DSGVO-Auskunft über Daten in Backups – wann liegt ein „unverhältnismäßiger Aufwand“ vor?

In der Praxis stellt sich im Rahmen der Erfüllung von Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO sehr oft die Frage, ob auch solche personenbezogenen Daten zu beauskunften sind, die nur noch in Backups gespeichert werden.

§ 34 Abs. 1 Nr. 2 b) BDSG sieht hierzu eine mögliche Ausnahme für Verantwortliche vor.

Danach besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DSGVO nicht, wenn die Daten 1) ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen und 2) die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde sowie 3) eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

Rechtsprechung zu diesem Thema, findet sich kaum. Daher lohnt sich für die praktische Umsetzung durchaus der Blick in Hinweise von Aufsichtsbehörden, die sich mit dem Thema befassen.

Konkret hat etwa der BayLfD in seiner Orientierungshilfe „Das Recht auf Auskunft nach der Datenschutz-Grundverordnung“ zu einer solchen, wie in § 34 BDSG vorgesehenen Ausnahme, im Rahmen des § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB X Stellung genommen. Der BayLfD weist auch ausdrücklich darauf hin, dass sich die Ausschlussgründe des § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB X auch in Parallelbestimmungen in § 34 Abs. 1 Nr. 2 BDSG finden.

Aus diesem Grund ist die Auslegung des BayLfD auch für den Anwendungsberiech von § 34 BDSG nutzbar. Nachfolgen stelle ich kurz die Ansicht zu den obigen Anforderungen nach 1) und 2) dar.

Zwecke der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle

Zunächst müsste ein Backup unter das Merkmal der „Datensicherung“ oder „Datenschutzkontrolle“ fallen. Nach Ansicht des BayLfD ist dies für personenbezogene Daten in Backups der Fall:

Der Datensicherung dienen insbesondere Backup-Dateien, der Datenschutzkontrolle etwa Protokolldateien.“

Wichtig: § 34 BDSG fordert ausdrücklich, dass die Daten in Backups ausschließlich für die Zwecke der Datensicherung oder Datenschutzkontrolle vorgehalte werden würfen. Sollten die Daten auch für andere Zweck verwendet werden, greift die Ausnahme nicht.

Unverhältnismäßiger Aufwand

Besonders schwierig stellt sich in der Praxis die Antwort auf die Frage dar, wann denn eine Auskunftserteilung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist?

Zunächst geht der BayLfD davon aus, dass „die Erteilung von Auskunft genauso zum Aufgabenkreis der öffentlichen Stelle gehört wie alle anderen Aufgaben“.

Bedeutet, dass also der Grundsatz stets die Pflichtenerfüllung sein muss – in unserem Fall, die Auskunft zu erteilen. Ausnahmen sind grundsätzlich restriktiv auszulegen.

Nach Ansicht des BayLfD zielt § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB X (und parallel auch § 34 Abs. 1 Nr. 2 b) BDSG) auf einen „ausgewogenen“ Ressourceneinsatz.

Dies bedeutet, dass das begrenzte personelle und sachliche Leistungspotenzial möglichst so genutzt werden, dass im öffentlichen Bereich des SGB X alle Bürgerinnen und Bürger eine ordnungsgemäße, insbesondere auch zeitgerechte Bearbeitung für ihre Anliegen erhalten.

Übertragen auf den weiteren öffentlichen und privatwirtschaftlichen Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 Nr. 2 b) DSGVO könnte mal umformulieren: im Rahmen der dem Verantwortlichen zur Verfügung stehenden Kapazitäten sollen Bürger/Kunden/Nutzer etc. zunächst und primär jene Leistungen erhalten, auf die sie einen gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch haben.

Zu § 83 SGB X erläutert der BayLfD dann:

wird – bei einer Sozialbehörde – die für das „Kerngeschäft“ der Leistungsgewährung zur Verfügung stehende Zeit knapp, erlaubt es § 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB X, auf die typischerweise aufwändige Auswertung von Backup- oder Protokolldateien zu verzichten.“

Für § 34 BDSG im privatwirtschaftlichen Bereich könnte man etwa ableiten, dass die Ausnahme dann greifen kann, wenn die Hauptleitungen an Kunden und Nutzer durch die Arbeit an einer (oder mehreren) Auskünften die Erfüllung der Hauptleitungen, also Tätigkeiten des Kerngeschäfts, für andere Personen erschweren oder einschränken.

Hiergegen mag man einwenden, dass das Beispiel des BayLfD ja in einem sensiblen und gesellschaftlich wichtigen Bereich der Leistungsgewährung des Staates gegenüber Bürgern spielt. Dort müsse quasi die „Daseinsvorsorge Vorrang haben“. Diesem Argument könnte man aber entgegenhalten, dass der Staat, wenn er hier personelle Engpässe sieht, genauso wie ein Unternehmen entsprechend reagieren kann und müsste. Der BayLfD verweist jedoch nicht auf ein solches Kriterium.

Weiter führt die Aufsichtsbehörde Kriterien an, wann die Unverhältnismäßigkeit angenommen werden könnte:

  • wenn die betroffene Person aus der Ankunft zu den Backups keinen „Mehrwert“ erlangen kann, weil etwa feststeht, dass Backup-Dateien keine zusätzlichen Informationen bieten können, oder
  • wenn bei einer kleineren Behörde trotz anlassbezogener organisatorischer Vorkehrungen das „Kerngeschäft“ über einen längeren Zeitraum nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könnte.

Insbesondere das zweite Kriterium könnte im privatwirtschaftlichen Bereich für kleine Unternehmen ein guter Anhaltspunkt sein. Wenn man sich als Unternehmen, im Rahmen seiner Möglichkeiten und verhältnismäßigem Aufwand, ordentlich um den Datenschutz kümmert, dann kann die Auskunft zu Daten aus Backups unverhältnismäßig sein, wenn dadurch die Hauttätigkeit des Unternehmens beeinträchtigt wird (etwa durch personellen Zusatzaufwand). Zum Abschluss ist noch darauf hinzuweisen, dass im Fall der Ablehnung einer Auskunft der Verantwortliche nach § 34 Abs. 2 BDSG in jedem Fall die Gründe der Auskunftsverweigerung zu dokumentieren hat und auch die Ablehnung der Auskunftserteilung gegenüber der betroffenen Person begründen muss.

VG Wiesbaden: nicht oder fehlerhaft durchgeführte DSFA wirkt sich nicht auf die materielle Zulässigkeit der Verarbeitung aus

Mit Urteil vom 18.12.2024 (Az. 6 K 1563/21.WI; aktuell noch nicht öffentlich abrufbar) hat das VG Wiesbaden im Nachgang zur Entscheidung des EuGH vom 21.3.2024 (Rechtssache C-61/22) u.a. dazu entschieden, wie sich Verstöße gegen die Pflicht zur Durchführung einer Datenschutzfolgeabschätzung (DSFA) nach Art. 35 DSGVO auf die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung auswirken.

In seiner Entscheidung verweist das VG Wiesbaden insbesondere auch auf das EuGH-Verfahren in der Rechtssache C-60/22 (Urt. v. 4.5.2023).

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob ein Betroffener einen Anspruch auf Ausstellung eines Personalausweises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken hat – dies lehnt das VG ab.

