Nach der öffentlichkeitswirksamen Ankündigung für Facebook Home, welches sich wie eine Hauptebene über alle andere Apps und Anwendungen auf einem (Android-)Handy legen wird, überrascht die Meldung, dass Google kurz vor dem erfolgreichen Abschluss der Übernahme der Messaging App WhatsApp sei nicht wirklich. (UPDATE, 09.04.2013: Der Leiter der Business Development Abteilung von WhatsApp widerspricht den Gerüchten um einen angeblichen Verkauf an Google.)
Bereits Microsoft hatte vor längerer Zeit die nun durch Home umgesetzte Idee, des auf den User fixierten Aufbaus von Smartphone-Anwendungen, in seinem Windows Phone umgesetzt, war damit allerdings weniger erfolgreich.
Der Wunsch
Der Trend, der sich durch Home oder auch die geplante Übernahme von WhatsApp durch Google abzeichnet ist klar: Jeder Internet-/Mobildiensteanbieter möchte der Erste sein, welcher mit seinen Produkten die Kunden erreicht. Und dann soll der Kunde in diesem Angebot gehalten werden. Das mobile Leben soll sich soweit wie möglich unter dem Dach eines Anbieters abspielen. Dafür ist aber auch erforderlich, dass dem Nutzer alles geboten wird, was er vorher in verschiedenen Apps und Anwendungen auf seinem Telefon verteilt hatte.
Home wird über den Facebook-Messenger natürlich auch das Schreiben von Nachrichten und Videotelefonie ermöglichen. Ein weiterer Klick in die Skype-App, die SMS-Nachrichten oder eine andere App? Überflüssig. Sollte Google nun WhatsApp übernehmen bestünde zumindest die Möglichkeit, dass der Nachrichtendienst ebenfalls derart in die Android-Systeme der Mobieltelefone integriert wird, dass in Zukunft eine einheitliche Hauptanwendungsebene entsteht, aus der heraus alle nötigen Funktionen genutzt werden können. Die Idee des Zusammenführens der Chat Funktionen aus verschiedenen Google-Diensten besteht ebenfalls schon, Babble.
Betrachtet man sich diese Entwicklungen und die Meldungen in den Medien, so erscheint es als ob die großen Konzerne wie Google und Facebook sich auf einem Wettlauf in Richtung der Nutzer befinden. Ein Wettlauf bei dem es darum geht der Erste zu sein, mit dem der User agiert, wenn er sein Handy nutzt. Ein weiteres Beispiel ist etwa die Datenbrille von Google, Google Glass. Das finale Stadium dieser Annäherung wäre dann die Verschmelzung von Mensch und Technik. Ist der Dienst dann noch entsprechend funktional und umfangreich aufgebaut, ist es geschafft. Der „bequeme“ End-Nutzer wickelt praktisch all seine Kommunikation, Suchanfragen etc. unter dem Dach einer Hauptanwendung ab.
Die Realität
Man kann diese Entwicklung nun natürlich sehr kritisch und mit Sorge sehen. Ein Monopolanbieter für praktisch alle über das Smartphone abgewickelte Tätigkeiten? Die so entstehende Datenflut und potentielle Analysemöglichkeiten scheinen unbegrenzt. Und sicherlich wird diese Form der Kanalisierung und Zusammenführung der Anwendungen und Datenströme bei einem Anbieter auch in Zukunft datenschutzrechtliche Fragen aufwerfen.
Andererseits muss man jedoch auch erkennen, dass viele Nutzer nicht unbedingt auf diesen Zug aufspringen möchten. Zwar soll Home vor allem in der Altersgruppe der Teenager und junger Erwachsener Facebook wieder Auftrieb verleihen. Es wird aber etwa auch in Zukunft Apps und Anwendungen geben, die für bestimmte Tätigkeiten innovativer daher kommen also bereits bestehende Funktionen der großen Anbieter. Bestes Beispiel: WhatsApp. Auch werden andere Anbieter darüber nachdenken, es Home gleich zu tun. Zudem ist nicht auszuschließen, dass sich bei den Nutzern eine Art von Sättigungsgefühl einstellen wird. Nicht jeder möchte die ganze Zeit mit Statusmeldungen oder neuen Bildern seiner Freunde aus einem sozialen Netzwerk überflutet werden.
Hier verläuft ein schmaler Grad zwischen optimal dargebotener, zentralisierter Funktionalität durch einen Anbieter und abschreckender, monotoner Nutzungszwänge und einer Reizüberflutung. Das Rennen ist in vollem Gange: Das Ziel ist der Mensch, der Weg sein Mobiltelefon.