Die CDU als rechtswidriger Datensammler? Nach den Berichten der letzten Tage in den Medien konnte man der Meinung sein, dass die Partei mit ihrer neuen Kampagne „Was mir am Herzen liegt“, sich über geltendes Datenschutzrecht hinweg setzt und die Teilnehmer zu einer „abgenötigten“ Einwilligung zwingt.
Auf der Internetseite zu der Kampagne besteht für jeden Bürger, mindestens unter Angabe von Vorname, Nachname und der E-Mail Adresse, die Möglichkeit, seine Meinung zu einem bestimmten politischen Thema an die CDU zu übermitteln. Die Einwilligung in die dort bereitgehaltene Datenschutzerklärung ist verpflichtend und beinhaltet das Einverständnis in den Erhalt von Informationsmaterial der CDU, sowohl per Post als auch per E-Mail. Es geht also auch um Werbung, wobei die CDU der Ansicht ist, dass „Informationsmaterial“ nicht mit „Werbung“ gleichzusetzen sei.
Erster Kritikpunkt
Datenschützer kritisieren nun zum einen, dass aus dem Inhalt der Einwilligung nicht klar hervorgehe, was mit personenbezogenen Daten geschieht, wenn der Nutzer diese bereits eingegeben hat, dann jedoch die Einwilligung ablehnt. Dann wird ihm eine Meldung präsentiert, dass die Markierung des Feldes „Datenschutzerklärung“ erforderlch sei. Die Frage ist also, was geschieht mit den eingegebenen Informationen nach dem Klick auf „senden“, ohne die Einwilligung erteilt zu haben? Denn eventuell werden diese auf den Servern zwischengespeichert. Diese Kritik scheint berechtigt. Das BDSG geht vom Grundsatz der Datenvermeidung und –sparsamkeit aus (§ 3a BDSG). Nicht benötigt personenbezogene Daten sind daher zu löschen.
Zweiter Kritikpunkt
Vor allem wird sich jedoch daran gestoßen, dass die CDU die politische Online-Beteiligung der Bürger obligatorisch von deren Einwilligung zum Erhalt von Werbung abhängig mache. Solch eine Art von eventuell unzulässiger Kopplung sei ansonsten nur aus der Wirtschaft bekannt. Zwar gelte des Kopplungsverbot des BDSG (§ 28 Abs. 3b BDSG) nur für den Fall des Vorliegens eines Vertrages, jedoch lasse sich zumindest der dahinter stehende Rechtsgedanke erkennen, dass eine Verknüpfung von Einwilligung und Nutzung des Angebotes (hier, der politischen Beteiligung) unzulässig sei.
Zunächst kann die CDU nicht etwa anführen, dass sie als politische Partei nicht einem Wirtschaftsunternehmen gleichzusetzen sei, welches (unerwünscht) Werbematerial verschickt. Dass in solchen Fällen ein Parteienprivileg nicht vorliegt, hat das Kammergericht (Urt. v. 21.09.2001 – 9 U 1066/00; bestätigt durch das BVerfG) bereits für den Einwurf von Werbepost klargestellt. Es besteht kein Unterschied zwischen Konsumwerbung und politischer Werbung, um Wählerstimmen zu gewinnen. Dies wird man auch für elektronische Werbung übernehmen können.
Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit des nachträglichen Widerrufs der erteilten Einwilligung, nicht etwa gegen das Gesetz verstößt. § 28 Abs. 3 a S. 1 BDSG lässt dies vielmehr ausdrücklich zu, wenn (wie hier) die Einwilligung elektronisch erklärt wird. Schon denklogisch kann ja der Widerruf nur nach oder frühestens mit Erteilung der Einwilligung möglich sein.