Datenverarbeitung ohne DSFA?

Der Betroffene argumentierte gegen die Zulässigkeit der Verarbeitung von Fingerabdrücken unter anderem, ob denn die Stadt Wiesbaden nicht verpflichtet sei, eine DSFA durchzuführen. Und wenn diese nicht (richtig) durchgeführt worden sei, ob sich dies nicht auf die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung auswirke.

Das VG lehnt die Relevanz der Durchführung einer DSFA für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung ab. „Dies hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der konkreten Datenverarbeitung.“

Keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit

Nach Ansicht des VG wirkt sich eine nicht oder fehlerhaft durchgeführte DSFA nicht auf die materielle Zulässigkeit des Verarbeitungsvorgangs personenbezogener Daten aus.

Der EuGH habe in der Rechtssache C-60/22 ausgeführt, dass Art. 26 und Art. 30 DSGVO, die wie Art. 35 DSGVO ebenfalls zu Kapitel IV zählen, nur Pflichten des Verantwortlichen beziehungsweise Auftragsverarbeiters betreffen, jedoch nicht die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung beeinflussen.

Kapitel IV der DSGVO betreffe die Pflichten des Verantwortlichen.

„Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung wird, wie sich aus der Überschrift von Art. 6 der DSGVO selbst ergibt, gerade in Art. 6 DSGVO geregelt.“

Diese Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann, ist erschöpfend und abschließend, sodass eine Verarbeitung unter einen der in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der DSGVO vorgesehenen Fälle subsumierbar sein muss, um als rechtmäßig angesehen werden zu können.

„Die Einhaltung der in Art. 35 DS-GVO vorgesehenen Pflicht zur Vornahme einer Datenschutzfolgeabwägung zählt nicht zu den in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DS-GVO genannten Gründen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung.“

Wie berechnet man immateriellen Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO bei Datenschutzverstößen? OLG Celle macht erste Vorschläge – auch zu einem „Sockelwert“ bei Scraping-Fällen

Nach dem Urteil des BGH zum Themenkomplex „Scraping“ vom 18.11.2024 (VI ZR 10/24), haben wir gespannt darauf gewartet, wie die Gerichte die Vorgaben bzw. Begründungen des BGH in ihren Schadenersatzverfahren nach Art. 82 DSGVO berücksichtigen.

Mit Beschluss vom 09.01.2025 (Az. 5 U 173/23) hat sich das OLG Celle nun ausführlicher zu der Frage „Bemessung der Höhe eines immateriellen Schadensersatzes bei einem sog. Datenscraping-Vorfall“ befasst. Der Hinweisbeschluss bezieht sich allgemein auf sämtliche beim Senat anhängigen Verfahren aus dem Bereich „Datenscraping Facebook“, bei denen die jeweilige Klagepartei von einer spezifischen Rechtsanwaltskanzlei vertreten wird.

Wann gibt es 100 EUR Schadenersatz?

Hinsichtlich der Höhe eines immateriellen Schadensersatzes gelten nach Maßgabe des OLG folgende Annahmen:

  • Der bloße objektive Kontrollverlust stellt bereits einen immateriellen Schaden dar und es bedarf keiner sich daraus entwickelnden besonderen Befürchtungen oder Ängste der betroffenen Klagepartei.
  • Befürchtungen oder Ängste wären lediglich geeignet, den eingetretenen immateriellen Schaden noch zu vertiefen oder zu vergrößern.
  • Für den bloßen Kontrollverlust als solchen würde der Senat einen immateriellen Schaden in Höhe von 100 EUR als angemessen ansehen.
  • Mit diesen 100 EUR sieht das OLG „gewisse mit dem eingetretenen Kontrollverlust für die betroffene Klagepartei einhergehende „Folgeerscheinungen““ als erfasst an.
  • Das OLG verweist auf den BGH und von ihm in seinem Urteil erwähnte „mit dem eingetretenen Kontrollverlust für jedermann unmittelbar zusammenhängenden Unannehmlichkeiten“.
  • Das OLG erfasst mit den 100 EUR also zwei Aspekte: 1) den objektiven Kontrollverlust, 2) die für jedermann damit einhergehenden Unannehmlichkeiten. Diese sind mit den 100 EUR „mit abgegolten“.
  • Machen Kläger in Scraping-Verfahren eine höhere Summe als Schaden geltend, so geht das OLG davon aus, dass das jeweilige Tatgericht zu prüfen hat, ob die behaupteten bzw. erstinstanzlich festgestellten „Folgeerscheinungen“ über diese Schwelle der „für jedermann unmittelbar zusammenhängenden Unannehmlichkeiten“ hinausgehen.
  • Ist dem so, hat das Gericht auch die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Kläger und deren Anhörung zu prüfen. Hierbei muss das Gericht eruieren, ob die vorgebrachten „Folgeerscheinungen“ einen die Höhe von 100 EUR übersteigenden immateriellen Schadensersatz rechtfertigen.

Ganz grob geht das OLG also davon aus,

  • dass in „normalen“ Scraping-Fällen (objektiver Kontrollverlust muss nachgewiesen sein) ein Schadenersatz von 100 EUR angemessen ist, um den Kontrollverlust und normale Folgeerscheinungen (zB Ängste und Befürchtungen) auszugleichen.
  • Dass ein höherer Schadenersatz in Frage kommt, wenn die Kläger besondere Umstände und Folgen geltend machen; diese sind dem Tatgericht in persönlicher Anhörung darzulegen.

Ist das nun ein „pauschaler“ Schadenersatz?

Man kann nun wohl darüber streiten, ob die Ansicht des OLG schon zu einem „pauschalen“ Schadenersatzanspruch führt. Meines Erachtens nicht zwingend, da ja immer noch die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 82 DSGVO erfüllt sein müssen (insb. etwa auch eine Kausalität). Allein ein Verstoß gegen die DSGVO führt also auch nach dem OLG Celle nicht zu einem Schadenersatzanspruch.

Die 100 EUR bezeichnet das OLG selbst bildlich als „Sockelwert“ – wichtig: es geht hier konkret um die Scraping-Verfahren.

Wann gibt es mehr als 100 EUR?

Möchten Betroffene, in diesen speziellen Scraping-Verfahren, mehr Schadenersatz haben, müssen sie dies im Zweifel durch persönliches Erscheinen bei Gericht darlegen.

Hierzu das OLG: „Nur das Vorbringen, das die jeweilige Klagepartei im Rahmen einer solchen Anhörung gemacht hat, ist aber für die erkennenden Tatgerichte maßgeblich, nicht das – möglicherweise davon abweichende – schriftsätzliche Vorbringen ihrer Prozessbevollmächtigten“.

Zudem äußert sich das OLG auch zu der Frage, wie hoch die Hürden für einen Schadenersatz von 500 EUR wären.

So hatte das LG Hannover in vielen der beim Senat anhängigen Verfahren einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von 500 EUR ausgeurteilt – nachdem die Kläger persönlich angehört wurden.

Ob diese 500 EUR auch vor dem OLG halten, möchte das Gericht nicht ausschließen – jedoch werden Zweifel in dem Hinweisbeschluss sehr deutlich.

