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen eines jeweiligen Erlaubnistatbestandes beschränkt. Datenverarbeitungen müssen etwa nach Art. 5 Abs. 1 DSGVO auch alle dort aufgezählten Grundsätze kumulativ erfüllen. Das ergibt sich klar aus der Vorgabe „Bedingungen dieser Verordnung“, die sich gerade nicht auf „Voraussetzungen von Art. 6“ oder „Bedingungen des Art. 6“ beschränkt.

Irische Datenschutzbehörde veröffentlicht Jahresbericht 2015

Am 21. Juni 2016 hat die irische Datenschutzbeauftragte, Helen Dixon, den Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde für das Jahr 2015 vorgestellt.

Insbesondere, weil Irland der Standort europäischer Zentralen vieler „digital player“ darstellt, ist der Bericht der Behörde durchaus lesenswert. So wird unter anderem Über Prüfungen bei LinkedIn oder Facebook berichtet.

So berichtet die Behörde, dass man sich, nach einem Audit in 2013, oft mit Vertretern von LinkedIn im Jahre 2015 traf, um gemeinsam über mögliche Anpassungen der Plattform des beruflichen Online-Netzwerks zu reden. Konkrete Ergebnisse dieser Gespräche waren unter anderem Anpassungen bei den Kontrollmöglichkeiten für Mitglieder über die von ihnen bereit gestellten Informationen in dem sozialen Netzwerk.

Ein weiterer interessanter Aspekt sind internationale Datentransfers. Natürlich wird auch kurz das Urteil des EuGH zu Safe Harbor angesprochen. Nach dem Wegfall der betreffenden Kommissionsentscheidung als Grundlage für Datenübermittlungen in die USA, war (und ist es immer noch) für Unternehmen wichtig, alternative Instrumente zu finden. Für Datentransfers innerhalb eines Konzerns bieten sich insbesondere die Binding Corporate Rules (BCR) an. Hierbei handelt es sich um verbindliche, unternehmensinterne Richtlinien, die in Zusammenarbeit mit den europäischen Aufsichtsbehörden erstellt und von diesen genehmigt werden müssen.

Die irische Datenschutzbeauftragte berichtet, dass bereits im Jahr 2015 in vier Verfahren als federführende Aufsichtsbehörde für das Genehmigungsverfahren von BCR agierte. In den ersten Monaten des Jahres 2016 habe die Behörde zudem weitere Anträge von Unternehmen zur Prüfung von BCR erhalten. Diese Zunahme an beantragten Genehmigungsverfahren für BCR, insbesondere im Jahr 2016, dürfte auch mit dem Wegfall von Safe Harbor zusammenhängen. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass BCR eben nur konzerninterne Datentransfers abdecken können und damit nicht für Datenübermittlungen an konzernfremde Unternehmen geeignet sind.

Hamburger Datenschützer: Safe Harbor-Urteil wirkt sich auf Einsatz von Analysetools aus

Seit Jahren herrschte in Deutschland bei der Einbindung von Analysetools durch Webseitenbetreiber, z.B. auch von Google Analytics, eine bewährte und durch die Datenschutzbehörden akzeptierte Praxis. Im Jahre 2009 hatten sich die deutschen Datenschutzbehörden auf Vorgaben für eine datenschutzkonforme Ausgestaltung von „Analyseverfahren zur Reichweitenmessung bei Internet-Angeboten“ (PDF) geeinigt. Auf Betreiben der Datenschutzbehörde in Hamburg hin hat zudem Ende 2009 auch Google verschiedene Anpassungen an seinem Produkt Google Analytics vorgenommen, um einen aus Sicht der Datenschutzbehörden beanstandungsfreien Betrieb durch Webseitenbetreiber gewährleisten zu können.

Webseitenbetreiber mussten den von Google vorbereiteten Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung schriftlich abschließen. Zudem mussten Nutzer der Webseite in der Datenschutzerklärung über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von Google Analytics aufgeklärt und auf die Widerspruchsmöglichkeiten gegen die Erhebung personenbezogener Daten durch Google Analytics hingewiesen werden. Hierbei sollte auf die entsprechende Seite „http://tools.google.com/dlpage/gaoptout?hl=de“ verlinkt werden. Durch entsprechende Einstellungen im Google-Analytics-Programmcode musste die Kürzung von IP-Adressen in Auftrag gegeben werden (Funktion „_anonymizeIp()). Zuvor erhobene Altdaten mussten gelöscht werden. Diese Anforderung finden sich etwa noch auf der Webseite der Datenschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen. Von der Webseite des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz wurden sie entfernt.

