Das VG Berlin hat mit Beschluss vom 31.01.2014 (Az.: VG 1 L 17.14) entschieden, dass die Staatsanwaltschaft Berlin in einer offiziellen Pressemitteilung vom 20.01.2014 (PM 02/2014) folgende Überschrift verwenden durfte:
„Datenklau im Bundesgesundheitsministerium – Anklageerhebung gegen einen externen IT-Administrator des Ministeriums und einen Apothekenlobbyisten“
Der dort als „Apothekenlobbyist“ bezeichnet Antragsteller begehrte die Löschung dieser Pressemitteilung von der Webseite „Berlin.de“, da er sich hierdurch in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Nachdem im Dezember 2012 in der Öffentlichkeit bekannt wurde, dass vertrauliche Daten des Bundesgesundheitsministeriums auf ungeklärte Weise in die Hände von nicht dem Ministerium zugehörigen Personen gelangt waren, hatte die Staatsanwaltschaft Berlin im Dezember 2013 beim Landgericht Berlin Anklage gegen den Antragsteller erhoben. In dieser wurde ihm das Ausspähen von Daten nach dem Strafgesetzbuch sowie Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) vorgeworfen. Die Zustellung der Anklage an den Antragsteller erfolgte am 17. Januar 2014.
Das VG sah in dieser, weiterhin abrufbaren Pressemitteilung, jedoch keinen hoheitlichen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Zwar liege ein hoheitlicher Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) vor. Dieser sei vorliegend jedoch nicht rechtswidrig.
Maßstab für die Rechtmäßigkeitsprüfung amtlicher Äußerungen sei, dass 1) sich der Amtsträger mit seinen Äußerungen im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt, 2) die rechtsstaatlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen gewahrt sind (Sachlichkeitsgebot) und 3) die Äußerungen nicht unverhältnismäßig sind.
All diese Voraussetzungen waren vorliegend erfüllt. Hinsichtlich des Begriffes „Datenklau“ führt das VG aus, dass die zuständige Pressestelle der Generalstaatsanwaltschaft Berlin diesen Begriff in der Pressemitteilung verwendet,
um schlagwortartig den Umstand zu bezeichnen, dass sie gegen den Antragsteller und einen weiteren Beteiligten wegen des Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Strafvorschriften Anklage erhoben hat
Hierbei handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, deren objektive Richtigkeit einer Beweiserhebung zugänglich ist. Daraus folge, dass diese Aussage den Antragsteller nur dann in seinem Persönlichkeitsrecht verletzen würde, wenn sie unwahr oder unverhältnismäßig wäre. Beides sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn unbestritten legt die Anklageschrift dem Antragsteller Vergehen nach § 202a StGB („Ausspähen von Daten“) und dem BDSG zur Last. Die diesen Tatvorwürfen zugrunde liegenden Sachverhalte zusammenfassend als „Datenklau“ zu bezeichnen sei weder unwahr, noch unverhältnismäßig. Zudem ergebe sich für jeden verständigen Leser, dass „Datenklau“ kein dem Strafgesetz entnommener Begriff sei, zumal in dem Text der Pressemitteilung eine genauere Erläuterung der Tatvorwürfe unter Nennung der relevanten Normen erfolge.
Schließlich sei der Begriff „Datenklau“ zwar plakativ. Jedoch sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller hierdurch über Gebühr belastet werde. Die vorzunehmende Abwägung seiner privaten Interessen gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit falle hier zu seinen Lasten aus.
Insbesondere stellt das VG darauf ab, dass die Pressestelle diesen Begriff nicht neu erfunden und damit erstmalig in die öffentliche Diskussion eingebracht hat. Vielmehr handele es sich um ein seit Monaten in den Medien für die zugrunde liegenden Vorgänge verwendetes Schlagwort. Der Begriff war der Öffentlichkeit daher in Verbindung mit den Ermittlungen bekannt und sorgte in der interessierten Öffentlichkeit für einen hohen Wiedererkennungswert.
Auch der Begriff „Apothekenlobbyist“ sei nicht unwahr oder seine Verwendung unverhältnismäßig. Denn die Staatsanwaltschaft bezeichnet den Antragsteller in der Anklageschrift mindestens einmal als „Lobbyist“. Zudem werde der Antragsteller durch diese Bezeichnung nicht unverhältnismäßig belastet, da „Lobbyist“ grundsätzlich eine normale Berufsbezeichnung sei. Das VG führt aus:
Die „negative Konnotation“, welche der Antragsteller dem Begriff zuschreibt, mag in bestimmten Konstellationen gegeben, dann aber vor allem auf die Wahl der eingesetzten, möglicherweise unlauteren Mittel bestimmter Lobbyarbeit zurückzuführen sein
Insgesamt wurde die Rechtswidrigkeit des Eingriffs daher abgelehnt. Gegen die Entscheidung des VG kann der Antragsteller noch eine Beschwerde zum OVG erheben.