Der Senat möchte nicht ausschließen, dass im Einzelfall auf Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen ein so hoher immaterieller Schadensersatz auch tatsächlich gerechtfertigt ist, allerdings dürfte dies dann nach dem Verständnis des Senats von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom BGH 18. November 2024 ganz besonders erheblicher Umstände bedürfen“.

Hierfür nennt das OLG auch einen Beispielsfall: in einem Verfahren wurde vorgetragen, dass „aufgrund des Datenlecks und deren Auswirkungen die Klägerseite aufgrund von Angstzuständen in ärztlicher Behandlung“ sei. Ein solcher Vortrag würde – aus Sicht des OLG – das Tatgericht dazu verpflichten, im Bestreitensfalle die betreffende Klagepartei persönlich anzuhören.

Denn diese behauptete (psychische) Folgeerscheinung gehe evident (deutlich) über die Stufe der „mit dem eingetretenen Kontrollverlust für jedermann unmittelbar zusammenhängenden Unannehmlichkeiten“ hinaus.

Wenn sich das Tatgericht von der Richtigkeit dieses Vortrags überzeugt sieht, so so könne dies nach Auffassung des OLG durchaus einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von zumindest 500 EUR (und ggf. sogar noch darüberhinausgehend) rechtfertigen.

Fazit

Die Ansicht des OLG wird nicht die erste und letzte zu dem Thema „Höhe des Schadenersatzes“ bei Datenschutzverstößen sein. Ich finde die Entscheidung des Gerichts hilfreich, da der Senat hier wirklich versucht, eine nachvollziehbare Linie zu entwickeln.

Diese geht davon aus, dass 100 EUR Schadenersatz für den objektiven Kontrollverlust und „normale“ Folgeerscheinungen gewährt werden – wenn die Voraussetzungen vorliegen. Damit sind wir natürlich auch meilenweit von Ankündigungen der Klägervertreter im Internet, auf YouTube und Instagram entfernt, die in Massenverfahren von bis zu 2.000 EUR, 3.000 EUR oder gar 5.000 EUR sprechen (oder sprachen).

Ein höherer Schadenersatz ist durchaus möglich, wird aber nur in der einzelnen, besonderen Situation und vor allem wohl nur nach persönlicher Anhörung der Kläger zu den besonderen Folgen begründbar sein.  

Speicherung von Daten zur Verteidigung gegen zukünftige Klagen? Strenge Ansicht des OLG Karlsruhe

In der Praxis stellt sich für Verantwortliche oft die Frage, wie lange personenbezogene Daten aufbewahrt werden dürfen, wenn etwa eine Kundenbeziehung endet oder ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt. Im Zweifel orientiert man sich hierbei etwa an den Verjährungsfristen (z.B. § 195 BGB) für Ansprüche, die durch Betroffene noch geltend gemacht werden könnten. Solange eine Klage möglich bleibt, möchte man schließlich nicht Dokumente und Informationen vorzeitig löschen, die im Falle eines Rechtsstreits als Beweismittel zur Verteidigung dienen können.

Nach Art. 17 Abs. 3 e) DSGVO gilt die Löschpflicht nicht, soweit die Verarbeitung erforderlich ist zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen.

Das OLG Karlsruhe (Urt. v. 15.01.25, Az. 14 U 150/23) hat in einem solchen Fall nun eine sehr strenge Ansicht zur Möglichkeit der weiteren Aufbewahrung von Daten und Dokumenten vertreten.

Sachverhalt

Im konkreten Fall stritten die Parteien um Ansprüche wegen einer vorübergehenden Deaktivierung des Accounts der Klägerin. Unbekannte Dritte verbreiteten unter unberechtigter Nutzung des Kontos der Klägerin kinderpornografische Darstellungen. Das Konto wurde von der Beklagten vorübergehend deaktiviert. Nach gewisser Zeit und Aufforderungen durch den Anwalt der Klägerin wurde das Konto reaktiviert. Die Information zur Sperrung des Kontos und die Löschung der Beiträge, die durch Dritte erstellt wurden, waren weiterhin im Datensatz der Beklagten vermerkt. Die Klägerin verlangte nun, die bei der Beklagten gespeicherte Daten der Klägerin dahingehend zu berichtigen, dass alle Lösch- und/oder Sperrvermerke, die Grund für die Kontodeaktivierung gewesen sind, aus dem Nutzerdatensatz gelöscht werden.

Entscheidung

Das OLG geht davon aus, dass ein Löschanspruch der Klägerin besteht.

Auf die Ausnahmeregelung zur Löschpflicht nach Art. 17 Abs. 3 e) DSGVO könne sich die Beklagte nicht berufen, wenn der zugrundeliegende Vorfall bereits Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist und die Geltendmachung weitergehender Ansprüche zwar theoretisch möglich, aber gänzlich unwahrscheinlich ist.

Die vorhandenen Daten sind nach Ansicht des OLG für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig, Art. 17 Abs. 1 a) DSGVO. Zudem könne sich die Beklagte auch nicht darauf berufen,

dass die fortgesetzte Verarbeitung der Daten in Form der Speicherung nunmehr für einen anderen Zweck notwendig sei, namentlich mit Blick auf Art. 17 Abs. 3 lit. e DSGVO“.

Das OLG geht diesbzgl. kurz auf den Zweck der Ausnahmeregelung und die dazu vertretenen Ansichten ein.

Die Vorschrift diene dazu, dass die Rechtsdurchsetzung, aber auch die Rechtsverteidigung nicht dadurch eingeschränkt wird, in dem die andere Seite durch Geltendmachung von Löschungsansprüchen eben gerade diese Rechtsdurchsetzung oder Rechtsverteidigung behindert. Der (Prozess-)Gegner soll nicht über Löschungsansprüche Beweismittel oder anspruchsbegründende Tatsachen vernichten können.

Wie wahrscheinlich eine rechtliche Auseinandersetzung sein muss, um diesen Ausnahmetatbestand zu rechtfertigen, ist umstritten“.

Gerade dieser letzte Aspekt, wird in der Literatur und auch unter den Aufsichtsbehörden in verschiedener Weise diskutiert. Im Grunde geht es um die Frage: Wie sicher muss ich sein, dass ich verklagt werde, um deswegen noch personenbezogene Daten speichern zu dürfen?

Und das OLG vertritt hierzu eine, aus meiner Sicht durchaus diskutable, strenge Auffassung.

Zunächst geht das OLG davon aus, dass unabhängig von den Anforderungen, die insoweit im Einzelnen gestellt werden, Einigkeit darüber bestehe,

dass die lediglich abstrakte Möglichkeit eventueller zukünftiger Klagen eine Berufung auf Art. 17 Abs. 3 lit. e DSGVO nicht rechtfertigen kann“.

Natürlich stellt sich dann die Frage, wann eine solche Möglichkeit nur „abstrakt“ besteht? Im vorliegenden Fall begründet das OLG grob in zwei Schritten, warum die Speicherung nicht mehr zur Verteidigung gegen Ansprüche erforderlich sei.

