Es gibt viele Schlagworte zur Umschreibung des erklärten Ziels von Datenschützern, Verbraucherorganisationen oder auch nationalen und internationalen Gesetzgebern, welches bei dem zukünftigen Umgang mit persönlichen Informationen in unserer digitalen Welt als oberste, schützenswerte Maxime ausgegeben wird: Datenschutz, Privatsphäre, Privacy u. a.
In mehr oder minder starker Ausprägung soll es darum gehen, die Bürger und Nutzer von (digitalen) Angeboten vor einer völligen ungewollten oder unbewussten Offenlegung und Weitergabe ihrer Informationen zu schützen. Ein, meist gesetzlich determiniertes, Schutzschild (wie etwa die neue Datenschutz-Grundverordnung) oder hierauf basierende Verteidigungswerkzeuge (Recht auf Vergessenwerden, hohe Geldstrafen etc.) zwischen den schwachen und ahnungslosen Nutzern und den mächtigen und allwissenden Unternehmen. Überspitzt formuliert: David gegen Goliat auf dem Schlachtfeld der Daten und die Steinschleuder soll optimiert oder sogar von Dritten geschwungen werden.
Die Angst vor dem Unbekannten
Die Skepsis und auch Angst vor einer unbewussten Preisgabe zu vieler, eventuell auch intimer Informationen, rührt heutzutage vor allem aus einer grundsätzlichen Skepsis gegenüber jedem Unternehmen, welches in großem Umfang Daten verarbeitet und der mangelnden Kontrolle und Information darüber, wie dies geschieht. Diese Vorsicht und generelle Abneigung gegenüber neuen und unbekannten Angeboten und Technologien (die im Übrigen derzeit öffentlichkeitswirksam eher von den Dritten und nicht von David selbst geäußert wird) mag freilich teilweise berechtigt sein, teilweise jedoch gleicht sie auch einem undifferenzierten „Hau den Lukas“. Doch technologischer Fortschritt benötigt Innovation und damit einhergehend auch Entwicklungsfreiheiten, meist über altbekannte Grenzen hinaus. Besteht auf dem Gebiet der Informationstechnologien damit nun ein unlösbarer Widerspruch zwischen dem Schutzanspruch auf digitale Privatsphäre und der sich weiter entwickelnden, vernetzten Welt?!
Doch was geschieht, wenn es nicht zu einem Kampf kommt?
Nicht, wenn es gelingt, den Kampf zu umgehen und bereits das digitale Schlachtfeld zu meiden. Doch wie soll dies gelingen? Wie kann Goliat, als derjenige, vor dem sich alle fürchten und dem sie mit erhobenen Schilden begegnen, ein Klima erzeugen, in dem die Steinschleudern beiseite gelegt und die Schilder gesenkt werden? Der Schlüssel zum Erfolg: Vertrauen. Vertrauen als Basis der freiwilligen Zurverfügungstellung der eigenen Daten. Vertraut der Bürger den Unternehmen, dass diese respektvoll, rechtmäßig und ihnen gegenüber offen mit seinen Daten umgehen, wenn er ihre Dienste in Anspruch nimmt, so verfliegt die Angst vor dem Unbekannten und den internationalen „Datenkraken“.
Vertrauen durch Transparenz
Um dieses Vertrauen herzustellen, gibt es nun viele Möglichkeiten. Sicher ist jedoch eine bedeutende, die Erzeugung von Transparenz. Nicht aus Zufall veröffentlichen die größten Medienunternehmen der Welt wie Google, Microsoft oder Twitter seit kurzem Transparenzberichte dazu, aus welchen Ländern die staatlichen Behörden Anfragen an sie gerichtet haben, um Informationen zu über Nutzer gespeicherte Daten zu erhalten. Man gibt sich offen und hat nichts zu verbergen.
Hierbei erhalten die privaten Unternehmen aber auch mittelbare (ungewollte, aber bestimmt geschätzte) Unterstützung. Der Staat rückt immer mehr als unliebsamer Datensammler in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Einsatz von Drohnen, die geplante Vorratsdatenspeicherung oder die Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Den Bürgern wird, auch durch die Ergebnisse der Transparenzberichte, bewusst, dass nicht nur Unternehmen Interesse an ihren Daten besitzen. Der häufig vorgebrachte Grund zur massenhaften Sammlung und Auswertung der Bürgerdaten, die Abwehr von Gefahren, wie z. B. terroristischen Angriffen, verfängt schon lange nicht mehr als akzeptierte Legitimation.