Der Grund: nach einer Mitteilung des Datenschutzbeauftragten aus Hamburg (Stand: Juni 2016) unterliegt die bisher veröffentlichte Handreichung zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an Webseitenbetreiber mit Sitz in Hamburg beim Einsatz von Google Analytics unter anderem wegen des Urteils des EuGH vom 06.10.2015 (C-362/14- Schrems) zur Ungültigkeit der Entscheidung der Kommission zum sogenannten Safe-Harbor-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Herstellung eines angemessenes Schutzniveaus einer datenschutzrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer Überarbeitung.

Der Hamburger Datenschützer weist in seiner Mitteilung darauf hin, dass nach Ziffer 4.7 der Anlage 1 „Regelungen zur Auftragsdatenverarbeitung“ der Google Analytics-Bedingungen zur Herstellung der Angemessenheit des Datenschutzniveaus für Datenübermittlungen in die USA auf die für ungültig erklärte Safe-Harbor-Entscheidung verwiesen wird. Die Angemessenheit des Datenschutzniveaus kann auf dieser Grundlage rechtlich jedoch nicht mehr sichergestellt werden. Die Schlussfolgerung des Datenschutzbeauftragten:

Dies wirkt sich unmittelbar auf den Einsatz des Dienstes aus. Eine Überprüfung der von uns empfohlenen Maßnahmen ist eingeleitet, allerdings noch nicht abgeschlossen. Wir stehen dabei auch im Gespräch mit dem Unternehmen Google.

Man wird nun abwarten müssen, welches Ergebnis nach der Überprüfung durch die Behörde und auch nach den Gesprächen mit Google selbst am Ende herauskommt. Eventuell wird die Behörde von Google fordern, dass Kunden ab sofort die EU-Standardvertragsklauseln abschließen müssen. Diese alternativen Übermittlungsinstrumente werden, so der Hamburgische Datenschutzbeauftragte in einer Pressemitteilung vom 6. Juni 2016, „derzeit nicht beanstandet“.

Datenschutz-Grundverordnung: Bayerische Behörde veröffentlicht Hinweise zu Schwerpunktthemen

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist in Kraft. Bis zum 25 Mai 2018, dann ist sie anwendbar, müssen Unternehmen in Europa die eigenen Datenverarbeitungsprozesse auf ihre Konformität mit den neuen Regelungen prüfen.

Das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) ist, wie andere Aufsichtsbehörden in Europa, derzeit bemüht, eine einheitliche Sichtweise und Interpretationen zu den neuen Gesetzesvorgaben zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang kündigte die Behörde letzte Woche an, dass man in regelmäßigen Abständen (wohl zweimal im Monat) kurze Übersichtspapiere zu ausgewählten Schwerpunkten der DSGVO veröffentlichen wird. Hierbei soll es sich um Informationen zur gegenwärtigen Auslegung verschiedener Vorschriften der DSGVO handeln. Die Behörde weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesen Übersichtspapieren noch nicht um verbindliche Auffassungen handelt.
Auch wenn es sich nur um eine erste Auslegungs- und Interpretationshilfe durch eine Aufsichtsbehörde handelt, ist der Schritt des BayLDA, derartige Hinweise zu veröffentlichen, meines Erachtens uneingeschränkt zu begrüßen.

Das erste Übersichtspapier (PDF) widmet sich der „Sicherheit der Verarbeitung“ (Art. 32 DSGVO). Nach Art 32. Abs. 1 1. HS DSGVO haben der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter, unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.

Das BayLDA nennt als klassische Schutzziele der IT-Sicherheit die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit, die sich auch in der DSGVO an zentraler Stelle in Art. 32 Abs. 1 DSGVO finden. Jedoch führt die DSGVO auch ein neues Schutzziel ein: die Belastbarkeit. Nach Auffassung des BayLDA müssen Verantwortliche (ich möchte ergänzen: und auch Auftragsverarbeiter) künftig auch die Belastbarkeit der Systeme und Dienste, die in Zusammenhang mit der Verarbeitung stehen, gewährleisten. Welche Maßnahmen jedoch konkret zur Belastbarkeit positiv beitragen, wird in der DSGVO nicht erwähnt.