Erstens

Der Vorgang sei zwischenzeitlich in den anwaltlichen und den Gerichtsakten dokumentiert, da der Vorgang unter einer Mehrzahl an Aspekten Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Das OLG geht davon aus, dass die Position der Beklagten im laufenden Rechtsstreit nicht beeinträchtigt ist, wenn diese Informationen aus dem Datensatz der Klägerin gelöscht werden.

Das Gericht stellt also darauf ab, dass die ggfs. in Zukunft noch relevanten Daten bei anderen Stellen, Anwälte und Gerichte, vorhanden sind. Daher benötige die Verantwortliche sie nicht mehr.

Die Begründung lässt aus meiner Sicht außer Acht, dass die anderen Stellen eigene Verantwortliche nach der DSGVO sind und nicht festgestellt wird, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte in Zukunft an diese Daten gelangen könnte. Wenn sie sie doch noch benötigt. Dürften etwa die Dritten diese Daten wieder zur Verfügung stellen? Unter welchen Voraussetzungen? Hierzu sagt das OLG nichts.

Zweitens

Da die Klägerin im vorliegenden Verfahren potentielle Ansprüche umfänglich verfolgt hat, liege die Befürchtung einer weiteren Klage wegen des zugrundeliegenden Vorfalls fern.

Dieser Ansicht mag man zustimmen, wenn die Klägerin wirklich alle potentiellen Ansprüche bereits geltend gemacht hat. So lag der Fall hier aber gerade nicht, was sogar das OLG zugesteht.

Zwar könnte sie noch auf Schmerzensgeld oder materiellen Schadensersatz klagen, da sie entsprechende Ansprüche bislang nicht anhängig gemacht hat. Hierbei handelt es sich indes aus mehreren Gründen um ein gänzlich unwahrscheinliches Szenario.“

Das OLG sieht also die Möglichkeit, dass die Verantwortliche noch auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann. Dann nimmt das Gericht jedoch eine Einschätzung vor, wie wahrscheinlich dies erscheint.

Dagegen spricht, dass die Klägerin dies bislang gerade nicht getan hat.“

Als ich dieses Argument gelesen habe, musste ich schon kurz schmunzeln. Nur weil eine Person bisher eine Klage nicht eingereicht hat, bedeutet das meines Erachtens noch lange nicht, dass sie dies nicht doch in Zukunft unternimmt.

Hinzu kommt, dass eine derartige Klage nach der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung in einer Konstellation wie der vorliegenden keinerlei Aussicht auf Erfolg hätte, was auch der Grund dafür sein dürfte, dass die von einem unter anderem auf Fallgestaltungen wie den vorliegenden spezialisierten Rechtsanwalt vertretene Klägerin bislang keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht hat.“

Viele, die in der Praxis mit Klagen auf Basis der DSGVO befasst sind, dürften mir zustimmen, dass diese Klagen sehr oft gerade nicht nur geltend gemacht werden, wenn gute Erfolgsaussichten bestehen, Dazu müsste man nur einen Blick in die Rechtsprechung des letzten Jahres zu Art. 82 DSGVO werfen. Das Argument des OLG ist im Grunde: man soll davon ausgehen, dass nur dann geklagte wird, wenn gute Erfolgsaussichten bestehen. Meine persönliche Erfahrung im Datenschutzrecht hierzu, sieht tatsächlich anders aus.

Zudem lässt das OLG eine rein „theoretische Gefahr“ einer Klage nicht ausreichen.

Eine derartige, theoretische Gefahr als ausreichend anzusehen und hierauf die Anwendung einer datenschutzrechtlichen Ausnahmeregelung zu stützen, wäre nach Auffassung des Senats mit den Wertungen der DSGVO nicht vereinbar“.

Folgt man dieser Ansicht, dürften Verantwortliche wohl nur Daten zur zukünftigen Verteidigung speichern, wenn man als Verantwortlicher schon einmal wegen genau dieses Streitgegenstands schon verklagt wurde oder zB der Betroffene die Klage ankündigt.

Wenn man aber bisher ohne Streitigkeiten mit Kunden oder Mitarbeitern gelebt hat, würde man hier benachteiligt und dürfte keine Daten speichern.

Fazit

Möchte man als Verantwortlicher Daten zur zukünftigen Verteidigung speichern, sollte man intern mindestens einige Argumente vorhalten, warum dies geschieht. Allein der Verweis auf eine mögliche Inanspruchnahme und die laufenden Verjährungsfristen würde, mit Ansicht des OLG, nicht ausreichen.

Verwaltungsgericht: Anforderungen an den Nachweis der Löschung von Daten nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO – „wann genau, durch wen, in welcher Weise, in welchem Umfang“?

In seinem Urteil vom 17.12.2024 (Az. 4 K 2298/23; derzeit noch nicht frei verfügbar; BeckRS 2024, 36618) hatte sich das Verwaltungsgericht Bremen u.a. mit der Frage zu befassen, wie ein Unternehmen die Löschung personenbezogener Daten gegenüber einer Datenschutzbehörde nachweisen muss.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Marketingunternehmen, das u.a. E- Mails mit Werbung an eine Vielzahl von Empfängern versendete. Die Datenschutzbehörde erfuhr durch eine Betroffene, dass diese das Unternehmen aufforderte, ihr keine unerwünschte E-Mail-Werbung mehr zuzusenden sowie ihre personenbezogenen Daten zu löschen. Sie habe der Zusendung von E-Mail-Werbung nicht zugestimmt. Daraufhin forderte die Datenschutzbehörde das Unternehmen mit Schreiben vom 19.09.2023 zur Stellungnahme und Beantwortung von Fragen zu dem Sachverhalt und ihren allgemeinen Verarbeitungstätigkeiten auf.

Am 12.12.2023 erließ die Datenschutzbehörde eine Anordnung gegen das Unternehmen, in der die Datenschutzbehörde u.a. Auskünfte dazu begehrte, welche natürlichen Personen das Unternehmen seit dem 1. Juni 2023 bis zum Zugang der Anordnung zu Werbezwecken per E-Mail kontaktiert hat und wie oft jeweils. Zudem sollte das Unternehmen die jeweiligen schriftlichen oder elektronischen datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärungen in Kopie vorlegen.

Das Unternehmen klagte gegen diese Auskunftsanordnung u.a. mit der Begründung, dass die Daten der Betroffenen aufgrund von Art. 17 DSGVO gelöscht worden – due Auskunft also faktisch nicht mehr erfüllt werden können. Die Löschung der Daten sei zum Jahresende 2023 erfolgt, also nach Erlass des angegriffenen Bescheides. Die Löschung sei erfolgt, indem ihre einzige Geschäftsführerin die Datenbank mit den Daten auf dem PC und dem Laptop gelöscht habe. Die Daten hätten sich in einer Excel-Tabelle befunden. PC und Laptop seien Windows- und Office-Systeme, in denen Dateien durch Markierung und Löschbefehl gelöscht würden. Durch Weiternutzung von PC und Laptop seien die gelöschten Daten unwiederbringlich überschrieben worden und nicht mehr wiederherstellbar. Der genaue Tag der Löschung sei ihrer Geschäftsführerin nicht mehr in Erinnerung, weil es kein Löschprotokoll gebe.

Entscheidung

Das Verwaltungsgericht war nicht davon überzeugt, dass die in Rede stehenden Daten bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung tatsächlich gelöscht wurden.