Vertrauen durch Aufklärung
Ein weiteres Element, um Vertrauen aufzubauen, liegt in der proaktiven Aufklärung der Bürger darüber, was Datenschutz für Unternehmen bedeutet, wie sie mit den Daten der Nutzer umgehen und auch wie die Nutzer selbst mit ihren Daten umgehen sollten. Auch diesen Baustein des Vertrauens lernen Unternehmen immer mehr zu schätzen. Datenschutz wird zum eigenen Politikum. Er wird zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, denen das Image der unkontrollierten und intransparenten Datensammler weiter anhaftet. Microsoft gibt online Tipps zu eigenen Produkten, aber auch zu allgemeinen Fragen rund um die Sicherheit im Netz. Facebook gibt die Zusammenarbeit mit den Generalanwälten der US-Bundesstaaten bekannt, um die Aufklärung für Schüler und deren Eltern in Bezug auf ihre Privatsphäre in dem sozialen Netzwerk und im Internet zu verbessern.
Vertrauen als Grundlage der Einwilligung
Besteht dann ein Grundvertrauen, so müssen die Unternehmen nicht etwa gesetzliche Erlaubnistatbestände, mit schwer handhaben Begriffen wie „Drittinteressen“ oder einer notwendigen Abwägung zwischen den eigenen und den Nutzerinteressen bemühen. Vielmehr wird sich aufgrund der Vertrauensbasis eine freiwillige und auch gewollte Übermittlung der Nutzerdaten einstellen. Die Legitimationsgrundlage findet sich in der Einwilligung der Nutzer. Wissen diese, was mit ihren Daten geschieht, wer sie erhält und zu welchem Zweck, so erscheint diese freiwillige Weitergabe der eigenen Daten nur als logische und begrüßenswerte Konsequenz einer digitalen Gesellschaft.
Wie gewonnen so zerronnen?
Doch gilt es für Unternehmen, bei dieser begrüßenswerten Strategie des Vertrauensaufbaus, auch die Gefahren zu beachten, welche sich aus einem Missbrauch von Vertrauen ergeben. Ob im Internet auch das Sprichwort „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht“ Anwendung findet, sei dahingestellt. Sicherlich werden es jedoch Unternehmen durch eine Nutzerabwanderung zu spüren bekommen, wenn sie einmal geschaffenes Vertrauen missbrauchen. Ausnahmen mag es im Bereich der Monopolisten geben, wenn tatsächlich kein gleichwertiges Angebot verfügbar und praktisch eine zwangsweise Nutzung erforderlich ist.
Zu dem Missbrauch des Vertrauens sollte man auch nicht unbedingt Sicherheitslücken und etwa den Diebstahl von Kundendaten durch Dritte zählen. Denn vielen Nutzern ist bekannt, dass es die 100%ige Sicherheit nie geben wird. Was jedoch für sie zählt, ist ein erkennbares Bemühen um Offenheit und Klarheit bei dem Umgang mit den Daten. Dieses gilt es in Zukunft für Unternehmen zu schaffen und auch zu bewahren. Natürlich spielen auch andere Faktoren, gerade etwa die Attraktivität eines Angebotes ebenfalls für die Entscheidung der Nutzer eine Rolle, ob sie ihre Daten zur Verfügung stellen. Doch wird ein neues Feature nicht unbedingt allein dafür sorgen, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
Ausblick
Denn Vertrauen ist grundsätzlich erst einmal technologieneutral. Es ist ein Gefühl und eine Wahrnehmung, die erzeugt werden muss. Setzen Unternehmen ihre Anstrengungen in dieser Richtung fort und bauen diese aus, man denke vor allem an transparente Informationen zur Datenverarbeitung, an Erläuterungen der internen Abläufe oder schnelle und unkomplizierte Hilfe bei Nutzeranfragen, dann wird sich dies in Zukunft auszahlen. Vertrauen in den Umgang mit Daten kann der eine, wichtige Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten werden, der „Stammkunden“ erzeugt. Die internationalen Medienunternehmen haben dieses Potential erkannt. Die Bürger können hierbei nur gewinnen… und vertrauen.
Die oben beschriebene Vertrauensbildend sollte aus meiner Sicht noch um eine weitere Rahmenbedingung ergänzt werden:
Möglichkeit zum Agieren auf Augenhöhe
Vertrauen zwischen Unternehmen/ Institutionen und Verbrauchern kann dann entstehen, wenn klar ist, dass bei zerstörtem Vertrauen, die Verbraucher auf Augenhöhe mit den Unternehmen die Konsequenzen ziehen können. Sofern es so ist, dass Unternehmen auch nach zerstörtem Vertrauen am längeren Hebel sitzen, wird gar kein echtes Vertrauen entstehen.
Damit Verbraucher auf Augenhöhe agieren können, benötigen Sie einerseits Werkzeuge und einen entsprechenden Organisationsgrad, mit deren Hilfe sie ihre Interessen durchsetzen können. Als Werkzeug haben wir das Portal safeaddress.de programmiert und bzgl. der Organisationsform halten wir eine Nutzergenossenschaft für wirksam.
Dann klappt es auch mit dem Vertrauen.