Immer wieder lese ich im Internet Datenschutzhinweise, in denen etwas steht wie:
„Bei Fragen jeglicher Art bieten wir Ihnen die Möglichkeit, mit uns über die auf der Webseite angegebene E-Mailadresse des Kundenservice Kontakt aufzunehmen. Ihre Angaben werden zur Beantwortung Ihrer Anfrage verarbeitet. Die Datenverarbeitung zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit uns erfolgt nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO auf Grundlage Ihrer freiwillig erteilten Einwilligung.“
Ähnliche Texte gibt es auch zur Kommunikation via Kontaktformular (was ja im Hintergrund oft auch nur eine Mail auslöst).
Verwendung ohne Not
Und jedes Mal, wenn ich solche Angaben lese, denke ich: ihr glaubt doch nicht wirklich, dass so eine Kontaktaufnahme als Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO gewertet werden kann? Wie soll das gehen? Wie dokumentiert ihr die Einwilligung? Wo findet man den Text der Einwilligungserklärung?
Wie so oft im Datenschutzrecht, werden solche Placebo-Hinweise aus Un- und fehlender Fachkenntnis oder mangelndem Willen zur richtigen Beratung in der Sache einfach „rausgefeuert“. Oft auch übernommen aus falschen Standardmustern.
Mit potentiellen Risiken
Für die Unternehmen, Vereine oder öffentliche Stellen, die solche Hinweise verwenden, kann dies (im worst case) durchaus negative Konsequenzen haben. Bsp: jemand ist mit dem Kundenservice nicht zufrieden und beschwert sich bei der Aufsichtsbehörde. Diese schreibt dem Verantwortlichen und fragt etwa nach der Rechtsgrundlage der Verwendung der Daten des Anfragenden. Wenn man nun antwortet „Einwilligung“, dann wird man diese im Zweifel auch nachweisen können müssen. Kann man aber nicht. Wenn man antwortet, „Sorry, wir haben uns vertan. Es ist doch eine andere Rechtsgrundlage“, dann hat man in den Datenschutzhinweisen falsch informiert. Beide Ergebnisse sind nicht gut – und absolut vermeidbar.
Es geht sehr viel ohne Einwilligung
Für mich sind solche Situationen (Anfrage von interessierten Personen per Mail oder Kontaktformular) aber eigentlich ein Paradebeispiel der Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO, also der Interessenabwägung. Und für öffentliche Stellen dann ggfs. noch nach Art. 6 Abs. 1 e) DSGVO, zur Aufgabenwahrnehmung.
Nach ErwG 47 DSGVO sind vor allem zwei Aspekte bei Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO relevant:
- Vernünftige Erwartungen des Betroffenen: gerade in der oben beschrieben Situation weiß doch der Betroffene, dass er Kontakt aufnimmt. Er weiß auch, dass seine Angaben zur Kommunikation genutzt werden. Er erwartet diese Datenverwendung auch.
- Kann der Betroffene absehen, „dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird“: ja natürlich kann er das. Denn er initiiert die Kontaktaufnahme.
Und auch Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO, also die Anbahnung eines Vertrags oder die Durchführung (Kommunikation mit Kunden) kann je nach Situation als Rechtsgrundlage dienen.
Auch deutsche Aufsichtsbehörden sind bei der Frage der Rechtsgrundlage gegen die Einwilligung.
Die hessische Datenschutzbehörde (TB 2024, S. 127) geht etwa davon aus: „Hier ist ganz deutlich Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f DS-GVO die passende und richtige Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung…“. Eine „Einwilligung der Dienstenutzenden in die Verarbeitung ihrer Daten ist in solchen Fällen offensichtlich nicht notwendig“.
Zu Kontaktformularen auf Websites vertritt etwa das BayLDA (TB 2017/18, S. 56) die Ansicht: „Grundsätzlich bedarf es keiner Einwilligung durch den Nutzer, da die Datenverarbeitung auf eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DS-GVO gestützt werden kann“.
Natürlich muss man neben der Rechtsgrundlage auch die übrigen Vorgaben der DSGVO beachten (etwas den Grundsatz der Datenminimierung bei Kontaktformularen, also welche Daten man von Betroffenen erfragt). Aber auch dies ist meiner Erfahrung nach wirklich kein Hexenwerk.