Zunächst stellt das Gericht fest:

Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (…) substantiiert ihr Vorbringen zur vermeintlichen Löschung nicht ansatzweise und legt insbesondere weder Nachweise für die vermeintlich erfolgte Löschung der Daten vor noch macht sie Angaben zu deren Zeitpunkt.“

Das Gericht verweist diesbezüglich auf die Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO.

Hieraus ergibt sich nach Ansicht des Gerichts die Pflicht, bei einer Löschung von Daten den Nachweis führen zu können, 1) dass diese Daten gelöscht wurden und 2) wann dies erfolgte.

Checkliste zu den erforderlichen Nachweisen

Das Gericht verlangt zum Nachweis „konkrete, detaillierte Tatsachenangaben“. Der Verantwortliche muss darlegen

  • wann genau,
  • durch wen,
  • in welcher Weise,
  • in welchem Umfang und
  • aus welchem Speichermedium Daten gelöscht worden seien.

Die pauschale Angabe, dass die Daten gelöscht sind, reicht in jedem Fall nicht aus, um den Anforderungen nach Art. 17 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 DSGVO zu genügen.

Interessant sind die spezifischen Angaben, die nachgewiesen werden sollen. Das Gericht gibt in der Begründung des Urteils fast schon eine kleine „Checkliste“ mit, die nach seiner Ansicht für eine nachweisebare Löschung von Daten abgearbeitet werden muss:

  • Wann exakt die Löschung erfolgte.
  • Welche Dateibezeichnung die Dateien hatten.
  • Welchen Umfang die Daten hatten.
  • Welchen exakt zu benennenden Speicherort und welche Software-Versionen (etwa mit Cloudspeichermöglichkeiten) zur Nutzung der Dateien im Einsatz waren bzw. sind.
  • Was mit Daten in einem evtl. vorhandenen Backup geschehen ist.

Diese Angaben verlangt das Gericht, um eine Nachprüfung zu ermöglichen – sie fehlten aber hier.

In der Praxis spielt das Thema „Löschung“ eine wichtige Rolle, da man als Verantwortlicher gewissermaßen zwischen zwei Stühlen steht. Einerseits soll man personenbezogene Daten löschen. Andererseits soll man den Nachweis dafür erbringen. Bedeutet dies am Ende, dass man zum Nachweis einer Löschung doch wieder personenbezogene Daten speichern muss? Etwa: „Daten von Carlo Piltz am 1.1.2025 gelöscht“.

Meines Erachtens verlangt das Verwaltungsgericht nicht zwingend, dass der Nachweis auch personenbezogen erfolgen muss – zumindest nicht für alle oben genannten Merkmale. Der Vorteil in der Praxis wäre, dass man den Nachweis der Löschung auch prozessual darlegen kann. Also etwa über die Darstellung der Löschroutinen und des generellen Vorgehens, wie aus IT-Systemen gelöscht wird, wenn Betroffene z.B. eine Löschung verlangen. Knifflig dürfte aber eine nichtpersonenbezogene Erfüllung der Vorgaben zum exakten Zeitpunkt und der Dateibezeichnung sein.

Löschung aus der EXCEL-Tabelle?

Und was ist mit dem Hinweis des Unternehmens, dass die Daten aus einer EXCEL-Tabelle gelöscht wurden?

Das Gericht lässt sich auch hiervon nicht überzeugen.

Zunächst stellt das Gericht in Bezug auf die erforderliche Dokumentation von Einwilligungserklärungen fest, dass eine Excel-Tabelle dafür eher ungeeignet scheint.

„In der erwähnten Excel-Tabelle selbst können bei sachgerechter Handhabung die vermeintlich abgegebenen Einwilligungserklärungen bzw. eindeutig bestätigenden Handlungen (vgl. ErwGr 32 DSGVO) der gelisteten E-Mail-Adressinhaber seitens der Klägerin kaum dokumentiert worden sein“.

Das Gericht geht davon aus, dass die Dokumentation der Einwilligungserklärungen vielmehr jeweils in einer geeigneten Form an separater Datei-Stelle erfolgen müsse.

Zudem geht das Gericht davon aus, dass die Schilderung „durch Markierung und Löschbefehl“ gerade nicht für eine sofortige, vollumfängliche, endgültige und irreversible Löschung spricht.

Und zuletzt verweist das Gericht auch darauf, dass allein die Löschung aus einer EXCEL-Tabelle nicht ausreichen dürfte, da wohl eine (externe) Datensicherung und darin enthaltene Kopien der Daten vorhanden sein dürfte.

Fazit

Was nehmen wir mit? Als Verantwortlicher muss man die Löschung nachweisen können. Ob dies immer personenbezogen erfolgen muss, halt ich für diskutabel. Hier kann ein gut durchdachtes Löschkonzept als Nachweis helfen. Wenn man für den Nachweis der Löschung noch personenbezogene Daten speichern möchte (um auf Nummer sicher zu gehen), gibt das Urteil des Gerichts aber auch hierfür gute Argumentationshilfen. Inklusive der Rechtsgrundlage, Art. 6 Abs. 1 c) iVm Art. 5 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1 DSGVO.

Wann ist das Design eines Cookie-Banners unzulässig? CNIL gibt Hinweise und versendet Warnungen

Die französische Datenschutzbehörde (CNIL) informiert auf ihrer Webseite, dass sie mehrere Webseitenbetreiber wegen unzulässiger Gestaltung von Cookie-Bannern angeschrieben hat. Die betroffenen Stellen haben einen Monat Zeit, ihre Banner anzupassen.

Aus Sicht der CNIL sind folgende Gestaltungen von Bannern als Verstoß gegen die Vorgaben des französischen Gesetzes zur Umsetzung der ePrivacy-Richtlinie und der DSGVO zu werten:

  • Die Ablehnungsoption wird in Form eines anklickbaren Links dargestellt, dessen Wahl der Farbe, der Schriftgröße und des Schriftstils die Einwilligungs-Option gegenüber der Ablehnungs-Option unverhältnismäßig stark hervorhebt;
  • Die Ablehnungs-Option ist so in die Texte eingebettet, dass sie nicht ohne weiteres erkennbar ist;
  • die Ablehnungs-Option ist neben anderen Absätzen platziert, ohne dass ein ausreichender Abstand vorhanden ist, um sie visuell von allen anderen Informationen zu unterscheiden;
  • die Option „Akzeptieren“ wird im Banner mehrfach dargestellt, während die Option „Ablehnen“ nur einmal und in nicht expliziter Form („Ich lehne nicht wesentliche Zwecke ab“) dargestellt wird.

Zwar geht die CNIL (wie auch schon die EDSA Cookie Banner Taskforce) davon aus, dass das Gesetz keine bestimmte Art der Darstellung von Auswahlmöglichkeiten auf dem Cookie-Banner vorschreibt. Andererseits müssen die betroffenen Stellen aber darauf achten, dass sie ein Design wählen, das die betroffene Person nicht in die Irre führt, wenn die Einwilligung gültig sein soll.

Daher sollen die Informationen, die auf dem Cookie-Banner angezeigt werden, klar und vollständig sein und den Zweck der eventuell verwendeten Cookies sowie die Möglichkeiten zu ihrer Ablehnung angeben.