Des Weiteren weist das BayLDA darauf hin, dass Art. 32 Abs. 1 DSGVO von geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen spricht, die der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter unter Berücksichtigung u. a. des Stands der Technik und der Implementierungskosten zu treffen haben. Nach Ansicht der Behörde wird einerseits stets zu prüfen bleiben, was beim jeweiligen Verfahren als Stand der Technik angesehen wird. Anderseits wird auch die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme hinsichtlich des Aufwands zu diskutieren sein. Die Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung muss zudem nachgewiesen werden können (Rechenschaftspflicht, Art. 5 Abs. 2 DSGVO). Nach Ansicht der Behörde werden in diesem Zusammenhang in Zukunft genehmigte Verhaltensregeln und Zertifizierungen an Bedeutung gewinnen.

Hamburg Authority Reviews Recommendations For The Implementation Of Google Analytics

The previously published handout by the Data Protection Commissioner of Hamburg (“Commissioner”) about the data protection requirements for website operators based in Hamburg and their use of Google Analytics is subject to a review and possibly revision. According to a statement (German) by the Commissioner, this review is necessary inter alia because of the judgment of the European Court of Justice of 6.10.2016 (Case C-362/14 – Schrems) in which the court invalidated the adequacy decision of the European Commission for so-called Safe Harbor Agreement with the United States of America.

Paragraph 4.7 of Appendix 1 of the „Data Processing Agreement“ for the Google Analytics terms (PDF, German) refers to the now invalidated Safe Harbor Decision in order to create an adequate level of protection for personal data when it is transferred to the USA.

The adequacy of the level of data protection can no longer be guaranteed on this basis. According to the Commissioner, this “directly affects the use of the service”. A review of the recommendations has been initiated, but is not yet completed. The Commissioner is also in contact with Google.

In the past, the Data Protection Authority of Hamburg negotiated a solution for website operators in Hamburg to lawfully use Google Analytics. This solution was also acknowledged by the other German Data Protection Authorities. In the view of the authorities, the implementation of the tool required the following measures:

  • Conclusion of a data processing agreement (PDF, German) with Google
  • Activation of anonymization of the IP address (IP masking)
  • Information and link to an opt-out Add-on for Browsers and link to an opt-out Cookie
  • Amendment of the privacy policy with additional information about Google Analytics and the possibility to opt-out

This whole process was necessary because the authorities are of the opinion that an IP address must be considered “personal data”. This week, the Commissioner clarified that the use of alternative instruments for data transfers to third countries, especially the EU Model Clauses, will currently not be challenged. Perhaps the Commissioner will require Google to offer such EU Model Clauses for Google Analytics.

Hamburg Data Protection Watchdog Fines International Companies For Illegal Data Transfers

Today, the Data Protection Authority of Hamburg (“authority”) informed in a press statement (German) that, in the past months, it reviewed the data transfers of 35 international organizations based in Hamburg.

After the Schrems judgment in October 2015 by the European Court of Justice, declaring the former Safe Harbor-decision by the European Commission invalid, the authority contacted organizations in Hamburg operating also in the USA and reviewed the legality of the transfer of personal data to America, especially if other instruments than the Safe Harbor-decision was used. According to the press statement, the tests have shown that the vast majority of the companies had changed the legal basis of their transfers of data, implementing the so-called standard contractual clauses which are also based on a decision by the European Commission.

However, the authority informs that a few companies had not switched to a valid alternative within half a year after the judgement. The data transfers of these companies were therefore considered unlawful.
While some of the initiated proceedings could until now not be completed and other reviews are still running, three administrative fines issued due to illegal transfers of personal data of customers and employees have become legally binding now.

With regard to the new EU-US Privacy Shield, the designated successor of the Safe Harbor-decision, the Data Protection Commissioner of Hamburg, Prof. Caspar, calls on the European Commission and the US government to revise the draft decision in several key areas. Against this background, Prof. Caspar also wants to put the question of the legality of the EU standard contractual clauses on the table. But the commissioner also highlights that the use of these alterative instruments for data transfers to third countries is currently not objected.

Update:
According to a report by Spiegel Online (German), the three fined companies are Adobe (fine: 8.000 Euros), Punica (fine: 9.000 Euros) and Unilever (fine: 11.000 Euros). Since all three companies have changed the legal basis for data transfers during the proceeding, the fine was significantly smaller than the theoretical maximum of 300.000 Euros.