Das Kopplungsverbot
Dies beruht in seiner heutigen Form auf der BDSG Novelle II aus dem Jahre 2009. In der Gesetzesbegründung (Bundestag Drucksache 16/12011) auf S. 33 wird deutlich, dass es dem Gesetzgeber um die unzulässige Verknüpfung von der Einwilligung in den Erhalt von Werbung und einem Vertragsschluss ging. Der Betroffene darf also nicht dazu gezwungen werden eine vertragliche Leistung nur dann in Anspruch nehmen zu können, wenn er seine Einwilligung in den Erhalt von Werbung erteilt (wenn diese Leistung ohne eine solche Einwilligung nicht oder in nicht zumutbarer Weise von anderen angeboten wird). Nun könnte man bereits fragen, ob das Kopplungsverbot auf die hier vorliegende, vertragslose Konstellation entsprechend anwendbar ist, wenn der Gesetzgeber den Vertragsschluss so eindeutig hervorhebt. Ein erst-recht-Schluss („erst recht, wenn keine Verknüpfung mit einem Vertrag besteht“) könnte ebenso fehl gehen, da der Nutzer vorliegend ja keinen Vertrag schließt. Man könnte daher argumentieren, dass die negativen Auswirkungen weniger schwer wiegen, als im Fall der Verknüpfung von Einwilligung mit einem abzuschließenden Vertrag und dessen Bindungswirkung.
Erst-recht bei politischer Beteiligung?
Eine andere berechtigte Frage, um die es eigentlich im Kern der öffentlichen Diskussion geht, ist, ob es einer politischen Partei erlaubt, wenn sie eine Bürgerbeteiligung von einer solchen Einwilligung abhängig macht?
Die einzig mir in den Sinn kommende entsprechende Anwendung des Kopplungsverbotes wäre hier insoweit zu argumentieren, dass die politische Beteiligung viel höher einzustufen sei, als die Inanspruchnahme einer vertraglichen Leistung. Besteht hier eine Verknüpfung von Einwilligung und politischer Beteiligung, dann könne dies aufgrund des Stellenwertes der Bürgerbeteiligung in einer Demokratie erst recht nicht erlaubt sein. Der Bürger ist dann sozusagen noch schützenswerter. Es geht daher im Kern darum, ob man die politische Beteiligung als mindestens so wichtig ansieht, wie die Inanspruchnahme einer vertraglichen Leistung. Dafür gibt es gute Gründe. Dem schließt sich jedoch etwa die Frage an, ob denn nicht eine andere zumutbare Möglichkeit der politischen Beteiligung besteht?
Einwilligung als Rechtsgrundlage
Zuletzt sei darauf verwiesen, dass bei Fehlen eines Vertrages und dem Bestreben einer verantwortlichen Stelle, Werbung versenden zu wollen, diese dafür irgendeine Rechtsgrundlage benötigt. Dies kann dann nur die Einwilligung der Nutzer sein. Dies bestätigt auch § 28 Abs. 3 S. 1 BDSG. Zwar wäre ein Versand von Werbung in eigener Sache an Betroffene auch dann ohne Einwilligung möglich, wenn die dazu erforderlichen Daten bei den Betroffenen selbst erhoben werden, § 28 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BDSG. Jedoch setzt diese Erlaubnisnorm dann erneut ein rechtsgeschäftliches oder rechtsgeschäftsähnliches Schuldverhältnis voraus, welches hier eben nicht vorliegt. Es bleibt damit allein bei der Einwilligung nach §§ 28 Abs. 3 S. 1, Abs. 3a BDSG als Rechtsgrundlage.
Die CDU muss sich also die Einwilligung der Betroffenen einholen, wenn sie Werbung versenden möchte.
Fazit und Lösung
Im Ergebnis geht es um eine Gewichtung der Schutzwürdigkeit und dem Recht auf politische Beteiligung des Bürgers auf der einen und dem Interesse einer politischen Partei an der Vermittlung ihrer Ideen und Gewinnung von Wählern auf der anderen Seite.
Warum die CDU bisher nicht reagiert und die Möglichkeit der Beteiligung auch ohne Werbeeinwilligung anbietet bleibt offen.
Mein Tipp: Einfach den Widerruf der Einwilligung direkt in den abzusenden Text, am Ende einfügen.