Nach dem BGH-Urteil zum DSGVO-Schadenersatz – Pauschal 100 EUR bei (angeblichem) Kontrollverlust?

Nach dem Urteil des BGH vom 18.11.2024 (Az. VI ZR 10/24) warten wir gespannt darauf, wie die Auslegung des BGH von Instanzgerichten aufgenommen wird. Denn diese müssen nun die Vorgaben durch den BGH bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Der BGH hatte einerseits (jeweils unter Verweis auf EuGH-Rechtsprechung) begründet, dass der Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden darstellen kann, ohne dass dieser Begriff des „immateriellen Schadens“ den Nachweis zusätzlicher spürbarer negativer Folgen erfordert (Rz. 30).

Anderseits geht der BGH aber auch davon aus, dass die betroffene Person den Nachweis erbringen muss, dass sie einen solchen – d.h. in einem bloßen Kontrollverlust als solchem bestehenden – Schaden erlitten hat (Rz. 31).

Ist, nach den Feststellungen des Gerichts, allein ein Schaden in Form eines Kontrollverlusts an personenbezogenen Daten gegeben, weil weitere Schäden nicht nachgewiesen sind, gibt der BGH den Tatrichtern gewisse Anhaltspunkte, die bei der Schätzung des Schadens zu berücksichtigen sind (Rz. 99).

Deutlich wird: der BGH erkennt an, dass ein Kontrollverlust ein Schaden sein kann – gleichzeitig verweist der BGH aber mehrmals darauf, dass dieser Kontrollverlust durch den Betroffenen auch nachgewiesen sein muss.

LG Münster

In einem Urteil des LG Münster vom 25.11.2024 (Az. 014 O 78/24) ging es um mögliche Schadenersatzansprüche wegen (unzulässiger) Weitergabe von Positivdaten an eine Auskunftei.

Das LG geht im konkreten Fall davon aus, dass kein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt. Eigentlich wäre also eine Prüfung von Art. 82 DSGVO entbehrlich gewesen. Dennoch nutzt das LG die Gelegenheit und setzt sich mit der BGH-Entscheidung auseinander.

Das LG geht zunächst davon aus, dass „nicht schon allein ein Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung für die Klägerin einen immateriellen Schaden darstellt“ (hier verweist das LG etwa auf EuGH C-300/21 und C-667/21).

Danach verweist das LG auf die obige Ansicht des BGH, „dass schon allein der Kontrollverlust über die eigenen Daten für einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz grundsätzlich ausreichen könne (Urt. v. 18.11.2024, VI ZR 10/24)“.

Jedoch scheint des LG die Entscheidung des BGH sehr konkret nur auf solche Fälle anwenden zu wollen, in denen ein Kontrollverlust durch Betroffene tatsächlich festgestellt ist.

Vorliegend konnte indes noch nicht einmal ein solcher Kontrollverlust festgestellt werden. Anders als in den sog. Scraping Fällen, in denen unbekannte Dritte personenbezogene Daten unrechtmäßig erlangten und deren Verbleib teils ungeklärt ist, sind in hiesigem Fall die konkret betroffenen Daten sowie deren Verbleib weitgehend geklärt„.

Zumindest aus der Ansicht des LG kann man mitnehmen:

  • Die Ansichten des BGH gelten nur in Fällen, in denen es auch um einen Kontrollverlust geht.
  • Dieser Kontrollverlust muss auch nachgewiesen bzw. festgestellt sein.

Das LG versteht den BGH offenbar auch nicht im Sinne einer zwingenden Annahme eines Schadens bei jeglichem Kontrollverlust (quasi „Jeder Kontrollverlust ist immer ein Schaden“). Denn das LG verweist darauf, dass der BGH davon ausgehe, dass ein Kontrollverlust für einen Schaden „grundsätzlich ausreichen könne“ – aber eben nicht „immer einen Schaden darstellt“, „stets ausreicht“ oä.

OLG Hamm

Jüngst hat sich nun auch ein Oberlandesgericht mit dem BGH-Urteil in zwei Entscheidungen befasst – konkret das OLG Hamm (Urteil vom 29.11.2024, Az. 25 U 25/24 und Urteil vom 26.11.2024, Az. 25 U 12/24). In beiden Verfahren ging es auch um sog. Scraping-Fälle. Und das OLG lehnt Schadenersatzansprüche in beiden Fällen als unbegründet ab.

Wie auch der BGH stellt das OLG zunächst noch einmal klar, dass nach der Rechtsprechung des EuGH der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO gerade nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch der betroffenen Person zu begründen.

Vielmehr sind darüber hinaus der Eintritt eines Schadens und auch das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Datenschutzverstoß erforderlich“.

Und dieser Eintritt des Schadens, also sein tatsächliches Vorliegen, muss der Betroffene nachweisen.

Die Darlegungs- und Beweislast liegt insofern bei der betroffenen Person, die auf der Grundlage von Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Ersatz eines Schadens verlangt“.

In den beiden Verfahren lehnt das OLG einen Schadenersatzanspruch wegen eines Kontrollverlustes ab.

Zwar geht das OLG davon aus, dass schon der – selbst kurzzeitige – Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten nach der Rechtsprechung des EuGH einen immateriellen Schaden darstellen kann, ohne dass es zusätzlicher spürbarer negativer Folgen bedarf.

Danach stützt das OLG seine Begründung zur Ablehnung des Anspruchs ganz konkret auf das BGH-Urteil vom 18.11.2025.

  • Das entbindet die betroffene Person jedoch nicht davon, den Nachweis zu erbringen, dass sie einen solchen, in einem bloßen Kontrollverlust zu sehenden Schaden erlitten hat“.
  • Erst wenn dieser Nachweis erbracht ist, der Kontrollverlust also feststeht, stellt dieser selbst den immateriellen Schaden dar und es bedarf keiner sich daraus entwickelnden besonderen Befürchtungen oder Ängste der betroffenen Person“.

Zusätzlich gibt das OLG weitere praxisrelevante Hinweise zu der Frage, wann von einem solchen Kontrollverlust ausgegangen werden kann.

Wie bereits dem Wortlaut des Begriffs „Kontrollverlust“ zu entnehmen ist, setzt dieser voraus, dass die betroffene Person zunächst die Kontrolle über das konkrete personenbezogene Datum hatte und sie diese Kontrolle später gegen ihren Willen durch den (streitgegenständlichen) Datenschutzverstoß verloren hat“.

Da die betroffene Person die Darlegungslast für durch den Verstoß gegen die DSGVO erlittene negative Folgen trifft, muss sie darlegen,

dass sie die Hoheit über die Daten nicht schon zuvor verloren hatte“.

Gerade dieser Aspekt dürfte in der Praxis durchaus ein Ansatzpunkt für die Verteidigung gegen Schadenersatzklagen bieten.

Und im konkreten Fall waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt: „Diese Voraussetzungen lassen sich auf der Grundlage der persönlichen Angaben des Klägers nicht erkennen und sind auch nicht nachgewiesen“.

Es werden sicher noch weitere Urteile der Instanzgerichte zu diesem Thema folgen. Aus den Entscheidungen des OLG kann man ableiten:

  • Bloße Verstöße gegen die DSGVO genügen (weiterhin) nicht, um einen Schadenersatz zu begründen.
  • Geht es um einen Kontrollverlust, der einen Schaden darstellen kann, muss dieser Kontrollverlust durch Betroffene nachgewiesen sein.
  • Hierzu muss dargelegt werden, dass 1) die betroffene Person zunächst die Kontrolle über das konkrete personenbezogene Datum hatte und sie 2) diese Kontrolle später gegen ihren Willen durch den (streitgegenständlichen) Datenschutzverstoß verloren hat.

Arbeitsgericht: kein DSGVO-Schadenersatzanspruch gegenüber Betriebsratsmitglied, wenn dieses in Wahrnehmung des Betriebsratsamtes handelt   

Das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn hat sich in seinem Urteil vom 20.11.2024 (5 Ca 663/24) u.a. mit der Frage befasst, ob ein (ehemaliger) Mitarbeiter von einem Betriebsratsmitglied Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO verlangen kann, wenn das Mitglied personenbezogene Daten entgegen der DSGVO verarbeitet.

Sachverhalt

Beide Parteien des Verfahrens waren Arbeitnehmer des Unternehmens. Der Kläger war Verkaufsleiter. Der Beklagte war u. a. Betriebsratsvorsitzender. Der Kläger unterhielt eine von ihm als „On/Off-Beziehung“ bezeichnete Verbindung zu einer Mitarbeiterin, deren Vorgesetzter er war. Im Rahmen der Beziehung kam es zu Auseinandersetzungen. Der Kläger und die Mitarbeiterin tauschten diverse WhatsApp-Nachrichten aus. Die Mitarbeiterin übermittelte dem Beklagten Auszüge aus dem Chatverkehr, die der Beklagte an die Personalabteilung weitergab.

Der Kläger behauptet, dass der Beklagte den intime, dem höchstpersönlichen Lebensbereich zugehörige Inhalte beinhaltenden WhatsApp-Chatverlauf und eine Strafanzeige ohne Rücksprache mit dem Kläger umgehend nach Erhalt und ohne Befassung des Betriebsrats, des Personalausschusses, des Betriebsausschusses oder von Betriebsratsmitgliedern an die Personalabteilung weitergeleitet habe. Das habe letztlich zu seiner Freistellung und dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags geführt.

Der Beklagte habe nicht in seiner Eigenschaft als Betriebsratsmitglied gehandelt, weshalb er sich auf § 79a BetrVG nicht berufen könne. Es habe kein datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestand gemäß Art. 6 DSGVO für die Weitergabe bestanden. Die Datenweitergabe sei nicht erforderlich gewesen.

Entscheidung

Das ArbG wies die Klage auf Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO als unbegründet ab und begründet dies mit zwei Argumenten: 1) da die Datenweitergabe datenschutzrechtlich zulässig erfolgte, also schon kein Verstoß gegen die DGSVO vorlag; 2) der Betriebsratsvorsitzende nicht „Verantwortlicher“ im Sinne der DSGVO ist – Anspruchsgegner wäre der Arbeitgeber.

Nach Ansicht des Gerichts habe der Kläger nicht dargelegt, dass der Beklagte durch die Weitergabe von privater Korrespondenz zwischen ihm und der Mitarbeiterin an die Personalabteilung rechtswidrig sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hätte und sich daraus ein Schadensersatzanspruch ergeben hätte.

Der Beklagte handelte rechtlich zulässig im Anwendungsbereich von § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zur Unterstützung der Mitarbeiterin.

Die Datenweitergabe durch den Betriebsratsvorsitzenden stufte das Gericht als eine rechtlich zulässige Verarbeitung ein.

Rechtsgrundlage ist nach Ansicht des ArbG hier u.a. Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO bzw. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG,

um dem Arbeitgeber eine möglichst aussagekräftige Basis zur Prüfung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 1 AGG, § 84 Abs. 1 BetrVG zu verschaffen“.

In den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 b) DSGVO falle auch die Datenweitergabe zur Abwicklung und Beendigung eines Vertrags, hier in Form des Arbeitsvertrags des Klägers und der Mitarbeiterin zur Prüfung etwaiger Abhilfemaßnahmen insbesondere nach dem AGG durch den Arbeitgeber.

Zudem geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte bei der Weiterleitung an die Personalabteilung in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gehandelt habe,

womit er gemäß § 79a Satz 2 BetrVG ohnehin nicht persönlich gegenüber dem Kläger für die Einhaltung des Datenschutzrechts gehaftet hätte“.

Nach § 79a Satz 2 BetrVG ist der Arbeitgeber der für die Verarbeitung Verantwortliche im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften, soweit der Betriebsrat zur Erfüllung der in seiner Zuständigkeit liegenden Aufgaben personenbezogene Daten verarbeitet.

Das ArbG geht davon aus, dass diese Vorschrift auch einzelne Betriebsratsmitglieder datenschutzrechtlich privilegiere, soweit sie in Wahrnehmung des Betriebsratsamtes handeln.

Der Schadenersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO richtete sich, wenn er dem Grunde nach überhaupt bestanden hätte,

gegen den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter, nach der gesetzlichen Zuweisung des § 79a BetrVG also gegen den Arbeitgeber“.

Fazit

Schadenersatzansprüche können nach Art. 82 DSGVO nur gegen den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter geltend gemacht werden. Einzelner Mitarbeiter oder wie hier, Betriebsratsmitglieder, sind datenschutzrechtlich aber nicht „Verantwortliche“ – zumindest solange sie Daten im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Tätigkeiten verarbeiten.

Gleichzeitig kann man aus der Entscheidung ableiten: setzen sich Mitarbeiter oder Betriebsratsmitglieder über ihren Aufgabenbereich hinweg und agieren eigenständig, indem sie etwa selbst Zwecke der Verarbeitung bestimmen, können sie zu datenschutzrechtlich Verantwortlichen werden – und damit auch Anspruchsgegner von Schadenersatzansprüchen.

Kann der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO verjähren? Amtsgericht sagt „nein“ – Ausschluss der Geltendmachung aber möglich

Das Amtsgericht Chemnitz entscheid in seinem Urteil vom 22.11.2024 (16 C 1063/24; aktuell abrufbar bei BeckOnline, GRUR-RS 2024, 33206), dass der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO nicht verjähren kann.

Zum einen sehe das Europarecht eine Verjährung des Auskunftsanspruchs nicht vor.

Zum anderen könne der Anspruch aber auch seiner Natur nach nicht verjähren, da er keine Entstehungsvoraussetzungen kennt, sondern jederzeit voraussetzungslos geltend gemacht werden kann.

Dies gelte selbst in Fällen, in denen gar keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden, denn in diesen besteht immerhin ein Anspruch auf Negativauskunft.

Verzicht bzw. Ausschluss aber möglich

Sowohl nach Ansichten von Gerichten als auch Aufsichtsbehörden ist jedoch ein Verzicht auf die Ausübung des Rechts bzw. eine entsprechende Vereinbarung möglich.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg hat etwa mit Urteil vom 11.06.2024 (Az. 3 SLA 2/24) hierzu eine praxisrelevante Entscheidung zum vertraglichen Ausschluss von Betroffenenrechten nach der DSGVO getroffen.

Sachverhalt
Grundlage für die Entscheidung war die Klage einer Arbeitnehmerin u.a. gegen folgende Regelung im Arbeitsvertrag:

„§13 Ausschlussfristen
Abs. 1: Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich oder in Textform (§ 126 BGB) geltend gemacht werden.“

Abs. 3: Diese Ausschlussklausel gilt nicht für Ansprüche, die auf eine Haftung wegen vorsätzlichen Handelns beruhen. Des Weiteren gilt diese Ausschlussklausel nicht für Ansprüche auf Vergütung der Arbeitsleistung In Höhe des jeweiligen gesetzlichen Mindestlohns.“

Nach Ansicht der Arbeitnehmerin halte § 13 des Arbeitsvertrages der AGB-Kontrolle nicht stand. Zwar enthalte § 13 Abs. 3 ArbV eine Rückausnahme gewisser Ansprüche, auf die nicht verzichtet werden könne. Die Rückausnahme sei aber nicht ausreichend. Umfasst seien auch Auskunftsansprüche nach der DSGVO (z.B. Art. 12 DSGVO, Art. 15 DSGVO) und Schadensersatzansprüche (z.B. nach Art. 82 DSGVO). Es sei der Arbeitgeberin aber verwehrt, bereits im Vorwege eines Datenschutzverstoßes die Durchsetzung von Rechten aus der DSGVO zu erschweren.

Entscheidung des LAG
Nach Ansichtd es LAG ist die Geltendmachung von DSGVO-Ansprüchen grundsätzlich dispositiv.

  • Die Regelung in § 13 ArbV unterliegt der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Sie mag auch gegen § 309 Nr. 7 a) und b) BGB verstoßen.
  • Die Verstöße seien unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB allerdings nicht so gewichtig, dass sie zur Unwirksamkeit der Verfallklausel führen.
  • Dass Ansprüche nach der DSGVO nicht ausdrücklich vom Verfall ausgenommen sind, führt nicht zur Unwirksamkeit der vertraglichen Ausschlussfristenregelung.
  • Die DSGVO und deren Erwägungsgründe treffen keine Aussage über die Disposivität der in der DSGVO niedergelegten Betroffenenrechte.
  • Nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie kommt den Mitgliedsstaaten und deren innerstaatlicher Rechtsordnung insoweit das Ausgestaltungsrecht zu. Die getroffenen Regelungen dürfen nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz).

Zudem waren hier auch der Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz gewahrt.

  • Äquivalenzgrundsatz: Da vertragliche Ausschlussfristen nicht den Inhalt eines Anspruchs betreffen, sondern nur den Fortbestand eines bereits entstandenen Rechts regeln, wird die Entstehung des Anspruchs nicht von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht und der Grundsatz der Äquivalenz gewahrt.
  • Effektivitätsgrundsatz: Die Festsetzung von angemessenen Ausschlussfristen ist als ein Anwendungsfall des Prinzips der Rechtssicherheit grundsätzlich mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar (st. Rspr. des EuGH). Derartige Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren, wenn (!) der Fristlauf nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Arbeitnehmer von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
  • Hier knüpft die vertragliche Regelung den Fristbeginn an die Fälligkeit des Anspruchs.
  • Fälligkeit tritt aber nicht ohne weiteres schon mit der Entstehung des Anspruchs ein.
  • Es muss dem Gläubiger tatsächlich möglich sein, seinen Anspruch geltend zu machen. Ein Anspruch ist deshalb regelmäßig erst dann im Sinne der Ausschlussfrist fällig, wenn er für den Arbeitnehmer aufgrund der Gesamtumstände erkennbar und durchsetzbar ist.
  • Die Ausschlussfrist beginnt daher nicht zu laufen, ohne dass der Klägerin die anspruchsbegründenden Tatsachen überhaupt bekannt sind.

„Kunde stresst massiv“ – Zulässigkeit von Vermerken & Blacklists in Kundendatenbanken

In ihrem Datenschutzbericht 2023 berichtet die Datenschutzbehörde Österreich (DSB) über einen praxisrelevanten Fall für Unternehmen, die im Bereich B2C oder auch B2B Angaben zu (ungewünschten) Kunden speichern möchten – insbesondere auch zu dem Zweck, mit diesen Kunden in Zukunft keine Verträge mehr abzuschließen.

Sachverhalt

Ein Unternehmen aus Österreich, welches im Bereich EDV-Handel und entsprechende Dienstleistungen tätig ist, verkaufte an einen Kunden aus Spanien mehrere Produkte. Da die Rechnungen innergemeinschaftlich – also ohne österreichische Mehrwertsteuer – ausgestellt wurden, musste die Käuferin bei der Abholung unterschreiben, dass das Produkt außer Landes gebracht werde und eine entsprechende Vollmacht vorlegen bzw. sich als Geschäftsführer ausweisen. Die Käuferin bzw. dessen Geschäftsführer lehnten dies jedoch ab. Zudem wurde die Ware dann reklamiert.

Die Verantwortliche speicherte in der Folge unter anderem folgende Angaben über die Käuferin in ihrer internen Kundendatenbank:

  • (Kurz-) Bezeichnung, die interne Nummer und die Adresse
  • Folgenden als „Sonderinformationen“ bezeichneten Text:

Kunde stresst massiv am Telefon und droht mit Anwalt. Kunde lässt keine Ausweiskopie zu. Wir werden keine Innergemeinschaftlichen Rechnungen mehr ausstellen.

Update: Habe dem Kunden Info gegeben, dass ein Kaufvertrag beidseitig bestehen muss, und wir das nicht wollen!

Die Käuferin beschwerte sich bei der DSB und sah in der Speicherung der Daten einen Verstoß gegen die DSGVO.

Entscheidung der Aufsichtsbehörde

Die DSB sah in der Speicherung der personenbezogenen Daten keinen Verstoß gegen die DSGVO.

Zunächst stellte die DSB fest, dass die Verantwortliche in ihrer Datenbank den Vermerk erfasst, aus dem hervorgeht, dass aufgrund des Verhaltens der Käuferin künftig keine Verträge mehr mit ihr abgeschlossen werden.

Als Ausdruck des allgemeinen Gedankens der Privatautonomie gelte im Schuldrecht das Prinzip der Vertragsfreiheit, also auch der Entscheidungsfreiheit, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird.

Der interne Vermerk stelle zunächst keine Verarbeitung von unrichtigen Daten dar.

Sofern dieser lediglich in der Dokumentation von Meinungen bzw. Beurteilungen liegt, sind die Daten aus datenschutzrechtlicher Sicht richtig, wenn diese Meinung oder Beurteilung korrekt wiedergegeben wird“.

Zudem geht die DSB von der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nach Art.  6 Abs. 1 DSGVO aus.

Im Lichte der Privatautonomie stelle es nach Auffassung der Datenschutzbehörde ein berechtigtes Interesse gemäß Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO der Verantwortlichen dar, in ihrem internen Warenwirtschaftssystem festzuhalten, dass sie mit bestimmten (juristischen) Personen, mit denen es bei früheren Geschäftskontakten zu Konflikten gekommen ist, von zukünftigen Vertragsabschlüssen absehen will.